Handwerk hat goldnen Boden

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LuMen

Mitglied
Handwerk hat goldnen Boden

Das Handwerk hat zur Morgenstund´
das blanke Gold noch nicht im Mund.
Das ändert sich im Tageslauf,
fortschreitend häuft das Geld sich auf!
Und bald schon nach der Mittagspause
trägt man es säckeweis´ nach Hause.

Ab morgens pünktlich um halb acht
hab´ ich die Haustür überwacht:
Die Malerfirma wollte kommen,
hatt´ ich nach langer Zeit vernommen,
zum Streichen und zum Tapezieren
der Wände, erst´res auch bei Türen.

Die Kirchturmuhr schlug schon halb zehn,
da musste ich aufs Örtchen geh´n.
Gerade als ich dort so saß,
da klingelt es, und – ohne Spaß! –
da stand er vor der Türe schon,
der Handwerksmeister in Person!

Der Start sei früher nicht gelungen,
weil´s Auto sei nicht angesprungen!
Jedoch wär´ alles nun im Lot,
spricht er und greift zum Frühstücksbrot.
Dann aber geht ans Werk er stracks,
macht auf der Wand ´nen großen Klacks –

und schnell ist auch der Farbtopf leer,
doch hat er keinen neuen mehr!
Auch einen Pinsel er vergaß
für feinen Strich und schmales Maß.
Deshalb macht er noch einmal Pause
und holt sich Nachschub von zu Hause.

Dann steht zum nächsten Mahl bereit
Wurstbrot mit Bier zur Mittagszeit
(das Bier, so meint er ungeniert,
würd´ doch vom Hausherrn gern spendiert!).
Danach sind´s nur noch knapp zwei Stunden,
dann lässt er sich den Kaffee munden.

Nicht einmal eine Stunde später
ist Feierabend – und dann geht er!
Vorher verspricht er hoch und heilig,
er sei bald fertig, Montag freilich.
Ich sag´, da ist ein andrer dran,
der Fliesenleger mit vier Mann!

Nur keine Angst, hat er bekräftigt,
auch jener sei so stark beschäftigt
und könne daher wie die meisten
sich Pünktlichkeit gar nicht mehr leisten!
Die Rechnung folgt: Der Stundenlohn
versetzt mich fast in Ohnmacht schon!

Und meine Frau flucht noch viel mehr,
spürt sie´s doch in der Kasse sehr
und muss dazu das Haus noch säubern,
verschmutzt wie nach Besuch von Räubern!
So will ich denn demnächst verzichten,
und nur noch übers Handwerk dichten!

( Im Notfall sollte ich mir holen
am Besten Handwerksleut´ aus Polen! )
 

La Luna

Mitglied
Tagchen Lutz,

beim Lesen deines Gedichts musste ich schmunzeln. Nicht nur der stimmige Sachverhalt, den du zwinkernden Auges wiedergabst, bereitete mir Vergnügen, sondern auch dein sicheres Händchen für Versmaß und Wohlklang der Laute.
So’n paar Holperer habe ich dennoch entdeckt. Ich führe sie hier mal auf und setze kursiv meine Lösungsmöglichkeiten darunter:

Und schon bald nach der Mittagspause
trägt man es säckeweis´ nach Hause.

Und bald schon nach der Mittagspause



Danach sind´s nur noch knapp zwei Stunden,
und er lässt sich den Kaffee munden.

dann lässt er sich den Kaffee munden



Vorher verspricht er hoch und heilig,
er sei bald fertig, montags freilich.

Vor dem verspricht er hoch und heilig,
er sei bald fertig, Montag… freilich
(montags bedeutet jeden Montag, es ist jedoch ein bestimmter)




( Im Notfall werde ich mir holen
Handwerker besser doch aus Polen! )

Beim nächsten Mal werd’ ich mir holen
die besten Handwerksleut’ aus Polen




Vielleicht kannst du damit ja was anfangen. :)



Herzliche Adventsgrüße
Julia
 

LuMen

Mitglied
gut beraten

Hallo La Luna,

ich danke Dir für Deine kritische Zuschrift, mit der ich durchaus etwas anfangen kann!

Du hast Recht, "und bald schon nach.." ist flüssiger und ohne Betonungsakrobatik zu lesen (ich hab´ wahrscheinlich vergessen, es mir laut vorzulesen, dann merkt man solche Unebenheiten besser).

Auch im nächsten Punkt greife ich Deine Anregung auf. Hier liegt zwar kein metrischer Fehler vor, aber "dann lässt er.." ist pointierter als "und er lässt.."
Auch mit "Montag" statt "montags" hast Du Recht, denn es ist der bestimmte - nächste - Montag gemeint.

Nur mit den Polen ist das so eine Sache. Ich kann nicht sagen, ob sie die besseren oder gar besten Handwerksleut´ haben, in jedem Fall sind sie als ordentlich, vor allem aber schnell und preiswert bekannt (ich weiß nicht, ob Du die herrliche Glosse von Thomas Freitag über den Vergleich zwischen deutschen und polnischen Handwerkern kennst). Ich möchte es in diesem Punkt doch etwas allgemeiner formuliert lassen, vielleicht aber klingt besser:
Im Notfall sollte ich mir holen
am besten Handwerksleut´ aus Polen!

Ich erwidere Deine Adventsgrüße herzlich

LuMen
 

La Luna

Mitglied
Guten Morgen Lutz,

"die besten Handwerksleut' aus Polen" hatte ich so verstanden, dass es die besten sind, die Polen zu bieten hat. Aber deine Lösung ist ebenso gut.

Eben habe ich es mir nochmal durchgelesen:
Eine wahre Wonne! :)


Lieber Gruß
Julia
 

Vera-Lena

Mitglied
Lieber LuMen,

wer hat es nicht schon ganz genau so erlebt? Du hast den goldenen Nagel auf den goldenen Kopf getroffen. Glückwunsch!

Liebe Grüße von Vera-Lena
 

LuMen

Mitglied
leidiges Thema

Hallo Vera-Lena,

ich danke für Deine positive Kritik!
Viele scheinen mehr Glück mit dem Handwerkerstand zu haben, oder zahlen die alle unbesehen?

Herzliche Grüße und noch eine schöne Adventszeit!

LuMen
 

Herr Müller

Mitglied
Da, da, da

Mein lieber Lutz, da-mit du nicht so viele da zu stehen hast, mach da mal wenigstens ein da weg, da-mit mit da nicht so viele da findet ;) Erinnert mich an ein Gedicht oder war es ein Lied "Jetzt fang´wa gleich an", war es von Reuter, ich weiß es nicht mehr. Wirklich gelungen der Spaß. Ich nehme an, es ist dir so oder so ähnlich passiert? :) Henrik

Die Kirchturmuhr schlug schon halb zehn,
da musste ich aufs Örtchen geh´n.
Gerade als ich dort so saß,
da klingelt es, und – ohne Spaß! –
da stand er vor der Türe schon,
der Handwerksmeister in Person!
 

LuMen

Mitglied
?

Hallo Henrik und Rolf-Peter,

vielen Dank für Eure freundlichen Worte!

Ich bin zwar kein Dadaist, aber ich habe mir diesmal schon selbst Gedanken gemacht, ob ich die "Dadas" so stehen lassen sollte. Irgendwie schien es mir zum "hektischen" Ablauf des Handwerkertages (für mich) zu passen. Ich grüble aber immer noch...

Herzliche Grüße

LuMen
 



 
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