Geile Nacktschnecke brutalst von feisten Lettern gelyncht!

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sabiko

Mitglied
Geile Nacktschnecke brutalst von feisten Lettern gelyncht!

Da habe ich eine geniale Geschichte geschrieben. So ein richtig tolles Ding über die Schnecken in unserem Garten, die da unter dem Efeu hausen, wovon der Garten voll ist, ihre Eier ablegen, und unsere Nachbarn in den Wahnsinn treiben. Nur keine Sau will die lesen!

Kein Wunder, behauptet mein Mann, bei der Überschrift: „Gartenromanzen in Schneck“! Also, ich fand s witzig. Und war damit allein auf weiter Flur. Dabei hatte ich mich genau an das gehalten, was ich über Überschriften wusste: Knapp, prägnant und überschaubar sollen sie sein. Und auf den Text und dessen Genre Bezug nehmen. Aber trotz allem noch das Interesse des Publikums wecken.

Ich hätte natürlich noch die Möglichkeit, meine Überschrift durch einen Untertitel zu ergänzen, z.B. „Wie Schnecken Nachbarschaften entzweien“. Dann hätte ich in der ersten Überschrift den Witz und im Untertitel dessen Erklärung.

"Überschriften sind das A und O des Textes", behauptet mein Mann. "Kuck Dir die Bildzeitung an!"

Stimmt, da prangt einem in feisten Lettern schon beim Bäcker entgegen, wer mit wem und dann gegen wen und wie viel Blut dabei floss. Meistens fließt dann soviel Blut, dass mir schon vor dem Frühstück ganz übel wird. Also: Vorbei kommt kaum einer. Vielleicht sollte ich mal auf deren Homepage gehen, und mir ankucken, wie das wirklich geht mit den Überschriften, schlägt mein Mann mir vor.

So brüte ich eine halbe Stunde am Internet vor Überschriften: Die meisten Überschriften zählen zwischen fünf und acht Worte. Und dann muss immer noch ein exorbitantes Adjektiv dazu, ein echter Superlativ! Da geht es scheinbar nie um „gut“ oder „günstig“ oder „toll“ oder so. Die „BESTEN“! Jawohl! Das TEUERSTE! Schaut her! Das ist doch das GENIALSTE, was Sie lesen können? Finden Sie nicht auch? Und dann haben die Dinger in der Bild immer noch den Charakter einer persönlichen Ansprache. Da kommt meist noch ein ? oder ein ! dazu. Hey, wussten Sie schon dass? Alter Kumpel, Du! Und zu guter Letzt taucht immer noch irgendwo ein nacktes Etwas auf. Wie auf unserer Programmzeitschrift im Übrigen auch, selbst wenn das Etwas da nur halbnackt ist. Sex sales!

„Super sexy Gartenromanzen werden durch schleimigste Schnecken im allerhöchsten Maße gefährdet!“

"Fass Dich kurz", sagt mein Mann. Na, der hat gut reden! Ich meine, wenn ich mich kurz fassen wollte, würde ich nicht Geschichten schreiben. Und unsere Telefonrechnung wäre auch deutlich billiger. Labern ist mein Leben!

Brüt!

Ich schaue ratlos auf eines glitschigen Viecher, das an meinen Fenster vorbei in Richtung Efeu kriecht, auf zur nächsten Eiablage. „Geile Viecher“, denke ich mir, „immer nur auf Vermehrung aus.“ Hey, das war doch schon ganz gut: Geile Schnecke! Wenn das nicht der richtige Aufhänger ist.

Du saudumme geile Schnecke, Du! Dich werde ich meinem Publikum schon noch verkaufen. Auch ohne Kräuterbutter. Du mistiges Vieh, um dessentwillen sich die Nachbarschaft auf uns stürzt. Du bist schuld, wenn ... äh, ja, wenn man uns lyncht. Ha, nicht wir werden gelyncht, sondern Du, Du schleimiges, geiles Vieh, Du! Gleich jetzt und sofort! Und zwar brutal, ach was, brutalst! Und vorher mach ich Dich nackig! Jawohl!

"Geile Nacktschnecke brutalst gelyncht!"

Wenn das nicht gut klingt. Nach meinen Dafürhalten klingt das sehr gut! Und wenn es nur darum geht, meine Aggressionen über diese Viecher abzubauen, die mir meinen schönen Efeu verleiden! Eine Kollegin von mir schneidet sie immer mit der Gartenschere durch. Recht hat sie! „Tierquälerei“, schnauzt es aus verborgenen Winkeln meines Hirns. Ich klappe ein wenig in mich zusammen und verfalle in das Verhalten meines Sohns: „Der wars, der wars!“ Stimmt, ich wars nicht; die feisten Lettern der Bild, die waren`s. Jawohl, ich schwöre! Die haben mich erst auf die Idee gebracht.

„Geile Nacktschnecke brutalst von feisten Lettern gelyncht!“

„Was das noch mit meiner Geschichte zu tun hat?“ fragt mein Mann. Keine Ahnung. Aber ist doch egal. Der Titel, der wirkt auch ohne Story!
 

Gorgonski

Mitglied
Feist

Schön locker geschrieben und durch die Absätze wird man auch motiviert das Ganze noch ein zweites Mal zu überfliegen, weil beim ersten Lesen durch die Dichte des Textes nicht alles haften bleibt.

Weiter so,

sagt Rocco
 



 
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