Geht wieder eine Sekunde

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Odyssee

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Geht wieder eine Sekunde

Er dreht die Sanduhr um. Bis hier hin hatte er es immerhin geschafft. Er hatte sich ein Stück Freiheit gemietet, ein kleines, aber es gehörte nur ihm. Ja, die Möbel stehen noch nicht richtig und auch die Glühbirne hängt noch etwas verloren im Raum, aber es gehört ihm. Er war nicht der, der sich große Stücke nahm, vielleicht war das richtig oder falsch, vielleicht gar nichts, sondern einfach nur so, wie es eben war. So ist er eben. Er hatte dafür bezahlen müssen mit einem Stück Heimat und einem Stück Hoffnung. Das Fenster öffnet er. In variierter Perspektive sucht er einen neuen Platz für seine Blume. Genug Sonne soll sie bekommen. Er stellt sie nicht zurück in den Schatten. Diesmal nicht.
Um ihn herum liegt sein gut verschnürtes, in Paketen portioniertes Leben. Unbewusst malt er Kreise in den dünnen Staub. „Hier gehen die Tage nicht mit dem Abend“, denkt er. Einmal ausatmen und dann…er setzt sich auf den Schreibtisch, im Schneidersitz vor das geöffnete Fenster, nur einen Augenblick der Erdanziehung entgehen. Zäh wie Erinnerungen kaut er auf einem Stück Lakritz. Das Rauschen der Blätter hält ihn wach, alles ist irdisch, es regnet kaum.
 



 
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