Haddsch

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Ralf Langer

Mitglied
Haddsch
Southampton – New York

Die die sich Hoffnung machen
die ihre Nasen `weiß wie tief
in jene erste Brise stecken
haben nur leicht fertiges gepackt
und wandeln nun
ein aller erstes Mal
auf einem Sonnendeck

Dort stehen sie die Augen
paaren sich sind bald versammelt
und werfen ihren Festlandsorgen
trotzig letzte Blicke zu

Ein Wind kommt auf
ein Hauch von Trüffel
vernebelt jene Köpfe
schon vor dem Auslaufen
fühlt sich alles Heute
von Morgenluft umgeben

Nur tief im Rumpf des Riesen
hört man ein Quiecken
aus einem Rattenwurf
- die Alten stöbern tapsen schon
fressen sich durch Träume
Bücher und Folianten
und erbrechen auf den Jungen
ein paar schwere Seiten Moby Dick
 
K

koollook

Gast
Großartiges Gedicht.

Beim Lesen habe ich sofort an Sklaven gedacht, die aus der Sklaverei befreit, nun ihre Freiheit genießen.

Zum Schluss entwickelst du neue Ebenen, die ich noch nicht so recht einzuschätzen weiß, aber ich finde sie äußerst interessant.

Tolles Gedicht!
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo koolook,

southampton war der heimathafen der titanic,
bekanntermaßen new york das ziel...

interessante konotation mit den sklaven.

wobei ich eher nebenher noch an die ersten schiffe
dachte die im sechzehnten jahrhundert aus england richtung
amerika segelten.
stichwort : pilgrim

danke für kommentar
und die enthusiastische wertung

lg
ralf
 
A

AchterZwerg

Gast
Lieber Ralf,
ich halte mich zunächst nur an das Formale: der Inhalt ist eh gut. :)

Haddsch
Southampton – New York

Die [strike]die[/strike] sich Hoffnung machen
die ihre Nasen `weiß wie tief
in jene erste Brise stecken
haben nur [blue]Leichtfertiges[/blue] gepackt
und wandeln [strike]nun[/strike] ein
allererstes Mal
auf [blue]diesem[/blue] Sonnendeck

Dort stehen sie. Die Augen
paaren sich. Sind bald versammelt
und werfen [blue]ihren[/blue] Festlandsorgen
trotzig letzte Blicke zu

Ein Wind kommt auf.
Ein Hauch von Trüffel
vernebelt [blue]deren[/blue] Köpfe.
Schon vor dem Auslaufen
fühlt sich [blue]das[/blue] Heute
von Morgenluft umgeben

Nur tief im Rumpf des Riesen
hört man ein [blue]Quieken[/blue]
aus [blue]dem [/blue]Rattenwurf
- die Alten stöbern tapsen schon
fressen sich durch [blue]ihre[/blue] Träume
Bücher und Folianten
und erbrechen auf den Jungen
ein paar [strike]schwere [/strike]Seiten Moby Dick
du siehst, es handelt sich nur um Winzigkeiten. Der Rest klingt perfekt und sehr, sehr beeindruckend.
Genialisch sind die beiden letzten Verse!
Liebe Grüße
Heidrun
 

Ralf Langer

Mitglied
Haddsch
Southampton – New York

Die sich Hoffnung machen
die ihre Nasen `weiß wie tief
in jene erste Brise stecken
haben nur leicht fertiges gepackt
und wandeln
ein allererstes Mal
auf diesem Sonnendeck

Dort stehen sie die Augen
paaren sich sind bald versammelt
und werfen ihren Festlandsorgen
trotzig letzte Blicke zu

Ein Wind kommt auf
ein Hauch von Trüffel
vernebelt deren Köpfe
schon vor dem Auslaufen
fühlt sich das Heute
von Morgenluft umgeben

Nur tief im Rumpf des Riesen
hört man ein Quieken
aus dem Rattenwurf
- die Alten stöbern tapsen schon
fressen sich durch ihre Träume
Bücher und Folianten
und erbrechen auf den Jungen
ein paar Seiten Moby Dick
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo heidrun,

wie immer - hab dank - für deine
überarbeitung.

"leicht fertiges" hab ich wohl extra
auseinander geschrieben. ich denke die
mögliche doppelbedeutung von
a) leicht - fertig (schnell zügig gemacht)
und
b) leichtfertig ( übereilt und damit fehlerhaft)
kommt besser durch diese schreibweise zu tragen.

ein paar kopfschmerzen bereitet mir
hingegen immer noch strophe drei:

"Ein Wind kommt auf
ein Hauch von Trüffel
vernebelt deren Köpfe
schon vor dem Auslaufen
fühlt sich (das)(alles) Heute
von Morgenluft umgeben"

zuerst schrieb ich auch "das", ersetzte es
aber durch "alles", weil ich dachte
das durch dieses wort diese zeile
auch eine eigene bedeutung hat:

" fühlt sich alles heute"
im sinne:die menschen, das Schiff, eben alles
ist heute, ist absolut gegenwärtig...
andererseits mit der zeile darunter

...ist die "morgen"luft...
das signal für die zukunft.

klanglich drängt es mich die Zeile
" schon vor dem auslaufen"
zu ändern. ich fühle dort einen bruch in der betonung,
die das lesen etwas stört.

danke für deine bemerkung zu den letzten beiden
zeilen, an denen ich lange feilte und die mir
- obschon ich nicht sehr eitel bin :) - auch gelungen
erscheinen.

lg
ralf
 
A

AchterZwerg

Gast
Ten years after? *schmelz
Das passt in der Tat vortrefflich; am liebsten würde ich den Ralf`schen Text einblenden ...
:)
 

Ralf Langer

Mitglied
Hi serge,
man oh man, geiler blues.
war mal anno dunnemal auf einem konzert,
da hießen die aber schon " ten years later"

danke für ein stück erinnerung
ralf
 

Ralf Langer

Mitglied
Haddsch
Southampton – New York

Die sich Hoffnung machen
die ihre Nasen `weiß wie tief
in jene erste Brise stecken
haben nur leicht fertiges gepackt
und wandeln
ein allererstes Mal
auf diesem Sonnendeck

Dort stehen sie die Augen
paaren sich sind bald versammelt
und werfen ihren Festlandsorgen
trotzig letzte Blicke zu

Ein Wind kommt auf
ein Hauch von Trüffel
vernebelt deren Köpfe
vor dem Auslauf
fühlt sich das Heute
schon von Morgenluft umgeben

Nur tief im Rumpf des Riesen
hört man ein Quieken
aus dem Rattenwurf
- die Alten stöbern tapsen schon
fressen sich durch ihre Träume
Bücher und Folianten
und erbrechen auf den Jungen
ein paar Seiten Moby Dick
 

Perry

Mitglied
Hallo Ralf,

wie bringt man die islamische Pilgerfahrt (Haddsch) mit Passagieren, die auf einem Ozeanliner eingescheckt haben und sich freuen ihre Festlandsorgen hinter sich lassen zu können, unter einen Hut? Vielleicht gehen sie auf Pilgerfahrt nach Mekka, wäre eine Möglichkeit, scheint mir aber doch etwas weit hergeholt.
Die etwas makabere Wendung am Schluss kommt überraschend und es stellt sich die Frage, warum die Reisenden Träume haben könnten, in denen Ratten Moby-Dick-Seiten erbrechen. Mir fällt auf Anhieb nichts ein, vielleicht sind es ja doch Auswanderer und keine Pilger.
Bei aller Originalität, wirkt das Ganze auf mich doch etwas zu kryptisch, auch wenn mir die Doppeldeutigkeit einiger Bilder durchaus gefällt.
Konstruktiv würde ich hier eine durchgehende Kleinschreibung empfehlen.
LG
Manfred
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo perry,

sowohl Haddsch, als auch die titanic sind platzhalter.
es geht um das überetzen.
sicher , ich meine wenn ich von den passagieren spreche,
doch eher die dritte klasse, die aufbrechenden, die die zelte abbrechen, und in einem fremden land einen traum zur wirklichkeit kommen lassen wollen.
insofern sind es pilger für mich, die auf ihrer "hajj"
(schöne homophonie: hajj-hatz)
zum "heiligtum amerika" sind.

und moby dick, der große weisse wal, ist eben nicht nur ein
abenteuer roman, sondern nach übereinstimmung vieler zeitgenössischer, wie alter interpretatoren, eine metapher
für das andere, das böse, animalische, zerstörerische amerika,und die ist ja diesem wal in form eines eisbergs
begegnet.

lg ralf
 

Perry

Mitglied
Hallo Ralf,

das sind wirklich "abenteuerliche" Metaphern, darauf muss man erst einmal kommen.
Für mich zwar interessant, aber zu weit hergeholt, um ohne Hilfe nachvollzogen werden zu können.

Pilgerfahrt -> Auswanderer (für mich zu verschiedene Motivationsebenen).

Moby Dick -> Eisberg (außer dass beide im Meer schwimmen, gibt es für mich keine Parallele. Dem Wal Böses zu erstellen, halte ich für sehr strange, für mich war immer der Walfänger der Böse).
LG
Manfred
 

Ralf Langer

Mitglied
hi perry,
ist "strange"
es gibt n paar sehr interessante psychoanalytische
untersuchung von einem tschechn namens sissek.

da ist der wal das "es" ...

lg
ralf
 



 
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