Homs 11.02.2012 - Sonett

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Walther

Mitglied
Homs 11.02.2012


Du trägst in Dir den Drang zum lauten Siegen,
Als wäre Herrschaft wichtigster Ertrag.
Die Sonne scheint so fahl an diesem Tag,
Und Schlachtenlärm berichtet von den Kriegen.

Die Toten sind umschwirrt von schwarzen Fliegen,
Und Blut bedeckt die Straßen als Belag.
Wo kurz zuvor die Stadt im Morgen lag,
Da wollen nachts die Feuer nicht versiegen.

Der Griff zu Macht, Gewalt und zu den Waffen
Hat nichts gebracht als Elend, Mord und Not.
Dazu hat niemand diese Welt erschaffen,

Er wollte Freude, Leben und nicht Tod:
Das Rauben und das Morden und das Raffen
Hast Du, Assad, bewirkt, und nicht Dein Gott.
 
G

gitano

Gast
Huhu Walther!
Endlich traut sich jemand auch wieder an politische Themen...
Homs...puh, harter Tobak. Die Bilder von dort erschrecken mich und meine "mitteleuropäische" Vernuft ist anscheinend keine "Instanz" die dies verstehen kann...

Mir fielen ein paar Kleinigkeiten am Text auf, die ich Dir gern hiermit per "Notizzettel" mal rüberreiche:

Vorschläge:

Er wollte Freude, Leben! - nicht den Tod! (nicht steht nun auf betont und stärker polarisiernd)
Das Rauben und das Morden und das Raffen
Hast Du, Assad, bewirkt, [strike]und Dein Gott[/strike].

Letzte Zeile alternativ: letzte Volta:

Dein Gott will Freude, Leben und nicht [blue]Tod[/blue]:
Das Rauben, Morden, Brennen und das Raffen
Hast Du bewirkt: Assad! als ein Des[blue]pot![/blue]
Weil:
Reim sich nun rein: Not/Tod/ Despot
Polarisierung etwas stärker


im Ersten Teil stehen sich die Poesie von Kriegsbildern, Klage, Anklage und der Ekel des krieges gegenüber...

Wenn ich Deinen Grundgedanken alsLeitfaden folgen darf...wünschte ich mir vielleicht noch etwas mehr Polarisation. Du weist bestimmt was ich meine:

Möglich ja auch, für etwas mehr Spannung in der Disposition der Gedanken


Hier mal Beispiel Teil I um zu verdeutlichen:

Du möchtest siegen, unbedingt!, die Macht!
Und nichts sei wichtiger als DASS: Bestimmen!
Der halbe Mond, verschleiert sich ins Dimmen (Symbol Halbmond)
in schwarze Schwaden - schwärzer als die Nacht,

ist auf den Leichenbergen Tag erwacht.
Wo Bruderblut floß, will die Straße glimmen.
Gebete, Tausendfache KlageStimmen,
die Wut im Volk bricht auf und ist entfacht!

Die direkte Ansprache, die dann in der Conclusio wieder aufgegriffen wird.

Der Kriegsmodder ist schaurig...klar und als Bild für die Zuhörerschaft markant...
ich wollte nur etwas mehr Spannweite in der Diposition der Gedanken vermitteln und nicht gleich DEINE Bilder vereinnahmen.

Ich habe so eine Ahnung, daß Du mit etwas Distanz aus diesem Text sehr viel mehr machen kannst als er jetzt ist...Aber vergessen wir dabei nicht daß diese Krittelei mehr Ansporn sein soll.

Außergewöhnlich, Glückwunsch zum Blick auf das Thema!
gitano
 

Walther

Mitglied
Lb. Label,

danke für diesen Eintrag. Es ist interessant, wie sich die Auffassungen über diesen Text widersprechen. In der Tat ist die "Moral von der Geschicht" aus meiner Sicht der wichtigsten Teil dieses Sonetts. Alles fließt auf die Conclusio zu.

LG W.

Lb. gitano,

in der Tat bist Du nicht der Einzige, der den nicht perfekten Endreim im letzten Vers beklagt. Aus einer meiner Repliken zitiere ich dazu:
Es ist in der Tat nicht optimal, den letzten Reim so zu setzen. Allerdings kann man das auch anders sehen: Die Moral aus der Geschicht wird durch diesen "falsch klingenden" Reim verstärkt. Im Moment tendiere ich dazu, die aktuelle Fassung so zu belassen. Das mag sich mit der Distanz zu Text und Ereignis ändern.
Auch ist der Twist, den Du dem Text durch die Umformulierung der Terzetts gibst, nicht in meinem Sinne, was Herleitung und Schluß angeht. Ich habe bewußt dem Leser den Raum gelassen, genau das zu denken, was Du formuliertest, ohne es sagen zu müssen. Als Autor sollte man dem Leser und Zuhörer mehr zutrauen, meine ich.

Zu Deiner weiteren Bearbeitung: Ich war bewußt zurückhaltend in der Bildern. Ein solches Thema verträgt keinen Schwulst, keine Exaltation in der Sprache. Mir wäre das zu viel des Guten. Zur Zivilisation gehört die Sparsamkeit in der Emotion, weil nur diese einen kühlen Kopf garantiert.

In der Tat ist Betroffenheitslyrik immer gefährlich nahe am dichterischen Abgrund gebaut. Erst die Distanz schafft die Möglichkeit zur verarbeitenden, veredelnden Formulierung.

Lieben Dank für Deine spannenden Überlegungen, die aber ein völlig anderes Gedicht zum Ergebnis haben. Das muß nicht schlechter sein, aber eben nicht dieses.

LG W.
 

Label

Mitglied
Lieber Walther

wie du ja weißt ist mir der Inhalt eines Gedichts wesentlich wichtiger als die Form
Natürlich ist es noch schöner wenn wenn auch die Verpackung (Form) ansprechend ist.
Ich sehe das so: eine perfekte Form mit laschem Inhalt ist für mich uninteressanter als ein guter Inhalt mit wackeliger Form.

Auf den Inhalt kommt es an
Der ist hier "saugut" und die Form - für meinen Anspruch total zufriedenstellend

Hat vielleicht auch mit einer grundsätzlichen Lebenshaltung zu tun, die zunehmend abnimmt :D
Stichwort: Mogelpackung,Imagebildung etc. achja ich begebe mich besser in mein Dinosauriereckchen.

in diesem Sinne
bitte mach weiter so
Label
 
G

gitano

Gast
Postulate ?

Lieber Walther!ich bin doch etwas erschrocken...

Es ist in der Tat nicht optimal, den letzten Reim so zu setzen. Allerdings kann man das auch anders sehen: Die Moral aus der Geschicht wird durch diesen "falsch klingenden" Reim verstärkt. Im Moment tendiere ich dazu, die aktuelle Fassung so zu belassen. Das mag sich mit der Distanz zu Text und Ereignis ändern.
In der Tat ist es interessant wie Deine persönliche Sichtweise durch „man“ /statt „ich“ zur Allgemeinthese postuliert wird. Dies könnte "man" gleich mit Kadenzen auch tun und warum nicht gleich noch mit dem dialogischen Ansatz,. Jeder gibt ein bißchen Persönliches Colorit...darf man ja, am Ende weiß keiner mehr was ein Sonett ausmacht...und natürlich darf "man" jenseits des Persönlichen Colorit bekritteln was das Zeug hält.

Auch ist der Twist, den Du dem Text durch die Umformulierung der Terzetts gibst, nicht in meinem Sinne, was Herleitung und Schluß angeht.
Interessant wie Du meine Vorschläge benennst/charakterisierst mein Lieber. Vielleicht bemühst Du Dich beim nächsten mal einfach zu einem: "Empfinde ich aus meiner Sicht nicht als passend". Worin Sonett-Schlüssigkeit im Text besteht ..., ja das ist eindeutig Autorensache...auf der einen Seite, auf der anderen Seite habe ich sie kritisiert...im Sinne von Textarbeit.

Ich habe bewußt dem Leser den Raum gelassen, genau das zu denken, was Du formuliertest, ohne es sagen zu müssen. Als Autor sollte man dem Leser und Zuhörer mehr zutrauen, meine ich.
Wieder eine nett maskierte Botschaft, vielen Dank mein Lieber so langsam beginne ich zu verstehen! Ist dies so zu verstehen:
Durch meinen Vorschlag nehme ich dem Leser Raum?
Ich benenne konkreter und daher nehme ich den Reiz?
Ist „nicht sagen zu müssen“ ein besonders hohes Qualitätsmerkmal? Oder ist es nicht doch eher erkennbare Gedankenschärfe und Formulierung?

Und dann folgt wieder ein „man“...wieder ein Postulat des Allgemeinen - was doch letztendlich nur Deine Sichtweise ist - es gibt viele Andere, hoffentlich blendest Du dies nicht aus. Es wäre ehrlicher und treffender gewesen wenn Du dies für Dich als „ich Botschaft“ schreibst.

Zu Deiner weiteren Bearbeitung: Ich war bewußt zurückhaltend in der Bildern
.
Ok, verstehe ich als Intension zur Aufbereitung des Themas

Ein solches Thema verträgt keinen Schwulst, keine Exaltation in der Sprache.
Auch hier erhebst Du Deine persönliche Sicht auf die Dinge wieder zum allgemeingültigen Postulat...unglaublich!


Mir wäre das zu viel des Guten.
Endlich mal eine ich Botschaft!

Zur Zivilisation gehört die Sparsamkeit in der Emotion, weil nur diese einen kühlen Kopf garantiert.
Ein Postulat Deinerseits! Pathos ist die Wiege der Dichtung...der emotionale Appell der mit ethos einhergeht; der Glaubhaftigkeit und durch logos: die Argumente zur Sache auf einen pragmatischen Weg gebracht wird.
Als Sonettliebhaber beschäftige ich mich natürlich auch damit...ich stelle mir gerade vor, wie Sonette für Laura unter dem von Dir genannten Postulat klingen würden...und ob wir dann heute Herrn P. Als den kennen würden -als den wir ihn kennen.

In der Tat ist Betroffenheitslyrik immer gefährlich nahe am dichterischen Abgrund gebaut. Erst die Distanz schafft die Möglichkeit zur verarbeitenden, veredelnden Formulierung.
Identifikation und glaubhafte Nähe ist eine weitere Möglichkeit -und gerade der inneren Bewegung von Sonetten sehr zuträglich...wie würden sonst Trauer- oder Liebessonette klingen? ..distanziert?
Zum Glück ist dies bei den Autoren die ich gelesen habe nur z.Teil so..inzwar wenn sie für sich die Reflexion als Umsetzungskonzept benutzen...im Disput sind sie oft (je nach Thema!) auch emotional mittendrin. Soll ich Dir Textbeispiele heraussuchen?

Mit diesem Nachsatz bekommst Du schwerlich die Kurve zu oben Geäußerten:
Lieben Dank für Deine spannenden Überlegungen, die aber ein völlig anderes Gedicht zum Ergebnis haben. Das muß nicht schlechter sein, aber eben nicht dieses.
Ich kann von Dir, als jemanden, der in der Lage ist Sprache bewußt einsetzen erwarten, daß Du Deine persönlichen Sichtweisen als solche kennzeichnest und klar von anderen Thesen unterscheidest! Das Postulieren von angeblichen Allgemeinplätzen kommt dabei nicht gut rüber ([blue]Herabsetzen anderer Meinungen und Vorschläge[/blue])...es sei denn Du hast wirklich sehr gute sachliche Argumente dafür...aber dann hättest Du solche Äußerungen doch gar nicht nötig...sondern würdest Deine Texte danach ausrichten und könntest gelassen erklären.

Es könnte leicht sein, daß sonst ganz andere Eindrücke aus Deinen Postings gelesen werden, als Du vielleicht beabsichtigst.

Wir wollten eigentlich zusammen dem Sonett wieder etwas mehr Raum/Gehör widmen, weil wir es lieben. Ich wünsche mir Dialog und Austausch und objetive Suche nach den Wurzeln im Sinne von Zusammentragen. Wie Du weißt (Du kennst nur ein Bruchteil meiner durchstudierten Literaturliste ) könnte ich dazu durchaus einiges beitragen.
Mir vergeht aber Alles wenn jemand /hoffentlich nicht Du) daher kommt und einfach postuliert „so ist es!“ ohne auch nur den Hauch einen klaren Begründung zu geben. Das schreckt fürchterlich ab.

Wenn Du nicht möchtest, daß wir nur "Formal" höflich mit einander umgehen, dann wäre es jetzt sehr hilfreich und schön, wenn Du mich mal kurz informierst, wie Du Deine Postulate verstanden wissen möchtest.

Bevor wohl möglich irgendwelche Irrtümer aus Deinen Formulierungen entstehen/folgen.

Bis denne, keine Angst ich rege mich auch schnell wieder ab.
gitano
 

Walther

Mitglied
Lb. gitano,

zuerst einmal gibt es keine "Wahrheit" in dem von Dir hier mir zugeordneten Sinn. Was ich schreibe, ist meine Meinung und nur meine, keine andere und schon gar nicht die der Mehrheit. Das vorab. Eigentlich schade, daß man das klar formulierten Einträgen voraus- bzw. hinterherschicken muß!

Wenn Du richtig gelesen hättest, also sachlich und nicht als persönlichen Angriff auf Dich, habe ich Folgendes sinngemäß gesagt:

(1) Den letzten Vers möchte ich so lassen, weil die Abwägung der durchaus nachvollziehbaren Begründungen anderer Varianten im Moment für mich wie geschrieben ausgeht.

(2) Deine Vorschläge der letzten beiden Terzette weichen von meiner Herleitung der von mir beabsichtigten Conclusio ab. Ich möchte dem Leser die Schlüsse überlassen, anstatt sie bereits vorzuformulieren.

(3) Die von Dir vorgestellten beiden Quartette halte ich nicht für das Thema angemessen formuliert. Ich habe klar ausgeführt, warum ich das so sehe. Mir ist Deine Variante zu exaltiert und schwülstig, kurz: zu dick aufgetragen. Ich habe zugleich daraufhingewiesen, daß man das durchaus anders sehen kann und darf, hier also das Gefallen ein wesentlicher Aspekt ist.

Leider hast Du das als Maßregelung verstanden. Auch das kann man tun, denn schließlich hast Du es ja getan. Damit muß ich zugestehen, mißverständlich gewesen zu sein. Das tut mir leid, aber auch nur das. Inhaltlich bleibe ich bei meiner Aussage.

LG W.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich möchte nicht auf alles eingehen, sondern auf zwei Punkte:
1. (identischer) Reim: "Belag - lag" - hier sehe ich keinen "echten" Grund. Im Gegensatz zu anderen Sprachen betrachtet Deutsch die identischen Reime als "unsaubere" Reime, wobei man sie aber nutzen kann, zum Beispiel um bestimmte Stimmungen zu erzeugen. Im vorliegenden Gedicht ist es aber eher singulär. Die Reime können natürlich auch das "Zerbrechen" der Form, der Welt, symbolisieren.

2. Zur Form:
Mit drei Betonungen ergibt sich eine besondere Spannung. Das "Nicht" steht an der richtigen Stelle.
Dein Gott will Freude, Leben und nicht Tod:

Als "Jambus" gesprochen würde "und" betont. Die ganze Zeile verlöre an Charakter.
Dein Gott will Freude, Leben und nicht Tod:

In diesem Falle würde ich ebenfalls zu einer Vertauschung neigen.

Dein Gott will Freude, Leben nicht den Tod:
Hierbei wird der Tod zugleich personifiziert.

Ich würde es so betonen:

Du trägst in [blue]Dir [/blue]den [blue]Drang [/blue]zum lauten [blue]Sie[/blue]gen, Rhythmus: "Behüte Gott, es wär so schön gewesen"
Als wäre [blue]Herr[/blue]schaft [blue]wicht[/blue]igster Er[blue]trag[/blue].
Die [blue]Son[/blue]ne [blue]scheint [/blue]so [blue]fahl [/blue]an di[blue][/blue]esem Tag,
Und [blue]Schlach[/blue]ten[blue]lärm[/blue] be[blue]rich[/blue]tet von den [blue]Krie[/blue]gen.

Die [blue]Tot[/blue]en sind um[blue]schwirrt[/blue] von [blue]schwar[/blue]zen [blue]Flie[/blue]gen,
Und [blue]Blut [/blue]bedeckt die [blue]Stra[/blue]ßen als Be[blue]lag[/blue].
Wo kurz zu[blue]vor[/blue] die [blue]Stadt [/blue]im Morgen [blue]lag[/blue],
Da wollen [blue]nachts [/blue]die [blue]Feu[/blue]er nicht ver[blue]sie[/blue]gen.

Der Griff zu [blue]Macht[/blue], Ge[blue]walt[/blue] und zu den [blue]Waf[/blue]fen
Hat nichts ge[blue]bracht[/blue] als [blue]El[/blue]end, [blue]Mord [/blue]und [blue]Not[/blue].
Dazu hat [blue]nie[/blue]mand [blue]die[/blue]se Welt er[blue]schaf[/blue]fen,

Er wollte [blue]Freu[/blue]de, [blue]Le[/blue]ben und nicht [blue]Tod[/blue]:
Das [blue]Rau[/blue]ben und das [blue]Mor[/blue]den und das [blue]Raf[/blue]fen
Hast [blue]Du[/blue], As[blue]sad[/blue], be[blue]wirkt[/blue], und nicht Dein [blue]Gott[/blue].

Es gibt weitere Varianten, nicht alle Zeilen entsprechen "Behüte Gott ..." und es gibt auch verschiedene Möglichkeiten.
Auffällig ist, dass sowohl zeitliche Betonung als auch tonstärkenmäßige vorkommt.

Unbetonte Silben sind oft kurz, aber nicht immer. Das Gedicht ist taktgesteuert.

"Er wollte" ist genauso lang, wie "Freude".
 

Label

Mitglied
Lieber Bernd

interessant deine Betonung
Im Prinzip betone ich sehr ähnlich,
allerdings sind das sozusagen nur die Hauptbetonungen
für mich gibt es noch etwas dazwischen, nicht so stark betontes, aber gewiss nicht unbetont.

In der Vergangenheit wurde mir bei einigen meiner Werke Betonungsmuster vorgehalten, die ich in meinem Werk so nicht gesprochen hätte.

Also habe ich versucht mein Betonungsmuster dem anzupassen wie "man" betont.
Walthers Werk entspricht für mich exakt dem Betonungsmuster
das hier in der LL mit Nachdruck eingefordert wurde/wird.

Jetzt zeigst du uns das!
Des weiteren hatte ich mal das hier gefunden http://cornelia.siteware.ch/phonetik/arbeitsblphonet/betonungwoe.pdf
da gibt es das Beispiel der Gróssbàustelle auf der 2. Seite, das meiner Betonung absolut zuwiderläuft.

gibt es überhaupt ein allgemeingültiges Muster?

Label
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Tatsächlich habe ich Nebenbetonungen hier weggelassen, weil sie schlecht darstellbar sind.
Wir haben hier die Möglichkeit zu komplexen "rhytmischen" Mustern.
Wichtig ist es, den Spannungsbogen zu halten. Interessant für mich war die Verwandtschaft zu alten deutschen Liedern. Diese ironisiert und persifliert zugleich das schreckliche Dargestellte, macht es eindringlicher und stellt es in historischen Zusammenhang.
 

Walther

Mitglied
Lb. Bernd,

es ist immer wieder spannend, welche Betonungen Du aus einem Text herausholst, daher freuen mich diese Kommentares sehr. Natürlich zeigt das auf, daß es mehrere Lesarten für einen Text gibt:

* die rein formale Taktung - hier der fünfhebige Jambus
* die prosaische Taktung - wenn das kein Sonett wäre
* die deklamierende Taktung - wenn ein guter Vortragender den Text interpretierend spricht

Wir beachten diese Divergenzen normalerweise nicht, was eigentlich schade ist, aber uns Zeit und Mühe abverlangte. Ideal getaktet ist ein Text dann, wenn die drei "Lesarten" weitgehend übereinkommen. Dann ist es gelungen, Sprache, Form und Interpretation aus einem Guß zu modulieren.

Hier sehen wir ein sehr rhythmisches, fast liedhaftes Gedicht, das ohne Enjambements auskommt. Das hat damit zu tun, daß die Sprache und ihre Taktung quasi gegen den Inhalt laufen. Sie zähmen die Erregung über das, was beschrieben wird. Es ist ein gezügelter Zorn, eine gebändigte Wut.

Ich habe diese Sprache, meine Diskussion mit gitano hat das dargelegt, bewußt gewählt. Die Exaltation des Inhalts reichte mir aus. Ich wollte die äußere Form nicht in den Dienst der Ereignisse stellen, vielmehr wollte ich darlegen, daß die Verantwortung für das Handeln nicht externalisiert werden kann. Der Mörder ist bekannt. Eine Exkulpation ist nicht möglich, die Berufung auf ein höheres Wesen, ein übergeordnetes Ziel ist nicht herleitbar. Das braucht den kalten, den klaren Verstand. Und die ordnende, zwingende, kühle Form.

LG W.

Lb. label,

Bernd ist ein sehr wichtiger Mentor des Dichtens. Ohne ihn wären wir hier arm dran. Das kann man an solchen Einträgen immer wieder spüren.

LG W.

Lb. Bernd,

mögen wir manchmal auch unterschiedlicher Ansicht sein: Mein Dank sei Dir gewiß.

LG W.
 



 
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