Herr L. und das Wetter
Herr L. vermeidet Gespräche über das Wetter, weil er sie als niveaulose Zeitverschwendung ansieht. Auch als Herr L. seine erste und bislang einzige Seereise unternahm, blieb er diesem Prinzip treu.
So kam es zu folgender Situation. Das Kreuzfahrtschiff war in einen großen Tiefausläufer geraten, meterhoch rollten die Wellen an und der Sturm peitschte den wenigen Fahrgästen, die sich hinaus auf das Deck gewagt hatten, ins Gesicht. Zu denen gehörten auch Frau P und Herr L. Der Magen von Herr L. reagierte auf die entfesselten Naturgewalten ähnlich wie der von Frau P. und so übergaben sie beide in taktvollem Abstand voneinander entfernt ihr nur leicht anverdautes Mahl der tosenden See.
Nachdem dies erledigt war, näherten sie sich an die Reling geklammert einander, sozusagen als Bruder und Schwester im Leid.
„Hoffentlich hört dieser furchtbare Sturm bald auf“, rief Frau P. gegen eine Regenböe Herrn L. zu.
Der war trotz einer gewissen Sympathie für Frau P. unangenehm berührt, dass sie mit ihm, einem Mann von Geist und Kultur, eine banale Konversation über das Wetter beginnen wollte.
„Haben Sie schon die Neuinszenierung des ‚Faust’ am städtischen Theater gesehen“, versuchte er, in die tobenden Elemente hinein schreiend, das Gespräch auf ein anderes Thema zu lenken. „Ich finde, der Regisseur Klingenschups hat die Doppeldeutigkeit der Figur des Mephisto nicht richtig erfasst.“
„Was sagten Sie?“, schrie Frau P. zurück. „Bei diesem Sturm versteht man ja überhaupt nichts.“
Herr L. zuckte zusammen. Schon wieder versuchte sie, seinen eleganten Themenwechsel offenbar ignorierend, das Gespräch auf das Wetter zu lenken. „Faust, Mephisto!“, brüllte er durch die über sie hinwegsprühende Gischt. „Die Inszenierung war etwas flach.“
„Ja, ein furchtbarer Krach“, versuchte Frau P. den Sturm zu übertönen. „Bei diesem Wetter versteht man sein eigenes Wort nicht.“
Herr L. war pikiert über den erneuten Anlauf von Frau P., ihm eine Konversation über die triviale Offensichtlichkeit der meteorologischen Situation aufzuzwingen. Jetzt rückte sie an ihn heran und sprach direkt in sein Ohr hinein.
„Lassen Sie uns nach drinnen gehen, da kann man sich wenigstens unterhalten.“
Gerne ging Herr L. auf dieses Angebot ein, denn wie bereits erwähnt empfand er durchaus eine gewisse Sympathie für Frau P.
Im Salon des Schiffes angekommen, zog Frau P. ihren durchnässten Mantel aus und meinte: „Bei so einem Orkan hilft nur ein ordentlicher Tee mit Rum.“
Schon wieder fing sie vom Wetter an! Bedauernd schüttelte Herr L. den Kopf und zog sich in seine Kabine zurück.
Herr L. vermeidet Gespräche über das Wetter, weil er sie als niveaulose Zeitverschwendung ansieht. Auch als Herr L. seine erste und bislang einzige Seereise unternahm, blieb er diesem Prinzip treu.
So kam es zu folgender Situation. Das Kreuzfahrtschiff war in einen großen Tiefausläufer geraten, meterhoch rollten die Wellen an und der Sturm peitschte den wenigen Fahrgästen, die sich hinaus auf das Deck gewagt hatten, ins Gesicht. Zu denen gehörten auch Frau P und Herr L. Der Magen von Herr L. reagierte auf die entfesselten Naturgewalten ähnlich wie der von Frau P. und so übergaben sie beide in taktvollem Abstand voneinander entfernt ihr nur leicht anverdautes Mahl der tosenden See.
Nachdem dies erledigt war, näherten sie sich an die Reling geklammert einander, sozusagen als Bruder und Schwester im Leid.
„Hoffentlich hört dieser furchtbare Sturm bald auf“, rief Frau P. gegen eine Regenböe Herrn L. zu.
Der war trotz einer gewissen Sympathie für Frau P. unangenehm berührt, dass sie mit ihm, einem Mann von Geist und Kultur, eine banale Konversation über das Wetter beginnen wollte.
„Haben Sie schon die Neuinszenierung des ‚Faust’ am städtischen Theater gesehen“, versuchte er, in die tobenden Elemente hinein schreiend, das Gespräch auf ein anderes Thema zu lenken. „Ich finde, der Regisseur Klingenschups hat die Doppeldeutigkeit der Figur des Mephisto nicht richtig erfasst.“
„Was sagten Sie?“, schrie Frau P. zurück. „Bei diesem Sturm versteht man ja überhaupt nichts.“
Herr L. zuckte zusammen. Schon wieder versuchte sie, seinen eleganten Themenwechsel offenbar ignorierend, das Gespräch auf das Wetter zu lenken. „Faust, Mephisto!“, brüllte er durch die über sie hinwegsprühende Gischt. „Die Inszenierung war etwas flach.“
„Ja, ein furchtbarer Krach“, versuchte Frau P. den Sturm zu übertönen. „Bei diesem Wetter versteht man sein eigenes Wort nicht.“
Herr L. war pikiert über den erneuten Anlauf von Frau P., ihm eine Konversation über die triviale Offensichtlichkeit der meteorologischen Situation aufzuzwingen. Jetzt rückte sie an ihn heran und sprach direkt in sein Ohr hinein.
„Lassen Sie uns nach drinnen gehen, da kann man sich wenigstens unterhalten.“
Gerne ging Herr L. auf dieses Angebot ein, denn wie bereits erwähnt empfand er durchaus eine gewisse Sympathie für Frau P.
Im Salon des Schiffes angekommen, zog Frau P. ihren durchnässten Mantel aus und meinte: „Bei so einem Orkan hilft nur ein ordentlicher Tee mit Rum.“
Schon wieder fing sie vom Wetter an! Bedauernd schüttelte Herr L. den Kopf und zog sich in seine Kabine zurück.