Im Kinderbett

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Janosch

Mitglied
Das Kind liegt weich im Bett, die Augen auf –
gerissen ist das Band im Kopf, ein Loch:
unzählige in Papas Bauch und noch
ein letztes in die Brust, dann schweigt der Lauf.

Der Papa sackt zusammen, schwankt und fällt
aufs Kinderbett, auf seinen Sohn, bleibt still.
Der Herd noch an, ein Kessel pfeift ganz schrill.
Der Hund steppt rastlos Kreise, jault und bellt.

Ein Schlüssel klingt - vertrautes an der Tür:
die Diele knarzt, als Mama tritt herein,
es riecht nach Schrot und Flinte, Rot und Wein,
voll Scherben blinkt die Teppichbodenzier.

Das aufgeschlitzte Sofa ist verdreht,
sein weißes Futter aus dem Bauche quillt.
Von draußen zirpen Grillen. Leis und mild,
ins offne Fenster die Gardine weht.

Die Einrichtung zertrümmert und zerteilt,
auch in der Küche alles kreuz und quer.
Der Kessel pfeift der Mama hinterher,
als sie im Rausch ins Kinderzimmer eilt.

Im weichen Kinderbett der Papa liegt,
wie hingeschmissen, seine Augen leer.
Und alles rot - sie tut als wenn nichts wär,
indem sie sich an seine Wange schmiegt.

Da springt der Hund aufs Bett und zerrt und zieht
an Papas Bein: dort atmet was und schreit!
Die Mama weint, als sie das Kind befreit,
das sich verstört in ihre Arme flieht.
 

Walther

Mitglied
Hallo Janosch,
Sprache, Metrum, alles paßt. Aber: Der Inhalt. Das geht dichter, mit mehr Drive, Power etc. Und das habe ich auch schon besser von Dir gesehen, zumal manche Formulierung trotz des ernsten Thema fast schon wieder lächerlich klingt.
Du mußt Dich entscheiden: Räuberpistole/Bänkelsang oder ernsthafte Bearbeitung des Themas. Hier steht eine merkwürdige Mischung, nicht Fisch, nicht Fleisch, und die überzeugt mich wenigstens nicht.
Gruß W.
 

Janosch

Mitglied
hallo Walther,
danke für deine ehrliche meinung. ja, genau diese mischung ist mir beim schreiben bewusst aufgefallen. weiß auch nicht, ich wollte es irgendwie so. was dabei rausgekommen ist, ist mein gedicht, bin ich und entweder es spricht einen an oder eben nicht. es kann tatsächlich ziemlich makaber rüberkommen, denke ich, kein einfaches thema. jedenfalls vielen dank nochmal für deinen kommentar, sowas bringt mich weiter. :)
gruß Janosch
 

Duisburger

Mitglied
Hallo,

ich halte die Reimform für diese Thematik für untauglich, da hier dem Zwang zum Reim viel zu viel geopfert wird, geopfert werden muss.
Dieses Situation, diese unmittelbare Ansprache an den Leser lässt sich nicht in Reime pressen, ohne das dem Leser die große Teile der Dramatik und Beklommenheit dieser Situation vorenthalten wird.
Formuliere das Ganze doch einfach mal reimfrei und vergleiche dann beide Versionen. Wo kommt wohl die Situation beim Leser greif- und erfahrbarer an?
Dann würden auch solche seltsamen Konstrukte hier vermieden (es ist nicht der unsaubere Reim gemeint):
Ein Schlüssel klingt - vertrautes an der Tür:die Diele knarzt, als Mama tritt herein,
es riecht nach Schrot und Flinte, Rot und Wein,
voll Scherben blinkt die Teppichbodenzier.
oder
sein weißes Futter aus dem Bauche quillt.
Von draußen zirpen Grillen. Leis und mild,
Hier ist viel verschenkt worden, die doch überwiegend minimalyrischen Reime tun ihr übriges.

lg
Oldy
 



 
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