Gewunken

H

HFleiss

Gast
Neulich hörte im renommierten ARD-Fernsehen: "Er hatte der Versammlung zugewunken." Und da dies ein bezahlter Journalist sprach, dies auch nicht das erste Mal war, dass jemand gewunken hatte, sowohl im Fernsehen als auch in Rundfunk und Printmedien, frag ich mal ganz unschuldig, was die Leselupe von den gewunkten Sätzen mit "gewunken" hält.

Gruß
Hanna
 

MDSpinoza

Mitglied
Immer noch besser als wenn er frägt wie's richtig ist.
Aber beim Abbiegen habe ich noch nie geblunken. Also gehe ich mal davon aus, daß "gewinkt" offiziell richtig ist.

Winken, wank, gewunken? Wäre doch auch recht elegant!
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Wenn man das Internet als Textkorpus betrachtet und mal mit Google vergleicht (eine Art einfache Korpuslinguistische Untersuchung), ergibt sich:

73800 - gewunken, 15000 - zugewunken
25400 - gewinkt, 9270 - zugewinkt


Bei anderen Suchmaschinen erhält man ähnliche Ergebnisse.

Zwiebelfisch behauptet im Zwiebelfisch-ABC, richtig sei die regelmäßige Konjugation: winken, winkte, gewinkt.

Im Duden von 1981 ist die Form "gewunken" als "mundartlich" bzw. "scherzhaft" gekennzeichnet.





http://www.spiegel.de/kultur/zwiebelfisch/0,1518,311683,00.html
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Als eine Ergänzung ein Zitat aus dem Grimmschen Wörterbuch

Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm. 16 Bde. [in 32 Teilbänden]. Leipzig: S. Hirzel 1854-1960. -- Quellenverzeichnis 1971.

http://germazope.uni-trier.de/Projects/WBB/woerterbuecher/dwb/wbgui?lemid=GW21484

[...]sowohl im mhd. wie in nhd. schriftsprache ist schwache conjug. die regel, doch beginnt bereits mhd. der versuch, winken in die reihe der st. verben III. kl. zu überführen (wie mengl. winken, wank neben winkin, wincte STRATMAN-BRADLEY 686b, SKEAT 713a); die mundarten zeigen überwiegend starke formen, vielfach neben den echten schwachen, so im part. prät. gewunken, vgl. gwunke HUNZIKER Aarg. 298; SEILER Basl. 316; gewunken (neben gewinkt)[...]
Die ursprüngliche Form ist also hier die schwache Konjugation.
 
M

Melusine

Gast
Hallo Hanna,
in den Medien wird viel Unsinn verbreitet. Mein Duden (Ausgabe 96) nennt "gewunken" ausdrücklich als unkorrekt.

Spinoza, sei nicht so unanständig. "Wank" - also wirklich. Was du für Worte in die Hand - pardon - in den Mund nimmst.

Hat jemand von euch eigentlich schon mal heuschnupfenbedingt genossen?

Mel
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo, Melusine,

"wank" ist bereits in Mittelhochdeutsch belegt, hat sich aber nicht durchgesetzt. "Gewunken" hat sich dagegen in der Umgangssprache in großen Regionen durchgesetzt und wird im Duden von 1981 als umgangssprachlich üblich erwähnt. Im südlichen deutschen Sprachbereich sind ähnliche Formen sehr oft üblich: "gewunschen" statt "gewünscht", "geschnien" statt "geschneit", "eingeschalten" statt "eingeschaltet".

Bei "genießt - genossen" gibt es eine Bedeutungsunterscheidung. Hat schon mal jemand ein Butterbrot genießt? :)
 
M

Melusine

Gast
Hallo Bernd,
die süddeutschen Beugeformen sind mir bekannt (ich bin Österreicherin). Die, die du aufzählst, sind allerdings eindeutig als umgangssprachlich erkennbar, während "gewunken" tatsächlich sehr gebräuchlich zu sein scheint. Eigentlich erstaunlich, dass der Dudenverlag es noch nicht als erlaubte Nebenform aufgenommen hat - oder hat er das ohnehin schon?

(Bei "wank" spielte ich auf ein "unanständiges" englisches Verb an.)

Ein ganzes Butterbrot habe ich noch nie geniest (ich glaube man schreibt es so), wohl aber Brotkrumen. Genossen hab ich das dann nicht ... ;).
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
In der 22. Auflage von 1981 war es drin, als umgangssprachlich gekennzeichnet (das heißt zugleich: nicht lediglich regional)
Den meisten, die ich gefragt habe, erscheint "gewunken" als die Standardform und "gewinkt" als abgeleitete umgangssprachliche Form - und mir erschien das auch so, ehe ich mich mit dem Thema beschäftigte (ich stamme aus dem südlichen Thüringer Wald, wohne aber schon lange in Dresden). Ich denke, es ist eine Analogbildung zu anderen ähnlichen Wörtern. Im Bertelsmann von 1996 steht es gar nicht drin. Der Online-Duden http://www.duden.de/ erwähnt es als "standardsprachlich nicht korrekt" - wobei dann die Frage steht: Was ist Standardsprache? Ist dabei die Umgangssprache ausgeschlossen?

Adelung nimmt in seinem Wörterbuch noch "irreguläre" (=unregelmäßiges Verb) Herkunft an. http://mdz.bib-http://mdz.bib-bvb.d..._CollectionView;cs=default;ts=default;pt=text Adelung, Wörterbuch, S. 1563

Zu Adelungs Zeit gab es die Form mit "gewunken" seiner Meinung nach nur noch im Oberdeutschen, im Hochdeutschen nur die reguläre Form (gewinkt).

Im Wortschatzlexikon kommt "gewunken" etwa doppelt so oft vor, wie "gewinkt". Der Duden wird die Sprachänderung zur Kenntnis nehmen müssen. Es scheint heute standardmäßig eher "gewunken" zu werden, als "gewinkt". http://wortschatz.informatik.uni-leipzig.de/


Ja: geniest. Danke, Melusine.


Englisch: "wank" kannte ich nicht, man lernt immer dazu.
 



 
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