Hinter meinen Augen..

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None Back

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Die Sonne stand hoch am hellblauen Himmel, schickte ihre Strahlen zu uns herunter, wärmte uns.
Meine Hand umfasste die ihre mit einer Zärtlichkeit, die sich mit meinem Äußeren zu beissen schien.
Meinem Äußeren, das aus kalten, grauen Augen bestand; einem Mund, dessen Winkel immer herunter gezogen schienen, im Schatten gelegen; einer zerfurchten Stirn die Abweisung und Kälte bereit hielt.
Mein Daumen strich über ihren Handrücken - und ich spürte ihre warme, seidige Haut unter meiner rauhen; spürte das Leben, das in ihr pulsierte und sich in jeder ihrer Bewegung zeigte, sich in ihrer Mimik widerspiegelte.
Sie liebte ihre Existenz; und ich liebte sie, meine Frau.

Unsere Blicke lagen auf der Landschaft, die sich unter uns erstreckte, den Wiesen, die mit einem satten Grün überzogen waren und den gelben Weizenfeldern, die sich mit dem Wind hin und her wogen.
Sie lehnte sich an mich, legte ihren Kopf leicht an meiner Schulter ab und seufzte vor Glück, genoss den Anblick.
Schweissperlen prangten noch auf meiner Stirn, Schweissperlen von dem harten Aufstieg, den wir hinter uns gebracht hatten, um das Land überblicken zu können.
Wir hatten nicht mehr lange, denn sie warteten auf uns. Dort unten glichen sie Ameisen, die von einem Ort zum anderen liefen, aufgeregt, hektisch, als hätten sie eine neue Futterquelle gefunden - eine ganze Armee.
Ich drehte sie zu mir um, presste meine Lippen auf ihre, leidenschaftlich, um mich bald darauf von ihr zu lösen. Sie würde die erste sein, die erste auf dem Weg nach unten.
Meine Finger glitten über ihre Gurte um sie festzuzerren. Ich wollte kein Risiko eingehen, nicht bei meinem Engel.

Und dann machte sie sich daran, die steile Steinwand wieder zu verlassen.
Mit ihrem Fuß suchte sie einen Felsspalt, der ihr genug Halt bot, ihre schlanken Finger klammerten sich dagegen an den steinigen Rand, fest, damit sie sich halten konnte.
Langsam, vorsichtig machte sie sich weiterhin an den Abstieg.
Wenn sie sich konzentrierte schaute immer ihre Zungenspitze aus dem rechten Mundwinkel hervor; ich konnte darüber immer nur lächeln.

Sie hatte vielleicht 1 m hinter sich gebracht, als man ein leises Klirren hörte, ein Klacken.
Ich hatte sie genau im Blickfeld und jetzt schon schoss mir die Sorge in die Augen, haftete auf der Oberfläche, genau erkennbar, wie Öl auf dem Wasser haftet.
Doch sie schenkte mir nur ein weiteres, liebliches Lächeln - wie stets -, damit ich meine Sorgen vergaß.

Gerade wollte sich ihr Fuß einen neuen Halt suchen, gerade wollte sie aufatmen, als sie plötzlich, begleitet von einem weiteren Klacken einen halben Meter fiel.
Ihre Augen rissen sich auf, suchten die meinen, als sie plötzlich, in Panik, ihre Hand hilflos ausstreckte, irgendetwas zu greifen versuchte - einen Felsspalt.
Doch ihre Bewegungen waren zu hektisch, zu unkontrolliert, als das sie etwas zu greifen vermocht hätte.

Sofort ließ ich mich auf die Knie fallen, auf den Bauch. Ich spürte die kleinen, kantigen Steinchen unter mir, die durch meine Weste zu stoßen schienen, um mir Schmerzen in meinem Leibe zu bereiten - aber vielleicht war es nur mein Herz.
Ich streckte meine Hand unter Angst aus, ihr entgegen; sie tat es mir gleich.
Unsere Fingerkuppen drohten sich zu berühren, als wir nacheinander zu greifen versuchten. Die Panik in ihren Augen schmerzte, während ich versuchte mich weiter vorzubeugen, mich zu strecken; ich schaffte es nicht.
Immer und immer wieder schienen unsere Finger sich zu streifen, nur zu berühren.
Und dann öffnete sie ihren Mund und es entkam ihr ein entsetzter Schrei, erfüllt von Angst, Qualen - genau in diesem Moment war ein weiteres Geräusch zu hören und die Gurte entledigten sich völlig ihres Haltes, so dass sie fiel; fiel, in die Tiefe, die sie zu verschlucken drohte; in eine Tiefe, die ihr das Leben nehmen würde.
Im Einklang mit ihrem Schrei ertönte auch meine Stimme gepeinigt, während ich meine Hand noch ausstreckte, meinte sie fassen zu können.

Damals schrie ich im Traum, so dass sie neben mir aufwachte, mich rüttelte, mir beruhigende Worte zuflüsterte.
Und damals wachte ich auf, bewusst, nur eine Illusion vor Augen gehabt zu haben.
Voller Überschung nahm ich sie in die Arme, drückte sie an mich, zerquetschte sie förmlich unter meinen rauhen Händen, während ich zu zittern begann.

.. und damals verstand ich, was sie mir wirklich bedeutete.
 

GabiSils

Mitglied
Hallo None Back,

inhaltlich gefällt mir der Text recht gut. Geschichten, die sich am Schluß als Traum entpuppen, sind immer heikel, weil der Leser sich schnell veräppelt fühlt; du hast das mit dem letzten Satz sehr gut gelöst.

Sprachlich könntest du noch daran arbeiten. Manche Formulierungen klingen seltsam, z.B. "Ihre Augen rissen sich auf" - da fände ich "öffneten sich weit" besser, oder aber "mit schreckgeweiteten/ vor Entsetzen geweiteten Augen suchte sie meinen Blick", etwas in der Art. Es gibt noch andere solche Stellen.

Das Stilmittel der Wiederholung ("Mein Äußeres", "Schweißperlen") liest sich auch nicht so gut.

Schau dir den Text daraufhin noch einmal an; ich gehe auch gerne noch einmal genauer durch, wenn du möchtest.

Gruß,
Gabi
 

Markus Veith

Mitglied
Hallo, None Black!
Nimm Gabis Angebot an. Da ist so einiges nicht recht stimmig, vor allem sprachlich. Inhaltlich finde ich, dass deine Geschichte nicht sonderlich viel hergibt. Ich wusste nach dem ersten Absatz, dass da einer abstürzen werden würde. Der Traum hat mich zwar überrascht, doch stellte sich tatsächlich – wie Gabi schon erwähnte – dieses Lesergefühl ein, veräppelt worden zu sein.
Um nichtsdestotrotz einen konstruktiven Gedanken anzuführen: Ich habe überlegt, wie man diese Traumsache abwandeln könnte, so dass die ganze Geschichte mehr an Tiefe (von räumlicher mal abgesehen J) gewinnen könnte. – Ein Traum hat immer eine Bedeutung; so also auch dieser. Überleg und füge doch hinzu, weshalb der Erzähler solch einen Traum haben könnte. Steckt da eine Angst hinter, sie zu verlieren und woher rührt sie? Ich könnte mir zum Beispiel vorstellen, dass er befürchten könnte, seine Frau hielte ihn insgeheim für unvollkommen, gefühlskalt, vielleicht sogar hässlich. (Dann würde auch die Stelle im ersten Absatz über sein Äußeres Sinn ergeben. In der bisherigen Version suche ich noch verzweifelt danach.) Diese Angst könnte nach dem Erwachen Thema seiner Gedanken werden und den ganzen Traum in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen.
Nur eine Anregung.
Mit literarischen Grüßen
Markus Veith
 



 
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