Hutschis Sonettkochbuch (Gedichtformen)

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Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hutschis Sonettkochbuch

1. Grundrezept für ein deutsches Sonett

Zutaten:


für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen

Für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen und einmal drei Reimen - oder Variationen

Reimform: abba cddc efe fef

Das Grundrezept für das Sonett ist leicht,
denn je fünf Jamben bilden vierzehn Zeilen,
man muss sie nur geeignet unterteilen,
dass das Gedicht vier Strophen bald erreicht.

Die erste Strophe bildet ein Quartett,
und hast du mit der Form genug gerungen,
dann ist der Mittelreim geschickt umschlungen,
man wiederholt das für die zweite ganz adrett.

Terzette sind die letzten beiden Strophen,
da wechseln sich die Reime ständig ab.
„Das geht auch besser!“, meinen Philosophen

zu deinem Werke, halten dich in Trab,
und so erneuerst du noch mal die doofen
Gebilde, aber mach dabei nicht schlapp.

---

2. Grundrezept für ein Alexandrinersonett

Zutaten:


für die Verse: jeweils 6 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz, Mittelzäsur in den Versen

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen

für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba cddc efe fef

Gedichtet wird hierbei nach einem neuen Plan:
der Jamben sind jetzt sechs, und darum setze stur
genau im Zentrum drin pedantisch ‘ne Zäsur,
und mach so jeden Vers zu deinem Untertan.

Die erste Strophe ist - wie immer - ein Quartett,
du rangst gleich mit der Form am Ende nächtelang,
auf dass der Außenreim den Mittelreim umschlang,
die zweite Strophe wird dabei genauso nett.

Dann füge als Terzett die dritte Strophe ein,
wobei der Außenreim den Mittelvers umschlingt
auch hier muss die Zensur stets in der Mitte sein.

Die vierte Strophe ist, durch diese Form bedingt,
genauso aufgebaut, der Reim gehört hinein,
auf dass der gleiche Reim gemächlich weiterschwingt.

--

3. Sonett, verfeinert und wohlgereimt

Ausgangspunkt: Grundrezept 1

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen, Reime im ersten und zweiten Quartett sind gleich

für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba abba cdc cdc

Die Reimstruktur im klassischen Sonett
ist strenger, als im Grundrezept beschrieben,
man setzt da nicht die Reime nach Belieben,
das zweite gleicht dem führenden Quartett,

es wäre schön, wenn man stets Reime hätt’,
hat man genügend Reime aufgetrieben,
muss man sie an die rechte Stelle schieben,
man glättet sie auf einem Bügelbrett.

Die letzten beiden Strophen scheinen leicht,
sie fließen fast von selbst dir aus der Feder,
wenn man sie mit dem ersten Vers vergleicht.

Sonetteschreiben, scheint es, das kann jeder,
jedoch: bevor man hier sein Ziel erreicht,
braucht man für Pergament gehörig Leder.

--

4. Deutsches Sonett im Barock, Beispielform

Zutaten:

für die Verse: jeweils 6 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen, Fragen

für die Terzette: umarmender Reim und Paarreim

nur eine Strophe, keine Strophentrennung

Reimform: abba cddc eff egg

Macht Opitz ein Sonett / ist es dann wohlgestaltet?
Machst du es nach, ist dann / dein Tun dir wohlbewusst?
Formst du die Worte wohl / und stets mit großer Lust?
Ist Dichten Last und Müh / ist deine Lust erkaltet?
Formst Strophen du mit Zwang / wie könntest du das wagen?
Was must du also tun / dass das Sonett gelingt?
Legst du es ins Korsett / damit es nicht zerspringt?
Ist Dichten dir ein Zwang / und kaum mehr zu ertragen?
Ich suche hart ein Wort / nicht mag ich es zu finden.
Der Kaffee ist schon kalt und duftet niemals mehr:
mein Kopf ist heiß und schwankt wie Wellen hin und her:
Ich muss mir unverzagt ein rechtes Wort entbinden,
das ich schon viel zu lang gefühlvoll schwanger trug:
die eine Zeile fehlt / der andern sind genug.

--

5. Italienisches Sonett, Typ 1

Ausgangspunkt: Grundrezept 1

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers weiblicher Kadenz, jeder Vers hat 11 Silben (italienisch: Endecassilabo)

für das Oktett (1. Strophe): zweimal vier Verse mit umarmendem Reim oder Kreuzreim

für das Sextett (2. Strophe): zweimal drei Verse mit zum Beispiel zweimal drei Reimen

Reimform: abbaabba cdecde

Die Form im italienischen Sonette
hat sich geändert in den alten Zeiten,
willst du dich in der frühen abarbeiten
so lege sie zunächst an eine Kette.
Verfechte deine Kunst mit dem Florette,
beschreibe all die großen Albernheiten,
die dich als Sorgen lebenslang begleiten,
und knete sie vorzüglich zum Oktette.

Die Lösung folgt als Volta auf dem Fuße
die Umkehr läutert alle deine Reime,
die Anzahl sechs ergibt die zweite Strophe.
In jedem Verse tue kräftig Buße!
Kommst du nicht weiter? Tu es einfach, schleime!
So naht die Lösung, sei's auch eine doofe.

--

6. Sonett, Shakespeare Typ

Ausgangspunkt: Grundrezept 1

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers, männliche Kadenz, (vorrangig in Deutsch) auch weibliche Kadenz möglich

für die Quartette (1. bis 3. Strophe): je vier Verse mit Kreuzreim

für den Zweizeiler (4. Strophe): Paarreim

Reimform: abab cdcd efef gg

Shakespeares Sonette sind besondrer Art,
beschreiben Liebe, Anmut, Ewigkeit,
drin wird viel an Erfahrung aufbewahrt,
wirkt Schönheit, Kraft und Blüte in der Zeit.

Schreibst du ein solches Werk, so tu es klug,
es wirkt nicht, ist es einfach losgereimt,
an schlechten Werken gibt es schon genug,
ein falscher Rahmen hält auch nicht geleimt.

Nimm Dein Gefühl, verwandle es in Wort,
dann schreib es auf und rezitiere laut,
bedenke wohl, wo du es liest, der Ort
ist dir nach dem Erlebnis stets vertraut.

Und kommst du zu den letzten beiden Zeilen,
wirst du auf Pegasus zum Himmel eilen.

--

7. Italienisches Sonett, Petrarca-Typ

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers weiblicher Kadenz, jeder Vers hat 11 Silben (italienisch: Endecassilabo)

für das Oktett (1. Strophe): zweimal vier Verse mit umarmendem Reim oder Kreuzreim

für das Sextett (2. Strophe): zweimal drei Verse mit zum Beispiel zweimal drei Reimen

These, Antithese, erotische Situation, Liebesqualen, Herz wie Diamant, Wangen wie Rosen, Haar aus Gold, Brüste wie Marmorbälle.

Reimform: abababab cdecde

Mit Liebesqualen fülle deine Zeilen,
denn Rosenwangen zieren alles Schöne,
beginne gut, die Zeilen glattzufeilen
damit mein Diamantherz nach dir dröhne.
Die Marmorbälle meiner Brüste geilen,
lockt dich mein Haar aus Gold, vor Kummer stöhne,
sollst tot unter den Lebenden verweilen,
dein Schicksal sei, dass ich dich dran gewöhne.

Ich mag dich nicht mehr sehen, sollst du denken,
du sollst mir meine bleichen Füße küssen,
du sollst in deinen Liedern mich besingen.
Mein Liebessäuseln soll dein Schicksal lenken,
du sollst abrupt vom Traum erwachen müssen,
im Liebesrasen soll dein Herz zerspringen.

Siehe auch: Petrarkismus: http://de.wikipedia.org/wiki/Petrarkismus
geilen=üppig wuchern

--

8. Französisches Sonett, Ronsard-Typ

Zutaten:

für die Verse: jeweils 6 Jamben im Vers weiblicher Kadenz, jeder Vers hat 12 Silben ('französicher' Alexandriner), eigentlich abwechselnd männliche und weibliche Kadenz (in Deutsch so nicht möglich, man muss sich für eins der beiden entscheiden - oder den Rhythmus ändern.)

für die Quartette: zweimal vier Verse mit umarmendem Reim

für die Terzette: Paarreim und umschlungener Reim oder Paarreim und Kreuzreim

Reimform:abbaabbaccdeed oder abbaabbaccdede

Hast du dich aufgerafft und endlich angefangen,
ist auch der erste Vers Fragment und winzig klein,
so habe guten Mut, bald wirst du fertig sein,
du wirst ganz sicher rasch bis an dein Ziel gelangen.
O Dichter, dichte froh, frisch strahlen deine Wangen,
Die Muse hebt das Glas, verkoste ihren Wein,
beflügelt voller Schwung: so setze Wörter ein,
die Knospen platzen bald, du musst nicht lange bangen.
Graziös hat schon Amor den Bogen straff gespannt,
sein Pfeil erreicht das Herz, die Verse sind galant,
so wird bald dein Sonett die Schöne dir erweichen,
erfüllt ihr Liebreiz dich, so bete sie nur an,
wird ihr auch mulmig sein, so kommt sie irgendwann,
ihr werdet in der Kunst den Höhepunkt erreichen.

Vergleiche auch:
Nadja Hasler: DIPLOMARBEIT "Form und Charakter des Sonetts / Vergleich dreier Beispiele von Pierre de Ronsard, Charles Baudelaire und Louis Aragon http://othes.univie.ac.at/1325/1/2008-09-26_0007442.pdf

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9. Französisches Sonett, Korrelativsonett, Ronsard-Typ

Zutaten:

für die Verse: Sechs Hebungen pro Vers, männliche und weibliche Kadenz

für die Quartette: zweimal vier Verse mit umarmendem Reim

für die Terzette: Paarreim und Kreuzreim

Drei Bildketten laufen parallel durch das Sonett


Reimform: abbaabbaccdede

Der Worte Sinn, der Klang und selbst die Welt der Reime
gebären Vers und Takt, das Ebenmaß der Zeit,
du, Dichter, kreist, notierst, was in dir längst schon schreit,
selbst Ärger, Gram und Zorn, sie bilden dir die Keime
der Dichtkunst, dass du sitzt und tippst: Leg los und schleime!
Du schreibst und liest und trinkst und formst dem Text ein Kleid,
du schläfst und schnarchst und wachst und fühlst dich nicht bereit,
zu sinnen, zu erkennen, zu denken das Geheime.
[Mit Lettern, Zeichen und mit manchen Zwischenräumen
erreichst du dann das Ziel, bei Tageslicht zu träumen.
Du willst, kannst, möchtest doch Sonette einst vollenden,
so fange an, fahr fort und schöpfe Überfluss,
du wirst zwar manchen Takt, manch Wort, manch Reim verschwenden,
bald findest du das Ziel, am Ende folgt der Schluss.

Zur Form: Siehe auch "Ich zweifle doch am Ernst verschränkter Zeilen", Verlag C. H. Beck, Auswahl und Kommentar von Friedhelm Kemp

--

10. Kritik

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers mit männlicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen

Für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abbaabbacdcdcd

Hast du gemäß Rezepten streng gekocht,
dann stellst du fest, die waren ja Betrug,
denn Form allein ist niemals nicht genug.
Wenn man das Mark nicht aus den Knochen pocht,
wird das Gedicht in keinem Fall gemocht.
Das Schiff kippt um, sein Heck versinkt, sein Bug,
vorbei das Feuer, dem Gedankenflug
fehlt stets der Rettungsschirm, den keiner flocht.
Enjambments köcheln in der Soße drin,
die Verse schmoren fad im eignen Saft,
die schönsten Blüten sinken welk dahin,
bald sind sie Kohle durch des Feuers Kraft,
der Topf verschmort, du brauchst den Neubeginn,
Gefühl allein würzt alles zauberhaft.

--

11. Expressionistisches Sonett

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz, auch 6 sind möglich, auch Trochäen

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen

Für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba cddc efe ffe (unterschiedliche Varianten sind möglich)

Anjuschkas Öl verspricht die lange Reise,
der Dichter glaubt noch an des Wissens Kraft,
da spritzt aus einem Hals des Lebens Saft;
der Kopf rollt über Straßenbahngeleise.

Irrsinn und Moder, sprühendes Verfallen
aus Krankensälen und aus Blütenschrei
krach in die Verse, fülle sie mit Blei,
verklebe sie mit Brüll aus Nebelhallen!

Erfinde Wortgeflecht für Ich-Zerfall,
zieh Krebs und Wasserleichen aus dem Hut -
bedenke wohl: zu Ende geht das All,

die Zeit vermischt sich fromm mit Trümmerglut,
mit Totentanz, die Wörterüberflut
des Denkens schlobt gach kruden Verseschall.

--

12. Dada-Sonett

Zutaten:
Sehr unterschiedliche Zutaten möglich.
In meinem Gedicht wähle ich

für die Verse: unterschiedliche Anzahl der Hebungen und Senkungen möglich, Rhythmenwechsel

für die Strophen: Willkürlicher Bruch, die Trennung erfolgt hier nach je drei Zeilen.
Reimform: abb aab bac dcd dd (unterschiedliche Varianten sind möglich, zerschneide das Gedicht und klebe es auf. Dabei ergeben sich automatisch unterschiedliche Abstände.)

Dadasonett 1 vom Dadaman

Zuerstmal richte deinen Tisch von Nord nach Süden aus,
als zweites male ihn ganz bunt mit lila Farbe an,
als drittes nagle an der Seite Dosimeter dran

und ziehe ihm im vierten Vers die Zehennägel raus.
Gestaltest du ihn wohl, ist er geeignet für den Schmaus,
Mit Pfeffer und mit Salz, Gemisch aus Frau und Mann,

beschwöre jedes Wort, belegs mit Wurst und Bann.
Scheint dir das Kunstwerk leer und hohl, dann füttre Mann und Maus.
Auf diese Weise wirst du ganz gemächlich dichten,

wirf um dich Zeitungsknüll zu meterdicken Lagen
und feuchte alles an und schmore alle Schichten,
dann hole aus dem Moos Vierspännerpferdewagen

und ziehe sie, naja, du kannst sie ja auch tragen,
Und wenn das ganze fertig ist, bekleckse Kopf und Kragen!

--

13 Inhalt und Form

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen

Für die Terzette: jeweils drei Verse

Reimform: abba cddc efe efe

Gewürz: leichte Ironie

Gefäße

Johannes R. Becher: „Die Form ist die Form des Inhalts“
http://igitur-archive.library.uu.nl/student-theses/2011-0830-200559/Abschlussarbeit_nieuwe_versie[1].pdf



Komm! Forme dir Sonette als Gefäße,
doch schreibe sie nicht einfach kreuz und quer.
Erfinde erst Struktur als Konstrukteur,
gestalte erste Strophen stets als These.

Und in den zweiten, ohne viel Gewese,
tropf dort die Antithese hinterher.
Bedampf das Werk mit Inhalt wolkenschwer,
und klopf es sinnhaft, schreibe keinen Käse!

Nimm die Synthese, treib sie hinterdrein,
und opfre weder Form noch Inhalt. Stur
lass stets die Form die Form des Inhalts sein,

denn folgt die Form dem Inhalt, ist es fein,
die Norm ist des Sonettes Grundnatur,
und schafft so Kunst und schlägt Probleme klein.

--

14

Schweifsonett

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz, heute mit weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen

Für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba abba cde cde fdf

Extra: Ein Schuss Didaktik und zwei Teelöffel Sarkasmus, am Morgen ins Licht stellen und den Schatten auffangen.


Du willst in Massen hier Sonette schreiben,
die Tasten ohne Unterbrechung hauen,
allein, den Tasten kannst du nicht vertrauen,
willst du, dass deine Verse ewig bleiben,

dann schieb sie nicht auf wobbelige Scheiben,
weil die gewöhnlich deinen Text umbauen,
du musst den Text in harte Steine hauen,
dann stelle diese auf in Künstlerkneipen.

Die Frauen schweben um die lange Stange,
sie zaubern Bilder in das Sein der Drohnen,
die schauen hin mit seltsamer Begierde,

die Steine liegen da schon ewig lange,
da spielt ein Gaukler auf zwei Saxophonen,
ein Klang, dem dumpfen Kerzenlicht zur Zierde.

Doch damit ist es lange nicht zu Ende,
denn in den Versen lauern Explosionen,
erschüttern unsre Welt und füllen Bände.
 
Zuletzt bearbeitet:

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Edit: Hier folgt die Entwicklung des "Sonettkochbuchs":
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Hutschis Sonettkochbuch

1. Grundrezept für ein deutsches Sonett

Zutaten:


für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen

Für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba cddc efe fef

Das Grundrezept für das Sonett ist leicht:
Jeweils fünf Jamben bilden vierzehn Zeilen,
man muss sie nur geeignet unterteilen,
dass das Gedicht vier Strophen bald erreicht.

Die erste Strophe bildet ein Quartett,
und hast du mit der Form genug gerungen,
dann ist der Mittelreim geschickt umschlungen,
man wiederholt das für die zweite ganz adrett.

Terzette sind die letzten beiden Strophen,
da wechseln sich die Reime ständig ab.
„Das geht auch besser!“, meinen Philosophen

zu deinem Werke, halten dich in Trab,
und so erneuerst du noch mal die doofen
Gebilde, aber mach dabei nicht schlapp.

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2. Grundrezept für ein Alexandrinersonett

Zutaten:


für die Verse: jeweils 6 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz, Mittelzäsur in den Versen

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen

für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba cddc efe fef

Gedichtet wird hierbei nach einem neuen Plan:
der Jamben sind jetzt sechs, und darum setze stur
genau im Zentrum drin pedantisch ‘ne Zäsur,
und mach so jeden Vers zu deinem Untertan.

Die erste Strophe ist - wie immer - ein Quartett,
du rangst gleich mit der Form am Ende nächtelang,
auf dass der Außenreim den Mittelreim umschlang,
die zweite Strophe wird dabei genauso nett.

Dann füge als Terzett die dritte Strophe ein,
wobei der Außenreim den Mittelvers umschlingt
auch hier muss die Zensur stets in der Mitte sein.

Die vierte Stophe ist, durch diese Form bedingt,
genauso aufgebaut, der Reim gehört hinein,
auf dass der gleiche Reim gemächlich weiterschwingt.

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3. Sonett, verfeinert und wohlgereimt

Ausgangspunkt: Grundrezept 1

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen, Reime im ersten und zweiten Quartett sind gleich

für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba abba cdc cdc

Die Reimstruktur im klassischen Sonett
ist strenger, als im Grundrezept beschrieben,
man setzt da nicht die Reime nach Belieben,
das zweite gleicht dem führenden Quartett,

es wäre schön, wenn man stets Reime hätt’,
hat man genügend Reime aufgetrieben,
muss man sie an die rechte Stelle schieben,
man glättet sie auf einem Bügelbrett.

Die letzten beiden Strophen scheinen leicht,
sie fließen fast von selbst dir aus der Feder,
wenn man sie mit dem ersten Vers vergleicht.

Sonetteschreiben, scheint es, das kann jeder,
jedoch: bevor man hier sein Ziel erreicht,
braucht man für Pergament gehörig Leder.
 
Zuletzt bearbeitet:
A

AchterZwerg

Gast
Lieber Bernd,
die Idee finde ich sensationell gut.
Anderorten las ich unlängst ein erotisches Kochuch, das fällte mich auch fast vom Hocker. Aber mal schauen, was unsere hauptberuflichen Sonettierer dazu sagen ...
Grüßle, Heidrun ;)
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Danke, achter Zwerg, da freue ich mich sehr.
Die Grundidee besteht ja darin, die verschiedenen Formen durch sich selbst zu erklären, und da gibt es noch viele.

Ich gehe vom Einfachen zum Komplizierten vor, in späteren Rezepten werden inhaltliche Konzepte ebenfalls eine stärkere Rolle spielen.
 
Bernd schrieb:

Die Grundidee besteht ja darin, die verschiedenen Formen durch sich selbst zu erklären,

Eben, (ironische) Rekursivität.
Mancher weiß es, mancher nicht.

cheers
Serge
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hutschis Sonettkochbuch

1. Grundrezept für ein deutsches Sonett

Zutaten:


für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen

Für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba cddc efe fef

Das Grundrezept für das Sonett ist leicht:
Jeweils fünf Jamben bilden vierzehn Zeilen,
man muss sie nur geeignet unterteilen,
dass das Gedicht vier Strophen bald erreicht.

Die erste Strophe bildet ein Quartett,
und hast du mit der Form genug gerungen,
dann ist der Mittelreim geschickt umschlungen,
man wiederholt das für die zweite ganz adrett.

Terzette sind die letzten beiden Strophen,
da wechseln sich die Reime ständig ab.
„Das geht auch besser!“, meinen Philosophen

zu deinem Werke, halten dich in Trab,
und so erneuerst du noch mal die doofen
Gebilde, aber mach dabei nicht schlapp.

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2. Grundrezept für ein Alexandrinersonett

Zutaten:


für die Verse: jeweils 6 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz, Mittelzäsur in den Versen

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen

für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba cddc efe fef

Gedichtet wird hierbei nach einem neuen Plan:
der Jamben sind jetzt sechs, und darum setze stur
genau im Zentrum drin pedantisch ‘ne Zäsur,
und mach so jeden Vers zu deinem Untertan.

Die erste Strophe ist - wie immer - ein Quartett,
du rangst gleich mit der Form am Ende nächtelang,
auf dass der Außenreim den Mittelreim umschlang,
die zweite Strophe wird dabei genauso nett.

Dann füge als Terzett die dritte Strophe ein,
wobei der Außenreim den Mittelvers umschlingt
auch hier muss die Zensur stets in der Mitte sein.

Die vierte Stophe ist, durch diese Form bedingt,
genauso aufgebaut, der Reim gehört hinein,
auf dass der gleiche Reim gemächlich weiterschwingt.

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3. Sonett, verfeinert und wohlgereimt

Ausgangspunkt: Grundrezept 1

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen, Reime im ersten und zweiten Quartett sind gleich

für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba abba cdc cdc

Die Reimstruktur im klassischen Sonett
ist strenger, als im Grundrezept beschrieben,
man setzt da nicht die Reime nach Belieben,
das zweite gleicht dem führenden Quartett,

es wäre schön, wenn man stets Reime hätt’,
hat man genügend Reime aufgetrieben,
muss man sie an die rechte Stelle schieben,
man glättet sie auf einem Bügelbrett.

Die letzten beiden Strophen scheinen leicht,
sie fließen fast von selbst dir aus der Feder,
wenn man sie mit dem ersten Vers vergleicht.

Sonetteschreiben, scheint es, das kann jeder,
jedoch: bevor man hier sein Ziel erreicht,
braucht man für Pergament gehörig Leder.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
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1. Grundrezept für ein deutsches Sonett

Zutaten:


für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen

Für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba cddc efe fef

Das Grundrezept für das Sonett ist leicht:
Jeweils fünf Jamben bilden vierzehn Zeilen,
man muss sie nur geeignet unterteilen,
dass das Gedicht vier Strophen bald erreicht.

Die erste Strophe bildet ein Quartett,
und hast du mit der Form genug gerungen,
dann ist der Mittelreim geschickt umschlungen,
man wiederholt das für die zweite ganz adrett.

Terzette sind die letzten beiden Strophen,
da wechseln sich die Reime ständig ab.
„Das geht auch besser!“, meinen Philosophen

zu deinem Werke, halten dich in Trab,
und so erneuerst du noch mal die doofen
Gebilde, aber mach dabei nicht schlapp.

---

2. Grundrezept für ein Alexandrinersonett

Zutaten:


für die Verse: jeweils 6 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz, Mittelzäsur in den Versen

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen

für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba cddc efe fef

Gedichtet wird hierbei nach einem neuen Plan:
der Jamben sind jetzt sechs, und darum setze stur
genau im Zentrum drin pedantisch ‘ne Zäsur,
und mach so jeden Vers zu deinem Untertan.

Die erste Strophe ist - wie immer - ein Quartett,
du rangst gleich mit der Form am Ende nächtelang,
auf dass der Außenreim den Mittelreim umschlang,
die zweite Strophe wird dabei genauso nett.

Dann füge als Terzett die dritte Strophe ein,
wobei der Außenreim den Mittelvers umschlingt
auch hier muss die Zensur stets in der Mitte sein.

Die vierte Strophe ist, durch diese Form bedingt,
genauso aufgebaut, der Reim gehört hinein,
auf dass der gleiche Reim gemächlich weiterschwingt.

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3. Sonett, verfeinert und wohlgereimt

Ausgangspunkt: Grundrezept 1

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen, Reime im ersten und zweiten Quartett sind gleich

für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba abba cdc cdc

Die Reimstruktur im klassischen Sonett
ist strenger, als im Grundrezept beschrieben,
man setzt da nicht die Reime nach Belieben,
das zweite gleicht dem führenden Quartett,

es wäre schön, wenn man stets Reime hätt’,
hat man genügend Reime aufgetrieben,
muss man sie an die rechte Stelle schieben,
man glättet sie auf einem Bügelbrett.

Die letzten beiden Strophen scheinen leicht,
sie fließen fast von selbst dir aus der Feder,
wenn man sie mit dem ersten Vers vergleicht.

Sonetteschreiben, scheint es, das kann jeder,
jedoch: bevor man hier sein Ziel erreicht,
braucht man für Pergament gehörig Leder.
 

Bernd

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4. Inhaltlicher Aufbau des deutschen Sonetts im Barock

Zutaten:

für die Verse: jeweils 6 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen, Fragen

für die Terzette: umarmender Reim und Paarreim,
nur eine Strophe, keine Strophentrennung

Reimform: abba cddc eff egg

Macht Opitz ein Sonett / ist es dann wohlgestaltet?
Machst du es nach, ist dann / dein Tun dir wohlbewusst?
Formst du die Worte wohl / und stets mit großer Lust?
Ist Dichten Last und Müh / ist deine Lust erkaltet?
Formst Strophen du mit Zwang / wie könntest du das wagen?
Was must du also tun / dass das Sonett gelingt?
Legst du es ins Korsett / damit es nicht zerspringt?
Ist Dichten dir ein Zwang / und kaum mehr zu ertragen?
Ich suche hart ein Wort / nicht mag ich es zu finden.
Der Kaffee ist schon kalt und duftet niemals mehr:
mein Kopf ist heiß und schwankt wie Wellen hin und her:
Ich muss mir unverzagt ein rechtes Wort entbinden,
das ich schon viel zu lang gefühlvoll schwanger trug:
die eine Zeile fehlt, der andern sind genug.

Literatur: „Lyrik des Barock 1600 bis 1720“ http://www.brg9.at/A-Klasse/5 A Klasse/Literatur/Lyrik des Barock Interpretationsbeispiele.pdf - anonym
 

Bernd

Foren-Redakteur
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Hutschis Sonettkochbuch

1. Grundrezept für ein deutsches Sonett

Zutaten:


für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen

Für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba cddc efe fef

Das Grundrezept für das Sonett ist leicht:
Jeweils fünf Jamben bilden vierzehn Zeilen,
man muss sie nur geeignet unterteilen,
dass das Gedicht vier Strophen bald erreicht.

Die erste Strophe bildet ein Quartett,
und hast du mit der Form genug gerungen,
dann ist der Mittelreim geschickt umschlungen,
man wiederholt das für die zweite ganz adrett.

Terzette sind die letzten beiden Strophen,
da wechseln sich die Reime ständig ab.
„Das geht auch besser!“, meinen Philosophen

zu deinem Werke, halten dich in Trab,
und so erneuerst du noch mal die doofen
Gebilde, aber mach dabei nicht schlapp.

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2. Grundrezept für ein Alexandrinersonett

Zutaten:


für die Verse: jeweils 6 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz, Mittelzäsur in den Versen

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen

für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba cddc efe fef

Gedichtet wird hierbei nach einem neuen Plan:
der Jamben sind jetzt sechs, und darum setze stur
genau im Zentrum drin pedantisch ‘ne Zäsur,
und mach so jeden Vers zu deinem Untertan.

Die erste Strophe ist - wie immer - ein Quartett,
du rangst gleich mit der Form am Ende nächtelang,
auf dass der Außenreim den Mittelreim umschlang,
die zweite Strophe wird dabei genauso nett.

Dann füge als Terzett die dritte Strophe ein,
wobei der Außenreim den Mittelvers umschlingt
auch hier muss die Zensur stets in der Mitte sein.

Die vierte Strophe ist, durch diese Form bedingt,
genauso aufgebaut, der Reim gehört hinein,
auf dass der gleiche Reim gemächlich weiterschwingt.

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3. Sonett, verfeinert und wohlgereimt

Ausgangspunkt: Grundrezept 1

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen, Reime im ersten und zweiten Quartett sind gleich

für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba abba cdc cdc

Die Reimstruktur im klassischen Sonett
ist strenger, als im Grundrezept beschrieben,
man setzt da nicht die Reime nach Belieben,
das zweite gleicht dem führenden Quartett,

es wäre schön, wenn man stets Reime hätt’,
hat man genügend Reime aufgetrieben,
muss man sie an die rechte Stelle schieben,
man glättet sie auf einem Bügelbrett.

Die letzten beiden Strophen scheinen leicht,
sie fließen fast von selbst dir aus der Feder,
wenn man sie mit dem ersten Vers vergleicht.

Sonetteschreiben, scheint es, das kann jeder,
jedoch: bevor man hier sein Ziel erreicht,
braucht man für Pergament gehörig Leder.

--

4. Deutsches Sonett im Barock, Beispielform

Zutaten:

für die Verse: jeweils 6 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen, Fragen

für die Terzette: umarmender Reim und Paarreim

nur eine Strophe, keine Strophentrennung

Reimform: abba cddc eff egg

Macht Opitz ein Sonett / ist es dann wohlgestaltet?
Machst du es nach, ist dann / dein Tun dir wohlbewusst?
Formst du die Worte wohl / und stets mit großer Lust?
Ist Dichten Last und Müh / ist deine Lust erkaltet?
Formst Strophen du mit Zwang / wie könntest du das wagen?
Was must du also tun / dass das Sonett gelingt?
Legst du es ins Korsett / damit es nicht zerspringt?
Ist Dichten dir ein Zwang / und kaum mehr zu ertragen?
Ich suche hart ein Wort / nicht mag ich es zu finden.
Der Kaffee ist schon kalt und duftet niemals mehr:
mein Kopf ist heiß und schwankt wie Wellen hin und her:
Ich muss mir unverzagt ein rechtes Wort entbinden,
das ich schon viel zu lang gefühlvoll schwanger trug:
die eine Zeile fehlt, der andern sind genug.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
5. Italienisches Sonett, Typ 1

Ausgangspunkt: Grundrezept 1

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers weiblicher Kadenz, jeder Vers hat 11 Silben (italienisch: Endecassilabo)

für das Oktett (1. Strophe): zweimal vier Verse mit umarmendem Reim oder Kreuzreim

für das Sextett (2. Strophe): zweimal drei Verse mit zum Beispiel zweimal drei Reimen

Reimform: abbaabba cdecde

Die Form im italienischen Sonette
hat sich geändert in den alten Zeiten,
willst du dich in der frühen abarbeiten
so lege sie zunächst an eine Kette.
Verfechte deine Kunst mit dem Florette,
beschreibe all die großen Albernheiten,
die dich als Sorgen lebenslang begleiten,
und knete sie vorzüglich zum Oktette.

Die Lösung folgt als Volta auf dem Fuße
die Umkehr läutert alle deine Reime,
die Anzahl sechs ergibt die zweite Strophe.
In jedem Verse tue kräftig Buße!
Kommst du nicht weiter? Tu es einfach, schleime!
So naht die Lösung, sei's auch eine doofe.
 

Bernd

Foren-Redakteur
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Hutschis Sonettkochbuch

1. Grundrezept für ein deutsches Sonett

Zutaten:


für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen

Für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba cddc efe fef

Das Grundrezept für das Sonett ist leicht:
Jeweils fünf Jamben bilden vierzehn Zeilen,
man muss sie nur geeignet unterteilen,
dass das Gedicht vier Strophen bald erreicht.

Die erste Strophe bildet ein Quartett,
und hast du mit der Form genug gerungen,
dann ist der Mittelreim geschickt umschlungen,
man wiederholt das für die zweite ganz adrett.

Terzette sind die letzten beiden Strophen,
da wechseln sich die Reime ständig ab.
„Das geht auch besser!“, meinen Philosophen

zu deinem Werke, halten dich in Trab,
und so erneuerst du noch mal die doofen
Gebilde, aber mach dabei nicht schlapp.

---

2. Grundrezept für ein Alexandrinersonett

Zutaten:


für die Verse: jeweils 6 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz, Mittelzäsur in den Versen

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen

für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba cddc efe fef

Gedichtet wird hierbei nach einem neuen Plan:
der Jamben sind jetzt sechs, und darum setze stur
genau im Zentrum drin pedantisch ‘ne Zäsur,
und mach so jeden Vers zu deinem Untertan.

Die erste Strophe ist - wie immer - ein Quartett,
du rangst gleich mit der Form am Ende nächtelang,
auf dass der Außenreim den Mittelreim umschlang,
die zweite Strophe wird dabei genauso nett.

Dann füge als Terzett die dritte Strophe ein,
wobei der Außenreim den Mittelvers umschlingt
auch hier muss die Zensur stets in der Mitte sein.

Die vierte Strophe ist, durch diese Form bedingt,
genauso aufgebaut, der Reim gehört hinein,
auf dass der gleiche Reim gemächlich weiterschwingt.

--

3. Sonett, verfeinert und wohlgereimt

Ausgangspunkt: Grundrezept 1

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen, Reime im ersten und zweiten Quartett sind gleich

für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba abba cdc cdc

Die Reimstruktur im klassischen Sonett
ist strenger, als im Grundrezept beschrieben,
man setzt da nicht die Reime nach Belieben,
das zweite gleicht dem führenden Quartett,

es wäre schön, wenn man stets Reime hätt’,
hat man genügend Reime aufgetrieben,
muss man sie an die rechte Stelle schieben,
man glättet sie auf einem Bügelbrett.

Die letzten beiden Strophen scheinen leicht,
sie fließen fast von selbst dir aus der Feder,
wenn man sie mit dem ersten Vers vergleicht.

Sonetteschreiben, scheint es, das kann jeder,
jedoch: bevor man hier sein Ziel erreicht,
braucht man für Pergament gehörig Leder.

--

4. Deutsches Sonett im Barock, Beispielform

Zutaten:

für die Verse: jeweils 6 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen, Fragen

für die Terzette: umarmender Reim und Paarreim

nur eine Strophe, keine Strophentrennung

Reimform: abba cddc eff egg

Macht Opitz ein Sonett / ist es dann wohlgestaltet?
Machst du es nach, ist dann / dein Tun dir wohlbewusst?
Formst du die Worte wohl / und stets mit großer Lust?
Ist Dichten Last und Müh / ist deine Lust erkaltet?
Formst Strophen du mit Zwang / wie könntest du das wagen?
Was must du also tun / dass das Sonett gelingt?
Legst du es ins Korsett / damit es nicht zerspringt?
Ist Dichten dir ein Zwang / und kaum mehr zu ertragen?
Ich suche hart ein Wort / nicht mag ich es zu finden.
Der Kaffee ist schon kalt und duftet niemals mehr:
mein Kopf ist heiß und schwankt wie Wellen hin und her:
Ich muss mir unverzagt ein rechtes Wort entbinden,
das ich schon viel zu lang gefühlvoll schwanger trug:
die eine Zeile fehlt, der andern sind genug.

--

5. Italienisches Sonett, Typ 1

Ausgangspunkt: Grundrezept 1

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers weiblicher Kadenz, jeder Vers hat 11 Silben (italienisch: Endecassilabo)

für das Oktett (1. Strophe): zweimal vier Verse mit umarmendem Reim oder Kreuzreim

für das Sextett (2. Strophe): zweimal drei Verse mit zum Beispiel zweimal drei Reimen

Reimform: abbaabba cdecde

Die Form im italienischen Sonette
hat sich geändert in den alten Zeiten,
willst du dich in der frühen abarbeiten
so lege sie zunächst an eine Kette.
Verfechte deine Kunst mit dem Florette,
beschreibe all die großen Albernheiten,
die dich als Sorgen lebenslang begleiten,
und knete sie vorzüglich zum Oktette.

Die Lösung folgt als Volta auf dem Fuße
die Umkehr läutert alle deine Reime,
die Anzahl sechs ergibt die zweite Strophe.
In jedem Verse tue kräftig Buße!
Kommst du nicht weiter? Tu es einfach, schleime!
So naht die Lösung, sei's auch eine doofe.
 

Bernd

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6. Sonett, Shakespeare Typ 1

Ausgangspunkt: Grundrezept 1

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers, männliche Kadenz, auch weibliche Kadenz möglich

für die Quartette (1. bis 3. Strophe): je vier Verse mit Kreuzreim

für den Zweizeiler (4. Strophe): Paarreim

Reimform: abab cdcd efef gg

Shakespeares Sonette sind besondrer Art,
beschreiben Liebe, Anmut, Ewigkeit,
drin wird viel an Erfahrung aufbewahrt
und Schönheit, Kraft und Blüte in der Zeit.

Schreibst du ein solches Werk, so tu es klug,
es wirkt nicht, ist es einfach losgereimt,
an schlechten Werken gibt es schon genug,
ein falscher Rahmen hält auch nicht geleimt.

Nimm Dein Gefühl, verwandle es in Wort,
dann schreib es auf und rezitiere laut,
bedenke wohl, wo du es liest, der Ort
ist dir nach dem Erlebnis stets vertraut.

Und kommst du zu den letzten beiden Zeilen,
wirst du auf Pegasus zum Himmel eilen.
 

Bernd

Foren-Redakteur
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Hutschis Sonettkochbuch

1. Grundrezept für ein deutsches Sonett

Zutaten:


für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen

Für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba cddc efe fef

Das Grundrezept für das Sonett ist leicht:
Jeweils fünf Jamben bilden vierzehn Zeilen,
man muss sie nur geeignet unterteilen,
dass das Gedicht vier Strophen bald erreicht.

Die erste Strophe bildet ein Quartett,
und hast du mit der Form genug gerungen,
dann ist der Mittelreim geschickt umschlungen,
man wiederholt das für die zweite ganz adrett.

Terzette sind die letzten beiden Strophen,
da wechseln sich die Reime ständig ab.
„Das geht auch besser!“, meinen Philosophen

zu deinem Werke, halten dich in Trab,
und so erneuerst du noch mal die doofen
Gebilde, aber mach dabei nicht schlapp.

---

2. Grundrezept für ein Alexandrinersonett

Zutaten:


für die Verse: jeweils 6 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz, Mittelzäsur in den Versen

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen

für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba cddc efe fef

Gedichtet wird hierbei nach einem neuen Plan:
der Jamben sind jetzt sechs, und darum setze stur
genau im Zentrum drin pedantisch ‘ne Zäsur,
und mach so jeden Vers zu deinem Untertan.

Die erste Strophe ist - wie immer - ein Quartett,
du rangst gleich mit der Form am Ende nächtelang,
auf dass der Außenreim den Mittelreim umschlang,
die zweite Strophe wird dabei genauso nett.

Dann füge als Terzett die dritte Strophe ein,
wobei der Außenreim den Mittelvers umschlingt
auch hier muss die Zensur stets in der Mitte sein.

Die vierte Strophe ist, durch diese Form bedingt,
genauso aufgebaut, der Reim gehört hinein,
auf dass der gleiche Reim gemächlich weiterschwingt.

--

3. Sonett, verfeinert und wohlgereimt

Ausgangspunkt: Grundrezept 1

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen, Reime im ersten und zweiten Quartett sind gleich

für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba abba cdc cdc

Die Reimstruktur im klassischen Sonett
ist strenger, als im Grundrezept beschrieben,
man setzt da nicht die Reime nach Belieben,
das zweite gleicht dem führenden Quartett,

es wäre schön, wenn man stets Reime hätt’,
hat man genügend Reime aufgetrieben,
muss man sie an die rechte Stelle schieben,
man glättet sie auf einem Bügelbrett.

Die letzten beiden Strophen scheinen leicht,
sie fließen fast von selbst dir aus der Feder,
wenn man sie mit dem ersten Vers vergleicht.

Sonetteschreiben, scheint es, das kann jeder,
jedoch: bevor man hier sein Ziel erreicht,
braucht man für Pergament gehörig Leder.

--

4. Deutsches Sonett im Barock, Beispielform

Zutaten:

für die Verse: jeweils 6 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen, Fragen

für die Terzette: umarmender Reim und Paarreim

nur eine Strophe, keine Strophentrennung

Reimform: abba cddc eff egg

Macht Opitz ein Sonett / ist es dann wohlgestaltet?
Machst du es nach, ist dann / dein Tun dir wohlbewusst?
Formst du die Worte wohl / und stets mit großer Lust?
Ist Dichten Last und Müh / ist deine Lust erkaltet?
Formst Strophen du mit Zwang / wie könntest du das wagen?
Was must du also tun / dass das Sonett gelingt?
Legst du es ins Korsett / damit es nicht zerspringt?
Ist Dichten dir ein Zwang / und kaum mehr zu ertragen?
Ich suche hart ein Wort / nicht mag ich es zu finden.
Der Kaffee ist schon kalt und duftet niemals mehr:
mein Kopf ist heiß und schwankt wie Wellen hin und her:
Ich muss mir unverzagt ein rechtes Wort entbinden,
das ich schon viel zu lang gefühlvoll schwanger trug:
die eine Zeile fehlt, der andern sind genug.

--

5. Italienisches Sonett, Typ 1

Ausgangspunkt: Grundrezept 1

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers weiblicher Kadenz, jeder Vers hat 11 Silben (italienisch: Endecassilabo)

für das Oktett (1. Strophe): zweimal vier Verse mit umarmendem Reim oder Kreuzreim

für das Sextett (2. Strophe): zweimal drei Verse mit zum Beispiel zweimal drei Reimen

Reimform: abbaabba cdecde

Die Form im italienischen Sonette
hat sich geändert in den alten Zeiten,
willst du dich in der frühen abarbeiten
so lege sie zunächst an eine Kette.
Verfechte deine Kunst mit dem Florette,
beschreibe all die großen Albernheiten,
die dich als Sorgen lebenslang begleiten,
und knete sie vorzüglich zum Oktette.

Die Lösung folgt als Volta auf dem Fuße
die Umkehr läutert alle deine Reime,
die Anzahl sechs ergibt die zweite Strophe.
In jedem Verse tue kräftig Buße!
Kommst du nicht weiter? Tu es einfach, schleime!
So naht die Lösung, sei's auch eine doofe.

--

6. Sonett, Shakespeare Typ

Ausgangspunkt: Grundrezept 1

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers, männliche Kadenz, auch weibliche Kadenz möglich

für die Quartette (1. bis 3. Strophe): je vier Verse mit Kreuzreim

für den Zweizeiler (4. Strophe): Paarreim

Reimform: abab cdcd efef gg

Shakespeares Sonette sind besondrer Art,
gehn über Liebe, über Ewigkeit,
drin wird viel an Erfahrung aufbewahrt
und Schönheit, Kraft und Blüte in der Zeit.

Schreibst du ein solches Werk, so tu es klug,
es wirkt nicht, ist es einfach losgereimt,
an schlechten Werken gibt es schon genug,
ein falscher Rahmen hält auch nicht geleimt.

Nimm Dein Gefühl, verwandle es in Wort,
dann schreib es auf und rezitiere laut,
bedenke wohl, wo du es liest, der Ort
ist dir nach dem Erlebnis stets vertraut.

Und kommst du zu den letzten beiden Zeilen,
wirst du auf Pegasus zum Himmel eilen.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hutschis Sonettkochbuch

1. Grundrezept für ein deutsches Sonett

Zutaten:


für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen

Für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba cddc efe fef

Das Grundrezept für das Sonett ist leicht:
Jeweils fünf Jamben bilden vierzehn Zeilen,
man muss sie nur geeignet unterteilen,
dass das Gedicht vier Strophen bald erreicht.

Die erste Strophe bildet ein Quartett,
und hast du mit der Form genug gerungen,
dann ist der Mittelreim geschickt umschlungen,
man wiederholt das für die zweite ganz adrett.

Terzette sind die letzten beiden Strophen,
da wechseln sich die Reime ständig ab.
„Das geht auch besser!“, meinen Philosophen

zu deinem Werke, halten dich in Trab,
und so erneuerst du noch mal die doofen
Gebilde, aber mach dabei nicht schlapp.

---

2. Grundrezept für ein Alexandrinersonett

Zutaten:


für die Verse: jeweils 6 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz, Mittelzäsur in den Versen

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen

für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba cddc efe fef

Gedichtet wird hierbei nach einem neuen Plan:
der Jamben sind jetzt sechs, und darum setze stur
genau im Zentrum drin pedantisch ‘ne Zäsur,
und mach so jeden Vers zu deinem Untertan.

Die erste Strophe ist - wie immer - ein Quartett,
du rangst gleich mit der Form am Ende nächtelang,
auf dass der Außenreim den Mittelreim umschlang,
die zweite Strophe wird dabei genauso nett.

Dann füge als Terzett die dritte Strophe ein,
wobei der Außenreim den Mittelvers umschlingt
auch hier muss die Zensur stets in der Mitte sein.

Die vierte Strophe ist, durch diese Form bedingt,
genauso aufgebaut, der Reim gehört hinein,
auf dass der gleiche Reim gemächlich weiterschwingt.

--

3. Sonett, verfeinert und wohlgereimt

Ausgangspunkt: Grundrezept 1

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen, Reime im ersten und zweiten Quartett sind gleich

für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba abba cdc cdc

Die Reimstruktur im klassischen Sonett
ist strenger, als im Grundrezept beschrieben,
man setzt da nicht die Reime nach Belieben,
das zweite gleicht dem führenden Quartett,

es wäre schön, wenn man stets Reime hätt’,
hat man genügend Reime aufgetrieben,
muss man sie an die rechte Stelle schieben,
man glättet sie auf einem Bügelbrett.

Die letzten beiden Strophen scheinen leicht,
sie fließen fast von selbst dir aus der Feder,
wenn man sie mit dem ersten Vers vergleicht.

Sonetteschreiben, scheint es, das kann jeder,
jedoch: bevor man hier sein Ziel erreicht,
braucht man für Pergament gehörig Leder.

--

4. Deutsches Sonett im Barock, Beispielform

Zutaten:

für die Verse: jeweils 6 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen, Fragen

für die Terzette: umarmender Reim und Paarreim

nur eine Strophe, keine Strophentrennung

Reimform: abba cddc eff egg

Macht Opitz ein Sonett / ist es dann wohlgestaltet?
Machst du es nach, ist dann / dein Tun dir wohlbewusst?
Formst du die Worte wohl / und stets mit großer Lust?
Ist Dichten Last und Müh / ist deine Lust erkaltet?
Formst Strophen du mit Zwang / wie könntest du das wagen?
Was must du also tun / dass das Sonett gelingt?
Legst du es ins Korsett / damit es nicht zerspringt?
Ist Dichten dir ein Zwang / und kaum mehr zu ertragen?
Ich suche hart ein Wort / nicht mag ich es zu finden.
Der Kaffee ist schon kalt und duftet niemals mehr:
mein Kopf ist heiß und schwankt wie Wellen hin und her:
Ich muss mir unverzagt ein rechtes Wort entbinden,
das ich schon viel zu lang gefühlvoll schwanger trug:
die eine Zeile fehlt, der andern sind genug.

--

5. Italienisches Sonett, Typ 1

Ausgangspunkt: Grundrezept 1

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers weiblicher Kadenz, jeder Vers hat 11 Silben (italienisch: Endecassilabo)

für das Oktett (1. Strophe): zweimal vier Verse mit umarmendem Reim oder Kreuzreim

für das Sextett (2. Strophe): zweimal drei Verse mit zum Beispiel zweimal drei Reimen

Reimform: abbaabba cdecde

Die Form im italienischen Sonette
hat sich geändert in den alten Zeiten,
willst du dich in der frühen abarbeiten
so lege sie zunächst an eine Kette.
Verfechte deine Kunst mit dem Florette,
beschreibe all die großen Albernheiten,
die dich als Sorgen lebenslang begleiten,
und knete sie vorzüglich zum Oktette.

Die Lösung folgt als Volta auf dem Fuße
die Umkehr läutert alle deine Reime,
die Anzahl sechs ergibt die zweite Strophe.
In jedem Verse tue kräftig Buße!
Kommst du nicht weiter? Tu es einfach, schleime!
So naht die Lösung, sei's auch eine doofe.

--

6. Sonett, Shakespeare Typ

Ausgangspunkt: Grundrezept 1

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers, männliche Kadenz, (vorrangig in Deutsch) auch weibliche Kadenz möglich

für die Quartette (1. bis 3. Strophe): je vier Verse mit Kreuzreim

für den Zweizeiler (4. Strophe): Paarreim

Reimform: abab cdcd efef gg

Shakespeares Sonette sind besondrer Art,
gehn über Liebe, über Ewigkeit,
drin wird viel an Erfahrung aufbewahrt
und Schönheit, Kraft und Blüte in der Zeit.

Schreibst du ein solches Werk, so tu es klug,
es wirkt nicht, ist es einfach losgereimt,
an schlechten Werken gibt es schon genug,
ein falscher Rahmen hält auch nicht geleimt.

Nimm Dein Gefühl, verwandle es in Wort,
dann schreib es auf und rezitiere laut,
bedenke wohl, wo du es liest, der Ort
ist dir nach dem Erlebnis stets vertraut.

Und kommst du zu den letzten beiden Zeilen,
wirst du auf Pegasus zum Himmel eilen.
 
A

AchterZwerg

Gast
Was `ne Arbeit! Und wie witzig-wahr.
Da könntest du wirklich eine liebevoll gestaltete Sonderedition draus machen. Oder lassen.
1-2-3 los!
:)
 

Bernd

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7. Italienisches Sonett, Petrarca-Typ

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers weiblicher Kadenz, jeder Vers hat 11 Silben (italienisch: Endecassilabo)

für das Oktett (1. Strophe): zweimal vier Verse mit umarmendem Reim oder Kreuzreim

für das Sextett (2. Strophe): zweimal drei Verse mit zum Beispiel zweimal drei Reimen

These, Antithese, erotische Situation, Liebesqualen, Herz wie Diamant, Wangen wie Rosen, Haar aus Gold, Brüste wie Marmorbälle.

Reimform: abababab cdecde

Mit Liebesqualen fülle deine Zeilen,
denn Rosenwangen zieren alles Schöne,
beginne gut, die Zeilen glattzufeilen
damit mein Diamantherz nach dir dröhne.
Die Marmorbälle meiner Brüste geilen,
lockt dich mein Haar aus Gold, vor Kummer stöhne,
sollst tot unter den Lebenden verweilen,
dein Schicksal ist's, dass ich dich dran gewöhne.

Ich mag dich nicht mehr sehen, sollst du denken,
du sollst mir meine bleichen Füße küssen,
du sollst in deinen Liedern mich besingen.
Mein Liebessäuseln soll dein Schicksal lenken,
du sollst abrupt vom Traum erwachen müssen,
in Liebesgluten soll dein Herz zerspringen.

Siehe auch: Petrarkismus: http://de.wikipedia.org/wiki/Petrarkismus
geilen=locken
 

Bernd

Foren-Redakteur
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Hutschis Sonettkochbuch

1. Grundrezept für ein deutsches Sonett

Zutaten:


für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen

Für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba cddc efe fef

Das Grundrezept für das Sonett ist leicht:
Jeweils fünf Jamben bilden vierzehn Zeilen,
man muss sie nur geeignet unterteilen,
dass das Gedicht vier Strophen bald erreicht.

Die erste Strophe bildet ein Quartett,
und hast du mit der Form genug gerungen,
dann ist der Mittelreim geschickt umschlungen,
man wiederholt das für die zweite ganz adrett.

Terzette sind die letzten beiden Strophen,
da wechseln sich die Reime ständig ab.
„Das geht auch besser!“, meinen Philosophen

zu deinem Werke, halten dich in Trab,
und so erneuerst du noch mal die doofen
Gebilde, aber mach dabei nicht schlapp.

---

2. Grundrezept für ein Alexandrinersonett

Zutaten:


für die Verse: jeweils 6 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz, Mittelzäsur in den Versen

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen

für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba cddc efe fef

Gedichtet wird hierbei nach einem neuen Plan:
der Jamben sind jetzt sechs, und darum setze stur
genau im Zentrum drin pedantisch ‘ne Zäsur,
und mach so jeden Vers zu deinem Untertan.

Die erste Strophe ist - wie immer - ein Quartett,
du rangst gleich mit der Form am Ende nächtelang,
auf dass der Außenreim den Mittelreim umschlang,
die zweite Strophe wird dabei genauso nett.

Dann füge als Terzett die dritte Strophe ein,
wobei der Außenreim den Mittelvers umschlingt
auch hier muss die Zensur stets in der Mitte sein.

Die vierte Strophe ist, durch diese Form bedingt,
genauso aufgebaut, der Reim gehört hinein,
auf dass der gleiche Reim gemächlich weiterschwingt.

--

3. Sonett, verfeinert und wohlgereimt

Ausgangspunkt: Grundrezept 1

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen, Reime im ersten und zweiten Quartett sind gleich

für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba abba cdc cdc

Die Reimstruktur im klassischen Sonett
ist strenger, als im Grundrezept beschrieben,
man setzt da nicht die Reime nach Belieben,
das zweite gleicht dem führenden Quartett,

es wäre schön, wenn man stets Reime hätt’,
hat man genügend Reime aufgetrieben,
muss man sie an die rechte Stelle schieben,
man glättet sie auf einem Bügelbrett.

Die letzten beiden Strophen scheinen leicht,
sie fließen fast von selbst dir aus der Feder,
wenn man sie mit dem ersten Vers vergleicht.

Sonetteschreiben, scheint es, das kann jeder,
jedoch: bevor man hier sein Ziel erreicht,
braucht man für Pergament gehörig Leder.

--

4. Deutsches Sonett im Barock, Beispielform

Zutaten:

für die Verse: jeweils 6 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen, Fragen

für die Terzette: umarmender Reim und Paarreim

nur eine Strophe, keine Strophentrennung

Reimform: abba cddc eff egg

Macht Opitz ein Sonett / ist es dann wohlgestaltet?
Machst du es nach, ist dann / dein Tun dir wohlbewusst?
Formst du die Worte wohl / und stets mit großer Lust?
Ist Dichten Last und Müh / ist deine Lust erkaltet?
Formst Strophen du mit Zwang / wie könntest du das wagen?
Was must du also tun / dass das Sonett gelingt?
Legst du es ins Korsett / damit es nicht zerspringt?
Ist Dichten dir ein Zwang / und kaum mehr zu ertragen?
Ich suche hart ein Wort / nicht mag ich es zu finden.
Der Kaffee ist schon kalt und duftet niemals mehr:
mein Kopf ist heiß und schwankt wie Wellen hin und her:
Ich muss mir unverzagt ein rechtes Wort entbinden,
das ich schon viel zu lang gefühlvoll schwanger trug:
die eine Zeile fehlt, der andern sind genug.

--

5. Italienisches Sonett, Typ 1

Ausgangspunkt: Grundrezept 1

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers weiblicher Kadenz, jeder Vers hat 11 Silben (italienisch: Endecassilabo)

für das Oktett (1. Strophe): zweimal vier Verse mit umarmendem Reim oder Kreuzreim

für das Sextett (2. Strophe): zweimal drei Verse mit zum Beispiel zweimal drei Reimen

Reimform: abbaabba cdecde

Die Form im italienischen Sonette
hat sich geändert in den alten Zeiten,
willst du dich in der frühen abarbeiten
so lege sie zunächst an eine Kette.
Verfechte deine Kunst mit dem Florette,
beschreibe all die großen Albernheiten,
die dich als Sorgen lebenslang begleiten,
und knete sie vorzüglich zum Oktette.

Die Lösung folgt als Volta auf dem Fuße
die Umkehr läutert alle deine Reime,
die Anzahl sechs ergibt die zweite Strophe.
In jedem Verse tue kräftig Buße!
Kommst du nicht weiter? Tu es einfach, schleime!
So naht die Lösung, sei's auch eine doofe.

--

6. Sonett, Shakespeare Typ

Ausgangspunkt: Grundrezept 1

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers, männliche Kadenz, (vorrangig in Deutsch) auch weibliche Kadenz möglich

für die Quartette (1. bis 3. Strophe): je vier Verse mit Kreuzreim

für den Zweizeiler (4. Strophe): Paarreim

Reimform: abab cdcd efef gg

Shakespeares Sonette sind besondrer Art,
gehn über Liebe, über Ewigkeit,
drin wird viel an Erfahrung aufbewahrt
und Schönheit, Kraft und Blüte in der Zeit.

Schreibst du ein solches Werk, so tu es klug,
es wirkt nicht, ist es einfach losgereimt,
an schlechten Werken gibt es schon genug,
ein falscher Rahmen hält auch nicht geleimt.

Nimm Dein Gefühl, verwandle es in Wort,
dann schreib es auf und rezitiere laut,
bedenke wohl, wo du es liest, der Ort
ist dir nach dem Erlebnis stets vertraut.

Und kommst du zu den letzten beiden Zeilen,
wirst du auf Pegasus zum Himmel eilen.

--

7. Italienisches Sonett, Petrarca-Typ

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers weiblicher Kadenz, jeder Vers hat 11 Silben (italienisch: Endecassilabo)

für das Oktett (1. Strophe): zweimal vier Verse mit umarmendem Reim oder Kreuzreim

für das Sextett (2. Strophe): zweimal drei Verse mit zum Beispiel zweimal drei Reimen

These, Antithese, erotische Situation, Liebesqualen, Herz wie Diamant, Wangen wie Rosen, Haar aus Gold, Brüste wie Marmorbälle.

Reimform: abababab cdecde

Mit Liebesqualen fülle deine Zeilen,
denn Rosenwangen zieren alles Schöne,
beginne gut, die Zeilen glattzufeilen
damit mein Diamantherz nach dir dröhne.
Die Marmorbälle meiner Brüste geilen,
lockt dich mein Haar aus Gold, vor Kummer stöhne,
sollst tot unter den Lebenden verweilen,
dein Schicksal sei, dass ich dich dran gewöhne.

Ich mag dich nicht mehr sehen, sollst du denken,
du sollst mir meine bleichen Füße küssen,
du sollst in deinen Liedern mich besingen.
Mein Liebessäuseln soll dein Schicksal lenken,
du sollst abrupt vom Traum erwachen müssen,
im Liebesrasen soll dein Herz zerspringen.

Siehe auch: Petrarkismus: http://de.wikipedia.org/wiki/Petrarkismus
geilen=locken
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hutschis Sonettkochbuch

1. Grundrezept für ein deutsches Sonett

Zutaten:


für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen

Für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba cddc efe fef

Das Grundrezept für das Sonett ist leicht:
Jeweils fünf Jamben bilden vierzehn Zeilen,
man muss sie nur geeignet unterteilen,
dass das Gedicht vier Strophen bald erreicht.

Die erste Strophe bildet ein Quartett,
und hast du mit der Form genug gerungen,
dann ist der Mittelreim geschickt umschlungen,
man wiederholt das für die zweite ganz adrett.

Terzette sind die letzten beiden Strophen,
da wechseln sich die Reime ständig ab.
„Das geht auch besser!“, meinen Philosophen

zu deinem Werke, halten dich in Trab,
und so erneuerst du noch mal die doofen
Gebilde, aber mach dabei nicht schlapp.

---

2. Grundrezept für ein Alexandrinersonett

Zutaten:


für die Verse: jeweils 6 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz, Mittelzäsur in den Versen

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen

für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba cddc efe fef

Gedichtet wird hierbei nach einem neuen Plan:
der Jamben sind jetzt sechs, und darum setze stur
genau im Zentrum drin pedantisch ‘ne Zäsur,
und mach so jeden Vers zu deinem Untertan.

Die erste Strophe ist - wie immer - ein Quartett,
du rangst gleich mit der Form am Ende nächtelang,
auf dass der Außenreim den Mittelreim umschlang,
die zweite Strophe wird dabei genauso nett.

Dann füge als Terzett die dritte Strophe ein,
wobei der Außenreim den Mittelvers umschlingt
auch hier muss die Zensur stets in der Mitte sein.

Die vierte Strophe ist, durch diese Form bedingt,
genauso aufgebaut, der Reim gehört hinein,
auf dass der gleiche Reim gemächlich weiterschwingt.

--

3. Sonett, verfeinert und wohlgereimt

Ausgangspunkt: Grundrezept 1

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen, Reime im ersten und zweiten Quartett sind gleich

für die Terzette: jeweils drei Verse mit dreimal zwei Reimen

Reimform: abba abba cdc cdc

Die Reimstruktur im klassischen Sonett
ist strenger, als im Grundrezept beschrieben,
man setzt da nicht die Reime nach Belieben,
das zweite gleicht dem führenden Quartett,

es wäre schön, wenn man stets Reime hätt’,
hat man genügend Reime aufgetrieben,
muss man sie an die rechte Stelle schieben,
man glättet sie auf einem Bügelbrett.

Die letzten beiden Strophen scheinen leicht,
sie fließen fast von selbst dir aus der Feder,
wenn man sie mit dem ersten Vers vergleicht.

Sonetteschreiben, scheint es, das kann jeder,
jedoch: bevor man hier sein Ziel erreicht,
braucht man für Pergament gehörig Leder.

--

4. Deutsches Sonett im Barock, Beispielform

Zutaten:

für die Verse: jeweils 6 Jamben im Vers mit männlicher oder weiblicher Kadenz

für die Quartette: jeweils vier Verse mit zweimal zwei Reimen, Fragen

für die Terzette: umarmender Reim und Paarreim

nur eine Strophe, keine Strophentrennung

Reimform: abba cddc eff egg

Macht Opitz ein Sonett / ist es dann wohlgestaltet?
Machst du es nach, ist dann / dein Tun dir wohlbewusst?
Formst du die Worte wohl / und stets mit großer Lust?
Ist Dichten Last und Müh / ist deine Lust erkaltet?
Formst Strophen du mit Zwang / wie könntest du das wagen?
Was must du also tun / dass das Sonett gelingt?
Legst du es ins Korsett / damit es nicht zerspringt?
Ist Dichten dir ein Zwang / und kaum mehr zu ertragen?
Ich suche hart ein Wort / nicht mag ich es zu finden.
Der Kaffee ist schon kalt und duftet niemals mehr:
mein Kopf ist heiß und schwankt wie Wellen hin und her:
Ich muss mir unverzagt ein rechtes Wort entbinden,
das ich schon viel zu lang gefühlvoll schwanger trug:
die eine Zeile fehlt / der andern sind genug.

--

5. Italienisches Sonett, Typ 1

Ausgangspunkt: Grundrezept 1

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers weiblicher Kadenz, jeder Vers hat 11 Silben (italienisch: Endecassilabo)

für das Oktett (1. Strophe): zweimal vier Verse mit umarmendem Reim oder Kreuzreim

für das Sextett (2. Strophe): zweimal drei Verse mit zum Beispiel zweimal drei Reimen

Reimform: abbaabba cdecde

Die Form im italienischen Sonette
hat sich geändert in den alten Zeiten,
willst du dich in der frühen abarbeiten
so lege sie zunächst an eine Kette.
Verfechte deine Kunst mit dem Florette,
beschreibe all die großen Albernheiten,
die dich als Sorgen lebenslang begleiten,
und knete sie vorzüglich zum Oktette.

Die Lösung folgt als Volta auf dem Fuße
die Umkehr läutert alle deine Reime,
die Anzahl sechs ergibt die zweite Strophe.
In jedem Verse tue kräftig Buße!
Kommst du nicht weiter? Tu es einfach, schleime!
So naht die Lösung, sei's auch eine doofe.

--

6. Sonett, Shakespeare Typ

Ausgangspunkt: Grundrezept 1

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers, männliche Kadenz, (vorrangig in Deutsch) auch weibliche Kadenz möglich

für die Quartette (1. bis 3. Strophe): je vier Verse mit Kreuzreim

für den Zweizeiler (4. Strophe): Paarreim

Reimform: abab cdcd efef gg

Shakespeares Sonette sind besondrer Art,
gehn über Liebe, über Ewigkeit,
drin wird viel an Erfahrung aufbewahrt
und Schönheit, Kraft und Blüte in der Zeit.

Schreibst du ein solches Werk, so tu es klug,
es wirkt nicht, ist es einfach losgereimt,
an schlechten Werken gibt es schon genug,
ein falscher Rahmen hält auch nicht geleimt.

Nimm Dein Gefühl, verwandle es in Wort,
dann schreib es auf und rezitiere laut,
bedenke wohl, wo du es liest, der Ort
ist dir nach dem Erlebnis stets vertraut.

Und kommst du zu den letzten beiden Zeilen,
wirst du auf Pegasus zum Himmel eilen.

--

7. Italienisches Sonett, Petrarca-Typ

Zutaten:

für die Verse: jeweils 5 Jamben im Vers weiblicher Kadenz, jeder Vers hat 11 Silben (italienisch: Endecassilabo)

für das Oktett (1. Strophe): zweimal vier Verse mit umarmendem Reim oder Kreuzreim

für das Sextett (2. Strophe): zweimal drei Verse mit zum Beispiel zweimal drei Reimen

These, Antithese, erotische Situation, Liebesqualen, Herz wie Diamant, Wangen wie Rosen, Haar aus Gold, Brüste wie Marmorbälle.

Reimform: abababab cdecde

Mit Liebesqualen fülle deine Zeilen,
denn Rosenwangen zieren alles Schöne,
beginne gut, die Zeilen glattzufeilen
damit mein Diamantherz nach dir dröhne.
Die Marmorbälle meiner Brüste geilen,
lockt dich mein Haar aus Gold, vor Kummer stöhne,
sollst tot unter den Lebenden verweilen,
dein Schicksal sei, dass ich dich dran gewöhne.

Ich mag dich nicht mehr sehen, sollst du denken,
du sollst mir meine bleichen Füße küssen,
du sollst in deinen Liedern mich besingen.
Mein Liebessäuseln soll dein Schicksal lenken,
du sollst abrupt vom Traum erwachen müssen,
im Liebesrasen soll dein Herz zerspringen.

Siehe auch: Petrarkismus: http://de.wikipedia.org/wiki/Petrarkismus
geilen=locken
 



 
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