reinhard kreil
Mitglied
Hausierer
In den frühen sechziger Jahren kamen immer wieder Hausierer ins Haus. Bert hasste es, wenn einer auftauchte. Bert neigte zu Mitleid. Seine Mutter auch und sie kaufte fast immer, unter jammern, dass sie nichts brauche, den Leuten irgendwas ab. Sein Vater schimpfte, wenn er es beim Mittagessen oder hinter seiner Zeitung am Küchentisch, trotz seiner stärker werdenden Schwerhörigkeit mitbekam.
Manche erzählten als erstes ihr Schicksal, stehend an der Küchentür. Soweit kamen sie immer, weil die Haustür immer offen stand. Kriegsverletzung oder Sohn verloren oder Gefangenschaft oder Flüchtling oder alles zusammen. Eine stellte sich, ganz nebenbei, als jüdisch vor. Bert musterte sie von der Küchenbank aus und konnte überhaupt nichts Besonderes an ihr finden. Seine Mutter schob sie schnell in den Hausflur, aus den Augen des nörgelnden Vaters und schloss die Tür hinter sich. Nach einer Weile kam sie wieder, lies ein Stück Seife oder so was in der Kammer verschwinden und setzte sich zurück an den Tisch an dem der Vater die ganze Zeit vor sich hingeschimpft hatte. Sie versuchte beruhigend ihre Hände auf seine fuchtelnden Arme zu legen, neigte ihm den Oberkörper zu und flüsterte lautmalerisch etwas. Ein letztes Mal machte der rechte Arm des Vaters eine abwinkende Bewegung, ein ärgerliches, kurzes „Ah“ kam aus seinem Mund, dann wand er sich, innerlich immer noch erregt, wieder der Zeitung zu. Bert konnte es an seinen zuckenden Fingern sehen die die Blätter hielten.
In den frühen sechziger Jahren kamen immer wieder Hausierer ins Haus. Bert hasste es, wenn einer auftauchte. Bert neigte zu Mitleid. Seine Mutter auch und sie kaufte fast immer, unter jammern, dass sie nichts brauche, den Leuten irgendwas ab. Sein Vater schimpfte, wenn er es beim Mittagessen oder hinter seiner Zeitung am Küchentisch, trotz seiner stärker werdenden Schwerhörigkeit mitbekam.
Manche erzählten als erstes ihr Schicksal, stehend an der Küchentür. Soweit kamen sie immer, weil die Haustür immer offen stand. Kriegsverletzung oder Sohn verloren oder Gefangenschaft oder Flüchtling oder alles zusammen. Eine stellte sich, ganz nebenbei, als jüdisch vor. Bert musterte sie von der Küchenbank aus und konnte überhaupt nichts Besonderes an ihr finden. Seine Mutter schob sie schnell in den Hausflur, aus den Augen des nörgelnden Vaters und schloss die Tür hinter sich. Nach einer Weile kam sie wieder, lies ein Stück Seife oder so was in der Kammer verschwinden und setzte sich zurück an den Tisch an dem der Vater die ganze Zeit vor sich hingeschimpft hatte. Sie versuchte beruhigend ihre Hände auf seine fuchtelnden Arme zu legen, neigte ihm den Oberkörper zu und flüsterte lautmalerisch etwas. Ein letztes Mal machte der rechte Arm des Vaters eine abwinkende Bewegung, ein ärgerliches, kurzes „Ah“ kam aus seinem Mund, dann wand er sich, innerlich immer noch erregt, wieder der Zeitung zu. Bert konnte es an seinen zuckenden Fingern sehen die die Blätter hielten.