Geschafft

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Concorde

Mitglied
GESCHAFFT

Bevor Fräulein Schwalbe das Zimmer von Herrn Direktor Dr.Klein betrat, übte sie noch einmal vor ihrem Spiegel das verführerische Lächeln. Als sie es Heinz, ihrem Verlobten, vorgeführt hatte, hatte er sie nur gefragt: „Fehlt dir was, mein Schatz?“.
Forsch öffnete sie die Tür und trat ein. Die ungewohnten Stöckelschuhe und der ebenso ungewohnt tiefe Teppich ließen sie stolpern. Den drohenden Sturz fing sie mit einer, wie sie meinte, eleganten Bewegung ab.
Herr Dr.Klein, offensichtlich überrascht von ihrer Erscheinung, sprang hinter seinem Schreibtisch auf. Sicherlich hatte er vergessen, die Schublade seines Schreibtisches zu schließen, so dass seine rechte Kniescheibe mit der Kante der Lade in schmerzhaften Kontakt geriet, worauf sein zu Anfang erwartungsfrohes Lächeln einen etwas glasigen Zug bekam. Ächtzend ließ er sich in seinen Chefsessel zurücksinken.
„Sie wünschen?“ krächzte er, wobei er sich bemühte, den Ausdruck von Autorität und Männlichkeit, den er so sehr an sich schätzte, wiederherzustellen.
„Nehmen Sie doch Platz, Fräulein Schwalbe.“
Graziös setzte sie sich auf den roten Besucherstuhl und schlug die Beine mit einem gekonnten Schwung übereinander: Rrrratsch. Leicht beunruhigt musste sie feststellten, dass sich der Seitenschlitz ihres Kleides gut zwanzig Zentimeter über das geplante Maß hinaus verlängert hatte.
Verblüfft starrte Dr.Klein auf ihren großzügig entblößten Schenkel und fingerte nervös nach einer Zigarettenschachtel.
„Rauchen Sie?“ Fräulein Schwalbe hätte gerne geraucht, allerdings wusste sie nicht, wie sie nach der angebotenen Zigarette greifen sollte, da sie sich inzwischen entschlossen hatte, mit beiden Händen, in denen sich ein leichter Schweißfilm gebildet hatte, die Länge des Seitenschlitzes auf ein erträgliches Maß zu reduzieren.
„Sie sind Nichtraucherin?“ fragte Dr.Klein, „Ich darf ja wohl?“. Mit zitternden Händen nestelte er an der Zigarettenschachtel, und es gelang ihm schließlich eine Filterzigarette anzuzünden.
Ein explosionsartiger Hustenanfall ließ darauf schließen, dass er die Zigarette verkehrt herum illuminiert hatte.
Taktvoll wartete Fräulein Schwalbe ab, bis Herr Dr.Klein wieder in der Lage schien, ihr zuzuhören.
„Ich hätte gerne einen Tag Sonderurlaub, Herr Dr.Klein.“
Jetzt war der richtige Zeitpunkt, so hatte Heinz gesagt, das Dekollete einzusetzen. Mit einer, ihrer Meinung nach schlangenhaften, Bewegung beugte sie sich vor.
Dr.Klein schien, ihr unverständlicherweise, vor einem zweiten Hustenanfall zu stehen. Sein offener Mund und sein starrer Blick jedoch lieferten schnell die Erklärung:
Bei ihrer, wie sie gemeint hatte, schlangenhaften Bewegung hatte sich ihre linke Brust, obwohl die Herstellerfirma des BHs guten Sitz garantierte, verselbstständigt, so dass die angestrebte Horizontallinie ihres Busens sich in eine eher vertikale zu verschieben drohte. Um einen gewissen Ausgleich zu schaffen, strich Fräulein Schwalbe sich nun mit dem linken Arm mit zugegebenermaßen leicht fahrigen Bewegungen wiederholt das Haar aus dem Gesicht. Der Erfolg war verblüffend, denn nun starrte Dr.Klein wie hypnotisiert auf die Wellenbewegungen, die sich unter Fräulein Schwalbes fast durchsichtiger Bluse abspielten. So war es erklärlich, dass sein tastender Griff zur Kaffeetasse – offenbar hatte er einen Schluck sehr nötig – misslang, und der Inhalt der Tasse sich über seine Beinkleider ergoss.
Sein mühsam unterdrücktes Jaulen ließ den Schluss zu, dass es sich um heißen Kaffee handelte.
„Gewährt“, stöhnte Dr.Klein.
„Danke, Herr Dr.Klein“, flötete Fräulein Schwalbe und ging hinaus, wobei die Tatsache, dass sie auch weiterhin den Seitenschlitz ihres Kleides zusammenkrampfte, ihrem Gang etwas von dem beabsichtigten Schwung nahm.
„Wow“, sagte Dr.Klein und wischte sich den Schweiß von der Stirn.
 
H

Hypatia

Gast
Die "Waffen der Frau" humorvoll überzogen und letztlich im Einsatz gegen sich selbst gerichtet. Non verbale Kommunikation in Aktion und Reaktion. Ich kenne solche Situationen und konnte sie gut nachvollziehen :))

Grüße Hypatia
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
wow,

eine umwerfende geschichte. ich sah sie direkt als filmchen vor meinen augen ablaufen. einfach klasse! mach mal so weiter. ganz lieb grüßt
 

Concorde

Mitglied
Danke für eure Beiträge. Den Leser zum Lachen zu bringen ist immer eine große Herausforderung und ich freue mich, wenns dann gelingt :)

Gruß Kuno
 

Clara

Mitglied
Hm, lustige Slapstick Geschichte.

Allerdings Herr Klein versinkt hinter seinem Sessel
und Frl Schwalbe sitzt davor.
Meist sind die Dinger dermaßen breit, das ein Oberschenkel, mit Riss oder ohne nicht zu sehen ist.
Naja, ist ja alles ein wenig wunderlich, im positiven Sinne.
Echte Kurzweil.
 

Clara

Mitglied
wollte noch gesagt haben, dass es schön erzählerisch, im Gegensatz zu aufzählend , geschrieben ist.
Lebendig dadurch
 



 
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