Hi Duisburger,
was ein Glück, daß ich immer vorbereitet bin.
Also:
Meine Haikus fußen IMMER auf Naturbetrachtungen (das müssen sie heute nicht mehr, aber ich kann einfach keine anderen schreiben, warum auch immer). Um das Naturbild zu vervollständigen bzw. abzurunden, muß ich ein wenig ausholen:
(1) Es gibt Kastanien mit gelben, rosa und karminroten Blüten. Es handelte sich hier um die rotblühenden, eine ganze Allee.
(2) Der Hagelsturm hatte z.T. alle Blütenständer regelrecht "entblütenblättert". Um die Bäume lagen geschlossene rote Teppiche, die zum Teil mit Wasser bedeckt waren. Es sah aus wie Blut.
Nun ist es schwierig, einen solchen Haikumoment in so wenige Wörter zu fassen. Jedenfalls war es schrecklich schön, dieses Bild, das ich nachzuzeichnen versuchte. Wichtig ist, mit Andeutungen, wenigen Strichen, Türen zu öffnen. Der Schlüssel liegt darin, daß der Leser die Natur kennen muß. Kennt er sie nicht, bleibt der Text für ihn verschlossen. Das Geheimnis des Haiku liegt im extremen Komprimieren und absichtsvollen Weglassen. Es ist ein Brennglas auf die Welt, das Universum und bringt das Besondere aus dem Allgemeinen heran, um zugleich den Zugang zum Allumfassenden zu öffnen. Das ist nun einmal asiatische Denkweise, darauf muß man sich einlassen.
Mehr will ich nicht dazu sagen, um den Text nicht zu belasten. Denn schließlich lebt das Haiku vom Nichtgesagten, das im Auge und Gehirn seines Rezipienten assoziativ-kontemplativ erzeugt wird, also vom (Zwischen-)Raum, den es dem Leser läßt.
Du siehst, es kann immer geholfen werden. Einfach Walther fragen.
Gruß W.