H a u s m a n n

heidekind

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Hausmann -
im Duden steht :- der Hausmann - plural: Hausmänner. Wie lange ist das Wort wohl schon gebräuchlich? Keine Ahnung, ich weiß nur eines, Hausmänner gab es schon, als es so wie in der jetzigen Zeit, noch gar kein Gesprächsthema war. Mein Papa war nämlich ein "Haus-
mann"..er kam zum Glück aus dem Rußlandfeldzug wieder, schwer verwundet, aber er war da. Genug Kinder mußten ohne Vater aufwachsen. Aber nach seiner Rückkehr war er nicht
arbeitsfähig und außerdem konnten ehemalige Beamte nicht so ohne Weiteres in den Staatsdienst zurück. Vom Arbeitslosengeld konnten wir nicht leben, jede Woche nahm Papa mich mit in unseren Heimatort Großburgwedel, um Stempelgeld zu holen, in langer Schlange stehen, warten, warten. Um die Familie durchzubringen, muße nun "unser Mama" arbeiten gehen. 10 Jahre lang, bis Papa wieder in den öffentlichen Dienst zurückkehren konnte, schuftete sie in einer Wäscherei-Heißmangel. Diese 10 Jahre lang war Papa "Hausmann".
Morgens holte er Holz rein, zündete es mit einem "Fidibus" an, schön warm wurde es in unserem Blockhaus, dann weckte er mich, Zöpfe wurden geflochten und er brachte mich auf einem alten Fahrrad - ich saß auf der Stange - zur weiter entfernten Dorfschule. Dort wurden wir bis zur 4. Klasse alle gemeinsam in einem Raum unterrichtet. Mittags holte mich Papa dann wieder ab, auf die anderen Kinder warteten meist die Mütter. Das war im Jahre 1954, zum damaligen Zeitpunkt war er bereits 54 und wurde eher für meinen Opa gehalten als Papa. Denn niemand hatte so einen alten Vater wie ich, Nesthäkchen Heidekind. Auf jeden Fall tat er alles für mich, was ansonsten Mütter tun, bis auf die Wäsche, das machte Mama.
Ich bin stolz auf die Erziehung, die Papa mir zukommen ließ. Wir erlebten eine wunderbare Zeit zusammen. Er spielte viel mit mir: Domino, Mikado, Mensch-ärgere-Dich-nicht, Stadt-Land-Fluß, Galgenraten. Tagsüber spielte ich natürlich draußen: Springseil, Hüpfkästchen,
Stelzen aus Büchsen und auch Völkerball mit Nachbarskindern. Pflichten in dem Sinne hatte ich keine,außer Löwenzahn stechen für unsere Kaninchen. Und die wäre ich auf die Idee
gekommen zu sagen, Papa, dazu habe ich "NULL BOCK". Ich war ein sehr pflegeleichtes Kind und ich hatte auch nie Probleme mit meinen Eltern. Das einzige, was sie wirklich von mir erwarteten, war Pünktlichkeit. Es gab ja auch keine Möglichkeiten Bescheid zu sagen, wie heute per Handy z.B. - ich komme später.Mein Papa starb am 17.12.2000 im Alter von 100 Jahren, wenige Wochen nach der Geburtstagsfeier. Trotzdem er dieses schöne Alter hatte und man ja real denken muß, vermisse ich ihn. Er hat mich immer behütet und beschützt, bis zu seinem letztem Atemzug war ich "sein Heidekind".
Und er gab mir diese Worte mit auf meinen Lebensweg:
"Siehe, ich bin mit Dir und will dich behüten, wo Du auch hinziehst. (1. Mose 28,15)
(Mein Konfirmationsspruch - 25. März 1962 - Michaeliskirche zu Bissendorf/Wedemark)
Heidemarie-Heidekind

http://members.aol.com/Rh95
http://www.jenswelt.de/cgi-bin/hotelroom.pl?id=0129
 

uedeke

Mitglied
Hallo Heidemarie,

da hast Du ja einen tollen Vater gehabt.

Ich glaube nicht, daß es allen Kindern in dieser Situation so ergang bzw. so ergeht.

Alles Gute

Udo
 
Liebe Heidemarie,
du hast die damalige Situation wunderschön geschildert. Vieles erinnert mich an die eigene Kindheit.
Herzlichen Glückwunsch zu diesem sehr guten Text.
Mit lieben Grüßen
Willi
 

Engelbert

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Hausmann

Liebe Heidemarie, es ist schön, wie Du Deine Kindheit mit Deinem "Hausmann"-Vater beschriebven hast. Wer kann schon wirklich so schön über seine Kindheit schreiben und vor allem, wem bleibt das so wie Dir im Gedächtnis. Das kann doch nur bei einem außerordentlich guten Verhältnis der Fall sein. Du durftest mit Deinem lieben Papa bis über seinen 100. Geburtstag hinaus zusammensein. Man merkt aus Deinem Beitrag richtig, daß Du ihn sehr gemocht hast, er Dich sicherlich auch. Man kann nur gratulieren. Bewahre das alles weiterhin in Deinem Herzen auf. Liebe Grüße Engelbert
 

heidekind

Mitglied
Hausmann

Hallo, lieber Udo, Willi und Engelbert, vielen Dank für Eure netten Antworten zu diesem Beitrag, der ja ein "wahrer" ist. Mein Papa war ein sehr sehr lieber Vater.
All seine Sorge galt mir bis zu seinem letztem Atemzug am 17.12.2000. Sein Leitspruch für mich war: "Siehe, ich bin mit dir und will dich behüten, wo du auch hinziehst".
(1. Mose 28,15 - mein Konfirmationsspruch - 25.3.1962 - Michaeliskirche zu Bissendorf/Wedemark). Diesen Spruch nahm er wörtlich - er behütete mich. Besonders durch meine Erkrankung im Jahre 1980 nahm seine Sorge um mich noch zu,
obwohl er selber genug belastet war durch die schwere Krankheit unserer Mutter. Aber er klagte niemals. Je länger
er tot ist, umsomehr tauchen klare Erinnerungen an meine Zeit mit ihm auf. Und ich vermisse ihn, obwohl man bei seinem Alter (geb. 8.11.1900) ja realistisch sein mußte.
Niemand lebt ewig. Aber eine Zeitlang dachte ich immer,
"mein Papa" wird der älteste Mensch der Bundesrepublik, aber der Abbau kam dann doch plötzlich und ging rapide.
Zum Glück blieb ihm ein längerer Leidensweg erspart. Darüber bin ich froh, denn ich erlebte die vielen Jahre mit meiner Mama; sie war der tapferste Mensch der mir bisher in meinem Leben begegnet ist. Eure Heidemarie
 

Engelbert

Mitglied
Hausmann

Liebe Heide, ich gratuliere Dir nochmals zu Deinem wunderbaren Vater. Aber auch Deine Mutter sollte man nicht vergessen, da ja sehr leiden mußte. Es ist einfach wunderbar, wenn man an seine Eltern solch schöne Erinnerungen haben darf. Du wirst sie sicher nie vergessen.
Mehr kann man dazu fast gar nicht sagen. Herzliche Grüße schickt Dir
Engelbert
 



 
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