Hausierer

Hausierer

In den frühen sechziger Jahren kamen immer wieder Hausierer ins Haus. Bert hasste es, wenn einer auftauchte. Bert neigte zu Mitleid. Seine Mutter auch und sie kaufte fast immer, unter jammern, dass sie nichts brauche, den Leuten irgendwas ab. Sein Vater schimpfte, wenn er es beim Mittagessen oder hinter seiner Zeitung am Küchentisch, trotz seiner stärker werdenden Schwerhörigkeit mitbekam.

Manche erzählten als erstes ihr Schicksal, stehend an der Küchentür. Soweit kamen sie immer, weil die Haustür immer offen stand. Kriegsverletzung oder Sohn verloren oder Gefangenschaft oder Flüchtling oder alles zusammen. Eine stellte sich, ganz nebenbei, als jüdisch vor. Bert musterte sie von der Küchenbank aus und konnte überhaupt nichts Besonderes an ihr finden. Seine Mutter schob sie schnell in den Hausflur, aus den Augen des nörgelnden Vaters und schloss die Tür hinter sich. Nach einer Weile kam sie wieder, lies ein Stück Seife oder so was in der Kammer verschwinden und setzte sich zurück an den Tisch an dem der Vater die ganze Zeit vor sich hingeschimpft hatte. Sie versuchte beruhigend ihre Hände auf seine fuchtelnden Arme zu legen, neigte ihm den Oberkörper zu und flüsterte lautmalerisch etwas. Ein letztes Mal machte der rechte Arm des Vaters eine abwinkende Bewegung, ein ärgerliches, kurzes „Ah“ kam aus seinem Mund, dann wand er sich, innerlich immer noch erregt, wieder der Zeitung zu. Bert konnte es an seinen zuckenden Fingern sehen die die Blätter hielten.
 

Retep

Mitglied
Hallo Reinhard,

das Zucken der rechten Hand des Vater bei einer Begegnung mit einer Jüdin halte ich für keine schlechte Pointe.

Du hast den Text unter "Erzählung" eingestellt, ich denke, er entspricht eher einer Kurzgeschichte.

Kleine Korrekturvorschläge:

- unter [red]j[/red]ammern
- wenn er es beim Mittagessen oder hinter seiner Zeitung am Küchentisch [red],[/red] trotz seiner stärker werdenden Schwerhörigkeit mitbekam.
- , aus den Augen des nörgelnden Vaters [blue], [/blue]
- lie[red]s[/red] ein Stück Seife oder so was in der Kammer verschwinden
- setzte sich zurück an den Tisch [blue],[/blue] an dem der Vater die ganze Zeit vor sich hingeschimpft hatte
- Bert konnte es an seinen zuckenden Fingern sehen [blue],[/blue] die die Blätter hielten.

Gruß

Retep
 
K

Kasper Grimm

Gast
Schön eingefangen, wie eine Fotografie in Sprache. Mach weiter so.
LG Kasper
 
Hallo,

das mit den zuckenden Fingern, das machte mein Vater immer wenn er sich aufregte. es ist wohl hier zuviel beschrieben. das erstaunliche in diesem einen fall war eher, dass er sofort nach der lautmalerei meiner mutter aufgehört hat zu schimpfen. Sonst zog es sich immer noch hin. ich hab noch eine andere geschichte, die passt dazu. da geht es um ein gemälde. aber ich muss daran arbeiten, gerade wegen der berechtigten kritik die "polenwitze" ausgelöst hat.

Gruß reinhard
 



 
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