Ich hasse Sonntage

Ich hasse Sonntage.
Viele halten den Montag für den schlimmsten Tag der Woche, aber in meinen Augen ist er eine Erlösung.
Sonntag ist der Tag, an dem nichts geht. Die Straßen sind wie leergefegt, es fahren kaum Busse oder Bahnen, es sind kaum Menschen auf den Straßen und die, die trotzdem unterwegs sind, scheinen wie Heimatlose.
Sonntag ist der Tag, an dem alle Anrufe schlechte Nachrichten bringen.
Sonntags rufen Väter ihre Töchter an, um ihnen zu sagen, dass ihre Großmütter im Sterben liegen. Sonntags rufen Enkeltöchter ihre sterbenden Großmütter an, die wegen dem ganzen Morphium in ihrem Blut kaum wissen, mit wem sie eigentlich sprechen. Sonntags verpassen Enkeltöchter die Gelegenheit, ihre Großmütter ein letztes Mal zu sehen.
Spart Euch Eure Anrufe für nächste Woche auf. Ich will heute nicht Tochter sein, nicht Enkeltochter, nicht Halb- oder Stiefschwester, nicht Freundin oder Bekannte.
Mich gibt es heute nicht.

An EveS

Willkommen in der Lese-Lupe.

Ich finde deinen Text gelungen.

Für mich beinhaltet er auch einen Schuss Sarkasmus.

Ist dieser gewollt oder interpretiere ich falsch?

Ich würde wegen des Morphiums schreiben. In einem Tagebucheintrag ist das aber vielleicht nicht wichtig.

LG
Elisabeth

Vielen Dank für das Lob!
Ich stehe noch ganz am Anfang meiner
Schreibkarriere und freue mich deshalb immer
über konstruktive Kritik.

Wo genau siehst Du da Sarkasmus?

Gruß,
Eve.

Schwarzer Humor

Ich sehe im ganzen Text Sarkasmus, habe wohl eine ausgeprägte Ader dafür. Ich könnte auch schwarzen Humor sagen.

Ich stamme aber wohl aus einer Humor-Landschaft (Pannonien), in der man selbst über das Traurigste noch lacht.

Elisabeth

Ich kann den schwarzen Humor in meinem Text
nicht nachvollziehen (er war auch nicht beabsichtigt).
Womit ich Dich von Deiner Interpretation aber nicht abbringen möchte! Hab mir sagen lassen, der Leser versteht das Werk immer besser als der Autor. In diesem Sinne würde ich gerne noch mehr Interpretationen sehen bzw. lesen.

Eve.