Hauptstraße

2,30 Stern(e) 3 Bewertungen

Elfi

Mitglied
Von der Hauptstraße links ab geht es zum Zelt.Heute kellnere ich wieder in diesen kleinen Dorf auf dem Schützenfest...
Als ich abbiege, regnet es wie aus Eimern, und so steuere ich im beginnenden Regen eine freie Parklücke an. Ich kann ja im Wagen warten, bis der Regen nachlässt, ehe ich aussteige, denke ich noch für mich, und wirklich: nach knapp fünf Minuten ist der Schauer vergangen...
Also aussteigen, Tasche mitnehmen, und zum ersten Zelteingang laufen, falls der Regen doch noch einmal zuschlägt...
Und er schlägt zu: mit voller Wucht! Es regnet nicht mehr aus Eimern, sondern aus Kübeln, und ich stehe fassungslos vor dem verschlossenen Zelteingang. Ich habe keine Wahl: eine halbe Runde ums Zelt...
Ich renne, so schnell meine Füße mich tragen, und meine schon, in der feuchten Wiese, in der das Zelt steht, zu versinken...
Wie ein nasser Pudel sehe ich aus, als ich durch den Eingang hinter der Theke das Zelt betrete, und das Wasser tropft mir munter aus den Haaren. Volltreffer. Ein Handtuch greifen, und mit der nassen Tasche, in der sich - gottlob! - noch ein trockenes, weißes T-Shirt befindet, verziehe ich mich in der momentan leeren Sektbar, um die inzwischen durchsichtig gewordene Bluse auszuziehen. Ob sie bis zum Abend noch trocken wird?
Mit dem nassen Teil in der einen Hand, und den restlichen Klamotten in der Anderen gehe ich zur Theke zurück. Wie nett, dass Werner immer ein zweites Hemd auf einem Bügel mitschleppt! Leider kann ich ihm momentan nicht fragen, ob ich meine Bluse auf seinem Bügel trocknen darf, da er draußen in einem Bierpavillon steht... Vielleicht hat er nichts dagegen, wenn ich sein Hemd ordentlich zusammen lege...
Eine Stunde später...
"Werner, ich muss dir beichten, dass ich meine Bluse... dein Hemd habe ich aufgefaltet..."
"Scheißegal...", antwortet er nur; er hat heute eben gute Laune, und ich eine gute Stunde später eine fast trockene Bluse...
Dann kommen so langsam die Musikler der Band ins Zelt. Die Band nennt sich Hauptstraße; ich habe nichts gegen den Namen, und erst recht nichts gegen die Bandmitglieder, schließlich sorgen die für gute Stimmung, nicht nur bei den Festbesuchern, sondern auch bei mir...
Als ich sie das erste Mal auf einer Bühne sah, dachte ich beim Anblick des Sängers: mich trifft der Schlag; mein Freund, seit zwei Jahren nicht mehr unter den Lebenden, steht dort, um Musik zu machen. Die gleiche Statur, der gleiche Haarschnitt, die gleiche Geste, um die Haare nach hinten zu schieben, der gleiche Blick...
Ich mag die `Hauptstraße´, wenn sie auf der Bühne stehen; ich liebe es, den Sänger zu betrachten, und mir vorzustellen: mein Freund lebt...
 



 
Oben Unten