Im Wandel der Sprache

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anbas

Mitglied
Im Wandel der Sprache

Jedes Mal muss ich ein wenig schmunzeln, wenn ich einen Satz schreibe oder lese, der beispielsweise wie folgt lautet: "In dem Haus wohnen lauter verschiedene Leute."

Auch, wenn es nicht sofort ins Auge fällt - das kann falsch verstanden werden. "Verschiedene Leute" - sind diese Leute wirklich unterschiedlich, also im Sinne von "nicht einheitlich", oder etwa gestorben, also mehr so im Sinne von "tot", "abgekratzt"? Statt mit einem normalen Wohnhaus hätten wir es plötzlich mit einem Gebäude voller Zombies zu tun. Es wäre dann natürlich auch möglich, dass es ein Haus mit verschiedenen verschiednen Leuten gibt. Quasi ein Totenhaus oder so etwas ähnliches.

Sprache kann, muss aber nicht immer eindeutig sein. Noch viel stärker wird dies gelegentlich zu einem Problem, wenn der Faktor "Zeit" hinzukommt. In meiner Kindheit freute man sich zum Beispiel noch, wenn man als netter Mensch bezeichnet wurde. Inzwischen hat es einen doch leicht schimmelpelzigen Beigeschmack, wenn dieses Wort zur Beschreibung einer anderen Person hinzugezogen wird. Wurde vor langer Zeit ein geistig behinderter Mensch als "Idiot" bezeichnet, so ist dies heute ein Schimpfwort und das Wort "geil" war einst auch längst nicht so anrüchig wie heute.

Apropos "Geil": Vor etwa dreißig Jahren fand man Dinge noch dufte, klasse, spitze oder - ganz banal - gut. Dann kam die Ära des Wortes "geil". Es steigerte sich in "affengeil", "oberaffengeil" bis hin zum "oberaffentittengeil". Inzwischen soll bei jungen Leuten "geil" eher ein Auslaufmodel sein. Ein Freund von mir, Vater einer siebzehnjährigen Tochter, berichtete vor kurzem, dass es jetzt "porno" heißen würde, wenn man etwas "geil findet" - und da beklagen sich manche noch über die zunehmende Zahl von Anglizismen in der deutschen Sprache ...

Auch vor Berufsbezeichnungen hat die Entwicklung unserer Sprache nicht Halt gemacht. Früher hieß die Frau, die unsere Schulkasse geputzt hat "Putzfrau", später wurde dann mal gelästert und von "Fußbodenkosmetikerin" gesprochen, und heute heißt sie "Raumpflegerin". Übrigens: Klo-Frauen und Klo-Männer sind ebenfalls eine aussterbende Berufsgattung - Bahn frei: Die WC-Manager kommen!

Auch, wenn es manchmal schmerzt, was sich da im deutschen Sprachgebiet tut: Ich finde es insgesamt spannend, wie sich die Sprache entwickelt und verändert. Mein anfangs erwähntes Schmunzeln zieht sich übrigens seit einiger Zeit auch über mein Gesicht, wenn ich mich auf den Weg zur U-Bahn mache. Im Haus nebenan hat vor einiger Zeit ein neuer Laden aufgemacht, in dem sich die Frau von Welt ihre Fingernägel zurechtstylen lassen kann. Der Name dieses Ladens könnte in ein paar Jahren auch eine völlig andere Bedeutung haben, und es wäre sehr fraglich, ob dann immer noch die Schrift so groß und einladend wäre wie jetzt. Denn über dem Eingang steht in violetter Schrift und für alle gut lesbar: "Nagelstudio" ...
 

anbas

Mitglied
Im Wandel der Sprache

Jedes Mal muss ich ein wenig schmunzeln, wenn ich einen Satz schreibe oder lese, der beispielsweise wie folgt lautet: "In dem Haus sind viele verschiedene Leute."

Auch, wenn es nicht sofort ins Auge fällt – das kann falsch verstanden werden. "Verschiedene Leute" – sind diese Leute wirklich unterschiedlich, also im Sinne von "nicht einheitlich" – oder sind sie etwa gestorben, also mehr so im Sinne von "tot"? Statt mit einem normalen Wohnhaus hätten wir es dann nämlich mit einem Gebäude voller Zombies zu tun. In diesem Falle könnte man auch von einem Haus mit verschiedenen verschiedenen Leuten reden.

Sprache kann, muss aber nicht immer eindeutig sein. Noch viel stärker ist das festzustellen, wenn der Faktor "Zeit" hinzukommt. Wurde einst ein geistig behinderter Mensch selbst im medizinischen Sprachgebrauch als "Idiot" bezeichnet, so ist dies heute ein Schimpfwort. Auch das Wort "geil" war früher längst nicht so anrüchig wie heute. Und in meiner Kindheit freute man sich noch, als "netter Mensch" bezeichnet zu werden. Inzwischen hat es eher einen leicht schimmelpelzigen Beigeschmack, wenn dieses Wort zur Beschreibung einer anderen Person oder einer Sache hinzugezogen wird. "Nett", so sagt man heute, ist die kleine Schwester von "scheiße".

Doch noch mal zurück zu dem Wort "Geil": Vor etwa dreißig Jahren fand man Dinge dufte, klasse, spitze oder – ganz banal – gut. Dann kam die Ära des Wortes "geil". Es steigerte sich in "affengeil", "oberaffengeil" bis hin zum "oberaffentittengeil". Inzwischen soll bei jungen Leuten "geil" eher ein Auslaufmodel sein. Ein Freund von mir berichtete bereits vor ein paar Jahren, dass es im Umfeld seiner damals siebzehnjährigen Tochter "porno" heißen würde, wenn man etwas "geil" findet – und da beklagen sich manche noch über die zunehmende Zahl von Anglizismen in der deutschen Sprache ...

Auch vor Berufsbezeichnungen hat die Entwicklung unserer Sprache nicht Halt gemacht. Früher hieß die Frau, die unsere Schulkasse geputzt hat "Putzfrau", später wurde dann mal gelästert und von "Fußbodenkosmetikerin" gesprochen, und heute heißt sie "Raumpflegerin". Übrigens: Klo-Frauen und Klo-Männer sind ebenfalls eine aussterbende Berufsgattung – Bahn frei: Die WC-Manager kommen!

Auch, wenn es manchmal schmerzt, was da mit dem deutschen Sprachschatz geschieht: Ich finde es insgesamt spannend, wie sich die Sprache entwickelt und verändert. Mein anfangs erwähntes Schmunzeln setzt übrigens seit einiger Zeit auch ein, wenn ich vor die Haustür trete. Im Haus nebenan hat vor einiger Zeit ein neuer Laden aufgemacht, in dem sich die Frau von Welt ihre Fingernägel stylen lassen kann. Der Name dieses Ladens könnte in ein paar Jahren ebenfalls eine völlig andere Bedeutung haben, und es wäre sehr fraglich, ob dann immer noch die Schrift so groß und einladend wäre wie jetzt. Denn über dem Eingang steht in violetter Schrift und für alle gut lesbar: "Nagelstudio"...
 

anbas

Mitglied
Habe den Text gründlich überarbeitet und hole ihn daher noch mal nach vorne. Sollte ich Fehler (Zeichensetzung, Rechtschreibung usw.) "eingebaut" haben, freue ich mich über entsprechende Hinweise. Aber auch alle weiteren Rückmeldungen sind selbstverständlich herzlich willkommmen ;).

Liebe Grüße

Andreas
 

molly

Mitglied
schau mal!

muss ich [strike]ein wenig [/strike]schmunzeln, (geht schmunzeln ein wenig?)

die unsere Schulkasse geputzt hat "Putzfrau", später wurde dann
Schulklasse ginge, Klassenzimmer wäre vielleicht idealer

Grüßle molly
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Auch vor Berufsbezeichnungen hat die Entwicklung unserer Sprache nicht Halt gemacht.
Du hast noch den Facility Manager für den Hausmeister vergessen … :)

Hallo Andreas,

ich grüble, ob der Titel korrekt ist: Man könnte sagen: Vom Wandel der Sprache oder Sprache im Wandel – aber Im Wandel der Sprache? Ich stolpere einfach darüber.

Gruß Ciconia
 

anbas

Mitglied
Im Wandel der Sprache

Jedes Mal muss ich schmunzeln, wenn ich einen Satz schreibe oder lese, der beispielsweise wie folgt lautet: "In dem Haus sind viele verschiedene Leute."

Auch, wenn es nicht sofort ins Auge fällt – das kann falsch verstanden werden. "Verschiedene Leute" – sind diese Leute wirklich unterschiedlich, also im Sinne von "nicht einheitlich" – oder sind sie etwa gestorben, also mehr so im Sinne von "tot"? Statt mit einem normalen Wohnhaus hätten wir es dann nämlich mit einem Gebäude voller Zombies zu tun. In diesem Falle könnte man auch von einem Haus mit verschiedenen verschiedenen Leuten reden.

Sprache kann, muss aber nicht immer eindeutig sein. Noch viel stärker ist das festzustellen, wenn der Faktor "Zeit" hinzukommt. Wurde einst ein geistig behinderter Mensch selbst im medizinischen Sprachgebrauch als "Idiot" bezeichnet, so ist dies heute ein Schimpfwort. Auch das Wort "geil" war früher längst nicht so anrüchig wie heute. Und in meiner Kindheit freute man sich noch, als "netter Mensch" bezeichnet zu werden. Inzwischen hat es eher einen leicht schimmelpelzigen Beigeschmack, wenn dieses Wort zur Beschreibung einer anderen Person oder einer Sache hinzugezogen wird. "Nett", so sagt man heute, "ist die kleine Schwester von 'scheiße'".

Doch noch mal zurück zu dem Wort "Geil": Vor etwa dreißig Jahren fand man Dinge dufte, klasse, spitze oder – ganz banal – gut. Dann kam die Ära des Wortes "geil". Es steigerte sich in "affengeil", "oberaffengeil" bis hin zum "oberaffentittengeil". Inzwischen soll bei jungen Leuten "geil" eher ein Auslaufmodel sein. Ein Freund von mir berichtete bereits vor ein paar Jahren, dass es im Umfeld seiner damals siebzehnjährigen Tochter "porno" heißen würde, wenn man etwas "geil" findet – und da beklagen sich manche noch über die zunehmende Zahl von Anglizismen in der deutschen Sprache ...

Auch vor Berufsbezeichnungen hat die Entwicklung unserer Sprache nicht Halt gemacht. Früher hieß die Frau, die unsere Schulklasse geputzt hat "Putzfrau", später wurde dann mal gelästert und von "Fußbodenkosmetikerin" gesprochen, und heute heißt sie "Raumpflegerin". Übrigens: Klo-Frauen und Klo-Männer sind ebenfalls eine aussterbende Berufsgattung – Bahn frei: Die WC-Manager kommen!

Auch, wenn es manchmal schmerzt, was da mit dem deutschen Sprachschatz geschieht: Ich finde es insgesamt spannend, wie sich die Sprache entwickelt und verändert. Mein anfangs erwähntes Schmunzeln setzt übrigens seit einiger Zeit auch ein, wenn ich vor die Haustür trete. Im Haus nebenan hat vor einiger Zeit ein neuer Laden aufgemacht, in dem sich die Frau von Welt ihre Fingernägel stylen lassen kann. Der Name dieses Ladens könnte in ein paar Jahren ebenfalls eine völlig andere Bedeutung haben, und es wäre sehr fraglich, ob dann immer noch die Schrift so groß und einladend wäre wie jetzt. Denn über dem Eingang steht in violetter Schrift und für alle gut lesbar: "Nagelstudio"...
 

anbas

Mitglied
Hi Monika,

danke - habe Deine Anregung übernommen und den Fehler behoben.




Hallo Ciconia,

stimmt - und sicherlich gibt es noch mehr solcher "neuen" Berufe.

"Im Wandel der Sprache" habe ich gewählt, da wir uns im ständigen Wandel der Sprache leben.

Danke auch Dir für Deine Rückmeldung.




Liebe Grüße an Euch beide.

Andreas
 

anbas

Mitglied
Danke für die neu hinzugekommene Wertung. Schade, dass Dir der Text nicht so zusagt.

Liebe Grüße

Andreas
 

John Wein

Mitglied
Sprach "Verwahrlosung"

Lieber anbas
Ich weiß nicht ob du hier eine Satire geschrieben hast, auch klingt es insgesamt nicht sehr humorvoll, was uns ref. Sprache angetan und anerzogen wurde und wird.
Es ist schon ein Graus, was man mit Sprache treibt und anrichten kann. Sie wird verbogen, verwässert und verschlankt, sodass man in einigen Jahren wahrscheinlich nur noch Gebrauchsanweisungs- Deutsch spricht. Jonathan Franzen, der Amerikanische Bestseller Autor hat einmal gesagt, er mag das Deutsche, weil es klingt wie reife Pflaumen. Ist das nicht wunderbar formuliert!?
Ich habe mich selbst einmal mit dem Thema befasst aber nicht in der LL veröffentlicht. Hier ein kurzer Auszug:
Da wird ausgemerzt und umgeschrieben was das Zeug hält, Goethen egal, gereinigt von unliebsamen und angeblich diffamierenden Begriffen. Da schillert mit lustvoller Inbrunst der elitäre Unfehlbarkeitsanspruch. Unsere lieben Zehn kleinen Negerlein kommen unter die rassistische Guillotine, der Mohrenkopf gleich mit auf den Hackklotz und der Negerkuss in die Tonne (aber bitte Öko), weil diese Worte für den hiesigen, sprachfundamentalistischen Mainstream angeblich Schimpfwörter sind und Menschen schwarzer (nein farbiger) Hautfarbe (oder noch besser afrikanischer Wurzeln) diskriminieren (Infinitiv). Der Wurzeldepp streicht mittlerweile das Zigeunerschnitzel von der Karte, aus Carmen wird eine Roma/Sintidarstellerin und als nächstes ist Straußens Zigeunerbaron überfällig. Gleich mit werden so sexistisch diskriminierende Bezeichnungen wie z. B. Doktor, Professor oder Bürgermeister ausgehoben (dazu später mehr). Man hat uns vieles bereits so nachhaltig eingebläut, dass wir den Unsinn nicht mehr erkennen, das Spiel mitmachen und uns des Gebrauchs dieser Wörter tatsächlich schämen.
Aber jetzts kommt's:
Im Zentrum für Transdisziplinäre Geschlechterstudien an der Humboldt-Universität Berlin, wo denn auch sonst, beschäftigt man sich Fächer übergreifend und breit aufgestellt mit fundamentalistischem Eifer an diesen Projekten; geschlechtsneutrale Bezeichnungen als Neusprech, man erinnert sich noch an das „Das Gott“. So schlägt das beispielsweise einer der Adepten Professx Lann Hornscheidt für Gender Studies und Sprachanalyse am Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien (ein recht jugendlichx Bürschchx) vor: statt Professor oder Mitarbeiter Professx, Mitarbeitx und Bürgermeistx (gesprochen icks.).
Nachzulesen bei http://www.lannhornscheidt.com
Gruß JW
 

anbas

Mitglied
Hallo John Wein,

aus meiner Sicht ist es eine Satire, vielleicht auch humorvolle Glosse, was ich da geschrieben habe. Aber ich gestehe jedem zu, einen anderen Humor zu haben als ich. Dazu gehört auch die "Schmerzgrenze", ab wann etwas nicht mehr witzig ist.

Sprache ändert sich - und grundsätzlich finde ich das gut (sonst würden wir wohl noch auf dem Sprachniveau der Steinzeit stehen ;) ). Aber es gibt Entwicklungen, die mir auch nicht unbedingt gefallen. Manches tut mir regelrecht weh. Da ich es aber für sinn- und aussichtslos halte, dagegen anzukämpfen, möchte ich diese Entwicklung lieber mit einem leichten Grinsen als mit Zornesfalten begleiten.

Ansonsten liegt es an mir, ob ich dieser Entwicklung folge, oder weiterhin in meinem Stil schreibe und rede. Selbst manchen Regelungen der neuen Rechtschreibung habe ich mich lange verweigert - und hin und wieder verweigere ich mich bis heute.

Ich danke Dir für Deine Rückmeldung.

Liebe Grüße

Andreas
 



 
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