Immer Ärger mit Allie
Wieder zuhause angekommen wartete in meiner Höhle eine unangenehme Überraschung in Gestalt eines fremden Drachens auf mich.
„Raus da,“ fauchte ich.
„Aber, aber, ich tue doch niemanden etwas“, ereiferte sich der Fremde.
„Dann hau ab,“ beharrte ich. „Das ist meine Höhle, siehst du das nicht?“
„Ehrlich gesagt, nein, die Höhle sah völlig unbewohnt aus“, lächelte der Fremde verlegen. „und falls Sie auf das Gegenteil bestehen sollten, fänden Sie es nicht ausgesprochen egoistisch, so ein geräumiges Domizil für sich alleine zu beanspruchen?“
Eine große Höhle pro Drachen fand ich völlig angemessen, aber ich ahnte Schlimmes. Rudolf der Dämliche muss damals die Höhle besenrein hinterlassen haben, und somit galt die Höhle als geräumt. Zudem war ich viel zulange weg gewesen um meine Ansprüche auf ein Wohnrecht zweifelsfrei darzulegen. Unter den gegebenen Umständen konnte ich mich glücklich schätzen, dass der Fremde seine Ansprüche eher zaghaft vortrug. Außerdem war er für einen Drachen auffallend klein und mickerig geraten, so dass es hoffentlich wenig Platz für sich beanspruchte und die richtige Rangordnung zwischen ihm und mir nicht infrage stellte.
"Also gut, verzieh dich in eine Ecke und lass mich in Ruhe", brummte ich.
"Sie dürfen Allie zu mir sagen", freute sich der Fremde, "und wie darf ich Sie nennen?"
"Bis auf weiteres genügt es, Chef zu sagen." Allies verwunderte Blicke störten mich nicht im Geringsten. Da ich auch schon einmal als Gottheit angesehen wurde, fand ich meine Namenswahl ausgesprochen bescheiden.
In aller Gemütsruhe kroch ich in meine alte Schlafmulde, rollte mich zusammen, zog den Schwanz ein und stieß gegen widerwärtig schepperndes Metall. Im Wiederschein der kleinen Stichflamme, die ich kurz entzündete, glänzte goldenes Geschmeide, Becher, Teller, ein juwelenbesetztes Krönchen, Prunkschwerter, und ähnlicher Menschenkram. "Allie", rief ich, "was hat dieses Zeugs zu bedeuten?"
Wiederwillig trollte sich Allie herbei. "Das?" gähnte er. "Ach so, ich dachte, dort stören die Sachen niemanden..."
"Schaff diesen Plunder weg von meinem Schlafplatz", schrie ich, "jetzt, sofort und dalli, dalli!"
Schmollend blies Allie kalten Rauch durch seine Nüstern, dann machte er sich daran, den Krimskrams wegzutragen. Mir entging nicht, dass Allie die Sachen sehr vorsichtig behandelte.
Mit Allie auszukommen war schwieriger als erwartet. Er mochte ein netter Kerl sein, aber er war leider auch tagaktiv. Dass bedeutete, ich wurde immer wieder wach nur weil Allie mittags irgendwo in der Höhle herumklabasterte. Es echot nämlich nicht schlecht in einer guten Drachenhöhle.
Darüber hinaus fiel mir Allies Sammelleidenschaft zunehmend auf die Nerven. Nie wieder habe ich einen Drachen getroffen, der Briefmarken, Klunker, oder anderen Menschenkram hortete. "Allie, schmeiß endlich dieses Gerümpel weg", schrie ich ein ums andere Mal wenn ich auf einen goldenen Kelch oder eine Bernsteinkette trat. "Ganz plattgetrampelt", jammerte dann Allie, und ich wusste dass er die Sachen nur von einer Höhlenecke in eine andere räumte. Er zeigte nicht einmal angemessenes Mitgefühl, als ich mir einen Zierdolch in einen Zehenballen trat. "Vorsichtig rausziehen, sonst geht die Klinge kaputt. Lassen Sie mich nur machen", war alles, was er zu sagen hatte.
Auch sonst verhielt sich Allie für einen Drachen ziemlich merkwürdig. Regelmäßig schlief er bis spät in die Nacht herein, und wenn er die Höhle verließ, dann geschah dies in der Regel auf seinen vier Beinen. Ich sah ihn äußerst selten einmal fliegen. Höchstens bei besten Wetterverhältnissen vertraute er seinen Schwingen, aber dann flog er äußerst dilettantisch und so tief, dass ich vermutete, Allie litt unter Höhenangst.
Immer mehr erhärtete sich der Verdacht, dass mit Allie irgendetwas nicht stimmte. Manchmal war ich mir sicher, dass ich ihn durch die Höhle tappen hörte, aber ich sah ihn nicht. Eines Nachmittags weckte mich ein rhythmisches Hämmern welches Eingang bis in die hintesten Winkel der Höhle hallte. Als ich nachschaute, entdeckte ich eine kümmerliche Kreatur, mehr Zwerg als Mensch, die frohgemut den Schriftzug ALBERICH in den Fels neben den Höhleneingang meißelte. Der Zwerg winkte hielt kurz inne und winkte mir fröhlich zu. Alberich...Allie, kombinierte ich. Der mickerige Drachen war offensichtlich identisch mit dem mickerigen Männlein, aber war Allie nun ein Zwerg , der sich in einen Drachen verwandeln konnte, oder ein Drachen der sich in Zwerg verwandeln konnte? Wer weiß, welche geheimen Zauberkräfte dieser Allie sonst noch besaß! Ich musste Allie loswerden, aber wie?
"Hör zu, Freundchen, ich habe mit dir zu reden", begann ich am Abend. "Was soll der Quatsch am Höhleneingang?"
"Es erschien mir sinnvoll, eine Art Türschild anzubringen", erklärte Allie freundlich lächelnd.
"Ein Türschild", schnaubte ich. "Pardon, mein Guter, aber ich muss dir eine unerfreuliche Tatsache nahe bringen. Mir gefällt dein Türschild nicht, und mir gefällt die Art und Weise nicht, wie du die Höhle mit Glitzertrödel zumüllst. So wie es momentan ausschaut kann es mit uns beiden nicht weiter gehen..."
"Aber, aber, lieber Chef, Sie werden doch nicht ausziehen wollen", fiel mir Allie ins Wort.
"Nein, so hatte ich das nicht gemeint", seufzte ich. "Hast du nie daran gedacht, dir eine eigene Höhle zu suchen?"
Nervös tippelte Allie hin und her im Höhlengang. "Ich?" fragte er bestürzt. "Wo soll ich denn hin mit meinen Schätzchen?"
"Flieg nach China wenn dir nichts Besseres einfällt. Ich war schon da - China ist eine außerordentlich interessante Gegend für Drachen." Ich versuchte, so viel Überzeugungskraft wie möglich in meine Rede zu legen. "Deinen ganzen Plunder versenkst du am besten in dem nächstbesten Bach", schloss ich.
"Plunder?" fauchte Allie entrüstet. "Das sind unschätzbar wertvolle Kunstgegenstände, Sie kulturloser Banause! Einige dieser Pretiosen verfügen über einzigartige magische Eigenschaften!"
"Sag mal, du arroganter Spinner, bist du eigentlich so etwas wie ein Mensch oder bist du ein Drachen?" fauchte ich zurück.
"Ein Drachen!" knurrte Allie zähnefletschend. Ich konnte ihm schwerlich das Gegenteil beweisen so lange ich in seine blutunterlaufenen Augen starrte. Dieses Gespräch hatte zu überhaupt nichts geführt außer dass wir uns noch eine Weile Nüstern an Nüstern gegenüberstanden und unschöne Komplimente machten. Von nun an betrachtete ich Allies Aktivitäten mit Argwohn. Formell blieb Allie höflich, tatsächlich wurde sein Verhalten immer respektloser. Schließlich genierte er sich nicht einmal, sich wenn es draußen regnete oder seiner Meinung nach zu windig war zum Fliegen, die ganze Nacht lang hinzusetzen und mit seiner Zunge hingebungsvoll seine Pretiosen zu polieren. Meist schlich ich ziemlich kleinlaut durch meine eigene Höhle und beschränkte die Kommunikation mit ihm auf das absolut notwendige Minimum. Natürlich schämte ich mich unsäglich, vor einem so mickerigen Drachen wie Allie zu kuschen, aber er verstand eindeutig mehr von Magie als ich.
Das Verhängnis nahm seinen Lauf. Eines Mittags hallte Pferdegetrappel bis zu meiner Schlafmulde. Da dieser Nichtsnutz von Allie sich schlafend stellte, lag es an mir, nach dem Rechten zu schauen. Rein präventiv spuckte ich ein wenig Rauch und Feuer, ehe ich mich aus der Höhle wagte, denn ich ahnte schon, dass draußen wieder irgendein Held auf seinen Drachen wartete.
Dieser Zweibeiner sah zunächst gar nicht heldenhaft aus. Sein Pferd scheute, er fiel herunter und während sich sein Ross alleine auf den Heimweg machte, kroch er, vorsichtig ausgedrückt, grün und gelb im Gesicht etwas beunruhigt im Geröll herum. In maßloser Selbstüberschätzung hatte der Einfallspinsel nämlich nicht einmal eine solide Lanze mitgenommen, nur ein Schwert. Selbst mit dem besten Schwert kann normalerweise kein Mensch einem Drachen etwas anhaben. Ein Drachen müsste schon brav die Augen zu machen und seinen Hals zum Durchschneiden hinhalten, und selbst das kann nur bei einem kleinen Drachen mit einem dünnen Hals funktionieren. Ja, warum sollte ich mich abmühen wenn dieser Heldenanwärter offensichtlich ein idealer Sparringspartner für Allie sein könnte. Bestimmt würde Allie ihn in ein Karnickel, einen Maikäfer oder etwas Schlimmeres verwandeln!
„Au!“ Ein stechender Schmerz bohrte sich in einen Hinterfußballen. Diesmal war es eine verbeulte Krone, die mir im Weg lag. Wütend trat ich nach dem mit geschmacklos bunten Juwelen besetzten Edelmetallklumpen. Er verfehlte den Hinterkopf des schläfrig zusammengerollten Nichtsnutzes um Schuppenbreite, und prallte scheppernd von der Höhlenwand ab.
„Is was los?“ Allie ließ sich dazu herab, die Augen einen Spalt weit zu öffnen.
„Draußen gibt es Besuch für Dich. Schau nach dem Rechten,“ forderte ich und gab ihm einen energischen Tritt in die Kehrseite. Tatsächlich rappelte sich Allie auf und begab sich unwillig brummelnd zum Höhlenausgang. Ich legte mich in meine Schlafkuhle und dann wurde es ruhig, so ruhig, dass ich viel zu lange schlief.
Diese ungewöhnliche Stille zog mich mit gemischten Gefühlen zum Höhlenausgang, und dann sah ich im Vollmondlicht die Bescherung. Ausgerechnet dieses Milchgesicht hatte Allie gemetzgert und eins der berüchtigten Blutbäder veranstaltet! Wenn sich die Blamage unter fahrenden Spielleuten herumspricht, dass ein hergelaufener Dilettant hier einfach Drachen kalt machen kann ist es aus mit der Beschaulichkeit in der Gegend, dachte ich. Siedendheiß fiel mir dann Allies Gerümpel ein, von dem jedes einzelne Ringelchen, das in meiner Höhle gefunden würde, gleich scharenweise Abendteuerer herlockte. Hastig raffte ich also das ganze Zeugs zusammen, entsorgte es kurz vor Sonnenaufgang im nächstbesten Bach, und dann beschloss ich, mich in den hintersten Winkel meiner Höhle zurückzuziehen und mich ruhig zu verhalten, bis sich der Wirbel um diesen Skandal legte.
Wieder zuhause angekommen wartete in meiner Höhle eine unangenehme Überraschung in Gestalt eines fremden Drachens auf mich.
„Raus da,“ fauchte ich.
„Aber, aber, ich tue doch niemanden etwas“, ereiferte sich der Fremde.
„Dann hau ab,“ beharrte ich. „Das ist meine Höhle, siehst du das nicht?“
„Ehrlich gesagt, nein, die Höhle sah völlig unbewohnt aus“, lächelte der Fremde verlegen. „und falls Sie auf das Gegenteil bestehen sollten, fänden Sie es nicht ausgesprochen egoistisch, so ein geräumiges Domizil für sich alleine zu beanspruchen?“
Eine große Höhle pro Drachen fand ich völlig angemessen, aber ich ahnte Schlimmes. Rudolf der Dämliche muss damals die Höhle besenrein hinterlassen haben, und somit galt die Höhle als geräumt. Zudem war ich viel zulange weg gewesen um meine Ansprüche auf ein Wohnrecht zweifelsfrei darzulegen. Unter den gegebenen Umständen konnte ich mich glücklich schätzen, dass der Fremde seine Ansprüche eher zaghaft vortrug. Außerdem war er für einen Drachen auffallend klein und mickerig geraten, so dass es hoffentlich wenig Platz für sich beanspruchte und die richtige Rangordnung zwischen ihm und mir nicht infrage stellte.
"Also gut, verzieh dich in eine Ecke und lass mich in Ruhe", brummte ich.
"Sie dürfen Allie zu mir sagen", freute sich der Fremde, "und wie darf ich Sie nennen?"
"Bis auf weiteres genügt es, Chef zu sagen." Allies verwunderte Blicke störten mich nicht im Geringsten. Da ich auch schon einmal als Gottheit angesehen wurde, fand ich meine Namenswahl ausgesprochen bescheiden.
In aller Gemütsruhe kroch ich in meine alte Schlafmulde, rollte mich zusammen, zog den Schwanz ein und stieß gegen widerwärtig schepperndes Metall. Im Wiederschein der kleinen Stichflamme, die ich kurz entzündete, glänzte goldenes Geschmeide, Becher, Teller, ein juwelenbesetztes Krönchen, Prunkschwerter, und ähnlicher Menschenkram. "Allie", rief ich, "was hat dieses Zeugs zu bedeuten?"
Wiederwillig trollte sich Allie herbei. "Das?" gähnte er. "Ach so, ich dachte, dort stören die Sachen niemanden..."
"Schaff diesen Plunder weg von meinem Schlafplatz", schrie ich, "jetzt, sofort und dalli, dalli!"
Schmollend blies Allie kalten Rauch durch seine Nüstern, dann machte er sich daran, den Krimskrams wegzutragen. Mir entging nicht, dass Allie die Sachen sehr vorsichtig behandelte.
Mit Allie auszukommen war schwieriger als erwartet. Er mochte ein netter Kerl sein, aber er war leider auch tagaktiv. Dass bedeutete, ich wurde immer wieder wach nur weil Allie mittags irgendwo in der Höhle herumklabasterte. Es echot nämlich nicht schlecht in einer guten Drachenhöhle.
Darüber hinaus fiel mir Allies Sammelleidenschaft zunehmend auf die Nerven. Nie wieder habe ich einen Drachen getroffen, der Briefmarken, Klunker, oder anderen Menschenkram hortete. "Allie, schmeiß endlich dieses Gerümpel weg", schrie ich ein ums andere Mal wenn ich auf einen goldenen Kelch oder eine Bernsteinkette trat. "Ganz plattgetrampelt", jammerte dann Allie, und ich wusste dass er die Sachen nur von einer Höhlenecke in eine andere räumte. Er zeigte nicht einmal angemessenes Mitgefühl, als ich mir einen Zierdolch in einen Zehenballen trat. "Vorsichtig rausziehen, sonst geht die Klinge kaputt. Lassen Sie mich nur machen", war alles, was er zu sagen hatte.
Auch sonst verhielt sich Allie für einen Drachen ziemlich merkwürdig. Regelmäßig schlief er bis spät in die Nacht herein, und wenn er die Höhle verließ, dann geschah dies in der Regel auf seinen vier Beinen. Ich sah ihn äußerst selten einmal fliegen. Höchstens bei besten Wetterverhältnissen vertraute er seinen Schwingen, aber dann flog er äußerst dilettantisch und so tief, dass ich vermutete, Allie litt unter Höhenangst.
Immer mehr erhärtete sich der Verdacht, dass mit Allie irgendetwas nicht stimmte. Manchmal war ich mir sicher, dass ich ihn durch die Höhle tappen hörte, aber ich sah ihn nicht. Eines Nachmittags weckte mich ein rhythmisches Hämmern welches Eingang bis in die hintesten Winkel der Höhle hallte. Als ich nachschaute, entdeckte ich eine kümmerliche Kreatur, mehr Zwerg als Mensch, die frohgemut den Schriftzug ALBERICH in den Fels neben den Höhleneingang meißelte. Der Zwerg winkte hielt kurz inne und winkte mir fröhlich zu. Alberich...Allie, kombinierte ich. Der mickerige Drachen war offensichtlich identisch mit dem mickerigen Männlein, aber war Allie nun ein Zwerg , der sich in einen Drachen verwandeln konnte, oder ein Drachen der sich in Zwerg verwandeln konnte? Wer weiß, welche geheimen Zauberkräfte dieser Allie sonst noch besaß! Ich musste Allie loswerden, aber wie?
"Hör zu, Freundchen, ich habe mit dir zu reden", begann ich am Abend. "Was soll der Quatsch am Höhleneingang?"
"Es erschien mir sinnvoll, eine Art Türschild anzubringen", erklärte Allie freundlich lächelnd.
"Ein Türschild", schnaubte ich. "Pardon, mein Guter, aber ich muss dir eine unerfreuliche Tatsache nahe bringen. Mir gefällt dein Türschild nicht, und mir gefällt die Art und Weise nicht, wie du die Höhle mit Glitzertrödel zumüllst. So wie es momentan ausschaut kann es mit uns beiden nicht weiter gehen..."
"Aber, aber, lieber Chef, Sie werden doch nicht ausziehen wollen", fiel mir Allie ins Wort.
"Nein, so hatte ich das nicht gemeint", seufzte ich. "Hast du nie daran gedacht, dir eine eigene Höhle zu suchen?"
Nervös tippelte Allie hin und her im Höhlengang. "Ich?" fragte er bestürzt. "Wo soll ich denn hin mit meinen Schätzchen?"
"Flieg nach China wenn dir nichts Besseres einfällt. Ich war schon da - China ist eine außerordentlich interessante Gegend für Drachen." Ich versuchte, so viel Überzeugungskraft wie möglich in meine Rede zu legen. "Deinen ganzen Plunder versenkst du am besten in dem nächstbesten Bach", schloss ich.
"Plunder?" fauchte Allie entrüstet. "Das sind unschätzbar wertvolle Kunstgegenstände, Sie kulturloser Banause! Einige dieser Pretiosen verfügen über einzigartige magische Eigenschaften!"
"Sag mal, du arroganter Spinner, bist du eigentlich so etwas wie ein Mensch oder bist du ein Drachen?" fauchte ich zurück.
"Ein Drachen!" knurrte Allie zähnefletschend. Ich konnte ihm schwerlich das Gegenteil beweisen so lange ich in seine blutunterlaufenen Augen starrte. Dieses Gespräch hatte zu überhaupt nichts geführt außer dass wir uns noch eine Weile Nüstern an Nüstern gegenüberstanden und unschöne Komplimente machten. Von nun an betrachtete ich Allies Aktivitäten mit Argwohn. Formell blieb Allie höflich, tatsächlich wurde sein Verhalten immer respektloser. Schließlich genierte er sich nicht einmal, sich wenn es draußen regnete oder seiner Meinung nach zu windig war zum Fliegen, die ganze Nacht lang hinzusetzen und mit seiner Zunge hingebungsvoll seine Pretiosen zu polieren. Meist schlich ich ziemlich kleinlaut durch meine eigene Höhle und beschränkte die Kommunikation mit ihm auf das absolut notwendige Minimum. Natürlich schämte ich mich unsäglich, vor einem so mickerigen Drachen wie Allie zu kuschen, aber er verstand eindeutig mehr von Magie als ich.
Das Verhängnis nahm seinen Lauf. Eines Mittags hallte Pferdegetrappel bis zu meiner Schlafmulde. Da dieser Nichtsnutz von Allie sich schlafend stellte, lag es an mir, nach dem Rechten zu schauen. Rein präventiv spuckte ich ein wenig Rauch und Feuer, ehe ich mich aus der Höhle wagte, denn ich ahnte schon, dass draußen wieder irgendein Held auf seinen Drachen wartete.
Dieser Zweibeiner sah zunächst gar nicht heldenhaft aus. Sein Pferd scheute, er fiel herunter und während sich sein Ross alleine auf den Heimweg machte, kroch er, vorsichtig ausgedrückt, grün und gelb im Gesicht etwas beunruhigt im Geröll herum. In maßloser Selbstüberschätzung hatte der Einfallspinsel nämlich nicht einmal eine solide Lanze mitgenommen, nur ein Schwert. Selbst mit dem besten Schwert kann normalerweise kein Mensch einem Drachen etwas anhaben. Ein Drachen müsste schon brav die Augen zu machen und seinen Hals zum Durchschneiden hinhalten, und selbst das kann nur bei einem kleinen Drachen mit einem dünnen Hals funktionieren. Ja, warum sollte ich mich abmühen wenn dieser Heldenanwärter offensichtlich ein idealer Sparringspartner für Allie sein könnte. Bestimmt würde Allie ihn in ein Karnickel, einen Maikäfer oder etwas Schlimmeres verwandeln!
„Au!“ Ein stechender Schmerz bohrte sich in einen Hinterfußballen. Diesmal war es eine verbeulte Krone, die mir im Weg lag. Wütend trat ich nach dem mit geschmacklos bunten Juwelen besetzten Edelmetallklumpen. Er verfehlte den Hinterkopf des schläfrig zusammengerollten Nichtsnutzes um Schuppenbreite, und prallte scheppernd von der Höhlenwand ab.
„Is was los?“ Allie ließ sich dazu herab, die Augen einen Spalt weit zu öffnen.
„Draußen gibt es Besuch für Dich. Schau nach dem Rechten,“ forderte ich und gab ihm einen energischen Tritt in die Kehrseite. Tatsächlich rappelte sich Allie auf und begab sich unwillig brummelnd zum Höhlenausgang. Ich legte mich in meine Schlafkuhle und dann wurde es ruhig, so ruhig, dass ich viel zu lange schlief.
Diese ungewöhnliche Stille zog mich mit gemischten Gefühlen zum Höhlenausgang, und dann sah ich im Vollmondlicht die Bescherung. Ausgerechnet dieses Milchgesicht hatte Allie gemetzgert und eins der berüchtigten Blutbäder veranstaltet! Wenn sich die Blamage unter fahrenden Spielleuten herumspricht, dass ein hergelaufener Dilettant hier einfach Drachen kalt machen kann ist es aus mit der Beschaulichkeit in der Gegend, dachte ich. Siedendheiß fiel mir dann Allies Gerümpel ein, von dem jedes einzelne Ringelchen, das in meiner Höhle gefunden würde, gleich scharenweise Abendteuerer herlockte. Hastig raffte ich also das ganze Zeugs zusammen, entsorgte es kurz vor Sonnenaufgang im nächstbesten Bach, und dann beschloss ich, mich in den hintersten Winkel meiner Höhle zurückzuziehen und mich ruhig zu verhalten, bis sich der Wirbel um diesen Skandal legte.