Heimweh nach Unwissenheit

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Ralf Langer

Mitglied
Heimweh nach Unwissenheit

Wo ist der Ölberg,
der Ort an dem wir schwiegen,
wachten, an dem die Kindheit
sternbeschienen
an einem Baume lehnte?

Ach, einmal wieder sehen
ohne zu begreifen.

Einmal nur das Wahre sprechen
ohne zu erklären
kein wenn,
kein

aber,
wo bist du mein Gethsemane?

Wer kennt den Weg nach Ithaka?
 
H

Heidrun D.

Gast
Es gibt ein sehr schönes Gedicht zu Ithaka, das mir bei deinen Versen in den Sinn kam:
Konstantinos Kavafis
Ithaka

Brichst du auf gen Ithaka,
wünsch dir eine lange Fahrt.
...
Immer halte Ithaka im Sinn.
Dort anzukommen ist dir vorbestimmt.
Doch beeile nur nicht deine Reise.
Besser ist, sie dauere viele Jahre;
Und alt geworden lege auf der Insel an.
...
Jetzt fragst du dich bestimmt warum. ;)
Die Auseinandersetzung Jesu mit seinem Schicksal im Kreise seiner Freunde, noch vor dem erlittenen Verrat, die Einsamkeit des Wissenden und sein Hadern hast du verhalten und gut in Worte gekleidet.
Sicherlich gab es auch den Wunsch, dass diese letzte Nacht nicht enden möge ...
Dir einen herzlichen Gruß
Heidrun

P.S.: Mit deinem Schluss bin ich etwas unzufrieden Vielleicht solltest du keine Leerzeile zu Gethsemane setzten? - So wirkt der Vers etwas willkürlich:
Heimweh nach Unwissenheit

Wo ist der Ölberg
der Ort an dem wir schwiegen
wachten, an dem die Kindheit
sternbeschienen
an einem Baume lehnte

ach, einmal wieder sehen
ohne zu begreifen

einmal nur das Wahre sprechen
ohne zu erklären
kein wenn
kein
aber

wo bist du mein Gethsemane
wer kennt den Weg nach Ithaka
Zum Heulen schön finde ich:
der Ort an dem wir schwiegen
wachten, an dem die Kindheit
sternbeschienen
an einem Baume lehnte
:):)
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo heidrun,

danke für das schöne gedicht, das ich noch gar nicht kannte.

wegen der letzten zeile:
ich überlege, ob ich daraus nicht was eigenes machen sollte.

ich habe mit getsemane und ithaka noch eine andere idee gehabt,
die ich hier nicht unterbrinegen konnte.

letztlich finde ich aber den satz:

"wer kennt den weg nach ithaka" sehr schön.

für mich verweben sich in den bildern von gethsemane und ithaka
zwei hoffnungen die unterschiedlicher nicht sein können.

zum einen die nach geborgeheit jenseits des lebens, und zum anderen die geborgeheit des mythos, erfüllt voller diesseitigkeit.
lg
ralf
 
M

Marlene M.

Gast
erste Strophe sehr stark, auch in der Formulierung.Sehr bildhaft.
Dann wir die sprache realer, ein Absturz irgendwie.

Dann erwartet man mehr als Fragen in gehäufter Form.
So sehe ich es subjektiv.
Schade.
LG von Marlene
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo marlene,
es mag sein das du recht hast.

irgendwie korrelieren hier zwei verschiedene
ideen miteinander und eine davon will wohl oberhand behalten.

ich werde versuchen den einen gedanken hier klarer herauszuarbeiten...
hm ..

auf bald
ralf
 

revilo

Mitglied
erwachsene frage

Wo ist der Ort
an dem wir schweigen

an dem die Kindheit am Baume lehnt

sternenbeschienen?

Lg revilo
 

Mandelbaum

Mitglied
Hallo Ralf,
Dein Gedicht berührt mich, wobei auch ich spüre, dass es eigentlich Stoff für mindestens zwei Gedichte hat.

Einige konkrete Anmerkungen:
Der Titel: Warum nicht einfach "Heimweh", denn ist ist mehr als "Unwissenheit", wonach das LyrIch sich sehnt.
Was heißt eigentlich sehen, ohne zu begreifen?
Vom Wortstamm her, ist das Greifen eine dem Sehen nahezu gleichgelagerte Tätigkeit.
also: begreifen ja, aber keine Erklärungen suchen müssen
vielleicht können die beiden Zeilen auch gestrichen werden.

LG, Mandelbaum
 

Mandelbaum

Mitglied
Korrektur

Hallo Ralf,
ich war heute Morgen etwas unaufmerksam:

Ich schrieb:
Der Titel: Warum nicht einfach "Heimweh", denn ist ist mehr als "Unwissenheit", wonach das LyrIch sich sehnt.
und meinte:
Was Du in Deinem Gedicht beschreibst, ist m.E. viel Umfassender als nur das Heimweh nach Unwissenheit.

Ich hoffe, jetzt wird meine Anmerkung verständlicher.

Lieben Gruß,
Mandelbaum
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo mandelbaum,
heimweh nach unwissen(heit)

ich möchte kurz erklären, was ich meinte

sehen ohne zu begreifen

ist es nicht so, wir lernen zu spechen, bevor wir denken können.
sprache, die worte sie fliessen uns ,schon von kindheitstagen an, zu.

dann lernen wir denken:
denken heißt begreifen. Alles was für uns fassbar ist, von dem wir uns einen " begriff" machen, wird geordnet, katalogisiert,


es wird erklärt. denn auch hier: nur das geklärte befindet sich in unserem besitz.
und so gelange ich wieder zurück zum sehen.
das sprachlose sehen, das sehen ohne erklärung: das staunen.

bleibt verschüttete heimat. ein ort aus kindheitstagen,
an dem die welt noch ein geheimnis hatte ,
hinter jedem blick...

lg
ralf
 

Mandelbaum

Mitglied
Hallo Ralf,
danke für Deine Erläuterungen, die mir zeigen, dass ich mich nicht wirklich verständlich ausdrückte. Ich habe beim Lesen Deines Gedichtes, das Sehnen nach dem Ursprünglichen gefühlt, dem Ursprünglichen, was kleinere Kinder "geschenkt" bekommen und Erwachsene sich mühevoll erarbeiten müssen. Wenn man in diesem Bereich (des Ursprünglichen) "angekommen" ist, spürt man, dass das Wort "begreifen" vom Wortstamm her "greifen" ist. Ein kleines Kind be-greift also die ihn umgebende Welt mit seinen Händen, seinem ganzen Körper und "erlebt" genau das Urtümliche, wonach der Erwachsene angestrengt nachdenkend sucht.
Wenn Du statt "be-greifen" in diesem Fall das Wort "verstehen" verwenden würdest, wäre das aus meiner Sicht passender.

Die Idee für Dein Gedicht gefällt mir, das schrieb ich schon weiter oben.

Lieben Gruß,
Mandelbaum
 

Ralf Langer

Mitglied
Heimweh nach Unwissenheit

Wo ist der Ölberg,
der Ort an dem wir schwiegen,
wachten, an dem die Kindheit
sternbeschienen
an einem Baume lehnte?

Ach, einmal wieder sehen
ohne zu verstehen.

Einmal nur das Wahre sprechen
ohne zu erklären
kein wenn,
kein

aber,
wo bist du mein Gethsemane?

Wer kennt den Weg nach Ithaka?
 



 
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