Ich spreche leise Worte in den Wind

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Walther

Mitglied
Ich spreche leise Worte in den Wind.
Er trägt sie in die Weiten, bläst durch Blätter,
Durch Häuserschluchten: Niemand kommt als Retter.
Sie reisen zeitlos, suchen Dich, mein Kind.

Sie wollen Dir viel sagen; alle Wetter,
Die Sonne, bleichen, die gesprochen sind,
Um Dich zu heilen, die ich, taub und blind,
Von mir vertrieb. Kein Brüllen, kein Geschmetter,

Nicht Zorn und Wut sind’s, die sie bringen,
Sie sollen, was verloren ist, bezwingen,
Sie bitten, dass Du mir vergibst. Verzeih!

Das rufen sie Dir zu. Es ist ein Flehen:
Ich kann, ich will, ich muss Dich wieder sehen,
Erst wenn Du wieder nah bist, bin ich frei!
 
M

Marlene M.

Gast
ein berührendes Sonett, lieber Walter.
Manche Eltern "vertreiben" die Kinder aus dem Haus, weil sie die Nerven nicht haben, in schwieriger Zeitmit ihnen umnzugehen.
Pubertät oder auch später, wenn sie flügge werden.
manche Eltern können sie nicht ihren Weg gehen lassen, müssen Wege erzwingen. Sowas rächt sich.
Ein sehr schönes LEISES Gedicht von einem, dem das klar geworden ist.
Kann man ihm nur wünschen, dass das Kind versteht und verzeiht, denn sonst - wie du richoig schriebst- wird ihn sein Fehler lebenslang gefangen hatlen.
LG von Marlene
 

Walther

Mitglied
Lb. Marlene,

danke für Deinen feinsinnigen Eintrag.

Wie alle meine Gedichte sind LyrIch und Autor nicht identisch. Dennoch kann sich jeder, der Kinder hat und die Umwelt beobachtet, eine solche Situation vorstellen. Vielleicht sollte man beten und hoffen, in diese Lage nie zu kommen.

Lyrik, die sich mit dem Alltag, also dem normalen Leben beschäftigt, ist meist eher leise. Unser Leben ist nicht "laut". Es verrinnt meist im grauen Durchschnitt. So sehen das viele. Meine Lyrik soll zeigen, daß die Bewältigung des Üblichen selbst schon eine Herausforderung ist, an der man scheitern kann. Es gibt mehr Alltagshelden, als man glaubt (und zu wissen scheint).

Hier ist ein problematisches Vater-Kind-Verhältnis thematisiert, entstanden wahrscheinlich aus den säkularen Abgrenzungsstreitigkeiten der Pubertät. Diese Auseinandersetzungen können zu wechselseitigen Verstoßungen führen.

Ich hoffe, ich habe dieses damit häufig verbundene Gefühl tiefsten Bedauerns auf der Vaterseite gut treffen können. Nicht mehr und nicht weniger, besonders keine Schuldzuweisung in irgendeine Richtung, war das Anliegen meines Sonettversuchs.

LG W.
 
H

Heidrun D.

Gast
Ist jetzt ein bisschen gemein, lieber Walther,

aber für mich hört sich dein Sonett wie ein verteidigendes Selbstgespräch von Kachelmann an. Ich kann auch nix dafür; vielleicht weil ich gezwungen bin, andauernd von ihm zu hören und zu lesen. - Dabei fand ich seine Wettershow wirklich nett ...

Verreimt isses aber sehr schön *lächel, und ich möchte auch niemandem zu nahe treten. Doch: Einmal KL - immer KL *seufz.

:D:)
Heidrun
 
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Marlene M.

Gast
Ich nannte das Gedicht leise, lieber Walter, weil es eben ohne Schuldzuweisung auskommt und weil die Not des Vaters klar wird.
Mein Kommentar ist ja nicht so gehalten, dass man denken könnte, dass das LI ein reales Ich des Autors ist.
Ich selbst befasse mich beruflich mit Jugendlichen und kann durchaus auch nachvollziehen.
Ausserdem habe ich selber Kinder und bin sehr stolz und glücklich, dass wir diese Phasen gut gemeistert haben. Ich sage bewusst WIR, denn es gehören immer Vertrauen und Liebe von zwei Seiten dazu.

Ein Lächeln von Marlene
 
M

Marlene M.

Gast
Heidrünchen, ich sehe Kachelmann nirgendwo- kommt wahrscheinlich daher, dass ich dann immer rauchen gehe GGGGG
Ich mochte den noch nie, zu schmalzig,zu eingebildet, zu unecht, zu hässlich.. darum ist mir auch höchst wurscht, was er gemacht hat oder was nicht.
GGG von Marlene
 

Walther

Mitglied
Lb. Heidrun,

der Kachelmann, der hat einen an der Kachel, Mann! Ja, ein netter Wetterfrosch, der aus allen Wettern etwas machte. Irgendwie fanden die Damen ihn anziehend. Ich habe das nie verstanden.

Allerdings habe ich diesen in meinem Gedicht, das keine Lust auf mehr macht, gar nicht im Fokus gehabt. Der Blickwinkel war ein anderer.

Der Prozeß ist unsäglich, die Berichterstattung darüber auch, und heute wissen wir Dinge von dem zauseligen Wetterfrosch, der irgendwie nicht erwachsen geworden ist, die niemand wissen wollte/sollte. Man wird das Gefühl nicht los, als ob er zumindest stark daran beteiligt war, in diese Geschichte, die ihn auf jeden Fall den öffentlichen Auftritt kostet, hineingeraten zu sein.

Ich kann die Sache nicht mehr lesen (und tue es doch; wir sind schon alle gerne Gaffer und neidisch; die Ansicht eines tiefen Falles soll uns wohl delektierend erziehen; hier ist viel Pranger am Werk).

Lieben Dank und Gruß W.

Lb. Marlene,

ich habe ebenfalls große Kinder und freue mich darüber, an diesem Kelch vorbeigeschlittert zu sein. Wie die meisten Väter war ich nah dran.

Natürlich weiß ich, daß Du nicht gedacht hast, ich sei mit dem LyrIch identisch. Ich nahm Deinen Eintrag zum Anlaß, das nochmals klar zu stellen, entschuldige also.

Danke und lieber Gruß W.
 



 
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