Honig im Kopf

driss

Mitglied
Honig im Kopf

Ein Tropfen fällt ihm ins Haar. Es war Mitternacht. Er überlegt, warum er hier sitzt. Ach so! Auf einmal ist er wieder klar. Keine Nebelschwaden mehr, nichts ist mehr verklebt. Es ist hell. Es ist zu hell und als er seine Füsse bewegt, umhüllt diese keine Bettdecke mehr. Eine Wolke schiebt sich vor den Vollmond und er hegt das Gefühl Honig im Kopf zu haben. Er sitzt still da, spürt den nassen Steinboden unter seinen Füssen und die Kälte, die ihm die Waden hinaufkriecht. Eine Katze löst den Bewegunsmelder aus. Das Licht scheint ihm zwischen den Haarsträhnen ins Gesicht. Er spürt, wie sich der dichte Nebel in seinem Kopf allmählich legt. Auf einen Schlag ist er klar. Er fasst sich verwirrt und doch gefasst an den Kopf. Zwingt sich aufzustehen und stampft in Richtung Haus, schleicht sich in das Schlafzimmer und legt sich zu seiner Frau, Verena. Sie hat die Augen offen und spürt seinen tiefen Atem in ihrem Nacken, bis sie einschläft. Richard öffnet seine Augen. Steht auf und geht in die Küche, wo Verena bereits an dem Tisch sitzt und Kaffee trinkt. Richard macht sich ebenfalls eine Tasse. Ein oder zwei Stück Zucker. Er überlegt, kommt jedoch nicht auf eine Antwort. Er setzt sich zu seiner Frau, die ihm erzählt, dass sie ihn letzte Nacht gehört hat. Er streitet es ab. Seine Frau fragt ihn, ob er den Honig will. Da war es wieder. Aus dem nichts ist es wieder da und Herbert nimmt die Stimme seiner Frau nicht mehr war. Honig. Was ist Honig. Herbert grübelt, kann sich jedoch nichts darunter vorstellen. Verena bemerkt seine Abwesenheit und fragt ihn, was er hat. Honig im Kopf, ist seine knappe Antwort. Herbert steht auf und geht. Er läuft durch die Strassen. Das Wetter ist schlecht und dicke Tropfen fallen vom Himmel, was er jedoch nicht bemerkt. Richard! Ein kleiner Junge steht vor ihm und schaut ihn an. Er erklärt ihm, dass er sein Enkel ist. Richard weiss das nicht, deswegen geht er weiter, ohne den Jungen zu beachten. Als er immer weiter weg ist, fällt ihm alles wieder ein. Dass er seinen Kaffee mit zwei Stück Zucker macht, und dass Michael sein Enkel ist. Er weiss auf einmal wieder, wie alt seine Frau ist, welche Schuhgrösse er trägt, und was sein Lieblingsessen ist. Er fühlt sich taub. Er ist gefangen, zwar kann er sich bewegen, merkt jedoch, dass er nicht mehr der Alte ist. Er geht wieder nach Hause, denn er weiss, dass es Essen gibt. Richard isst. Er merkt jedoch nicht, dass er nach jedem Bissen erneut Salz darüber streut. Aber er sieht die traurigen Blicken seiner Frau. Sie gehen zu Bett. Mitten in der Nacht wacht Richard auf und geht zur Bank vor seinem Haus. Es ist still. Zu still.
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo driss, herzlich Willkommen in der Leselupe!

Schön, dass Du den Weg zu uns gefunden hast. Wir sind gespannt auf Deine weiteren Werke und freuen uns auf einen konstruktiven Austausch mit Dir.

Um Dir den Einstieg zu erleichtern, haben wir im 'Forum Lupanum' (unsere Plauderecke) einen Beitrag eingestellt, der sich in besonderem Maße an neue Mitglieder richtet. http://www.leselupe.de/lw/titel-Leitfaden-fuer-neue-Mitglieder-119339.htm

Ganz besonders wollen wir Dir auch die Seite mit den häufig gestellten Fragen ans Herz legen. http://www.leselupe.de/lw/service.php?action=faq


Viele Grüße von flammarion

Redakteur in diesem Forum
 



 
Oben Unten