Birgit Kachel
Mitglied
(meiner Großmutter Mina Wiedmann gewidmet)
1
Manchmal hört sie
im Faltenwurf ihrer Schürze
das Rauschen des Meeres;
dann wogen Dienstmädchengeschichten,
verborgen darin bitterste Kindheit, heran.
(War sie je am Meer gewesen?)
2
Manchmal entdeckt sie
in einem Soßenfleck über'm Knie
die verletzte Unschuld;
dann kommen Gerüche, Lippen und Hände,
verschwommen, was Zärtlichkeit sein könnte.
(Wurde sie je geliebt?)
3
Manchmal überfällt sie
im Muttermal ihres Handrückens
ein trennendes Bombengeschwader;
dann kommen die Tränen, die Tränen,
freigelegt pochendes Unrecht.
(Hatte sie je in Frieden gelebt?)
4
Manchmal wünscht sie
das Zittern der Hände sich weg,
die Hilflosigkeit eines alten Körpers;
dann kommt die Sehnsucht nach Schlaf,
nach Lindenblüten, schlummernden Alleen.
(War sie je zur Ruhe gekommen?)
5
Jetzt ist sie tot.
Begraben
unter einem kalten Stein.
(02.Januar 1987)
1
Manchmal hört sie
im Faltenwurf ihrer Schürze
das Rauschen des Meeres;
dann wogen Dienstmädchengeschichten,
verborgen darin bitterste Kindheit, heran.
(War sie je am Meer gewesen?)
2
Manchmal entdeckt sie
in einem Soßenfleck über'm Knie
die verletzte Unschuld;
dann kommen Gerüche, Lippen und Hände,
verschwommen, was Zärtlichkeit sein könnte.
(Wurde sie je geliebt?)
3
Manchmal überfällt sie
im Muttermal ihres Handrückens
ein trennendes Bombengeschwader;
dann kommen die Tränen, die Tränen,
freigelegt pochendes Unrecht.
(Hatte sie je in Frieden gelebt?)
4
Manchmal wünscht sie
das Zittern der Hände sich weg,
die Hilflosigkeit eines alten Körpers;
dann kommt die Sehnsucht nach Schlaf,
nach Lindenblüten, schlummernden Alleen.
(War sie je zur Ruhe gekommen?)
5
Jetzt ist sie tot.
Begraben
unter einem kalten Stein.
(02.Januar 1987)