Herr Schmitzke spricht sich von den Vorwürfen frei.

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Herr Gorke

Mitglied
Ich persönlich habe gar nichts gegen Homosexuelle. Das weiß hier im Verein jeder, dass ich da sehr tolerant bin, denn auf die Leistung kommt es mir an, einzig und alleine auf die sportliche Leistung. Dafür stand ich und somit der ganze Verein immer ein. Nur die Leistung zählt bei uns, nicht wo einer herkommt, was einer macht oder welches Geschlecht einer bevorzugt. Das hat uns nie interessiert, danach würde ich ja nicht einmal fragen, wenn es in diesem speziellen Fall nicht so offensichtlich gewesen wäre. Ich musste ja nachfragen, der Offensichtlichkeit wegen. Und natürlich der verunsicherten Mitspieler zuliebe, denn ich als Trainer dieser starken Mannschaft muss mich um den Zusammenhalt der Jungens kümmern, um jeden einzelnen. Das sind ja schließlich alles Individuen und zudem auch noch in der Blüte ihrer Jugend.

Kurz nach meinem Gespräch mit Michael machte er es dann ja auch vor der gesamten Mannschaft publik. Er hatte sein so genanntes Outing gehabt, wie das bei jungen Männern wohl heißt, die allen erzählen, dass sie sich eben nicht, wie im Normalfall, zu Frauen hingezogen fühlen, sondern das gleiche Geschlecht vorziehen. In diesem Fall also das Geschlecht der kompletten Mannschaft. Doch das hat nichts, wie vielerorten behauptet wird, mit seinem Ausschluss aus unserem Verein zu tun. Aber es ist wie so oft. Wenn das Selbstvertrauen eines geltungsbedürftigen jungen Mannes gekränkt wird, in diesem Fall aufgrund seines mangelnden fußballerischen Talentes, dann sucht er sich einen anderen Weg, um ins Gespräch zu kommen, um die für ihn so nötige Aufmerksamkeit zu erlangen. Das kommt ja auch nicht von ungefähr.

Das am nächsten Tag direkt der Vater bei mir vorsprach, war absehbar. Doch blieb mir auch hier nichts anderes übrig, als ihn davon zu überzeugen, dass sein Sohn leider nicht der von ihm so erhoffte Fußballstar werden wird, im Gegenteil, er solle sich lieber einen anderen Sport suchen, einen der besser zu ihm passt, vielleicht Leichtathletik. Mir war klar, dass er sofort mit dem Argument kommen würde, dass sein angeblich so guter Sohn in der laufenden Spielperiode einige Tore geschossen habe und man in diesem Fall ja wohl ganz und gar nicht von untalentiert sprechen könne. Er ließ es sich auch nicht nehmen, mich mehrfach darauf hinzuweisen, dass sein Sohn stets im Sinne der Mannschaft spiele und sich für keinen Ball, wie man sagt, zu schade sei. Aber es ist natürlich immer das gleiche. Eltern setzen diese großen Hoffnungen in ihre Sprösslinge, sehen ein vielleicht ansatzweise vorhandenes Talent durch das Vergrößerungsglas ihrer Sehnsucht, die Kinder würden einmal ein besseres Leben führen können als sie selbst. Und es gehört leider auch zu meinen traurigen Pflichten, die Heerscharen von Eltern eins ums andere mal enttäuschen zu müssen. So wie ich auch Michaels Vater davon überzeugen musste, dass sein Sohn zwar ein paar Tore geschossen, und ja, zweifelsohne einen großen Beitrag zum Aufstieg beigetragen hat, und ja, dass er in entscheidenden Momenten Verantwortung übernommen und auch einen der wichtigsten Elfmeter dieser Saison getreten, bzw. verwandelt hat.

Doch gehört eben noch viel mehr zum Fußball, als nur dies. Ein Mannschaftsmensch muss man sein, ein Teamplayer, einer auf den man sich verlassen können muss, in jeder Situation. Und es war und ist nun mal mein Eindruck, dafür bin ich ja der Trainer, dass Michael eben dies nicht ist. Für seinen Vater war aber dennoch klar, dass wir uns nur aufgrund der andersartigen Sexualität seines Sprösslings von ihm getrennt haben. Ein Vorwurf, den ich aufs entschiedenste zurückweise, und welcher sicherlich nur aus der Tatsache herrührt, dass sein Vater seiner eigenen Enttäuschung über die mangelnde Leistung seines Sohnes nicht anders Herr wurde. Ich sage, gerade weil ich wusste, dass Michael ein Homosexueller ist, haben wir uns nach Erkennen seiner äußerst mangelhaften Teameinstellung von ihm getrennt. Denn es ist doch klar, dass ich mir ansonsten von den anderen, ich muss es leider so sagen, besorgten Eltern den Vorwurf machen lassen müsste, dass ich den Michael nur deshalb in der Mannschaft lasse, um mir nicht vorwerfen zu lassen, ich schmeiße ihn nur aufgrund seiner Andersartigkeit heraus. Ich habe die unbedingte Pflicht, jeden nach denselben Maßstäben zu beurteilen, egal ob Homosexuell oder nicht.

Zuerst habe ich mir ja auch gar nichts dabei gedacht, als der Michael immer so gerne und lange duschen ging, nach den Spielen. Ich hielt ihn einfach für gründlich. Angestarrt habe er einige meiner Schützlinge und wenn er rannte, hatte er seine Arme immer so komisch bewegt. Das sagten zumindest einige meiner Schützlinge, denn ich war ja meistens nur am Anfang im Duschraum zugegen, um die Disziplin zu überprüfen, denn auch das gehört zu meinen Pflichten als Trainer. Zu überwachen, das die Jungens sich ordentlich verhalten und keinen Unsinn treiben. Sobald aber alle unter der Dusche standen, habe ich mich entfernt und bin die Spielnotizen durchgegangen um mich auf die Nachbesprechung vorzubereiten. Das war also schon immer etwas eigenartig und gestern kam ja auch heraus, dass der Michael gerne in Unterwäsche sein Bett neu bezieht oder so Sachen macht, in seinem Zimmer. Schon oft wurde er dabei beobachtet, von Kindern, wie er in Unterwäsche sein Bett neu bezog oder irgendwelche Kleidungsstücke zusammenlegte. Dabei hätte ihm doch bewusst sein müssen, dass sein Zimmer im ersten Stock von der Straße gut einsehbar ist. Und das die Kaiserstraße sich in unmittelbarer Nähe der Käthe-Kollwitz-Grundschule befindet, sich also tagtäglich Kinder durch diese hindurchbewegen, an seinem Fenster vorbei, hinter dem er scheinbar immer zu Schulanfang oder Ende irgendwelche Dinge in Unterwäsche verrichtete. Das ist doch komisch, ein solches Verhalten.

Und als einmal Werners Sohn nach unserem alljährlichen Feuerwehrfest auf dem Weg nach Hause vom Fahrrad stürzte und sich die Knie blutig schlug, da war zufällig dieser Michael vor Ort und hat ihm geholfen. In den Arm genommen hat er ihn und etwas Süßes geschenkt, ihm danach zugezwinkert und über den Kopf gestreichelt, wie eine Mutter. Das hat Werners Sohn zu Hause berichtet, eigentlich glücklich über den Kaubonbon vom Michael und dankbar für die Hilfe, doch dem Werner kam das gleich komisch vor, dieses Umarmen und über den Kopf streicheln. Ein einfaches Hinstellen seines Sohnes und ein aufmunternder Klaps auf die Schultern hätten seiner Ansicht nach ja auch gereicht. Aber dann auch noch das Bonbon! Und dafür hatte Werners Sohn dann auch noch Ärger bekommen, da er doch nichts Süßes von Fremden Männern nehmen sollte, wobei dieser trotzig entgegnete, dass der Michael doch kein Fremder sei, wonach sein Vater nur laut raunte, von der Schwuchtel solle er schon gar nichts nehmen. Nach diesen aufregenden Ereignissen lag Werners Sohn wahrscheinlich abends im Bett und fragte sich, was eine Schwuchtel ist. Ha!

Sehen Sie, so möchte ich ja gar nicht reden. Wir haben hier überhaupt nichts gegen diese Homosexuellen. Die meisten sind ja ganz normal und tun einem ja nichts. Das sind ja oft sehr saubere Männer, die auf ihr Äußeres achten. Dinge, für die ich bei meinem Job, oder auch der Werner, bei der Feuerwehr, oder die meisten anderen Männer hier im Ort, bei ihren harten, körperlichen Arbeiten, gar keine Zeit haben. Homosexuelle gehen halt öfter zum Friseur und laufen anders, als, ich sag mal, Werner oder ich. Daher erkennt man sie ja meistens auch ganz gut, an ihrer Art zu gehen oder wie sie ihre Hände halten beim Reden. Beziehungsweise am Reden selbst, diese besondere Art, die Worte lang zu ziehen mit nasaler Stimme. Nicht alle sind so, aber doch die meisten, denke ich. Michael hat sich wahrscheinlich sehr verstellen müssen, um hier im Verein nicht aufzufallen, doch jetzt im Nachhinein gesehen, fallen sie mir immer mehr auf, die Hinweise. Die angewinkelten Handgelenke in der Teambesprechung, das stets überkorrekte Erscheinungsbild, die sich stets auf dem neusten Stand befindende Frisur, wobei, dass muss man sagen, da stehen ja jetzt alle diese jungen Männer drauf, diese neuen Frisuren mit gefärbten Haaren und diese Ohrstecker. Das gab es bei uns ja nicht und von daher ist es beim Michael ja auch erst gar nicht aufgefallen. Die Art zu rennen, ein bisschen wie der Miroslav Klose, wobei der ganz bestimmt kein Homosexueller ist! Außerdem war er in den Zweikämpfen der mit Abstand unaggressivste Mitspieler. Natürlich ein weiterer Grund für seinen Ausschluss, denn ich benötige nur Spieler, die sich im Ernstfall durchsetzen können. So einer war Michael nie.

Ich leugne auch gar nicht, dass es mir ganz recht ist, dass Michael den Verein verlassen hat, denn aufgrund dieser Homogeschichte hätte er doch einige Probleme in den Verein geschleppt. Wer hätte mit dem noch duschen wollen, wenn doch klar ist, dass es ihn sexuell erregt? Dass man das eventuell widerlich finden kann, muss man doch verstehen. Wer hätte ihn nach einem Torjubel umarmen wollen, ohne Gefahr zu laufen, mit anderen als rein sportlichen Gedanken am Hintern berührt zu werden? Schon jetzt, kurz nach seinem Ausschluss, sind die Jungens beruhigter und spielen konzentrierter, sich darüber gewiss, keinen scharfen Bruder, wie sie es nennen, unter sich zu haben. Ich gebe es zu, der Ausschluss Michaels ist mehr als gut für uns und wird in jedem Fall aufrechterhalten. Aber ich bleibe dabei, dass sowohl der gestrige gewalttätige Übergriff auf Michael als auch der Ausschluss aus unserem Verein nichts mit seiner Sexualität zu tun haben!
 
D

Dominik Klama

Gast
Schwule Fußballer gibt's. Stimmt. Ich bin keiner.

> „Ich persönlich habe gar nichts gegen Homosexuelle.“

Ich kann’s gar nicht recht begründen, aber eins hab ich gelernt in meinem Leben. Immer, wenn ich diesen Satz hörte wurde ich sehr, sehr hellhörig und hab mich drauf eingestellt, dass die, die das zu mir sagten, mich ganz und gar nicht mochten. Ich wollte mal in einer Werbeagentur als Texter eingestellt werden. Da brauchte ich Arbeitsproben. Leider hatten die einzigen Arbeitsproben, die meinen veränderten Qualitätsmaßstäben immer noch Stand hielten, sämtlich homosexuelle Inhalte. Also musste ich, obwohl ich das gar nicht wollte, als offen schwuler Bewerber antreten. Zwei Herren unterhielten sich mit mir und sie beeilten sich beide, obigen Satz zu sagen. Ich wurde eingestellt, arbeitete zu ihrer Zufriedenheit, aber nicht zu meiner. Ich reichte die Kündigung ein. Man wollte mich halten. Man sagte: obigen Satz. Ich ging.

Netterweise gibt es hier in der Leselupe eine Stelle, wo mir eine Forenredakteurin auf eine Antwort hin, die ich zu einem Text von einem Kollegen, der sich als bisexuell geoutet hatte, geschrieben hatte, sagte: „Ich persönlich habe auch gar nichts gegen Schwule, Swinger oder dergleichen... Aber...“ Nun, es überraschte mich wenig, als auf diese Einleitung wenig Zurechnungsfähiges folgte.

> „Er solle sich einen anderen Sport suchen, der besser zu ihm passt, vielleicht Leichtathletik.

Der schwule Sport schlechthin muss ja wohl Volleyball sein. Zufällig habe ich seinerzeit einiges von den ersten Jahren des schwulen Sportvereins von Stuttgart mitbekommen. Die hatten jahrelang, heute haben sie viel mehr, nur eine Sportart im Angebot: Volleyball, da war so ein Bedarf. Ich, der ich jeglichen Sport verabscheute in meiner Jugend, nicht zuletzt, weil er mir beständig schlechte Noten einbrachte, mich immer wieder vor den Gleichaltrigen blamierte und mir dieses Ungeliebtheitsgefühl bescherte, wenn man bei jeder Mannschaftswahl immer der ist, der als Zweitletzter genommen wird, fand mich, aus welch strategischen Überlegungen heraus auch immer, in den letzten beiden Oberstufenklassen in der Volleyball-Mannschaft wieder. Ich habe es gehasst, es war furchtbar. Nie wieder im Leben habe ich einen Volleyball angefasst. (Dem Fußball kann man ja manchmal nicht entgehen, wenn man bei einem Grillen ist oder auf so einem Fortbildungsseminar mit lauter Männern.)

> Wer hätte mit dem noch duschen wollen, wenn doch klar ist, dass es ihn sexuell erregt?

Das ist nicht ganz von der Hand zu weisen. Lange, lange duschen und dabei die Blicke schweifen lassen über die Körper der männlichen Mitduscher, das können schöne Momente im Leben sein. Wer sich davon mal ein Bild machen möchte, der gehe an ein paar verschiedenen Tagen in ein Hallen- oder Freibad und dort dann eine Zeitlang alle halbe Stunde mal kurz unter die Duschen. Vielleicht nicht gleich am ersten Tag, aber nach einer gewissen Zeit ganz bestimmt, wird es feststellen, dass manche Gesichter in diesen Duschräumen offenbar selten wechseln, ja, irgendwann geht ihm gar auf, dass es Männer gibt, die in solche Bäder überhaupt nie zum Zwecke des Schwimmens, sondern ganz allein der Duschen wegen gehen.

Allerdings heißt, jemandes Schönheit Bewundern nicht notwendigerweise auch, mit ihm schlafen Wollen. Und mit ihm schlafen Wollen heißt nicht notwendigerweise, ihn darum nun auch anzumachen. Und jemanden schön Finden und sich Wünschen, mit ihm schlafen zu können, löst nicht notgedrungen eine Erektion aus. Oder ist das bei Heterosexuellen so, wenn sie schöne Frauen sehen? Dann muss es bei Schwulen wohl anders sein. Wenn man aber ein schwuler Jüngling ist, der sich selbst nicht ganz sicher ist, ob sein Körper bei verlockenden Anblicken sich seiner Willensmacht nicht befreien könnte, dann wird niemand so viel Angst vor dem Duschen haben wie dieser schwule Junge. Der wird alles dafür tun, es nicht oder möglichst alleine tun zu können.

> „Wer hätte ihn nach einem Torjubel umarmen wollen, ohne Gefahr zu laufen, mit anderen als rein sportlichen Gedanken am Hintern berührt zu werden?

Es ist einfach schön, einen Mann am Hintern zu berühren. Fühlt sich gut an. Heißt aber keineswegs, dass man rein will in diesen Hintern. Im Ganzen eher wahrscheinlich wäre sogar, dass der schwule Fußballer eher davon träumt, dass dieser oder jener seiner Kameraden ihm in den Hintern will – nicht umgekehrt.

> „Aber ich bleibe dabei, dass sowohl der gestrige gewalttätige Übergriff...“

Na, die halten sich mittlerweile in Deutschland einigermaßen in Grenzen, diese gewalttätigen Übergriffe auf Schwule. Wo sich allerdings rein gar nichts geändert hat, sind Zonen wie diese nächtlichen Parks, von deren Besuch ich nach wie vor nicht lasse, weshalb ich auch wiederholt solchen Attacken schon zum Opfer gefallen bin. Also Parks, wo nachts, da ja Nacht und dunkel und menschenleer, niemand „Normaler“ reingeht, nur Schwule, die sich dort zwecks Sexaufnahme abchecken. Dieser Sachverhalt ist vielen anderen Leuten theoretisch bekannt. Dazu gehören leider auch Gewaltkriminelle, denen es nicht um Ausrauben, Beutemachen, auch nicht in erster Linie um Schwulenhass, möglicherweise rechtsradikal determiniert (ich habe im ganzen Leben noch keinen Neonazi-Angriff auf Schwule erlebt, bürgerliche Toleranzmenschen reden aber gerne davon), geht, sondern schlicht darum, jemanden zu schlagen, ihm weh zu tun und sich dadurch mächtig zu fühlen. Hierbei handelt es sich, wie ja überhaupt bei aller Art von Gewaltstraftaten in Deutschland, bei den Tätern vornehmlich um Männer, vornehmlich um junge Männer, Alter etwa 17 bis 26, vornehmlich um schlecht gebildete junge Männer und vornehmlich um ausländische junge schlecht gebildete Männer. (Keine der genannten Bevölkerungsgruppen soll damit als Ganzes angegriffen werden. Es sind einfach die Fakten. Jede Kriminalpolizeistatistik über Gewaltstraftaten wird sie bestätigen. Von meiner eigenen Erfahrung mal ganz abgesehen.) Es sind also nicht die Fußballmannschaftskameraden, die eine kleine Schwuchtel verprügeln. Nur, nur um mal LeserInnen zu beruhigen, deren heterosexuelle Söhne vielleicht gerade im Fußballtraining sind.

Geschlagen wird immer und überall, wer gesellschaftlich so weit zum Freiwild erklärt ist, dass er es nicht wagt, als Opfer so eines Vorfalles Anzeige zu erstatten, ohne mit Hohn und Spott und unterschwelligen Anschuldigungen rechnen zu müssen. 1936 sind das hier im Land nicht die Schwulen, da sind das die Juden gewesen. Wer es ist, ist letztlich austauschbar, geschlagen wird immer.
 



 
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