Hinterhöfe einer Stadt

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Eve

Mitglied
Hinterhöfe einer Stadt

Taubengrau liegt der Himmel über der Stadt. Träge und breit dehnt er sich aus. Am Horizont, über der Aurora-Fabrik, dringen fahle Lichtstrahlen durch einen Riss, die vermuten lassen, dass irgendwo dahinter die Sonne scheint. Dicker, weißer Qualm steigt aus den Schloten empor, so weich, dass ich ihn fast greifen wollte, aber er zerfasert schnell in der Luft. Ein Baukran schwenkt gemütlich über die Dächer der Häuser. Investoren schwören auf diese Seite des Flusses, stark im Kommen soll sie sein. Heute merkt man davon noch nichts. Nur, dass in der Parallelstraße große Bürokomplexe aus dem Boden gestampft werden, zeugt von dem Geld, das hier in Zukunft gemacht werden soll.

Die beiden Türme der ökumenischen Kirche stehen wie eine Trutzburg am Anfang des Straßenzuges, Erinnerung an alte Zeiten, als die Brücke über den Fluss noch aus Eisen war und das Hufgetrappel der Pferde weit durch die Gassen hallte. Die Türen der Kirche sind verschlossen, erst muss der Pfarrer herbei geklingelt werden, um den Trostsuchenden zu öffnen. Auch ein Zugeständnis an veränderte Zeiten – die verschlossenen Kirchentüren.

Schwarz verfärbte Backsteinmauern fangen meinen Blick über die Häuser auf, von der Straße aus nicht sichtbar – aber hier, von meiner Warte hoch über den Dächern, sehe ich tiefer. Auf jedem Haus eine Satellitenschüssel, die die Sicht verschandelt. Wirr und ungeordnet scheinen die Gebäude nach dem Krieg an krummen Straßen wieder aufgebaut worden zu sein, so scheint es zumindest von hier oben.

Weiter hinten noch mehr Baukräne, ein schmales Hochhaus, das aus der Silhouette hervorsticht, ein paar kahle Bäume dazwischen, deren Kronen wie armeegrünes Gestrüpp anmuten.

Aber da, verborgen im Innenhof hinter einer alten, löchrigen Mauer, steht eine Linde in knospendem grünen Flaum.
 
H

Hakan Tezkan

Gast
Hallo Eve,

ein Text, dem die Sehnsucht nach Natur innewohnt.
Ich würde aber an deiner Stelle hie und da noch straffen.
Im Folgenden meine Vorschläge.

Hinterhöfe einer Stadt

Taubengrau liegt der Himmel über der Stadt.[strike]Träge und breit dehnt er sich aus.[/strike] Am Horizont, über der Aurora-Fabrik, dringen fahle Lichtstrahlen durch einen Riss[strike], die vermuten lassen, dass irgendwo dahinter die Sonne scheint.[/strike][red]Hier wäre vielleicht noch schön, was gerissen ist...[/red] Dicker, weißer Qualm steigt aus den Schloten empor, so weich, dass ich ihn fast greifen wollte, aber er zerfasert schnell in der Luft. Ein Baukran schwenkt [strike]gemütlich[/strike] über die Dächer der Häuser. Investoren schwören auf diese Seite des Flusses, stark im Kommen soll sie sein. Heute merkt man davon noch nichts. Nur, dass in der Parallelstraße große Bürokomplexe aus dem Boden gestampft werden, zeugt von dem Geld, das hier in Zukunft gemacht werden soll.

Die beiden Türme der [strike]ökumenischen[/strike][red]Wen interessiert's?[/red] Kirche stehen wie eine Trutzburg am Anfang des Straßenzuges, Erinnerung an alte Zeiten, als die Brücke über den Fluss noch aus Eisen war und das Hufgetrappel der Pferde weit durch die Gassen hallte. Die Türen der Kirche sind verschlossen, erst muss der Pfarrer herbei geklingelt werden, um den Trostsuchenden zu öffnen. [strike]Auch ein Zugeständnis an veränderte Zeiten – die verschlossenen Kirchentüren.[/strike][red]Glaubst du, deine Leser sind dumm? Der Zusatz ist mir zu erklärend.[/red]

Schwarz verfärbte Backsteinmauern fangen meinen Blick [strike]über die Häuser [/strike]auf, von der Straße aus nicht sichtbar – aber hier, von meiner Warte hoch über den Dächern, sehe ich tiefer. Auf jedem Haus eine Satellitenschüssel, die die Sicht verschandelt. Wirr und ungeordnet scheinen die Gebäude nach dem Krieg an krummen Straßen wieder aufgebaut worden zu sein[strike], so scheint es zumindest von hier oben[/strike].

Weiter hinten noch mehr Baukräne, ein schmales Hochhaus, das aus der Silhouette hervorsticht, ein paar kahle Bäume dazwischen, deren Kronen wie armeegrünes Gestrüpp anmuten.

Aber da, verborgen im Innenhof hinter einer alten, löchrigen Mauer, steht eine Linde in knospendem grünen Flaum.

Vielleicht magst du das ein oder andere ja übernehmen. Mir hat dein Text gefallen, auch wenn die Idee sicherlich keine Neue ist.

Liebe Grüße,
Hakan
 

Eve

Mitglied
Hinterhöfe einer Stadt


Taubengrau liegt der Himmel über der Stadt. Am Horizont, über der Aurora-Fabrik, dringen fahle Lichtstrahlen durch einen Riss in der Wolkendecke. Dicker, weißer Qualm steigt aus den Schloten empor, so weich, dass ich ihn fast greifen wollte, aber er zerfasert schnell in der Luft. Ein Baukran schwenkt über die Dächer der Häuser. Investoren schwören auf diese Seite des Flusses, stark im Kommen soll sie sein. Heute merkt man davon noch nichts. Nur, dass nebenan große Bürokomplexe aus dem Boden gestampft werden, zeugt von dem Geld, das hier in Zukunft gemacht werden soll.

Die Kirche mit den beiden wuchtigen Türmen steht wie eine Trutzburg am Anfang des Straßenzuges, Erinnerung an alte Zeiten, als die Brücke über den Fluss noch aus Eisen war und das Getrappel der Pferde weit durch die Gassen hallte. Die Türen der Kirche sind verschlossen, erst muss der Pfarrer herbei geklingelt werden, um den Trostsuchenden zu öffnen. Auch ein Zugeständnis an veränderte Zeiten – die verschlossenen Kirchentüren.

Schwarz verfärbte Backsteinmauern fangen meinen Blick, von der Straße aus nicht sichtbar – aber hier, von meiner Warte hoch über den Dächern, sehe ich tiefer. Auf jedem Haus eine Satellitenschüssel, die die Sicht verschandelt. Wirr und ungeordnet scheinen die Gebäude nach dem Krieg an krummen Straßen wieder aufgebaut worden zu sein.

Weiter hinten noch mehr Baukräne, ein schmales Hochhaus, das aus der Silhouette hervorsticht, ein paar kahle Bäume dazwischen, deren Kronen wie armeegrünes Gestrüpp anmuten.

Aber da, verborgen im Innenhof hinter einer alten, löchrigen Mauer, steht eine Linde in knospendem grünen Flaum.
 

Joh

Mitglied
Hallo Eve,

ein ruhiger, besinnlich-nachdenklicher Blick auf die Stadt, den ich gern auf mich habe wirken lassen. Hankans Vorschläge finde angebracht - bis auf die verschlossenen Kirchentüren. Die fallen mir auch immer wieder auf und zeigen eine große Veränderung in unserer Gesellschaft, die Du wunderbar in einem Nebensatz aufgezeigt hast.

ein Gruß an Dich, Johanna
 

Eve

Mitglied
Hallo Hakan,

danke fürs Lesen ... und für deine Anmerkungen, die ich fast alle gern übernommen habe. Über ein paar musste ich schmunzeln (wen interessierts) *g* ... das stimmt schon, hab ich auch gestrichen.

Ja, diese Beobachtung ist nichts Neues, fiel mir aber grade beim Blick aus dem Fenster so auf ... im Grunde zuerst die Linde, die man erst bei genauem Hinsehen in all dem Grau erkennen kann - und das fand ich als Hoffnungsschimmer für den nahenden Frühling schön ;-)

Viele Grüße,
Eve
 

Eve

Mitglied
Hallo Joh,

vielen Dank fürs Lesen und deinen Kommentar :) das mit den Kirchentüren ist wirklich ärgerlich - und es rührt ja nun mal daher, dass die Kirche Angst vor Vandalismus und Diebstählen hat ... ich hab jetzt spontan diesen Nebensatz gelöscht, weil ich keinen schulmeisterlichen Nebensatz haben wollte ... aber da ich nun sehe, dass er nicht überall so ankommt, muss ich nochmal drüber nachdenken, ihn wieder reinzunehmen ... :)

Viele Grüße,
Eve
 
H

Hakan Tezkan

Gast
Hallo Eve,

schön, dass ich dir helfen konnte. Finde den Text jetzt rund.
Freut mich, dass ich dich zum Schmunzeln bringen konnte...*g*

Liebe Grüße,
Hakan

PS: @Joh: Ich heiße Hakan..., aber was soll's, was sind schon Namen?
 

Eve

Mitglied
... hab den Kirchentüren-Nebensatz wieder reigenommen, weil der Text auch in anderen Teilen die Gedanken des LyrIchs als Beobachter beschreibt (die Investoren z. B.). Von daher denke ich, er passt doch ganz gut ...
 
G

Gelöschtes Mitglied 7520

Gast
hi eve,

eine perle von einem text. sehr gelungen überarbeitet. zwar keine wesentlich neuen erkenntnisse, aber das macht den text nicht schlechter. authentisch,urban, melancholisch - einfach gut.

einen vorschlag habe ich aber doch noch: in
"Die Türen der Kirche sind verschlossen, erst muss der Pfarrer herbei geklingelt werden, um den Trostsuchenden zu öffnen."
gefällt mir die passivkonstruktion überhaupt nicht. reicht es nicht, wenn trostsuchende bimmeln müssen, muss der leser noch durch indirekte formulierung eines (beobachteten?) vorgangs ;)geschickt werden?

trostsuchende müssen den pfarrer erst herbeiklingeln. artikel auslassen, dann schließt es potentiell auch lyrich
mit ein.

aber das ist wie immer nur ein eindruck.

liebe grüße
nofrank
 

Eve

Mitglied
Hinterhöfe einer Stadt


Taubengrau liegt der Himmel über der Stadt. Am Horizont, über der Aurora-Fabrik, dringen fahle Lichtstrahlen durch einen Riss in der Wolkendecke. Dicker, weißer Qualm steigt aus den Schloten empor, so weich, dass ich ihn fast greifen wollte, aber er zerfasert schnell in der Luft. Ein Baukran schwenkt über die Dächer der Häuser. Investoren schwören auf diese Seite des Flusses, stark im Kommen soll sie sein. Heute merkt man davon noch nichts. Nur, dass nebenan große Bürokomplexe aus dem Boden gestampft werden, zeugt von dem Geld, das hier in Zukunft gemacht werden soll.

Die Kirche mit den beiden wuchtigen Türmen steht wie eine Trutzburg am Anfang des Straßenzuges, Erinnerung an alte Zeiten, als die Brücke über den Fluss noch aus Eisen war und das Getrappel der Pferde weit durch die Gassen hallte. Die Türen der Kirche sind verschlossen, Trostsuchende müssen den Pfarrer erst herbei klingeln. Auch ein Zugeständnis an veränderte Zeiten – die verschlossenen Kirchentüren.

Schwarz verfärbte Backsteinmauern fangen meinen Blick, von der Straße aus nicht sichtbar – aber hier, von meiner Warte hoch über den Dächern, sehe ich tiefer. Auf jedem Haus eine Satellitenschüssel, die die Sicht verschandelt. Wirr und ungeordnet scheinen die Gebäude nach dem Krieg an krummen Straßen wieder aufgebaut worden zu sein.

Weiter hinten noch mehr Baukräne, ein schmales Hochhaus, das aus der Silhouette hervorsticht, ein paar kahle Bäume dazwischen, deren Kronen wie armeegrünes Gestrüpp anmuten.

Aber da, verborgen im Innenhof hinter einer alten, löchrigen Mauer, steht eine Linde in knospendem grünen Flaum.
 

Eve

Mitglied
Hallo nofrank,

danke schön für die "Perle" und fürs Kommentieren :) dein Einwand zum passiven Pfarrer ist berechtigt, klingt wirklich etwas umständlich - habs gerne übernommen!

Viele Grüße,
Eve
 
K

KaGeb

Gast
Hallo Eve,

ein toller und "hoffnungsvoller" Plot. Du hast den Augenblick wunderbar eingefangen:
Vorschläge:

Taubengrau liegt der Himmel über der Stadt. Am Horizont, über der Aurora-Fabrik, dringen [blue]brechen[/blue] fahle Lichtstrahlen durch einen Riss in der [blue]die[/blue] Wolkendecke. Dicker [red]irgendwie passt das Wort (für mich) nicht[/red], weißer Qualm steigt aus den Schloten empor, so weich, dass ich ihn fast greifen wollte [blue]möchte[/blue], aber er zerfasert schnell in der Luft [blue]löst sich zu schnell in der Luft[/blue]. Ein Baukran schwenkt über die Dächer der Häuser. Investoren schwören auf diese Seite des Flusses, stark im Kommen soll sie sein. Heute merkt man davon noch nichts. Nur, dass nebenan große Bürokomplexe aus dem Boden gestampft werden, zeugt [strike]von dem[/strike] mit Geld, das hier in Zukunft gemacht erst verdient werden soll.

Die Kirche mit den beiden wuchtigen Türmen steht wie eine Trutzburg am Anfang des Straßenzuges, Erinnerung an alte Zeiten, als die Brücke über den Fluss noch aus Eisen war und das Getrappel der Pferde weit durch die Gassen hallte. [red]Schöner Satz![/red]
Die Türen der Kirche sind verschlossen, Trostsuchende müssen den Pfarrer erst herbei klingeln. [strike]Auch[/strike] e[blue]E[/blue]in Zugeständnis an veränderte Zeiten – die verschlossenen Kirchentüren.

Schwarz verfärbte Backsteinmauern fangen meinen Blick, von der Straße aus nicht sichtbar – aber hier, von meiner Warte hoch über den Dächern, sehe ich tiefer [blue]weiter[/blue].([red]Doppelpunkt)[/red] Auf jedem Haus eine Satellitenschüssel, die die Sicht verschandelt. Wirr und ungeordnet scheinen die Gebäude nach dem Krieg an krummen Straßen wieder aufgebaut worden zu sein.

Weiter hinten noch mehr Baukräne, ein schmales Hochhaus, das aus der Silhouette hervorsticht, ein paar kahle Bäume dazwischen, deren Kronen wie armeegrünes Gestrüpp anmuten.

Aber da, verborgen im Innenhof hinter einer alten, löchrigen Mauer, steht eine Linde in knospendem grünen Flaum.

Vielleicht ist Etwas dabei ;)

Liebe Grüße, Karsten
 

Eve

Mitglied
Hinterhöfe einer Stadt


Taubengrau liegt der Himmel über der Stadt. Am Horizont, über der Aurora-Fabrik, brechen fahle Lichtstreifen durch die Wolkendecke. Dichter, weißer Qualm steigt aus den Schloten empor, so weich, dass ich ihn fast greifen möchte, aber er zerfasert schnell in der Luft. Ein Baukran schwenkt über die Dächer der Häuser. Investoren schwören auf diese Seite des Flusses, stark im Kommen soll sie sein. Heute merkt man davon noch nichts. Nur dass nebenan schon große Bürokomplexe aus dem Boden gestampft werden, zeugt von dem Geld, das hier in Zukunft gemacht werden soll.

Die Kirche mit den beiden wuchtigen Türmen steht wie eine Trutzburg am Anfang des Straßenzuges, Erinnerung an alte Zeiten, als die Brücke über den Fluss noch aus Eisen war und das Getrappel der Pferde weit durch die Gassen hallte. Die Türen der Kirche sind verschlossen, Trostsuchende müssen den Pfarrer erst herbei klingeln. Ein Zugeständnis an veränderte Zeiten – verschlossene Kirchentüren.

Schwarz verfärbte Backsteinmauern fangen meinen Blick, von der Straße aus nicht sichtbar – aber hier, von meiner Warte hoch über den Dächern, sehe ich weiter: Auf jedem Haus eine Satellitenschüssel, die die Sicht verschandelt. Wirr und ungeordnet scheinen die Gebäude nach dem Krieg an krummen Straßen wieder aufgebaut worden zu sein.

Weiter hinten noch mehr Baukräne, ein schmales Hochhaus, das aus der Silhouette hervorsticht, ein paar kahle Bäume dazwischen, deren Kronen wie armeegrünes Gestrüpp anmuten.

Aber da, verborgen im Innenhof hinter einer alten, löchrigen Mauer, steht eine Linde in knospendem grünen Flaum.
 

Eve

Mitglied
Hallo Karsten,

vielen Dank für deine Anregungen und fürs Lesen :) wichtig war mir tatsächlich, dass man über dem manchmal trostlosen Blick über Häusermeere nicht die kleinen Schönheiten mittendrin vergisst (die knospende Linde).

Ein paar deiner Tipps habe ich gern übernommen! An manchen Wendungen musste ich allerdings auch festhalten (die zerfasernden Wolken) ...

Viele Grüße,
Eve
 



 
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