Ich sehe dich kochen, aber vielleicht machst du auch etwas ganz anderes

(eine kleine Abendschau)


Möchte ich mich vergessen , wenn ich frage, ob du an mich denkst? Bin ich bei mir, wenn ich fern von uns deine Bewegungen begleite? Möchte ich Antworten, die nicht greifbar sind und möchte ich diese aus Furcht vor den direkten Fragen, die ich an das Leben stelle? Wann möchte ich deine Nähe? Und wann möchte ich dich fortschicken? Was ist mit der Kälte, darin wir uns wohlfühlen und was ist mit der Hitze, die uns alles vergessen läßt? Was sind überhaupt Entfernungen, wenn jeder Gedanke uns der Nächste ist? Welches Fallen enthauptet mich und welches Aufrichten richtet mich auf wohin? Küss mich jetzt, mein männlicher Mann, später ist alles zu spät. Ich sehe dich kochen, aber vielleicht machst du auch etwas ganz anderes. Das Spezifische jedes Menschen sind dessen Mundwinkel in unbeobachteten Momenten. Wir lieben die Liebe und verdrängen den Abschied. Deine Winkel zucken und deine Geraden wirken wie gelähmt, wenn die Blitze meiner Gedanken dich treffen. Es ist nicht die Fläche, die uns anzieht im Menschen, es sind die Rundungen, die Ecken und Kanten. Die Gesichter allerdings verschwimmen allzu gerne. Denn was sind schon Augen und eine Nase, wenn die Zeit darüberstreicht und Licht und Schatten unserer Vorstellungen miteinander im Streit liegen. Ich sehe dich weiter kochen und rieche gar nichts, wenn ich es will. Nur an den Geschmack des Kusses erinnere ich mich deutlich. Küsse schmecken nach gelebtem Leben. Es ist der Saft der Erinnerung und des Verderbnisses. Schal schmecken die Küsse ungeliebter Menschen. Daran erinnern wir uns nicht gerne. Und überhaupt. Ich werde dich also anrufen oder auch nicht. Wirst du an mich denken? Wirst du mein sein in diesem Augenblick? Würde ich das wollen? Wirst du damit einverstanden sein? Wirst du dich entrüsten? Würdest du notfalls deine Koffer packen und mir die Tür vor der Nase zuschlagen? Nein, ich rufe nicht an. Ich flüchte doch lieber in deine Achselhöhen und in die Schaukelbewegungen unserer Lust. Jetzt schmeckt dein Kuß, wie er schmecken soll. Ich küsse dich gerne. Und möchte gar nicht aufhören. Was kochst du eigentlich? Aber vielleicht machst du auch etwas ganz anderes.
 

Brigitte

Mitglied
Hallo Birgit,

lange nichts mehr gelesen von dir.
Irgendwie ist dein Text etwas schwer zu verstehen. Ist ER nun da, oder nicht, klingt etwas schwermütig und traurig, aber trotzdem gut geschrieben. - Vielleicht sollte ich es nochmals lesen.

Liebe Grüsse
Brigitte
 
salve birgit!

ich kann schwer erklären warum, aber diesen schreibstil find ich niedlich. die ich-erzählerin wirkt supersympatisch auf mich. Momentan grübelt sie ein bisschen und morgen früh geht sie dann bestimmt zur arbeit und ist dort ganz bei der sache.
einen sehr nett-nachdenklichen menschen hast du da auf den bildschirm gezaubert.

Anm.: müsste es nicht heißen:
"...und rieche gar nichts, wenn ich es NICHT will."?

lg
rw
 
Hallo Brigitte,

danke für deine Resonanz. Auch dir verspätet meine Antwort: Nein, er ist nicht da (wenn du es genau wissen willst). Warum ist der Text schwer verständlich???

Hallo Warrior,

das "niedlich" erscheint mir seltsam - was meinst du damit? Einen meiner Charakterzüge hast du allerdings gut erkannt - oder bist du fit in der Sternzeichen-Charakterisierung? - Ich rieche gar nichts, wenn ich es will, ist schon richtig. Dann verschwindet jeder Küchen- und Gewürzzauber beim Anblick dessen, was wirklich zählt


Mich freut es jedenfalls, daß der Text auf alle Fälle berührt hat, bedanke mich an dieser Stelle und wünsche frohe Gedanken.

Birgit
 



 
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