Im Augenblick

AchtelBlatt

Mitglied
Im Augenblick​


Ja, wir wissen es. Es ist zuviel verlangt, es solle immer so bleiben, wie es jetzt gerade ist. Doch zu wünschen und zu lächeln sind wir frei. Daß es so bleiben soll - dieser Gedanke kommt meist erst im Nachhinein, leider manchmal auch im fast Nachhinein. Wir wünschen uns die Ewigkeit des Augenblicks unserer Nähe - und damit verraten wir ihn. Dieser gierige Wunsch konkurriert kurz mit der Wirklichkeit, wo sie doch im Moment ein und das selbe sind!... Im Augenblick ist alles gut, so zart und vertraut. Wir sind eins. Nichts anderes zählt als Deine Nähe und diese durch Dich gezauberte Geborgenheit. Du bist ein zartes Wunderwerk, das mich ruhen läßt. So ruhig und entspannt sind wir. Nichts anderes nehmen wir wahr als Dich und mich. Ich strecke mich vor Dir aus, ich gebe mich Dir. Wie oft hatte ich davon geträumt, wie ich auf meinem Baum saß und ungläubig in die Welt starrte, die mich anscheinend einfach nicht verstanden hat. Und doch fand mich dort manchmal ein Lächeln, denn es könnte wirklich einfach sein. Er gehörte nur mir. Mir – vielleicht auch Dir. Du, die ich Dich nicht kenne und von der ich jetzt nicht mal weiß, ob es Dich überhaupt gibt.


*​


Gestern dachte ich an Ninas Worte. Sie schrieb mir im Februar 2002: "Menschen können einander nicht lieben.. oder wenn, dann nur im Augenblick.. Die menschliche Zeit ist kein Kreis.. Sie verläuft linear."


Ich war entsetzt. Mir gingen lauter Gedanken durch den Kopf: "Ich weiß, ich kann auch dann lieben, wenn der Moment so nicht da ist. Und selbst dann, wenn ich nicht wiedergeliebt werde. Selbst einen Augenblick sich aus der Vergangenheit zu holen, macht da kein Problem. So weit möchte ich gehen." - Sie hatte mich total verwirrt.


*​


Wir wissen es genau. Wir können nichts festhalten. Aber wir wollen es, wenigstens im Nachhinein. Wir beide wissen um die Magie des Augenblicks. Und heimlich machen wir uns etwas vor. Der Vater des Gedankens will sich breit machen in uns. Doch unser Wissen darum verschließt ihm mutig den Mund. Stör uns nicht! Wenn er nicht sprechen darf, dann zieht er sich zurück. Wir wissen damit umzugehen. Jetzt im Augenblick. Dieser kleine Triumph ist uns gewiß. Dann machen wir uns nichts vor. In diesen Sekunden lernen wir vielmehr etwas über die Ewigkeit. Von Augenblick zu Augenblick erfahren wir uns. Gegenseitig. Und uns selbst. Wir spiegeln uns in uns. Und in uns selbst. Alle Fesseln gesprengt, die Weisheit in uns aufgesogen. Nie ist das so einfach wie jetzt. Ich erfahre Dich so tief. Und ich lasse mich fallen. Gnadenlos. Dann betrachte ich Dich und denke mir, daß ich Dich schon immer gekannt habe. Ich weiß nicht, ob Du meine Gedanken erraten hast. Stumm erwiderst Du meinen Blick. Ein leichtes Lächeln huscht über Dich. Es ist schön, Dich glücklich zu ahnen. Ich glaube, in diesem Moment sind wir wirklich bereit für dieses kleine Stückchen Ewigkeit.
 



 
Oben Unten