Geschlechterkrampf

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strumpfkuh

Mitglied
Geschlechterkrampf


Schon als Kind hatte ich Mitleid mit Schwachen und vom Schicksal benachteiligten Menschen. Vielleicht war das der Grund, dass ich so viel lieber mit Jungen spielte als mit Mädchen, zu denen ja auch ich gehörte. Vielleicht war es auch meine kindliche Naivität, die mich stets an das Gute in Jedem glauben lies. Oder ich war einfach noch nicht lebenserfahren genug, um die Schwachstellen des anderen Geschlechtes wirklich zu begreifen.
Das änderte sich schnell mit der Pubertät. Die Natur sorgte ja nun dafür, dass ich mich näher mit ihnen auseinander setzen musste. Und sehr schnell merkte ich, in welch engen Grenzen sie lebten. Schon alleine, was die schönste Sache der Welt betraf.
Wenn die Hormone meinen Verstand benebelten, und meinen Körper in seiner Lust autonom werden ließen, dann war ich bereit, sie zu lieben.
In meinen Träumen hörte ich mit den verschiedensten Angehörigen des männlichen Geschlechtes sehnsüchtige Musik bei romantischen Sonnenuntergängen, während unsere Körper sich gegenseitig zärtlich erforschten. In Wahrheit hörten wir Heavy Metall in einem klapprigen VW Käfer, und ein kurzes Betatschen war alles, was dem eigentlichen Akt voraus ging.
Lange Zeit glaubte ich, einfach nicht den Richtigen gefunden zu haben, und suchte optimistisch weiter. Aber Jahre vergingen, und schließlich fand ich mich mit der Tatsache ab. Männer waren eben so.
Selbstkritisch, wie ich bin, gab ich die Schuld dafür meinem eigenen Geschlecht, den Müttern. Irgendetwas musste bei der Erziehung falsch gelaufen sein. Wie sonst konnte ein normal gesunder Mensch sich an der PS Zahl seines Autos messen, oder an der Länge seines Schwanzes oder, wenn er älter war, an den MB seiner Festplatte?
Wie freute ich mich, als das Schicksal mir die Chance gab, alles besser zu machen. Ich wurde Mutter von nicht einem, sondern gleich zwei Jungen auf einmal. Fast fühlte ich mich zu dieser besonderen Aufgabe berufen, durch meinen unerschütterlichen Glauben in das andere Geschlecht.
Zwei ganz besondere Männer würden sie eines Tages werden, diese süßen, weichen Zwillinge auf meinem Arm. Davon war ich überzeugt, unterschieden sie sich doch äußerlich durch nichts als nur ihr Geschlechtsteil von ihrer älteren Schwester. Zärtlichkeit, Romantik, Einfühlungsvermögen und dergleichen mehr wollte ich ihnen mitgeben, auf ihren Lebensweg.
Und wenn andere sie herablassend als Weichei, Warmduscher oder Frauenversteher titulierten, dann würden sie wissend lächeln. Nur der Neid konnte aus solchen Mündern sprechen.
Meine Tochter schenkte ihnen Barbiepuppen, und ich strich ihr Zimmer rosa. Unvorstellbar erschien mir der Gedanke, dass eines Tages Bartstoppeln ihre zarte Haut durchdringen würden.
Doch schon früh beschlich mich eine erste Ahnung. Die Jungs konnten noch nicht richtig laufen, da begannen sie bereits miteinander zu kämpfen. Als sie sprechen lernten, verlangten sie Spielzeugautos, mit denen sie dann die wüstesten Verkehrsunfälle produzierten. Die geschenkten Barbiepuppen wurden zu bösen Monstern, die es zu besiegen galt. Alle Einfälle kamen ihnen von ganz alleine, niemand hatte ihnen das vorgemacht.
Als sie eines Tages ein Wettpinkeln gegen ihre rosa Tapete veranstalteten, gab ich es auf. Ich strich die Wände hellblau, kaufte Mengen von Spielzeugautos, Wasserpistolen und sogar Plastikschwerter.
Seither betrachte ich Männer mit sehr viel mehr Verständnis. Sie können nichts dafür. Auch ihre Mütter sind unschuldig. Es liegt an den Genen.
Irgendein winzig kleiner Fehler mit großer Wirkung muss auf dem Y- Chromosom haften.

Vielleicht kann man ihn eines Tages beheben. Wie schön würde dann die Welt sein?

Und für alle, die sich jetzt fragen, warum ich ein so ernstes Thema in diesem Forum eingestellt habe: Nun, wie der Volksmund sagt, Humor ist, wenn man trotzdem lacht.
Was bleibt Frau auch anderes übrig?
 

anemone

Mitglied
Ich habe es mit Freuden gelesen, wirklich sehr humorvoll geschrieben, bitte mach weiter so Strumpfkuh! Das ist dein Ding. Du hast es drauf!
 
Hallo Doro,

du hast den Alkohol vergessen, da messen sich Männer ebenfalls dran. Ansonsten sehe ich es auch als perfekt an.

Sehr schön!

Michael
 

strumpfkuh

Mitglied
Lieber Michael,
ups, was für ein Kompliment. Tausend Dank. Mit dem Alkohol, das ist ein guter Einwand. Wahrscheinlich hab ich ihn deswegen vergessen, weil ich selbst hin und wieder mit meiner Trinkfestigkeit prahle. ;)
Ja, und besonders freut mich, dass dir als Mann mein Text gefallen hat.
LG
Doro
 
L

Lili_Drachenfrau

Gast
Liebe Doro,
auch wenn ich noch ein Neuling in der Leselupe bin
wollte ich dir sagen : Dein Text hat mir sehr gut gefallen.
Erinnerte er mich doch sehr an meine eigenen Erfahrungen
mit meinem heranwachsenden Sohn.
Ok, das Wettpinkeln an der Tapete hat er ausgelassen ;)
vielleicht nur weil unsere Wandfarbe nicht rosa war *GG
Liebe Grüße Meli
 

strumpfkuh

Mitglied
Liebe Meli,
ich dank dir sehr für dein Lob. Es freut mich, egal wie lange du in der Lupe bist.
Alles Gute für dich und deinen Sohn ;)
LG
Doro
 



 
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