Gerda
„O- Ton Simone!“
Gerda balanciert auf einem Stuhlbein, verliert plötzlich das Gleichgewicht und purzelt bestürzt um. Sie landet auf ihrem Hintern und flucht.
Die anderen lachen; sitzen da um sie herum und bekringeln sich.
Peter, Hanna, Malte.
Es ist Nachmittag und die Uni ist vorbei. Sie treffen sich oft auf einen Kaffee, um über Belanglosigkeiten zu reden, über Kommilitonen zu lästern und immer dasselbe zu tun; in erdrückender Monotonie, während die Uhr „ticktack“ macht und sich nicht kümmert.
Gerda richtet sich auf. Sie murmelt noch immer Flüche vor sich hin und klopft unsichtbaren Dreck von ihrer Hose. Sie nimmt den Stuhl, stellt ihn hin und setzt sich drauf.
Die anderen reden weiter; lachen.
Gerda hört nicht hin. Gedanken drängen durch die Dunstglocke der Langeweile hindurch. Ein stetiges Flüstern und Rascheln umgibt sie – dumpfer Lärm, nicht durchdringbar und unsagbar belanglos – während sich die Gedanken erfolgreich den Weg ans Licht bahnen. Reisen; jetzt sofort und zwar mit Dette.
Doch Dette hat nicht mehr so viel Zeit wie früher: Die Haare sind jetzt nicht mehr bunt; Beruf gelernt mit Vollzeit.
Gerda hat das auch mal versucht, nur war sie nicht gut drin; aber Dette mag sie trotzdem. Das alles macht sie traurig; ist plötzlich so schwer geworden.
Der Autolärm hämmert monoton gegen ihr Trommelfell und platzt als der Busfahrer wütend hupt. Jemand rennt über die Straße ohne auf den Verkehr zu achten.
Der Kaffee wird kalt, also schnell hinterkippen und nicken: Ja, ich habe zugehört. Finde ihr habt völlig recht, obwohl es mir scheißegal ist. Ist alles ganz schön zermürbend. Trotzdem sitze ich hier und tue so als ob’s mich was scheren würde. Heute unbedingt Dette anrufen, in einer Kneipe treffen, ein paar Bier trinken; das hier langweilt mich. Ich geh auf’s Klo, Wasser ins Gesicht – aufgewacht! Der Wecker hat geklingelt.
Muss noch was lesen und geh’ lieber schon nach Hause. Tschüssi und bis morgen vielleicht; ich kann euch nicht mal richtig leiden.
Auf der Straße verdichtet sich die Dunstglocke. Sie ist trotzdem leichter zu ertragen; will nicht persönlich werden.
Berlin stinkt. Ist das eigentlich mal jemandem aufgefallen? Es stinkt hier nach Pisse und mir treibt’s die Tränen in die Augen.
Tuuuuuuuut! Ein Autofahrer hämmert auf die Hupe ein. Genau neben Gerdas Ohren. Arschloch; aber wen kümmert’s.
Gerda schlängelt sich durch die Menschenmassen. Hoffentlich berührt mich keiner; sie möchte nicht berührt werden. Sie wird aber gestoßen. Verwirrt blickt sie sich um, sieht den Übeltäter in der Menge verschwinden, hört keine Entschuldigung. Wieder: Arschloch.
„Ticktack“, hier stinkt’s ganz scheußlich.
Es ist heiß; es ist Sommer. Die Cafés sind voll belegt. Hippe, junge Menschen; öde: Ihr seht doch alle gleich aus, haltet euch für ganz was Feines. Supercool und ganz ganz trendy, immer neu und schick. Schicke, neue Kleider; schicker, neuer Kopf; fade alter Füllstoff; top, top, top.
Gerdas Kopf purzelt vornüber und stößt an den Bordstein.
Alle schauen sie an.
Lachen sie aus.
Finden sie absonderlich.
Lehnen ab wer sie ist und wie sie aussieht.
Sie tuscheln.
Durchgefallen!
Gerda läuft jetzt schneller; entscheidet sich U- Bahn zu fahren. Schön kühl, aber immer noch zu viele Leute: Gehetzt; Aktentasche, Ranzen, Anzug, Hemd, Krawatte, Röhrenjeans, Pony in den Haaren.
Und immer diese Blicke! Sie wollen mir damit zeigen, dass ich ein Nichts bin!
Wie ich Menschen hasse.
In der Bahn sitzend versucht Gerda verzweifelt den Blicken der anderen auszuweichen. Die durchbohren sie und lesen ihre Gedanken. Oje! Zu lange hingeschaut, jetzt weiß er alles über mich.
Gerda ist gespannt; ihr Rücken schmerzt, denn sie sitzt falsch. Doch sie traut sich nicht sich zu bewegen; die anderen könnten das missbilligen.
Zu oft Menschenwechsel zwischen den Stationen – ich hatte mich gerade dran gewöhnt!
Gleich bin ich da; dann muss ich raus und weiß nicht wie. Ich werde fallen, schwitzen, rempeln. Sie sehen mich; sie können mich nicht leiden.
Und Dette ist nicht da.
„O- Ton Simone!“
Gerda balanciert auf einem Stuhlbein, verliert plötzlich das Gleichgewicht und purzelt bestürzt um. Sie landet auf ihrem Hintern und flucht.
Die anderen lachen; sitzen da um sie herum und bekringeln sich.
Peter, Hanna, Malte.
Es ist Nachmittag und die Uni ist vorbei. Sie treffen sich oft auf einen Kaffee, um über Belanglosigkeiten zu reden, über Kommilitonen zu lästern und immer dasselbe zu tun; in erdrückender Monotonie, während die Uhr „ticktack“ macht und sich nicht kümmert.
Gerda richtet sich auf. Sie murmelt noch immer Flüche vor sich hin und klopft unsichtbaren Dreck von ihrer Hose. Sie nimmt den Stuhl, stellt ihn hin und setzt sich drauf.
Die anderen reden weiter; lachen.
Gerda hört nicht hin. Gedanken drängen durch die Dunstglocke der Langeweile hindurch. Ein stetiges Flüstern und Rascheln umgibt sie – dumpfer Lärm, nicht durchdringbar und unsagbar belanglos – während sich die Gedanken erfolgreich den Weg ans Licht bahnen. Reisen; jetzt sofort und zwar mit Dette.
Doch Dette hat nicht mehr so viel Zeit wie früher: Die Haare sind jetzt nicht mehr bunt; Beruf gelernt mit Vollzeit.
Gerda hat das auch mal versucht, nur war sie nicht gut drin; aber Dette mag sie trotzdem. Das alles macht sie traurig; ist plötzlich so schwer geworden.
Der Autolärm hämmert monoton gegen ihr Trommelfell und platzt als der Busfahrer wütend hupt. Jemand rennt über die Straße ohne auf den Verkehr zu achten.
Der Kaffee wird kalt, also schnell hinterkippen und nicken: Ja, ich habe zugehört. Finde ihr habt völlig recht, obwohl es mir scheißegal ist. Ist alles ganz schön zermürbend. Trotzdem sitze ich hier und tue so als ob’s mich was scheren würde. Heute unbedingt Dette anrufen, in einer Kneipe treffen, ein paar Bier trinken; das hier langweilt mich. Ich geh auf’s Klo, Wasser ins Gesicht – aufgewacht! Der Wecker hat geklingelt.
Muss noch was lesen und geh’ lieber schon nach Hause. Tschüssi und bis morgen vielleicht; ich kann euch nicht mal richtig leiden.
Auf der Straße verdichtet sich die Dunstglocke. Sie ist trotzdem leichter zu ertragen; will nicht persönlich werden.
Berlin stinkt. Ist das eigentlich mal jemandem aufgefallen? Es stinkt hier nach Pisse und mir treibt’s die Tränen in die Augen.
Tuuuuuuuut! Ein Autofahrer hämmert auf die Hupe ein. Genau neben Gerdas Ohren. Arschloch; aber wen kümmert’s.
Gerda schlängelt sich durch die Menschenmassen. Hoffentlich berührt mich keiner; sie möchte nicht berührt werden. Sie wird aber gestoßen. Verwirrt blickt sie sich um, sieht den Übeltäter in der Menge verschwinden, hört keine Entschuldigung. Wieder: Arschloch.
„Ticktack“, hier stinkt’s ganz scheußlich.
Es ist heiß; es ist Sommer. Die Cafés sind voll belegt. Hippe, junge Menschen; öde: Ihr seht doch alle gleich aus, haltet euch für ganz was Feines. Supercool und ganz ganz trendy, immer neu und schick. Schicke, neue Kleider; schicker, neuer Kopf; fade alter Füllstoff; top, top, top.
Gerdas Kopf purzelt vornüber und stößt an den Bordstein.
Alle schauen sie an.
Lachen sie aus.
Finden sie absonderlich.
Lehnen ab wer sie ist und wie sie aussieht.
Sie tuscheln.
Durchgefallen!
Gerda läuft jetzt schneller; entscheidet sich U- Bahn zu fahren. Schön kühl, aber immer noch zu viele Leute: Gehetzt; Aktentasche, Ranzen, Anzug, Hemd, Krawatte, Röhrenjeans, Pony in den Haaren.
Und immer diese Blicke! Sie wollen mir damit zeigen, dass ich ein Nichts bin!
Wie ich Menschen hasse.
In der Bahn sitzend versucht Gerda verzweifelt den Blicken der anderen auszuweichen. Die durchbohren sie und lesen ihre Gedanken. Oje! Zu lange hingeschaut, jetzt weiß er alles über mich.
Gerda ist gespannt; ihr Rücken schmerzt, denn sie sitzt falsch. Doch sie traut sich nicht sich zu bewegen; die anderen könnten das missbilligen.
Zu oft Menschenwechsel zwischen den Stationen – ich hatte mich gerade dran gewöhnt!
Gleich bin ich da; dann muss ich raus und weiß nicht wie. Ich werde fallen, schwitzen, rempeln. Sie sehen mich; sie können mich nicht leiden.
Und Dette ist nicht da.