Grübelei

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anbas

Mitglied
Grübelei

Da gab es dieses Wesen, das sich vor einigen Millionen von Jahren fortpflanzte. Möglicherweise teilte es sich selber und vermehrte sich auf diese Art und Weise. Es lebte in einer unwirklichen Welt im Wasser, dem Urmeer. Vielleicht aber existierte es zuvor schon irgendwo im Weltall und hatte dort bereits jede Menge Vorfahren.

Dieses Wesen, eine sogenannte Urbakterie, pflanzte sich also fort. Mindestens eines seiner Nachkommen überlebte und sorgte für die weitere Vermehrung seiner Art. So ging es über tausende, vielleicht sogar Millionen von Jahren weiter. Es entwickelte sich, wurde größer und mutierte zu einer Spezies, der man ihren eigentlichen Ursprung, die Urbakterie, nicht mehr ansah. Dann, eines Tages, verließen die Nachfahren dieses einen Wesens das Wasser und begannen an Land zu leben. Es hatte sicherlich mit Stärke aber auch mit Geschick und Glück zu tun, um zu überleben und sich immer weiter fortzupflanzen.

Dieses Wesen bewegte sich vermutlich schon bald, vielleicht auch von Anfang an, auf vier Beinen fort. Doch irgendwann gab es das erste seiner Art, das sich auf zwei Beine stellte und sich so weiter fortbewegte. Auch dieses Geschöpf pflanzte sich fort. Es hatte wiederum Nachkommen, die stark und vielleicht auch intelligent genug waren, um zu überleben.

Dieses Wesen, dessen Urahn eine Bakterie gewesen war, entwickelte irgendwann eine Sprache und konnte sich mit seinen Artgenossen verständigen. Es lernte immer mehr dazu und gab sein Wissen weiter. So lernte es, Gegenstände als Hilfsmittel zu benutzen, Krankheiten und Verletzungen zu heilen, und es entwickelte eine Kultur. So war aus jenem Geschöpf, das vor Millionen von Jahren im Urmeer damit begonnen hatte, sich fortzupflanzen, ein denkendes und fühlendes Wesen geworden.

Genaugenommen ist diese Urbakterie mein Vorfahre. Die an sich schon nicht ganz korrekte Aussage, dass der Mensch vom Affen abstammt, ist somit nur die halbe Wahrheit. Ein Gedanke, der mich fasziniert. Wie viel Wissen und Erfahrung wurde in dieser langen Zeit weitergegeben? Was steckt aus jener Zeit, als mein Urahn im Urmeer schwamm, noch heute in mir?

Ich stehe also, wie jeder andere Mensch auch, in einer Linie mit Millionen, vielleicht sogar Milliarden von Wesen, die stark und geschickt genug waren, um zu überleben und sich fortzupflanzen. Sicher, es gehörte auch Glück dazu, um Unwetter, Krankheiten, Unfälle, Kriege und andere Katastrophen, sowie Feinde, die sie fressen wollten, zu überleben – zumindest lange genug, um Nachkommen in die Welt zu setzen. – Doch ich bin bis jetzt kinderlos. Werde ich das Ende dieser langen Kette sein?
 
K

KaGeb

Gast
Lieber anbas,

ich oute mich als "der aktuelle Voter".
Warum? "Dieses Wesen" hat mich dazu gezwungen. Es gibt (für mich) keine fernere Beschreibung, als "uns" als "dieses Wesen" zu beschreiben. Klar sind wir womöglich ein Zufallsprodukt, ein Bakterium, dass Planeten verseucht, bis die Zeit alle Wunden heilt :)

(Witz, heute gelesen: Treffen sich zwei Planeten. Fragt der eine:
"Du siehst aber schlecht aus."
"Ja, ich habe Homo sabiens."
"Hatte ich auch mal, aber da brauchst du dir keine Sorgen machen. Das erledigt sich ganz von alleine."

Was ich damit schreiben will? Der Weg zu "uns" als Lebensform ist allen bekannt, den muss man eigentlich nicht noch mal nachlesen. Natürlich ausschließlich "meine" Meinung.

Liebe Grüße!
 

poetix

Mitglied
Hallo Andreas,
da schilderst du Gedanken, die man sich manchmal so macht: Woher kommen wir, wohin gehen wir. Der Titel "Grübelei" passt genau dazu. Natürlich liegt es im Wesen einer Grübelei, zu keinem Ergebnis zu kommen. Trotzdem wünscht man sich als Leser irgendeinen Clou, eine unerwartete Wendung oder etwas Amüsantes. Ich denke, wenn du da noch igendetwas bringen könntest, würde der ganze Text profitieren.
Viele Grüße
Christoph
 

anbas

Mitglied
So, nu will ich mal langsam in die Hufe kommen und antworten...:D


Hallo KaGeb,

ich war mir bei diesem Text von Anfang an nicht sicher, ob er funktioniert. Klar, der Weg von damals zu heute, zu uns, ist jedem klar. Doch meistens wird davon eher distanziert geredet, so als wäre man persönlich gar nicht betroffen. Auch Du schreibst "zu 'uns'".

Als ich mal wieder über das Thema grübelte und es runterbrach auf ein "zu 'mir'" war das für mich ein nicht zu beschreibendes tiefes Gefühl. Irgendwie eine andere Art der Verbindung zu der Geschichte meines Wesens. Schon jetzt, wo ich das annähernd beschreiben will, fange ich an zu eiern und finde nicht die richtigen Worte.

Dieses Erlebnis ist jedenfalls die Quelle für diesen Text. Vielleicht muss ich ihn tatsächlich anders aufziehen, damit rüberkommt, was ich meine. Ich werde sicherlich auch darüber noch das eine oder andere Mal grübeln ;).


Liebe Grüße

Andreas
 

anbas

Mitglied
Hallo poetix,

auch Dir danke ich für Deine Rückmeldung. Wie ich in der Antwort zu KaGeb schon schrieb, werde ich mir über diesen Text noch das eine oder andere Mal meine Gedanken machen. Vielleicht kriege ich ihn ja noch so hin, dass er genauer auf ein Ziel, eine Pointe oder einen Aha-Effekt hinläuft.

Liebe Grüße

Andreas
 



 
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