Ich reime kühner

4,20 Stern(e) 5 Bewertungen

Walther

Mitglied
Ich reime kühner


Die Worte giggeln wie die jungen Hühner,
Die Zeilen rasen wild von meinem Wahn:
Dem Ganzen fehlen Ordnung und ein Hahn.
Doch eins steht felsenfest: Ich reime kühner

Als je zuvor. Weil das nicht jeder kann,
Macht jetzt die Kunstwelt einen tiefen Diener.
Es jubeln Wiener, Kölner und Berliner:
Ich bin der Neue, bin der Dichter, wann

Hat es - wie aus dem Nichts emporgeschossen -
Derartig starke Strophen schon gehabt.
Da werden Freudentränen reich vergossen

Wie sich bei Lesungen am Sekt gelabt:
Zwölf Verse lang hab ich den Ruhm genossen,
Beim Träumen mich im letzten erst ertappt.

für ögyr
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo, Walter, es ist ein sehr schönes Sonett, und es ist besonders schön, weil es selbstbezüglich ist.

Zwischen der dritten und vierten Strophe fehlt ein Komma, denke ich.

Da werden Freudentränen reich vergossen,

Wie sich bei Lesungen am Sekt gelabt:

Ohne dieses habe ich lange gebraucht, um die Struktur und damit den Sinn dieses Satzes zu erkennen.

Grüße von Bernd
 

Walther

Mitglied
Hallo Bernd,

das Komma muß da zwar m.E. eigentlich nicht hin, aber zur Gliederung des Satzes hätte es in der Tat ein hilfreiche Funktion. Also machen wir es einfach rein. :)

Für Dein Lob natürlich lieber Dank. Ich meine, es geht nichts über ein ordentliches Sichselbstaufdieschippenehmen. Das tut niemandem weh, und jeder kann sich, wenn er möchte, erkannt fühlen. Der Spaß auf eigene Kosten ist immer noch der verträglichste.

Schön, daß Du dieses Sonett doch noch "gefunden" hast. Ich dachte schon, keiner bemerkt es und seinen kleinen bösen Hintersinn. ;)

Lieber Gruß W.
 

Walther

Mitglied
Ich reime kühner


Die Worte giggeln wie die jungen Hühner,
Die Zeilen rasen wild von meinem Wahn:
Dem Ganzen fehlen Ordnung und ein Hahn.
Doch eins steht felsenfest: Ich reime kühner

Als je zuvor. Weil das nicht jeder kann,
Macht jetzt die Kunstwelt einen tiefen Diener.
Es jubeln Wiener, Kölner und Berliner:
Ich bin der Neue, bin der Dichter, wann

Hat es - wie aus dem Nichts emporgeschossen -
Derartig starke Strophen schon gehabt.
Da werden Freudentränen reich vergossen,

Wie sich bei Lesungen am Sekt gelabt:
Zwölf Verse lang hab ich den Ruhm genossen,
Beim Träumen mich im letzten erst ertappt.

für ögyr
 

Gerd Geiser

Mitglied
Walther, das ist einmal mehr ein bemerkenswertes weil wortgewandtes, stilistisch einwandfreies, bildbetuchtes, selbstironisches Kunststückchen, das mir Respekt abfordert.
Es gelingt dir in regelmäßigen Abständen immer wieder unter Beweis zu stellen, dass du "zu den Guten" gehörst.
Was ich ja immer schon gesagt habe.

Genug der Lobhudelei.

Lieben Gruß dir,
Gerd.

Ach so:
"Da werden Freudentränen reich vergossen, wie sich bei Lesungen am Sekt gelabt" bereitet mir Schwierigkeiten. Stünde dort:"...w i r d sich (oder: u n d sich...)bei Lesungen am Sekt gelabt", hätte ich diese Schwierigkeit nicht. Liegt es an mir?
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
"Da werden Freudentränen reich vergossen, wie sich bei Lesungen am Sekt gelabt"

Ich hatte auch Probleme. Der Satz enthält eine Auslassung und eine Parallelstruktur.


Da werden (ebenso) Freudentränen reich vergossen, wie sich bei Lesungen am Sekt gelabt (wird)".

Umgangssprachlich regional kann "wie" auch "wenn/während" bedeuten.

Das Komma verbessert die Lesbarkeit etwas, Man sieht aber, dass es noch Probleme gibt.
 

Walther

Mitglied
Hallo Bernd und Gerd,

wie wäre das als Alternative:
Hat es - wie aus dem Nichts emporgeschossen -
Derartig starke Strophen schon gehabt.
Da werden Freudentränen [blue]so[/blue] vergossen,

Wie sich bei Lesungen am Sekt gelabt:
Zwölf Verse lang hab ich den Ruhm genossen,
Beim Träumen mich im letzten erst ertappt.
So könnte man diese kleine logische Anstrengung für den Leser leichter auflösen (und beides floß in Strömen!). ;)

Dank und Gruß W.
 

Walther

Mitglied
Moin Gerd,
wg. Lobhudelns: :D

Auch wenn ich gestern es verdöste,
Mein höchstes Lob, ganz angpassang,
So weiß ich doch, ich bin der Größte,
Und mir ist darob nicht mal bang,
Bis sich am Schuh der Bändel löste,
Als ich die Treppe runtersprang.

Such is life. :)

Gruß W.
 

Gerd Geiser

Mitglied
Ist doch schön, wenn die Erlösung so flott ein Einsehen mit einem hat.
Mir ist auch schon ganz schlecht.
Ansonsten: Ich weiß auch nicht (s.o.)
Deutsche Sprache - schwere Sprache

Und jetzt Ruhe. Ich warte auf die Muse.
 

Walther

Mitglied
Ich reime kühner


Die Worte giggeln wie die jungen Hühner,
Die Zeilen rasen wild von meinem Wahn:
Dem Ganzen fehlen Ordnung und ein Hahn.
Doch eins steht felsenfest: Ich reime kühner

Als je zuvor. Weil das nicht jeder kann,
Macht jetzt die Kunstwelt einen tiefen Diener.
Es jubeln Wiener, Kölner und Berliner:
Ich bin der Neue, bin der Dichter, wann

Hat es - wie aus dem Nichts emporgeschossen -
Derartig starke Strophen schon gehabt.
Da werden Freudentränen so vergossen,

Wie sich bei Lesungen am Sekt gelabt:
Zwölf Verse lang hab ich den Ruhm genossen,
Beim Träumen mich im letzten erst ertappt.

für ögyr
 

Walther

Mitglied
Zwei Musen

Einst kannte ich zwei Musen,
Die warn aus Leverkusen.
Die wollten mit mir schmusen.
Ich konnt das nicht verknusen.

Worauf die beiden schmolln.
Die Dichter, die nicht solln,
Die gehn jetzt in die Volln.
Ich hatte ja nicht wolln!

Gruß W.
 

Walther

Mitglied
Eine Muse, die sich da was denkt,
Und dann von Musenseim was schenkt,
Damit dieser dann den Dichter lenkt,
Damit sich nicht sein Reim verrenkt.
 

erbsenrot

Mitglied
Hallo Walther,

ich finde dein Gedicht richtig gut. Selbstironie gefällt mir und die Überschätzung des dichterischen Könnens ist gut für eine Karikatur derselben geeignet :) (hmmm ... ich hoffe, das war jetzt gutes Deutsch ;)?)

Was mir aufgefallen ist und ein wenig in der Reimmelodie gestört hat ist:

Hat es - wie aus dem Nichts emporgeschossen -
Derartig starke Strophen schon ge[red]habt[/red].
Da werden Freudentränen so vergossen,

Wie sich bei Lesungen am Sekt ge[red]labt[/red]:
Zwölf Verse lang hab ich den Ruhm genossen,
Beim Träumen mich im letzten erst er[red]tappt[/red].
also:
aaaabt
aaaabt
apppppt

Nicht sauer sein ... ich teile dir nur mein Gefühl mit :)

Liebe Grüße
erbsenrot
 

Walther

Mitglied
Hallo Erbsenrot,

in der Tat ein kleines Manköchen, das sich aber durch den ganzen Reimsalat zieht. ;)

Beispiele:

(1) -ühner auf -iener
(2) - ahn auf -ann

Dein Beispiel kann landmannschaftlich auch so gelesen werden:

- abt
- aabt
- apt

Dann passt es wieder in die oben bereits genannten kleineren Schlampereien.

Ich wäre jetzt am liebsten so frei und würde aus den Sonetten an Orpheus und/oder den Shakespear Sonnets einige Schlambambessche rauspulen und hier in die Lupe donnern, sagend: Sehet her, die waren auch gelegentlich über den Niederungen des exakten Reimbildes stehend. Das laß' ich aber, wäre eh bloß eitel und ätschebätsch. :D

Nun kann man drüber streiten, ob das - die restlichen Schmankerln negierend, die eingebaut sind - wirklich dem Textstückchen Abbruch tut. Aber gut, wer immer moniert, muß sich selbstens Monita anhören. Das sei hiermit geschehen. (Jawoll, zur Brust genommen, internalisiert etc etc.). :D

Und dann in gnadenloser Selbstüberschätzung und weidlich bekannter Dichterarroganz bemerkt: Das bleibt jetzt aber so und Punkt und aus! ;) Oder so ähnlich ...

In diesem Sinne grüßend

der W.
 

erbsenrot

Mitglied
:D:D:D

Von mir aus kannst du es ruhig so lassen ... ich heiße zwar erbsenrot, aber bin keine Erbsenzählerin :D

Liebe Grüße
und nimm die Dichterarroganz ruhig weiter auf die Schippe :)
 

Walther

Mitglied
Hallo Erbsenrot,

ein Dichter, der sich zu ernst nimmt, ist ein Wichter (Kurzform für wichtig(tuerisch)er Dichter). :) Mann, bin ich heute wieder lustig!

Na, wirklich: Das Reimen (oder Unreimen) soll doch Spaß machen, neben der Lebensbewältigung, die gelegentlich die Tränendrüse quält und auch mal raus muß. Letztlich ist (beinah) jeder Dichter über Herz- und Weltschmerz zur Dichtkunst gekommen. Und manchen dieser Verse sind einfach herrlich dämlich (aber so wahr!!!).

In diesem Sinne weiter frohes Schreibseln und Sprachsalaten.

Grüßend W.
 
S

Spaetschreiber

Gast
[ 4][ 4]Könnt ich nur giggeln wie alter Fuchs,
[ 4][ 4]könnt ich es nur, so wie’s hier steht:
[ 4][ 4]wüsst ich doch gern, was kommt, was geht
[ 4][ 4]aus Wasser würde mir Bordux**

[ 4][ 4]Prost!

[ 4][ 4]*(Bordeaux) = trinkbares Mundwasser in der Farbe der Liebe, die auch ich zur Literatur habe.
[ 4][ 4]Leider wird sie nicht sehr oft erwidert. Sie hat eben zu oft „ihre Tage“, wie auch ich.

[ 4][ 4]LG
[ 4][ 4]Tom
 



 
Oben Unten