Harry Will-Dauer (bitte helfen !)

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Harry Will-Dauer

Harry Will-Dauer
von Ursula Sieberichs

Der Wind peitsche um das Haus und der Regen prasselte gegen die Scheiben. Draußen war es kalt und unfreundlich, im Haus aber fast unheimlich still. Hilde, mit der er 35 Jahre verheiratet war, ist seit fast vier Jahren tot. Seitdem sie nicht mehr da war, fielen die üblichen kleinen Streitereien aus, denn normalerweise wollte seine Frau immer das letzte Wort haben. Zeitweise genoss er die Stille, räumte seinen Scheibtisch auf, ordnete seine Briefmarkensammlung, aber ohne für irgendwas Lust zu haben. Er murmelte vor sich hin: „Ich könnte Ramona anrufen, vielleicht ist sie ja zu Hause und hat etwas Zeit.“ Ramona war erst vor einigen Monaten in die Nachbarschaft gezogen. Sie hatten sich schon oft gesehen, oft unterhalten und auch sonst eine gute Nachbarschaft gepflegt. Kurzentschlossen nahm er den Hörer ab und wählte. „Hallo“ klang es gutgelaunt von der anderen Seite. Im ersten Moment stockte ihm der Atem, da er nicht wirklich damit gerechnet hatte, dass Ramona zu Hause war. „Ich bin’s, Harry Will-Dauer“, sagte er, „ich wollte Dich fragen, ob Du etwas Zeit und Lust hast rüberzukomen." Er wusste von Anfang an, sie könnte ihm gefährlich werden. Doch die Situation reizte ihn. Arglos antwortete sie „ja, ich hab’ im Moment auch nichts besseres vor.“ Sein Herz schlug Purzelbäume und so sagte er kurz: „Na, dann komm doch rüber!“

Sie machten sich einen vergnüglichen Nachmittag, tranken Kaffee, aßen Kuchen, lachten und brachten Leben in die Totenstille. Als er sie wie zufällig an den Schultern anfasste, stoppte er für einen kurzen Moment als hätte er sich verbrannt. Sie war wunderschön, attraktiv und jung, aber das Wichtigste war, es war toll mit ihr zusammenzusein. Hilde... ja, mit Hilde war es auch wunderschön gewesen. Damals vor vielen Jahren. Sofort verdrängte er den Gedanken an seine verstorbene Frau wieder. Zu sehr wünschte er sich ein bisschen Liebe und Zuneigung. Er fasste sich ein Herz und zog Ramona langsam zu sich ran. Zu seinem Erstaunen leistete sie keinen Widerstand, im Gegenteil, sie gab ihm das Gefühl, sie habe schon lange darauf gewartet. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass es andere Frauen gibt, die ihn noch attraktiv und begehrenswert fanden; ihn, der mindestens 20 Jahre älter war. In den letzten Ehejahren hatte seine Frau ihm schon lange keine Komplimente mehr gemacht. Ihr war es auch gleichgültig gewesen, was er anzog oder ob er ein After Shave benutzt oder nicht.

Sie fielen sich in die Arme und küssten sich leidenschaftlich. Ramona erzählte, dass sie nach einigen Enttäuschungen im Leben einen liebevollen, zuverlässigen Partner wünsche und schon seit einiger Zeit in ihn verliebt sei. Jedoch wusste sie nicht, ob er genauso empfand. Er erzählte von seiner verstorbenen Frau und dass vieles zur Gewohnheit wurde. Sie redeten und redeten, küssten sich und redeten weiter. Sie hatten nicht nur die Gefühle für einander entdeckt, sondern auch Vertrauen zu einander gefaßt.

Er wusste genau, was nun zu tun war, denn er hatte nach all den Jahren wieder zu sich und einem neuen Selbstbewusstsein, einer Perspektive, einer neuen Liebe und einem neuen Leben gefunden.
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Harry Will-Dauer
von Ursula Sieberichs

Der Wind peitsche um das Haus und der Regen prasselte gegen die Scheiben. Draußen war es kalt und unfreundlich, im Haus aber fast unheimlich still. Seine Frau, mit der er 35 Jahre verheiratet war, ist seit fast 4 Jahren tot. Seitdem sie nicht mehr da war, fielen die üblichen kleinen Streitereien aus, denn normalerweise wollte seine Hilde immer das letzte Wort haben. Zeitweise genoss er die Stille, machte dies und das, aber ohne für irgendwas Lust zu haben. Er murmelte vor sich hin: „Ich könnte Ramona anrufen, vielleicht ist sie ja zu Hause und hat etwas Zeit.“ Ramona war erst vor einigen Monaten in die Nachbarschaft gezogen. Sie hatten sich schon oft gesehen, oft unterhalten und auch sonst eine gute Nachbarschaft gepflegt. Kurzentschlossen nahm er den Hörer ab und wählte. „Hallo“ klang es gutgelaunt von der anderen Seite. Im ersten Moment stockte ihm der Atem, da er nicht wirklich damit gerechnet hatte, dass Ramona zu Hause war. „Ich bin’s, Harry Will-Dauer“, sagte er, „ich wollte Dich fragen, ob Du etwas Zeit und Lust hast rüberzukomen. Er wusste von Anfang an, sie könnte ihm gefährlich werden. Doch die Situation reizte ihn. Arglos antwortete sie „ja, ich hab’ im Moment auch nichts besseres vor.“ Sein Herz fing an zu jagen und so sagte er kurz: „Na klar!“

Sie machten sich einen vergnüglichen Nachmittag, tranken Kaffee, aßen Kuchen, lachten und brachten Leben in die Totenstille. Als er sie wie zufällig an den Schultern anfasste, stockte er wieder für einen kurzen Moment. Sie war wunderschön, attraktiv und jung, aber das Wichtigste war, es war toll mit ihr zusammenzusein. Hilde... ja, mit Hilde war es auch wunderschön gewesen. Damals vor vielen Jahren. Sofort verdrängte er den Gedanken an seine tote Frau wieder. Zu sehr wünschte er sich ein bisschen Liebe und Zuneigung. Er fasste sich ein Herz und zog Ramona langsam zu sich ran. Zu seinem Erstaunen leistete sie keinen Widerstand, im Gegenteil, sie gab ihm das Gefühl, sie habe schon lange darauf gewartet. Er war irritiert, weil er sie erobern wollte, doch in Wirklichkeit war Ramona dabei, ihn zu erobern. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass es andere Frauen gibt, die ihn noch attraktiv und begehrenswert fanden. Ihn, der mindestens 15 Jahre älter war. In den letzten Ehejahren hatte seine Frau ihm schon lange keine Komplimente mehr gemacht. Ihr war es auch gleichgültig gewesen, was er anzog oder ob er ein After Shave benutzt oder nicht.
Die heißen Gefühle waren der Kälte gewichen. Er hatte jahrelang geglaubt, dass er zu solchen wunderbaren Gefühlen nicht mehr fähig wäre. Nun, jedoch erlebte er alles neu.

Sie fielen sich in die Arme und küssten sich leidenschaftlich. Ramona erzählte, dass sie nach einigen Enttäuschungen im Leben sich einen liebevollen, zuverlässigen Partner wünsche und sich schon vor einiger Zeit in ihn verliebt habe. Jedoch wusste sie nicht, ob er genauso empfand. Er erzählte von seiner verstorbenen Frau und dass vieles zur Gewohnheit wurde. Sie redeten und redeten, küssen sich und redeten weiter. Sie hatten nicht nur die Gefühle für einander entdeckt, sondern auch Vertrauen zu einander gefunden.

Er wusste genau, was nun zu tun war, denn er hatte nach all den Jahren wieder zu sich und einem neuen Selbstbewusstsein, einer Perspektive, einer neuen Liebe und einem neuen Leben gefunden. Das würde er nicht mehr aufgeben wollen.
 
R

Rote Socke

Gast
Liebe Uschi,

ich finde nicht, dass es zu schnell geht. Harry ist seit 4 Jahren allein und er hat die Nachbarin schon öfters gesehen und mit ihr gesprochen. Also geht es nicht zu schnell. Ich finde das ok.
Der Schluss müsste nicht weiter ausgebaut werden sondern nur etwas umformuliert werden. Der Satz ist zu lang. Du solltest 2 bis 3 Sätze daraus basteln, dann wird der Schluss auch automatisch runder.

"Seine Frau, mit der er 35 Jahre verheiratet war, ist seit fast 4 Jahren tot."
Dieser Satz gefällt mir nicht so besonders. Nur mal ein Vorschlag wie man ihn noch formulieren könnte, doch es gäbe viele Möglichkeiten: 35 Jahre war er mit seiner Frau verheiratet gewesen. Vor 4 Jahren war sie gestorben.

Bis später
Volkmar
 
Liebe Uschi,
eine interessante Geschichte ist dir da gelungen.
Da der Text in der Schreibwerkstatt steht, erwartest du sicherlich Hinweise.
Die Stelle oben: ... machte dies und das... würde ich konkretisieren. Etwa so: ... räumte den Schreibtisch auf und ordnete seine Briefmarkensammlung.
Ich hoffe, du kannst mit dem Tipp etwas anfangen.

Es grüßt dich ganz lieb
Willi
 
Harry Will-Dauer

Hallo Willi, hallo Volkmar,

besten Dank für Eure Vorschläge. Willis aufgeräumter Scheibtisch etc. ist schon drin.

Volkmar, Du hast recht, der Satz mit den 35 Jahren verheiratet ... ist nicht so prickelnd. Aber 2 so kurze Sätze hintereinander finde ich auch nicht so toll. Ich
überlege mir was, wie man das ganze vielleicht umgehen kann.

Wie gefällt Euch die jetzige Form denn ?

Liebe Grüße
Uschi
 
R

Rote Socke

Gast
"...er räumte seinen Scheibtisch auf, ordnete sene"

Ja Uschi, sieht doch schon recht ordentlich aus. Das "er" könnte meiner Meinung nach gestrichen werden und aus "sene" natürlich "seine" machen.

LG
Volkmar
 
Harry Will-Dauer

Hallo Rote Socke, (smile)

herzlich willkommen zurück online nach den stressigen Festtagen. Besten Dank für Deine Anregung und Deine wachsamen Augen. Beide Anregungen von Dir sind mittlerweile
drin.
Habe noch eine Frage: Was hälst Du von dem Namen:
Harry Will-Dauer - soll ja ein sprechender Name sein, der
besagen soll, daß Harry auf eine dauerhafte Beziehung aus ist. Meinst Du, daß dies dem Durchschnittsleser auffallen würde ? Hast Du einen Alternativvorschlag ?
Bin im Moment, was eigne Texte angeht, textblind.

Danke für Deine Hilfe

Liebe Grüße
Uschi
 
R

Rote Socke

Gast
Hi Uschi,

der Name gefällt mir natürlich prächtig. Aber der Sinn wurde mir erst nach Deiner Erklärung klar. Meine persönliche Meinung: Du solltest den guten Text nicht weiter durch ein Namensspiel im Titel verunglimpfen. Dann baue doch lieber diese Erklärung gleich deutlicher in den Text ein. Besser gesagt, die Erklärung liest sich eh aus dem Text heraus. Lass ihn einfach den Namen. Die Leser werdens rausfinden oder auch nicht.

LG
Der Rote-Will-Dauer ;)
 
Liebe Uschi,
die überarbeitete Fassung ist entscheidend besser geworden, der Text vom Inhalt her jetzt richtig rund - bis auf die Schlusspassage. Sie hat m.E. noch leichte Mängel, auch, weil dort kurz hintereinander 2x „gefunden“ steht.
Vielleicht geht es so:
... denn er spürte nach all den Jahren neues Selbstbewusstsein, sah eine Perspektive, eine neue Liebe und ein neues Leben.

Du kannst ja einmal überlegen, ob diese Formulierung dir zusagt.
Es grüßt dich ganz lieb
Willi
 
Will-Dauer

Lieber Willi, lieber Volkmar,

Volkmar, ich werde zumindest im Moment den Titel beibehalten, Du hast recht, es ist eigentlich egal, ob der
Leser die Bedeutung nachvollziehen kann.

Willi,
Deine Formulierung ist vom Germanistischen gesehen spitze.
Sie hat aber einen entscheidenden Nachteil: Sie trifft die Situation des Mannes nicht. Er ist emotional aufgewühlt, spricht bzw. denkt stakkatoartig
einem neuen Selbstbewußtsein, einer Perspektive, einer neuen Liebe und einem neuen Leben.
Man muß es auch stakatoartig lesen. Die Wiederholung von "neu" dient der Betonung seines gefühlsmäßig Aufgewühlt-seins.
Könntest Du dich unter diesen Gesichtspunken mit der Formulierung anfreunden ?

Liebe Grüße
Uschi
 
Ja, liebe Uschi,
deine Argumentation ist überzeugend.
Es ist auch nicht so sehr die Formulierung, die mich stört, sondern das doppelt gebrauchte Wort "gefunden". Vielleicht finden wir dafür eine Lösung.
Ganz liebe Grüße
Willi
 
Harry Will-Dauer

Hallo Willi,

zunächst wünsche ich Dir ein frohes, neues Jahr. Ich hatte in den letzten Tagen ziemlich viel Stress, deshalb konte ich leider nicht früher antworten.
Was schwebt Dir denn anstelle von "gefunden" vor. Für mich ist "gefunden" eigentlich die gängigste Sprachvariante in diesem Zusammenhang. Alles andere würde ziemlich künstlich oder literarische klingen. Es sei denn zu überzeugst mich vom Gegenteil.

Liebe Grüße
Uschi
 
Liebe Uschi,
auch dir ein gutes Neues Jahr, Gesundheit und Erfolg.

Wie wäre es, wenn du statt 2x „gefunden“ oben schreibst:
...Vertrauen ... „gefasst“.
Liebe Grüße
Willi

PS. Schaust du bitte auch mal in meinen „Kastanienbaum“ hier im gleichen Forum.
 
Harry Will-Dauer

Hallo Willi,

gefaßt ist gut. Aber kann man Vertrauen auch zueinander fassen ? Vertrauen fassen ist ok. Aber in diesem Zusammenhang habe ich es noch nicht gehört.

Ich schaue gleich mal nach.

Liebe Grüße
Uschi
 
R

Rote Socke

Gast
Oh ja Uschi.

Meiner Meinung nach hat Willi recht. Kann man wirklich so schreiben.

LG
Volkmar
 
Harry Will-Dauer

Hallo Willi, Hallo Volkmar,

vielen Dank für Eure Unterstützung. Ich habe Willis Vorschlag schon in die Geschichte eingearbeitet, ist auch
schon in der LL-Fassung geändert.

Nochmals Danke.

Ich werde in kürze noch ein neues Gedicht "ausbrüten", dann
sage ich Euch Bescheid.

Bis dahin, alles Liebe
Uschi
 
R

Rote Socke

Gast
Liebe Uschi,

das sieht doch recht ordentlich aus. Mir gefällt die Story sehr gut. Wird bestimmt ein Erfolg. Irgendwie geht sie ja auch ein wenig unter die Haut.

LG
Volkmar
 
Harry Will-Dauer

Hallo Willi, hallo Volkmar,

was meint Ihr, soll bzw. kann ich die Story jetzt in die Kurzgeschichten verschieben. Wenn ja, kann mir mal einer verraten, wie das geht ?!
Habe ich nämlich noch nie gemacht.
Besten Dank.

Liebe Grüße
Uschi
 
Liebe Uschi,
verschieben kannst du die Geschichte nicht, nur neu posten. Beim Löschen gehen dir natürlich alle Antworten verloren, du fängst quasi bei Null wieder an. Aber das sollte dir eigendlich egal sein, denn in einem neuen Forum findest du auch neue Leser.
Es grüßt dich ganz lieb
Willi
 
Status
Für weitere Antworten geschlossen.



 
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