Hofgang

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Grand

Mitglied
Schwere Schritte, sie scharren,
Wachsame Augen, sie starren,
In unseren Seelen gehen Dämonen,
Trostlose Mauern wir bloß bewohnen.

Lange Schritte, sie marschieren,
Zerzauste Gedanken, sie rebellieren,
Voran, voran!, Warten bedeutet sichren Tod,
Aus dem Gewehrlauf springt ab der Schrot.

Ruhelose Schritte, sie wandeln,
Gebundene Hände, sie misshandeln,
Die Rose reift mit Stacheldorn,
Bald schon, bald ruft der enge Born.

Erschöpfte Schritte, sie harren,
Zwischen Gittern bewegungslos starren,
Warten und Träumen, Stunde um Stunde,
Befreinde Fußtapfen verbleichen in der Runde.
 
D

DerKleinePrinz

Gast
Guten Abend Grand,

nachdem wir uns nun ausgiebig über sein und dessen unterhalten haben, möchte ich natürlich wissen was einer schreibt, der es mit einem Prinzen aufnehmen will :p

Spaß bei Seite und ran ans Werk:

Thematisch gibt es für mich zwei Deutungvarianten. Die erste wäre die beschriebene, ohne diese als Metapher einordnen zu wollen. Also ein Hofgang im Gefängnis.
Die zweite wäre, das Gefängnis als Metapher zu sehen für unsere Seelen, unsere Gedanken, vielleicht sogar unsere Gesellschaft, ich denke aber du hattest die erst beschriebene Intention.

Ich finde du hast einige treffende Bilder kreiert wie z.B.:

Schwere Schritte, sie scharren,
Wachsame Augen, sie starren
Allerdings habe ich sprachlich einige Probleme mit deinem Gedicht. Du hast übrigens deinen eigenen Stil, aber meiner Meinung nach kann man da mehr rausholen.

Strophe 1:


Schwere Schritte, sie scharren,
Wachsame Augen, sie starren,
In unseren Seelen gehen Dämonen,
[blue]Trostlose Mauern wir bloß bewohnen[/blue]. [blue]Syntax![/blue]
Dein Gedicht beginnt mit einer Alliteration, welche aber für mich gewöhnungsbedürftig erscheint. Das hat den Grund, dass die Schweren Schritte direkt mit sie wiederholt werden, im Übrigen zieht sich dieses (in meinen Augen zweifelhafte) Stilmittel durch das ganze Gedicht.
Ich muss aber sagen, dass ich mich nach mehrmaligem Lesen daran gewöhnt habe.
Ich sehe ja die angesprochenen sies als Füllwörter an, kann sie aber noch verkraften, in den anderen Zeilen sind aber dann tatsächlich Füllsel vorhanden, welche mir nicht mehr gefallen.

In unseren Seelen [blue]([/blue]gehen[blue])[/blue] Dämonen,
Trostlose Mauern wir [blue]bloß[/blue] bewohnen.
Wolltest du das starre Wohnen gegen die aufbegehrenden (gehenden) Dämonen setzen? Mir geht dieses Bild eines gehenden Dämons nicht so richtig in den Kopf. Hausen kann er oder sein Unwesen treiben, aber gehen? Nunja, kann ich aber auch noch tolerieren.

Den letzten Vers der ersten Strophe finde ich aber sehr unglücklich. Einerseits wirkt er extrem dem Reim geschuldet, weswegen die Syntax hier natürlich leidet. Dann auch noch das Füllwort bloß - hier würde ich an deiner Stelle nochmal ansetzen.

Strophe 2:

Lange Schritte, sie marschieren,
Zerzauste Gedanken, sie rebellieren,
Voran, voran!, Warten bedeutet sichren Tod,
Aus dem Gewehrlauf springt ab der Schrot.
Hier zweifelich doch ein wenig an meiner Interpretation. Ich kann den letzten Vers nicht einordnen, auch nicht die marschierenden, langen Schritte. Geht es doch wieder um Stillstand im Leben und ich irrte mich? Aber warum dann der Gewehrlauf? Ich finde diese Strophe sehr verwirrend und würde dich um eine Erklärung bitten.
Sprachlich verunglückt finde ich übrigens den abspringenden Schrot, aber der Inhalt ist mir hier wichtiger.

Hier breche ich erstmal ab, da ich doch zu große Probleme mit einigen Bilder bekomme und ich den Inhalt nicht mehr ganz nachvollziehen kann.

Mit der Bitte um Erklärung und lieben Grüßen
Der Kleine Prinz*
 

Ternessa

Mitglied
Hallo Grand,

ich möchte hier deinen Text nicht zerreißen- jeden Satz aus dem Sinn zu nehmen, kann auch den Sinn nehmen!

nur eine Deutung- sind nicht Schritte in der Reihenfolge anders?

Erst:
langsam,
ruhelos,
schwer und dann erschöpft?

Ich würde es umkehren in der Sicht.


LG Ternessa
 

Grand

Mitglied
Hi DerKleinePrinz,

ich freue mich auf eine weitere Diskussion mit dir, wenngleich es auch nicht um sein und dessen geht ;)

Ich werde dir demnächst noch ausführlicher antworten, aber heute lässt es meine Zeit nicht zu. Leider.

Ich will dir aber schon einmal verraten, dass beide Deutungsvarianten richtig sind; ich schreibe gerne im doppelten Sinne, sodass es nicht nur auf eine Situation zutrifft.

Einge deiner Verbesserungsvorschläge gefallen mir auf den ersten Blick, aber ich werde demnächst ausführlicher darauf eingehen.
Füllwörter sind tatsächlich vorhanden, ich hatte damals noch den Hang dazu.

LG und einen schönen Sonntag,
Grand
 

Grand

Mitglied
Hi DerKleinePrinz,

jetzt nehm ich mir die Zeit dir ausführlich zu antworten. Das sich wiederholende sie sollte eigentlich bewirken, dass das Gedicht etwas von Schwerfälligkeit bekommt, dass es sich voranschleppt, eben wie die Schritte, die die Gefangenen bei ihrem Hofgang tun.

Das gehen im dritten Vers ist tatsächlich nicht ausgefeilt genug, es ist zu allgemein gehalten; da empfinde ich deinen Vorschlag hausen doch treffender.
Gut, das bloß ist ein wenig seltsam hingestellt, aber beim besten Willen fällt mir im Augenblick nichts Anderes ein.

Die Schrotstelle im Gedicht weist darauf hin, dass es vielleicht gelegentlich vorkommt, dass ein Wärter auf den Gefangenen abzielt. Und wenn man im Leben auf einer Stelle stehen bleibt, wird man eben auch leicht zum Ziel für andere, wennman in sich verharrt und auch nicht auf andere zugeht. Es ist metaphorisch gemeint & frei interpretierbar.
Meine sprachliche Verunglückung isdt vielleicht mit der Streichung des ab zu korrigieren.

Liebe Grüße für heute,
Grand
 

Grand

Mitglied
Schwere Schritte, sie scharren,
Wachsame Augen, sie starren,
In unseren Seelen hausen Dämonen,
Trostlose Mauern wir bloß bewohnen.

Lange Schritte, sie marschieren,
Zerzauste Gedanken, sie rebellieren,
Voran, voran!, Warten bedeutet sichren Tod,
Aus dem Gewehrlauf springt der Schrot.

Ruhelose Schritte, sie wandeln,
Gebundene Hände, sie misshandeln,
Die Rose reift mit Stacheldorn,
Bald schon, bald ruft der enge Born.

Erschöpfte Schritte, sie harren,
Zwischen Gittern bewegungslos starren,
Warten und Träumen, Stunde um Stunde,
Befreinde Fußtapfen verbleichen in der Runde.
 



 
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