Hommage an Gryphius "Es ist alles eitel"

Agiulf

Mitglied
Es ist alles einfältig

Du siehst wohin Du siehst, nur Einfalt auf der Erden
Was heute man verlaut´, ist morgen alter Wein,
wo jetzt noch Stars beklatscht, wird leer die Bühne sein
und Kinder spielen dort in dunklen Schrebergärten

was jetzt heraus geputzt, soll bald zermüllet werden.
Was jetzt so sturt und stolzt, ist morgen fahl Gebein.
Nichts bleibt auf Dauer uns, kein Gold, kein Haus aus Stein
noch strahlt das Glück uns an, schon wirr wir uns gebärden.

Des hohen Ehrgeiz´ Ziel muss luftschlossgleich zerwehn
soll denn das game of life der Unedling bestehn?
Herrgott! Was ist bloß dies, was wir als Höchstes achten,

der Fußbaalskult, Gewinn, ein närrisch Computerkind
so diese Motte schwirrt, die man nicht wiederfind´t
und niemand ist mehr da das Ew´ge zu betrachten!
 

Willibald

Mitglied
Hm, der "Unedling" scheint Subjekt zu sein, "game of life" ist dann Akkusativobjekt. Vielleicht das Subjekt im Satz nach vorne ziehen?

Metrikstolperstelle beim Atribut "närrisch" bedenkenswert?

greetse
ww
 

Agiulf

Mitglied
Es ist alles einfältig

Du siehst wohin Du siehst, nur Einfalt auf der Erden
Was heute man verlaut´, ist morgen alter Wein,
wo jetzt noch Stars beklatscht, wird leer die Bühne sein
und Kinder spielen dort in dunklen Schrebergärten

was jetzt heraus geputzt, soll bald zermüllet werden.
Was jetzt so sturt und stolzt, ist morgen fahl Gebein.
Nichts bleibt auf Dauer uns, kein Gold, kein Haus aus Stein
noch strahlt das Glück uns an, schon wirr wir uns gebärden.

Des hohen Ehrgeiz´ Ziel muss luftschlossgleich zerwehn
soll denn das game of life der Unedling bestehn?
Herrgott! Was ist bloß dies, was wir als Höchstes achten,

der Fußbaalskult, Gewinn, ein thumb Computerkind
so diese Motte schwirrt, die man nicht wiederfind´t
und niemand ist mehr da das Ew´ge zu betrachten!
 

Walther

Mitglied
Hi Agiulf.

einerseits bewundere ich mut und chuzpe, die dich dazu bewog, dich in der kunst des Gryphius-Sonetts zu versuchen. andererseits muß ich dir sagen, daß der versuch m.e. heroisch mißlungen ist.

der hohe ton der emphase stürzt in den terzetten ab und zerschellt, auch wenn der neologismus "Fußbaalkult" eine sahnestückchen ist, das man in der exaktheit seines bilds kaum übertreffen kann.

lg W.
 

Agiulf

Mitglied
Hallo Willibald,
besten Dank für die Hinweise. Die Satzstruktur mit game of life und Unedling muss ich allerdings so belassen, da sich der Aufbau an dem Originalgedicht von Gryphius orientiert. Das Wort "närrisch" durchschlägt das Versmaß, was mir bewusst war, doch dachte ich mir, die Länge könnte auch einer Betonung dienstbar gemacht werden. Dein Einwand aber überzeugt mich und bestätigt meine eigene Unsicherheit, weshalb ich nun thumb im Sinne von "leer, einfältig, stumpfsinnig" verwende. Vielen Dank, agiulf

Hallo Walther,
es ist eine Huldigung des großartigen Gedichts von Gryphius, das ich versuchte in die Jetztzeit im Ansatz zu übertragen. Und Mut brauchen wir doch alle im Leben. Beste Grüße, agiulf
 

wüstenrose

Mitglied
Hallo Agiulf,

deine Idee und Intention ist schon klar und, wie ja bereits gesagt, durchaus reizvoll.
Aber auch ich habe den Eindruck, dass hier etwas auf halber Strecke auf eine eher unfreiwillig komische Art stecken bleibt. Was hälst du davon, Wendungen wie
ist morgen fahl Gebein
komplett rauszunehmen und konsequent in Richtung modernerer Wendungen / Jugendslang zu gehen ??
Also z.B. sowas wie megaout statt fahl Gebein.
Eine peppige, witzige, auch zum Nachdenken anregende (du spielst z.B. auf Umweltverschmutzung an) moderne Version könnte dem alten Meister durchaus zur Ehre gereichen.

lg wüstenrose
 
G

Gelöschtes Mitglied 20370

Gast
Hallo Agiulf,

habe deinen Gryphius mit Vergnügen gelesen - wenn auch ein paar Stolpersteinchen, wie von anderen bereits erwähnt, leises Knirschen verursacht haben. Auch solltest du hier und dort in Sachen Interpunktion noch einmal nachschauen, im Barocken hat man's durchaus ernstgemeint mit Satzzeichen.
Da ich im Moment durch Peter Rühmkorf am Klopstock(!) gehe, hat mir das gelegentlich durchschimmernde Leichtfüßige heitere Entspannung gebracht - kann uns in Klang und Wort ein Zorn auch nicht verborgen bleiben!

Es grüßt
Dyrk
 

Agiulf

Mitglied
Lieber Dyrk,
vielen Dank für deine Gedanken! Ich habe gleich mal ein Gedicht aus deiner Feder gelesen (Schreck). Ein echt tolles Spitzengedicht!!! Da bin ich qualitätsmäßig natürlich schon weit davon entfernt. Und darum freut es mich auch sehr, dass konstruktive Kritik mit einer freundlichen Würdigung verbunden an mich gerichtet wird. Vielen Dank und viel Freude auch Dir beim Verfassen. Du hast was zu sagen!!!
LG Agiulf
 

Agiulf

Mitglied
Es ist alles einfältig

Du siehst wohin Du siehst, nur Einfalt auf der Erden.
Was heute man verlaut´, ist morgen alter Wein;
wo jetzt noch Stars beklatscht, wird leer die Bühne sein,
und Kinder spielen dort in dunklen Schrebergärten;

was jetzt heraus geputzt, soll bald zermüllet werden;
Was jetzt so sturt und stolzt, ist morgen bleich´s Gebein;
Nichts bleibt auf Dauer uns, kein Gold, kein Haus aus Stein.
Noch strahlt das Glück uns an, schon wirr wir uns gebärden.

Des hohen Ehrgeiz´ Ziel muss luftschlossgleich zerwehn.
Soll denn das game of life der Unedling bestehn?
Herrgott! Was ist bloß dies, was wir als Höchstes achten,

der Fußbaalskult, Gewinn, ein thumb Computerkind,
so diese Motte schwirrt, die man nicht wiederfind´t!
Und niemand ist mehr da das Ew´ge zu betrachten!
 

Agiulf

Mitglied
Hallo Dyrk,
ganz herzlichen Dank für deine wohlwollende Kritik, die ich auch schon im Hinblick auf die Interpunktion umgesetzt habe. Und es hat mich auch gefreut, dass Dir das Gedicht, trotz der Schwächen, gefallen hat. Danke also für deine Anmerkungen!

Hallo Wüstenrose,
auch Dir möchte ich meinen Dank aussprechen. Das Adjektiv fahl habe ich nun ersetzt, allerdings nicht in Jugendsprache übertragen. Ich habe an zwei Stellen bewusst moderne Begriffe (game of life, Computerkind) verwendet und diese in Kontrast gestellt (Unedling als Steigerung des leichten Menschen bei Gryphius und thumb für stumpfsinnig, apathisch). Mehr verträgt m.M. nach das Gedicht nicht, es soll ja auch eine Anlehnung an das Gedicht von Gryphius sein. Was übrigens das Versmaß anbetrifft, so habe ich mich an dem Original orientiert. Das aber nur am Rande.
Viele Grüße, agiulf
 

Agiulf

Mitglied
Es ist alles einfältig

Du siehst wohin Du siehst, nur Einfalt auf der Erden.
Was heute man bestaunt, liegt morgen schon im Schrein;
wo jetzt noch Stars beklatscht, wird leer die Bühne sein,
und Kinder spielen dort in dunklen Schrebergärten;

was jetzt heraus geputzt, soll bald zermüllet werden;
Was jetzt so sturt und stolzt, ist morgen bleich´s Gebein;
Nichts bleibt auf Dauer uns, kein Gold, kein Haus aus Stein.
Noch strahlt das Glück uns an, schon wirr wir uns gebärden.

Des hohen Ehrgeiz´ Ziel muss luftschlossgleich zerwehn.
Soll denn das game of life der Unedling bestehn?
Herrgott! Was ist bloß dies, was wir als Höchstes achten,

der Fußbaalskult, Gewinn, ein thumb Computerkind,
so diese Motte schwirrt, die man nicht wiederfind´t!
Und niemand ist mehr da das Ew´ge zu betrachten!
 

Willibald

Mitglied
Das Spiel der Zeit

Salute, Agiulf

Schön, im Modus Antiquitätenliebhaber, Schlaubischlumpf und Erklärbär ein wenig zu disputieren.

(1) Der antikisierende, barocke Sprachmodus: Parodie, Vanitas Mundi, „Einfalt“

Mir scheint, dass es durchaus durch Tradition geheiligte Mittel gibt, im Gryphius-Modus zu texten. Da ist einmal die postmoderne, oft augenzwinkernde, aber immer noch recht verehrungsvolle Arbeit mit der Sprache der Altvorderen, das hat DoSchneider mit seinem Verweis auf Rühmkorf avisiert. Oder eben auch – ohne parodistisch, veralbernde Stilzüge – der ehrende Parodos, hier in der Form der Hommage.

Die Gryphiusnichtigkeit verweist auf den Begriff „Vanitas mundi“. Der Begriff hat zwar auch philosophische Konnotationen, in erster Linie ist er jedoch einer christlichen Theologie bzw. Spiritualität zuzuordnen, die die Welt im Vergleich zu Gott als nichtig betrachtet. Schriftgrundlage ist vor allem Koh. 1, 2. Entfaltet wird der Begriff bei den Kirchenvätern, zu Übertreibungen kommt es im Zusammenhang mit dem vor allem mönchisch-mittelalterlichen Thema der Weltverachtung, zu eigenen Akzenten findet das spanische 16. Jh. und das französische 17. Jh.

Nun ist dies durchaus zu bedenken, wenn man im Textspiel den Begriff der „Einfalt“ verwendet und dabei das Lexem des Prätextes im Subtext mitnimmt. Da ist zunächst allerdings ein wenig zu deuteln, wie das Lexem „Einfalt“ verstanden werden kann:
leichte Beschränktheit des Geistes (vgl: DWDS):

BEISPIELE:
in ihrer Einfalt konnte sie dem Gespräch nicht ganz folgen
seine Einfalt wurde belächelt
2.
gehoben einfache, reine Beschaffenheit des Gemütes, Schlichtheit
BEISPIELE:
die Einfalt eines Kindes, des Herzens
kindliche, reine, fromme, begnadete Einfalt
Und was kein Verstand der Verständigen sieht, / Das übet in Einfalt ein kindlich Gemüt [SCHILLERWorte des Glaubens]
So viel Einfalt bei so viel Verstand [GOETHEWerther6,147]
Das ... Kennzeichen der griechischen Meisterstücke ist endlich eine edle Einfalt und eine stille Größe [WINCKELM.1,31]

Die Lesart „Naivität“ liegt in einem antikisierenden Text durchaus nahe. Natürlich wird sie in Deinem Text schnell abgedrängt.
Allerdings bleibt doch sehr zu fragen, ob es nun wirklich dumm ist, die wechselnden Spielformen soziokulturellen Gepräges zu verachten. Was soll es, einen Dauer- und Ewigkeitsmaßstab anzulegen und dann eventuell auf das zu verzichten, was im irdischen Leben durchaus Genuss verspricht. Und selbst im religiösen Horizont durchaus als göttliche Einrichtung und damit keineswegs als verdammenswertes Ablenkungs- und Teufelswerk verstanden werden muss:
Die Kirchenväter entfalten die biblische „Vanitas Mundi“ . in zwei Richtungen; sie relativieren sie gegenüber der Gnosis und dem Manichäismus und betonen den Sinn und die gute Ordnung der Schöpfung. Andererseits - das ist die geläufige Strömung - radikalisieren sie die „Vanitas Mudi“ , indem sie die Sünde als ihre eigentliche Ursache benennen (Augustinus).

Dem ersten Anliegen entspricht die Vermeidung einer kosmologisch-universalen Auslegung der einschlägigen Bibelstellen. So nennt HIERONYMUS zwar als Ziel des Kohelet den «contemptus mundi», schwächt diese Aussage aber sofort durch die Erklärung ab, die Welt sei nicht an und für sich nichtig, sondern nur im Vergleich mit Gott [Comm. in Eccl., praef. 2. CCSL 72, 252f.]. PROKOP VON GAZA hält es sogar für «blasphemisch», unter dem ‘alles? von Koh. 1, 2 «den Himmel, die Erde, das Meer und diesen Kosmos» zu verstehen; denn «die Werke Gottes können nicht nichtig, sondern nur zuverlässig sein» [Cat. in Eccl. I, 2. CCSG 4, 70, 58.].

(2) Eine Textstelle im Detail: Syntax und Metaphorik in "Soll denn das Spiel der Zeit/ der leichte Mensch bestehn?"

Betrachten wir das Gedicht, analysieren wir dann die zehnte Zeile.

Du sihst/ wohin du sihst nur Eitelkeit auff Erden.
Was dieser heute baut/ reist jener morgen ein:
Wo itzund Städte stehn/ wird eine Wiesen seyn/
Auff der ein Schäfers-Kind wird spielen mit den Herden.

Was itzund prächtig blüht/ sol bald zutretten werden.
Was itzt so pocht vnd trotzt ist morgen Asch vnd Bein/
Nichts ist/ das ewig sey/ kein Ertz/ kein Marmorstein.
Itzt lacht das Glück vns an/ bald donnern die Beschwerden.

Der hohen Thaten Ruhm muß wie ein Traum vergehn.
[blue]Soll denn das Spiel der Zeit/ der leichte Mensch bestehn?[/blue]
Ach! was ist alles diß/ was wir vor köstlich achten/

Als schlechte Nichtigkeit/ als Schatten/ Staub vnd Wind;
Als eine Wiesen-Blum/ die man nicht wider find’t.
Noch wil was ewig ist/ kein einig Mensch betrachten!

In der zehnten Zeile fällt die Erststellung des finiten Verbs "Soll" und eine bildliche Wendung/Metapher auf: „Soll denn das Spiel der Zeit/ der leichte Mensch bestehn?"
Hier finden wir grammatisch gesehen einen Fragesatz, der mit "ja" oder "nein" beantwortet werden kann. Doch wird - der Kontext legt es nahe - in unserm Fall keine Antwort erwartet. Der Partikel "denn" setzt nämlich eine negative Antwort voraus (man vergleiche solche Formulierungen wie „Soll ich denn x tun?") Nein, der Mensch - so die latente Ausssage der rhetorischen Frage - kann nicht „bestehn".

Die Begründung für diese Negation steckt wohl in dem metaphernhaltigen Teil, also dort, wo kontextfremde, ungewöhnlich gebrauchte Ausdrücke - wie „Spiel" und „leicht" - die „Zeit" und den „Menschen" charakterisieren. Löst man die rhetorische Frage zu einer Aussage auf, so ergeben sich für unseren Satz zwei Lesarten:

a) Das Spiel der Zeit kann der leichte Mensch nicht bestehn.
b) Das Spiel der Zeit, der leichte Mensch, kann nicht bestehn.

Die Variante (a) hat - leicht ungebräuchlich - das Akkusativobjekt in Spitzenstellung, so dass eine mechanische, schnelle Wahrnehmung erschwert wird, ein minimaler Verrätselungseffekt entsteht. Dann „dechiffriert" man den Satz: er bedeutet, der Mensch kann die Zeit nicht „bestehen", so wie man eine Prüfung nicht „besteht". Gut möglich, dass hier die ungewöhnliche Spitzenstellung des Akkusativobjektes eine Vorrangstellung der Zeit vor dem Menschen konnotiert/assoziieren lässt.

In Variante (b) ist der „leichte Mensch" ein „Spiel der Zeit", es liegt also grammatisch gesehen eine Art Apposition vor. Das Verbum „bestehen" ist dann im Sinn von „weiter existieren", „überstehen" gebraucht. Und der Mensch ist dann ein „Spiel", - wohl soviel wie ein „Spielobjekt" der Zeit.

Diese Variante (b) wird von modernen Herausgebern des Gedichtes recht oft bevorzugt, sie setzen mittels Kommata die Phrase „der leichte Mensch“ in eine lose Stellung und nehmen sie aus der Valenz des Verbs „etwas bestehen“, so dass das Verb selber die Bedeutung von „auf lange Zeit bestehen“ signalisiert.

Für diese Lesart spricht einiges:
Zunächst einmal die Zäsur nach der dritten Hebung: Sie kann natürlich einen Satz ohne weiteres auch unter erschwerten Umständen zerschneiden. Immerhin bleibt doch ungewöhnlich, dass ein Akkusativobjekt von einem Subjekt gefolgt wird und vor dem Subjekt die Sinnpause eingebaut wird. Dann: In früheren Ausgaben des Gedichtes findet sich eine andere Wendung im Fokus der Spielmetapher.

Vanitas; Vanitatum; et Omnia Vanitas
Es ist alles gãtz eytel. Eccl. 1. V. 2. (Prediger 1,2)

Ich seh' wohin ich seh/ nur Eitelkeit auff Erden/
Was dieser heute bawt/ reist jener morgen ein/
Wo jtzt die Städte stehn so herrlich/ hoch vnd fein/
Da wird in kurtzem gehn ein Hirt mit seinen Herden:
Was jtzt so prächtig blüht/ wird bald zutretten werden:
Der jtzt so pocht vnd trotzt/ läst vbrig Asch vnd Bein/
Nichts ist/ daß auff der Welt könt vnvergänglich seyn/
Jtzt scheint des Glückes Sonn/ bald donnerts mit beschwerden.
Der Thaten Herrligkeit muß wie ein Traum vergehn:
[blue]Solt denn die Wasserblaß/ der leichte Mensch bestehn [/blue]
Ach! was ist alles diß/ was wir vor köstlich achten!
Alß schlechte Nichtigkeit? als hew/ staub/ asch vnnd wind?
Als eine Wiesenblum/ die man nicht widerfind.
Noch wil/ was ewig ist/ kein einig Mensch betrachten!
Erstdruck 1637, ANDREAE GRYPHII, Sonnete Auf der letzten Seite: Gedruckt zur Polnischen Lissa durch Wigandum Funck
In dem Frame „Wasserblase“ ist es eher schwierig, die leicht platzende Wasserblase und ihre Schwäche als Akkusativobjekt des Verbs bestehen zu interpretieren. Wahrscheinlicher ist es, die Metapher als Modell des ohnmächtigen Menschen zu verstehen. Das dürfte dann auch dafür sprechen, die spätere Fassung, die auf die „Wasserblase“ verzichtet, an dieser Stelle appositiv zu lesen.
Schließlich sei noch zweierlei zu der Lesart (b) angemerkt: Gryphius selbst hat in einem „Schachspielsonett“ recht eindeutig die Metapher „Der Mensch ist ein Spiel der Zeit“ konstruiert und so dem Menschen die Rolle einer ohnmächtigen Spielfigur und der Zeit die Rolle des mächtigen Spielers zugeordnet.

Ebenbild unseres Lebens
Auff das gewöhnliche Königs-Spiel

[blue]DEr Mensch das Spil der Zei[/blue]t / spilt weil er allhie lebt.
Im Schau-Platz diser Welt; er sitzt / und doch nicht feste.
Der steigt und jener fällt / der suchte der Paläste /
Vnd der ein schlechtes Dach / der herrscht und jener webt.

Was gestern war ist hin / was itzt das Glück erhebt;
Wird morgen untergehn / die vorhin grüne Aeste
Sind numehr dürr und todt / wir Armen sind nur Gäste
Ob den ein scharffes Schwerdt an zarter Seide schwebt.

Wir sind zwar gleich am Fleisch / doch nicht von gleichem Stande
Der trägt ein Purpur-Kleid / und jener grabt im Sande /
Biß nach entraubtem Schmuck / der Tod uns gleiche macht.

Spilt denn diß ernste Spil: weil es die Zeit noch leidet /
Vnd lernt: daß wenn man von Pancket des Lebens scheidet:
Kron / Weißheit / Stärck und Gut / bleib ein geborgter Pracht.
Außerdem, und damit komme ich zum Schluss, scheint die „Wendung“ zum barocken Phrasenschatz zu gehören. Lohenstein verwendet sie in seinem Vorwort zum Drama „Sophonisbe“:

Kein Zevxes kan nicht nach der Raupe Rücken mahlen.
Beschämt ein Kefer doch der Edelsteine Licht;
Wiewol auch diese spieln mit Blitz und Sonnen-Strahlen.
Kurtz: die Natur hat nie nichts an das Licht gebracht /
Sie hat mit selbigem ihr auch ein Spiel gemacht.
Der wilden Thiere Thun ist nichts nicht als ein Spiel;
Der Wallfisch lässet sich das Meerschwein nicht beschämen /
Er spielt / wie dieses stets mit Menschen spielen wil.
Was pflegt für Spiel nicht Aff und Eichhorn fürzunehmen?
Der Elefant hats Spiel so wol als Gemsen lieb;
Der Bien und Ameis Müh ist nur ihr Zeit-Vertrieb.
[blue]Für allen aber ist der Mensch ein Spiel der Zeit.[/blue]
Das Glücke spielt mit ihm / und er mit allen Sachen.
So bald der Himmel uns das Tagelicht verleiht /
Pflegt Amm und Mutter ihr aus ihm ein Spiel zu machen.


Genug des Exkurses und der Abschweifung in Gelehrsamkeit:
Das Lexem „Spiel" im aktuellen Gryphiustext ist in beiden Varianten oder Lesarten nicht an die Aktivität eines menschlichen Spielers gebunden. Die Zeit spielt vielmehr mit dem Menschen, indem sie ihn und seine Werke dem Wandel und der Auflösung unterwirft. Der „leichte" Mensch ist also - auch wenn er sich situationsmächtig vorkommt - kein "Spieler", sondern eher ein „Spielball".

Das Attribut „leicht" erinnert an Wendungen der Art "leicht wie eine Feder im Wind". Somit ist in unserer aktuellen Passage der „leichte Mensch" - nicht ernst zu nehmen oder „gewichtig", kein „Schwergewicht“ - fast ohnmächtig „den Naturgewalten ausgeliefert". Die Gewalt der Zeit - so die latente Aussage unseres Textes - dominiert über den Menschen und seine Kräfte.
Wohl nicht in der Ewigkeit, in der ja die Zeit „aufgehoben" ist.

Und so fragt sich durchaus, ob man bei einer Gryphius-Hommage nicht trotzdem die wohl naheliegende Appositionsform bei Gryphius beachten könnte/sollte. Das ist eine besondere Art philologischer Liebe und Verehrung für den barocken Poeten, scheint mir. Und vielleicht auf die syntaktische Kompliziertheit mit Subjekt und Objekt mit Behutsamkeit reagiert:

Des hohen Ehrgeiz´ Ziel muss luftschlossgleich zerwehn.
Soll denn das game of life der Unedling bestehn?
Herrgott! Was ist bloß dies, was wir als Höchstes achten,
(3) Bonustrack: Der alte Goethe jung

Altmeister Goethe hat in jungen Jahren die hedonistische Komponente des „Vanitas-Feldes“ und des Vanitas-Skriptes in einer vielleicht durchaus erfrischenden Art behandelt. Sicher auch in der Tradition der barocken hedonistischen Liedkultur. Hier sei Goethe in voller Hedonismus-Montur zitiert, die Zulage „Verzweiflung“ ist nicht zu übersehen und überhören:

Vanitas!
Vanitatum vanitas!


Ich hab' mein Sach' auf Nichts gestellt,
Juchhe!
Drum ist's so wohl mir in der Welt.
Juchhe!
Und wer will mein Kamerade sein,
Der stoße mit an, der stimme mit ein,
Bei dieser Neige Wein!

Ich stellt' mein Sach' auf Geld und Gut.
Juchhe!
Darüber verlor ich Freud' und Mut.
O weh!
Die Münze rollte hier und dort,
Und hascht' ich sie an einem Ort,
Am andern war sie fort.

Auf Weiber stellt' ich nun mein' Sach'.
Juchhe!
Daher mir kam viel Ungemach.
O weh!
Die Falsche sucht' sich ein ander Teil,
Die Treue macht' mir Langeweil;
Die Beste war nicht feil.

Ich stellt' mein Sach' auf Reis' und Fahrt.
Juchhe!
Und ließ meine Vaterlandesart.
O weh!
Und mir behagt' es nirgends recht;
Die Kost war fremd, das Bett war schlecht,
Niemand verstand mich recht.

Ich stellt' mein' Sach' auf Ruhm und Ehr'.
Juchhe!
Und sieh! gleich hatt' ein andrer mehr.
O weh!
Wie ich mich hatt' hervorgetan,
Da sahen die Leute scheel mich an,
Hatte keinem recht getan.

Ich setzt' mein Sach' auf Kampf und Krieg.
Juchhe!
Und uns gelang so mancher Sieg.
Juchhe!
Wir zogen in Feindes Land hinein,
Dem Freunde sollt's nicht viel besser sein,
Und ich verlor ein Bein.

Nun hab' ich mein Sach' auf Nichts gestellt.
Juchhe!
Und mein gehört die ganze Welt.
Juchhe!
Zu Ende geht nun Sang und Schmaus.
Nur trinkt mir alle Neigen aus;
Die letzte muß heraus!

greetse

willi wamser
 

Willibald

Mitglied
Konkordanz

Für Interessenten hier die beiden Texte in der Zusammenschau:

Es ist alles eitel
[blue]Es ist alles einfältig[/blue]

Du sihst/ wohin du sihst nur Eitelkeit auff Erden.
Was dieser heute baut/ reist jener morgen ein:
Wo itzund Städte stehn/ wird eine Wiesen seyn/
Auff der ein Schäfers-Kind wird spielen mit den Herden.

[blue]Du siehst wohin Du siehst, nur Einfalt auf der Erden.
Was heute man bestaunt, liegt morgen schon im Schrein;
wo jetzt noch Stars beklatscht, wird leer die Bühne sein,
und Kinder spielen dort in dunklen Schrebergärten;
[/blue]
Was itzund prächtig blüht/ sol bald zutretten werden.
Was itzt so pocht vnd trotzt ist morgen Asch vnd Bein/
Nichts ist/ das ewig sey/ kein Ertz/ kein Marmorstein.
Itzt lacht das Glück vns an/ bald donnern die Beschwerden.

[blue]was jetzt heraus geputzt, soll bald zermüllet werden;
Was jetzt so sturt und stolzt, ist morgen bleich´s Gebein;
Nichts bleibt auf Dauer uns, kein Gold, kein Haus aus Stein.
Noch strahlt das Glück uns an, schon wirr wir uns gebärden.[/blue]

Der hohen Thaten Ruhm muß wie ein Traum vergehn.
Soll denn das Spiel der Zeit/ der leichte Mensch bestehn?
Ach! was ist alles diß/ was wir vor köstlich achten/

[blue]Des hohen Ehrgeiz´ Ziel muss luftschlossgleich zerwehn.
Soll denn das game of life der Unedling bestehn?
Herrgott! Was ist bloß dies, was wir als Höchstes achten,
[/blue]
Als schlechte Nichtigkeit/ als Schatten/ Staub vnd Wind;
Als eine Wiesen-Blum/ die man nicht wider find’t.
Noch wil was ewig ist/ kein einig Mensch betrachten!

[blue]der Fußbaalskult, Gewinn, ein thumb Computerkind,
so diese Motte schwirrt, die man nicht wiederfind´t!
Und niemand ist mehr da das Ew´ge zu betrachten![/blue]

greetse

ww
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
das game of life der Unedling
die grammatische Funktion von "der Unedling" ist nicht klar: ist das ein falsch verkürzter Genetiv Plural, etwa als Genetivattribut? oder ein nachklappender Nominativ (der noch unverständlicher wäre, denn er eignet sich nicht als Apposition)?
 

Willibald

Mitglied
Salute, Hansz!

Der moderne Autor Agiulf liest im Prätext den Ausdruck "der leichte Mensch" - wohl bedingt durch die (fehlende) Interpunktion - nicht als Apposition, sondern als Subjekt, welches den "struggle of life" und das "Spiel der Zeit" nicht besteht.

greetse
ww
 

Agiulf

Mitglied
Hallo Willi,
also erst mal recht herzlichen Dank für deine tollen Ausführungen und Erklärungen. Natürlich ist mir der Vanitas-Gedanke bekannt, doch wie Du das vertieft, erklärt und verdeutlicht hast, ist echt super. Die Beispiele bis zu Goethe waren mir auch nicht bekannt und haben das alles sehr anschaulich gemacht. Was hat mich dazu verleitet eine solche Huldigung zu schreiben? Ich habe immer sehr gerne Gryphius-Gedichte gelesen. Und da ich auch ein gläubiger Mensch bin und davon ausgehe, dass alles auf Gott hin ausgerichtet sein dürfte, so meinte ich eben es sei erlaubt, Gryphius Gedanken in die Jetztzeit zu transferieren. Da unser Denken heute ein anderes ist, aber trotzdem unser Trachten von ähnlichen menschlichen Antrieben bestimmt wird, glaubte ich mich berechtigt eine Huldigung schreiben zu dürfen. Jetzt bin ich mir aber gar nicht mehr so sicher, ob das spielerische und nachdenkliche Schreiben überhaupt angemessen war. Wo ich jedenfalls vom Vanitas-Gedanken klar abweiche ist: Gott ist in den Mensch ganz vernarrt. Nichtig ist da gar nichts. Gryphius hätte in unserer Zeit sicher die Glaubensfestigkeit angemahnt und die christlichen Werte (einer trage des anderen Last, Friedfertigkeit, Wuchern mit den eigenen Talenten, Liebe) seinen Menschen wieder vor Augen geführt. Oder irre ich mich da?
Viele Grüße,
Agiulf
(ach ja, der Name Agiulf leitet sich von dem Rufnamen her, der im Bestimmungswort des Ortsnamens meines Heimatortes enthalten ist. Ein Ausfluss rechten Gedankengutes ist er jedenfalls nicht, wie mir hier mal einer unterstellt hat).
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
dass alles auf Gott hin ausgerichtet sein dürfte
wenn sich alles auf den all-ein-seienden ausrichten könnte, würden die Kompaßnadeln durchdrehen. In der Identität von Liebe und Gerechtigkeit gibt es keine bevorzugte Stelle in der Allgegenwart mehr. Alles miteinander identisch, alle Polaritäten vereinigt. Dessen Mittelpunkt überall und dessen Umkreis-Kugel nirgends ist.
 

Willibald

Mitglied
Fragen und Überlegungen

Salute Agiulf!

Hier noch mal textpraktische Überlegungen zu dem Sonettduo:

Es ist alles eitel
[blue]Es ist alles einfältig
[/blue]
Du sihst/ wohin du sihst nur Eitelkeit auff Erden.
Was dieser heute baut/ reist jener morgen ein:
Wo itzund Städte stehn/ wird eine Wiesen seyn/
Auff der ein Schäfers-Kind wird spielen mit den Herden.

[blue]Du siehst wohin Du siehst, nur Einfalt auf der Erden.
Was heute man bestaunt, liegt morgen schon im Schrein;
wo jetzt noch Stars beklatscht, wird leer die Bühne sein,
und Kinder spielen dort in dunklen Schrebergärten;[/blue]

Was itzund prächtig blüht/ sol bald zutretten werden.
Was itzt so pocht vnd trotzt ist morgen Asch vnd Bein/
Nichts ist/ das ewig sey/ kein Ertz/ kein Marmorstein.
Itzt lacht das Glück vns an/ bald donnern die Beschwerden.

[blue]was jetzt heraus geputzt, soll bald zermüllet werden;
Was jetzt so sturt und stolzt, ist morgen bleich´s Gebein;
Nichts bleibt auf Dauer uns, kein Gold, kein Haus aus Stein.
Noch strahlt das Glück uns an, schon wirr wir uns gebärden.[/blue]

Der hohen Thaten Ruhm muß wie ein Traum vergehn.
Soll denn das Spiel der Zeit/ der leichte Mensch bestehn?
Ach! was ist alles diß/ was wir vor köstlich achten/

[blue]Des hohen Ehrgeiz´ Ziel muss luftschlossgleich zerwehn.
Soll denn das game of life der Unedling bestehn?
Herrgott! Was ist bloß dies, was wir als Höchstes achten,[/blue]

Als schlechte Nichtigkeit/ als Schatten/ Staub vnd Wind;
Als eine Wiesen-Blum/ die man nicht wider find’t.
Noch wil was ewig ist/ kein einig Mensch betrachten!

[blue]der Fußbaalskult, Gewinn, ein thumb Computerkind,
so diese Motte schwirrt, die man nicht wiederfind´t!
Und niemand ist mehr da das Ew´ge zu betrachten![/blue]

(1) "Einfalt" und die Schlusszeilen: Disasterbilder

Warum zeigt sich in den avisierten Phänomenen "Einfalt", also eine Art Dummheit?

Weil sie - das ist der Unterschied zur Schlusszeile bei Gryphius - zu Selbstzerstörung führt? Bei Gryphius fehlt ja in seiner Schreibsituation und deren Gegenwart derjenige, der das Ewige betrachten will. Und Menschen, die das könnten, wären noch durchaus da.

Bei Agiulf ist eine Art von Endzeitzustand der totalen Vernichtung eingetreten. In dieser (zukünftigen, düster prophezeiten) Ereigniszeit gibt es es keinen potentiellen Träger von "richtiger" Betrachtung mehr.

Dagegen lässt das "noch" bei Gryphius darauf schließen, dass es auf eine zukünftige Situation hinauslaufen dürfte, in der man "endlich" das Ewige betrachtet. Lustigerweise nimmt sich das lyrische Ich hier bei Gryphius heraus und bezieht eine Sonderstellung: Es ist nicht/noch nicht die korrekte Betrachtungsweise der Welt bei anderen zu finden ist, die er/das verdeckte lyrische Ich wohl zu praktizieren weiß. Jetzt schon, in der Schreibsituation.

Und: Was ist an den Vergnügungen, die nur ein sehr mönchischer, puritanischer Christ als teuflisch und vernichtend verstehen dürfte, so widerspenstig, dass man es nicht in einem durchaus göttlich gewollten Freudenprogramm unterbringen könnte. Warum dieser Manichäismus? Nicht zu letzt gefragt, weil die gewisse Lust- und Leibfeindlichkeit kirchlicher Positionen gewiss nicht mehr den Alleinvertretungsanspruch in der Theologie und in der Gemeidnearbeit beanspruchen dürften? Oder ist das eben doch so etwas wie das Abkommen vom rechten theologischen Weg. Und damit eine Aufwertung strenger, rigoroser Theologie der Weltverachtung, der Contemptus Mundi? Und wenn nicht: Ist es dann vor allem die Kritik an der Übertreibung im Kult von Lifestyle-Phänomenen? Aber eben kein moderater Hinweis auf den empfehlenswerten Kult der Mitte?

(2) Die rhetorische Frage in der zehnten Zeile

Es liegt sehr nahe, dass Gryphius in seinem Sonett nicht mit einem Akkusativobjekt in Vorderstellung und dem Subjekt im Nachklapp gearbeitet hat. Man vergleiche die Erörterung im Erklärbärmodus oben (Wasserblase, Königsspiel Schach, Lohenstein). Daraus ist ableitbar, dass Gryphius bei "leichter Mensch" eine Apposition setzte. Auch wenn er die Kommata nicht setzte.

Daher kann eine Hommage an Gryphius durchaus darauf verzichten mit einer schwierigen bis anstrengenden und auch etwas überdrehten Inversion zu arbeiten:

Soll denn das game of life der Unedling bestehn?
Überlegenswert ist stattdessen die "normale" Reihenfolge:

soll denn der Unedling das game of life bestehn?

Damit ist mit einer normalen Satzstruktur die Aussage deutlich, dass der Mensch dieser Zeit seine Lebenswelt und sich zugrunderichtet.


(3) Details:

Schrein:

Was heute man bestaunt, liegt morgen schon im Schrein

Bedeutung von Schrein? Eine Art von "Sarg", also ein Behältnis mit totem Inhalt? Immerhin offensichtlich ehrenvoll bestattet. Oder ist damit gar gemeint, dass es sich um eine Ausstellungs- und Museumsvitrine handelt? Auch dann ist eine gewisse Wertschätzung dem abgelegten Objekt gegenüber zu verzeichnen. Ganz abgesehen davon, dass alte Moden aus Literatur, Malerei, Musik und und und gar nicht endgültig begraben sind, sondern recht fröhlich "Urständ feiern" können.

so

so diese Motte schwirrt, die man nicht wiederfind´t!
Was ist das für ein "so"? Ein Vergleichspartikel im Sinne von "wie"? Beziehbar auf das Computerkind? Oder auf die abrufbaren Inhalte einer Computersession, die dann gerne mal verloren, ganz verloren gehen und/oder in der Orkus des Vergessens stürzen? Oder einfach die Spielkonsolen.

Und warum das Bild der "Motte"? Sie frisst etwas auf und lässt sich dann nicht finden und fangen? Oder ist das gar die Motte, die das Licht und Feuer umschwirrt und dann nicht mehr zu finden ist, weil sie verbrannt ist? Oder ist das ein verkappter Konsekutivsatz: Die Motte schwirrt so, dass man sie nicht wiederfindet?

Polysemie und Vieldeutigkeit ist gut bei poetischen Texten, aber ist sie hier nicht einfach ein bisschen zu umfangreich und fast schon beliebig wuchernd?


Schrebergärten


Seltsam. Der Totalvernichtung der Schlusszeile korrespondiert eine genutzte Fläche, offensichtlich von Menschen installiert und bewirtschaftet und auch irgendwie geschätzt? Und wieso treten sie an die Stelle der Bühne, die ja als pars pro toto für die E- und U-Unterhaltung steht?

Gewiss alles Fragen, die eher der Wertschätzung für diesen Text und seine Gryphiushommage gelten. Und nicht Kritelei.

Beste Grüße
ww

p.s.
Habe trotz Nachsinnen noch keinen Reim auf deine Heimatstadt gefunden. Halberstadt kann es wohl nicht sein. Vielleicht noch ein Hint? Oder eine pn-nachricht?
 

Agiulf

Mitglied
Es ist alles einfältig

Du siehst wohin Du siehst, nur Einfalt auf der Erden.
Was heute man bestaunt, liegt morgen schon im Schrein;
wo jetzt noch Stars beklatscht, wird leer die Bühne sein,
und Kinder spielen dort in dunklen Schrebergärten;

was jetzt heraus geputzt, soll bald zermüllet werden;
Was jetzt so sturt und stolzt, ist morgen bleich´s Gebein;
Nichts bleibt auf Dauer uns, kein Gold, kein Haus aus Stein.
Noch strahlt das Glück uns an, schon wirr wir uns gebärden.

Des hohen Ehrgeiz´ Ziel muss luftschlossgleich zerwehn.
Soll denn dein Gegenstück das game of life bestehn?
Herrgott! Was ist bloß dies, was wir als Höchstes achten,

der Fußbaalskult, Gewinn, ein thumb Computerkind,
gleich den´ ein´ Motte schwirrt, die man nicht wiederfind´t!
Und niemand ist mehr da das Ew´ge zu betrachten?
 

Agiulf

Mitglied
Es ist alles einfältig

Du siehst wohin Du siehst, nur Einfalt auf der Erden.
Was heute man bestaunt, liegt morgen schon im Schrein;
wo jetzt noch Stars beklatscht, wird leer die Bühne sein,
und Kinder spielen dort in dunklen Schrebergärten;

was jetzt heraus geputzt, soll bald zermüllet werden;
Was jetzt so sturt und stolzt, ist morgen bleich´s Gebein;
Nichts bleibt auf Dauer uns, kein Gold, kein Haus aus Stein.
Noch strahlt das Glück uns an, schon wirr wir uns gebärden.

Des hohen Ehrgeiz´ Ziel muss luftschlossgleich zerwehn.
Soll denn dein Gegenstück das game of life bestehn?
Herrgott! Was ist bloß dies, was wir als Höchstes achten,

der Fußbaalskult, Gewinn, ein thumb Computerkind,
gleich dem ein´ Motte schwirrt, die man nicht wiederfind´t!
Und niemand ist mehr da das Ew´ge zu betrachten?
 



 
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