Immer Ärger mit Allie (F)

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Antaris

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Immer Ärger mit Allie

Wieder zuhause angekommen wartete in meiner Höhle eine unangenehme Überraschung in Gestalt eines fremden Drachens auf mich.

„Raus da,“ fauchte ich.

„Aber, aber, ich tue doch niemanden etwas“, ereiferte sich der Fremde.

„Dann hau ab,“ beharrte ich. „Das ist meine Höhle, siehst du das nicht?“

„Ehrlich gesagt, nein, die Höhle sah völlig unbewohnt aus“, lächelte der Fremde verlegen. „und falls Sie auf das Gegenteil bestehen sollten, fänden Sie es nicht ausgesprochen egoistisch, so ein geräumiges Domizil für sich alleine zu beanspruchen?“

Eine große Höhle pro Drachen fand ich völlig angemessen, aber ich ahnte Schlimmes. Rudolf der Dämliche muss damals die Höhle besenrein hinterlassen haben, und somit galt die Höhle als geräumt. Zudem war ich viel zulange weg gewesen um meine Ansprüche auf ein Wohnrecht zweifelsfrei darzulegen. Unter den gegebenen Umständen konnte ich mich glücklich schätzen, dass der Fremde seine Ansprüche eher zaghaft vortrug. Außerdem war er für einen Drachen auffallend klein und mickerig geraten, so dass es hoffentlich wenig Platz für sich beanspruchte und die richtige Rangordnung zwischen ihm und mir nicht infrage stellte.

"Also gut, verzieh dich in eine Ecke und lass mich in Ruhe", brummte ich.

"Sie dürfen Allie zu mir sagen", freute sich der Fremde, "und wie darf ich Sie nennen?"

"Bis auf weiteres genügt es, Chef zu sagen." Allies verwunderte Blicke störten mich nicht im Geringsten. Da ich auch schon einmal als Gottheit angesehen wurde, fand ich meine Namenswahl ausgesprochen bescheiden.

In aller Gemütsruhe kroch ich in meine alte Schlafmulde, rollte mich zusammen, zog den Schwanz ein und stieß gegen widerwärtig schepperndes Metall. Im Wiederschein der kleinen Stichflamme, die ich kurz entzündete, glänzte goldenes Geschmeide, Becher, Teller, ein juwelenbesetztes Krönchen, Prunkschwerter, und ähnlicher Menschenkram. "Allie", rief ich, "was hat dieses Zeugs zu bedeuten?"

Wiederwillig trollte sich Allie herbei. "Das?" gähnte er. "Ach so, ich dachte, dort stören die Sachen niemanden..."

"Schaff diesen Plunder weg von meinem Schlafplatz", schrie ich, "jetzt, sofort und dalli, dalli!"

Schmollend blies Allie kalten Rauch durch seine Nüstern, dann machte er sich daran, den Krimskrams wegzutragen. Mir entging nicht, dass Allie die Sachen sehr vorsichtig behandelte.

Mit Allie auszukommen war schwieriger als erwartet. Er mochte ein netter Kerl sein, aber er war leider auch tagaktiv. Dass bedeutete, ich wurde immer wieder wach nur weil Allie mittags irgendwo in der Höhle herumklabasterte. Es echot nämlich nicht schlecht in einer guten Drachenhöhle.

Darüber hinaus fiel mir Allies Sammelleidenschaft zunehmend auf die Nerven. Nie wieder habe ich einen Drachen getroffen, der Briefmarken, Klunker, oder anderen Menschenkram hortete. "Allie, schmeiß endlich dieses Gerümpel weg", schrie ich ein ums andere Mal wenn ich auf einen goldenen Kelch oder eine Bernsteinkette trat. "Ganz plattgetrampelt", jammerte dann Allie, und ich wusste dass er die Sachen nur von einer Höhlenecke in eine andere räumte. Er zeigte nicht einmal angemessenes Mitgefühl, als ich mir einen Zierdolch in einen Zehenballen trat. "Vorsichtig rausziehen, sonst geht die Klinge kaputt. Lassen Sie mich nur machen", war alles, was er zu sagen hatte.

Auch sonst verhielt sich Allie für einen Drachen ziemlich merkwürdig. Regelmäßig schlief er bis spät in die Nacht herein, und wenn er die Höhle verließ, dann geschah dies in der Regel auf seinen vier Beinen. Ich sah ihn äußerst selten einmal fliegen. Höchstens bei besten Wetterverhältnissen vertraute er seinen Schwingen, aber dann flog er äußerst dilettantisch und so tief, dass ich vermutete, Allie litt unter Höhenangst.

Immer mehr erhärtete sich der Verdacht, dass mit Allie irgendetwas nicht stimmte. Manchmal war ich mir sicher, dass ich ihn durch die Höhle tappen hörte, aber ich sah ihn nicht. Eines Nachmittags weckte mich ein rhythmisches Hämmern welches Eingang bis in die hintesten Winkel der Höhle hallte. Als ich nachschaute, entdeckte ich eine kümmerliche Kreatur, mehr Zwerg als Mensch, die frohgemut den Schriftzug ALBERICH in den Fels neben den Höhleneingang meißelte. Der Zwerg winkte hielt kurz inne und winkte mir fröhlich zu. Alberich...Allie, kombinierte ich. Der mickerige Drachen war offensichtlich identisch mit dem mickerigen Männlein, aber war Allie nun ein Zwerg , der sich in einen Drachen verwandeln konnte, oder ein Drachen der sich in Zwerg verwandeln konnte? Wer weiß, welche geheimen Zauberkräfte dieser Allie sonst noch besaß! Ich musste Allie loswerden, aber wie?

"Hör zu, Freundchen, ich habe mit dir zu reden", begann ich am Abend. "Was soll der Quatsch am Höhleneingang?"

"Es erschien mir sinnvoll, eine Art Türschild anzubringen", erklärte Allie freundlich lächelnd.

"Ein Türschild", schnaubte ich. "Pardon, mein Guter, aber ich muss dir eine unerfreuliche Tatsache nahe bringen. Mir gefällt dein Türschild nicht, und mir gefällt die Art und Weise nicht, wie du die Höhle mit Glitzertrödel zumüllst. So wie es momentan ausschaut kann es mit uns beiden nicht weiter gehen..."

"Aber, aber, lieber Chef, Sie werden doch nicht ausziehen wollen", fiel mir Allie ins Wort.

"Nein, so hatte ich das nicht gemeint", seufzte ich. "Hast du nie daran gedacht, dir eine eigene Höhle zu suchen?"

Nervös tippelte Allie hin und her im Höhlengang. "Ich?" fragte er bestürzt. "Wo soll ich denn hin mit meinen Schätzchen?"

"Flieg nach China wenn dir nichts Besseres einfällt. Ich war schon da - China ist eine außerordentlich interessante Gegend für Drachen." Ich versuchte, so viel Überzeugungskraft wie möglich in meine Rede zu legen. "Deinen ganzen Plunder versenkst du am besten in dem nächstbesten Bach", schloss ich.

"Plunder?" fauchte Allie entrüstet. "Das sind unschätzbar wertvolle Kunstgegenstände, Sie kulturloser Banause! Einige dieser Pretiosen verfügen über einzigartige magische Eigenschaften!"

"Sag mal, du arroganter Spinner, bist du eigentlich so etwas wie ein Mensch oder bist du ein Drachen?" fauchte ich zurück.

"Ein Drachen!" knurrte Allie zähnefletschend. Ich konnte ihm schwerlich das Gegenteil beweisen so lange ich in seine blutunterlaufenen Augen starrte. Dieses Gespräch hatte zu überhaupt nichts geführt außer dass wir uns noch eine Weile Nüstern an Nüstern gegenüberstanden und unschöne Komplimente machten. Von nun an betrachtete ich Allies Aktivitäten mit Argwohn. Formell blieb Allie höflich, tatsächlich wurde sein Verhalten immer respektloser. Schließlich genierte er sich nicht einmal, sich wenn es draußen regnete oder seiner Meinung nach zu windig war zum Fliegen, die ganze Nacht lang hinzusetzen und mit seiner Zunge hingebungsvoll seine Pretiosen zu polieren. Meist schlich ich ziemlich kleinlaut durch meine eigene Höhle und beschränkte die Kommunikation mit ihm auf das absolut notwendige Minimum. Natürlich schämte ich mich unsäglich, vor einem so mickerigen Drachen wie Allie zu kuschen, aber er verstand eindeutig mehr von Magie als ich.

Das Verhängnis nahm seinen Lauf. Eines Mittags hallte Pferdegetrappel bis zu meiner Schlafmulde. Da dieser Nichtsnutz von Allie sich schlafend stellte, lag es an mir, nach dem Rechten zu schauen. Rein präventiv spuckte ich ein wenig Rauch und Feuer, ehe ich mich aus der Höhle wagte, denn ich ahnte schon, dass draußen wieder irgendein Held auf seinen Drachen wartete.

Dieser Zweibeiner sah zunächst gar nicht heldenhaft aus. Sein Pferd scheute, er fiel herunter und während sich sein Ross alleine auf den Heimweg machte, kroch er, vorsichtig ausgedrückt, grün und gelb im Gesicht etwas beunruhigt im Geröll herum. In maßloser Selbstüberschätzung hatte der Einfallspinsel nämlich nicht einmal eine solide Lanze mitgenommen, nur ein Schwert. Selbst mit dem besten Schwert kann normalerweise kein Mensch einem Drachen etwas anhaben. Ein Drachen müsste schon brav die Augen zu machen und seinen Hals zum Durchschneiden hinhalten, und selbst das kann nur bei einem kleinen Drachen mit einem dünnen Hals funktionieren. Ja, warum sollte ich mich abmühen wenn dieser Heldenanwärter offensichtlich ein idealer Sparringspartner für Allie sein könnte. Bestimmt würde Allie ihn in ein Karnickel, einen Maikäfer oder etwas Schlimmeres verwandeln!

„Au!“ Ein stechender Schmerz bohrte sich in einen Hinterfußballen. Diesmal war es eine verbeulte Krone, die mir im Weg lag. Wütend trat ich nach dem mit geschmacklos bunten Juwelen besetzten Edelmetallklumpen. Er verfehlte den Hinterkopf des schläfrig zusammengerollten Nichtsnutzes um Schuppenbreite, und prallte scheppernd von der Höhlenwand ab.

„Is was los?“ Allie ließ sich dazu herab, die Augen einen Spalt weit zu öffnen.

„Draußen gibt es Besuch für Dich. Schau nach dem Rechten,“ forderte ich und gab ihm einen energischen Tritt in die Kehrseite. Tatsächlich rappelte sich Allie auf und begab sich unwillig brummelnd zum Höhlenausgang. Ich legte mich in meine Schlafkuhle und dann wurde es ruhig, so ruhig, dass ich viel zu lange schlief.

Diese ungewöhnliche Stille zog mich mit gemischten Gefühlen zum Höhlenausgang, und dann sah ich im Vollmondlicht die Bescherung. Ausgerechnet dieses Milchgesicht hatte Allie gemetzgert und eins der berüchtigten Blutbäder veranstaltet! Wenn sich die Blamage unter fahrenden Spielleuten herumspricht, dass ein hergelaufener Dilettant hier einfach Drachen kalt machen kann ist es aus mit der Beschaulichkeit in der Gegend, dachte ich. Siedendheiß fiel mir dann Allies Gerümpel ein, von dem jedes einzelne Ringelchen, das in meiner Höhle gefunden würde, gleich scharenweise Abendteuerer herlockte. Hastig raffte ich also das ganze Zeugs zusammen, entsorgte es kurz vor Sonnenaufgang im nächstbesten Bach, und dann beschloss ich, mich in den hintersten Winkel meiner Höhle zurückzuziehen und mich ruhig zu verhalten, bis sich der Wirbel um diesen Skandal legte.
 
M

margot

Gast
immerhin ein happy-end für deinen ego-drachen.
eine der schönsten drachengeschichten, die ich je las.
(genau genommen die erste.)

gruß
ralph
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Eigentlich wollte ich nur eine paar Rechtschreibfehler anmahnen (wenn schon in "Das Beste der Lupe", dann ohne diese Schönheits-Makel), aber dann stieß ich noch auf dies und jenes und nun ist es halt doch ein weiter gehendes Lektorat geworden…


Immer Ärger mit Allie

Wieder zuhause [red]österr/schweiz zwar auch so aber richtiger: zu Hause[/red] angekommen wartete in meiner Höhle eine unangenehme Überraschung in Gestalt eines fremden Drachens auf mich. [red]Diese Konstruktion bedeutet grammatikalisch strenggenommen, dass die Überraschung angekommen ist.[/red]

„Raus da,“ fauchte ich.

„Aber, aber, ich tue doch niemanden etwas“, ereiferte sich der Fremde.

„Dann hau ab,“ beharrte ich. „Das ist meine Höhle, siehst du das nicht?“

„Ehrlich gesagt, nein, die Höhle sah völlig unbewohnt aus“, lächelte der Fremde verlegen. „und [red]Und[/red] falls Sie auf das [red]dem[/red] Gegenteil bestehen sollten, fänden Sie es nicht ausgesprochen egoistisch, so ein geräumiges Domizil für sich alleine zu beanspruchen?“ [blue]Diese Rede ist nicht logisch, aber man redet andererseits auch nicht immer in logisch korrekten Konstruktionen.[/blue]

Eine große Höhle pro Drachen fand ich völlig angemessen, aber ich ahnte Schlimmes. Rudolf der Dämliche muss damals die Höhle besenrein hinterlassen haben, und somit galt die Höhle als geräumt. Zudem war ich viel zulange weg gewesen um meine Ansprüche auf ein Wohnrecht zweifelsfrei darzulegen. [blue]Diese Logik-Kette entspringt offenbar einer anderen Geschichte. Man muss – zumindest ich musste – aus dem Text aussteigen, um rauszukriegen wie dieser Rudolf in die geshchnisse passen könnte.[/blue] Unter den gegebenen Umständen konnte ich mich glücklich schätzen, dass der Fremde seine Ansprüche eher zaghaft vortrug. [blue]Warum? Gibt es sowas wie ein „Wer zuerst kommt, kriegt die Höhle“-Recht bei Drachen? Kann der offenbar große, kräftige Erzähler-Drache den mickrigen nicht einfach an die Luft setzen?[/blue] Außerdem war er für einen Drachen auffallend klein und mickerig geraten, so dass es [red]er[/red] hoffentlich wenig Platz für sich beanspruchte und die richtige [blue]Das richtige störte mich. Entweder es ist die richtige Rangordnung, dann kann der Mickrige sie in Frage stellen, so viel er will – sie bleibt richtig. Oder sie nicht per se richtig, dann ist es schon beruhigend, wenn sie nicht Frage gestellt wird.[/blue]Rangordnung zwischen ihm und mir nicht infrage stellte [blue]Ich würde schreiben: …beanspruchen und die Rangordnung nicht in Frage stellen würde.[/blue].

"Also gut, verzieh dich in eine Ecke und lass mich in Ruhe", brummte ich.

"Sie dürfen Allie zu mir sagen", freute sich der Fremde, "und [blue]Ich würde schreiben: … Fremde. „Und… [/blue]wie darf ich Sie nennen?"

"Bis auf weiteres genügt es, Chef zu sagen." Allies verwunderte Blicke störten mich nicht im Geringsten. Da ich auch schon einmal als Gottheit angesehen wurde [blue]worden war _ ? // Das ist wohl eine andere Geschichte. Kann man die auch irgendwo lesen?[/blue], fand ich meine Namenswahl ausgesprochen bescheiden.

In aller Gemütsruhe kroch ich in meine alte Schlafmulde, rollte mich zusammen, zog den Schwanz ein und stieß gegen widerwärtig schepperndes Metall[blue]Er stieß in aller Gemütsruhe an Metall? Da muss doch im Satzbau was zu machen sein, um den Huch!-Effekt zu zeigen![/blue]. Im Wiederschein der kleinen Stichflamme, die ich kurz entzündete, glänzte goldenes Geschmeide, Becher, Teller, ein juwelenbesetztes Krönchen, Prunkschwerter, [red]kein Komma[/red] und ähnlicher Menschenkram. "Allie", rief ich, "was hat dieses Zeugs zu bedeuten?"

Wiederwillig trollte sich Allie herbei. "Das?"[red]Komma[/red] gähnte er. "Ach so, ich dachte, dort stören die Sachen niemanden..."

"Schaff diesen Plunder weg von meinem Schlafplatz", schrie ich, "jetzt, [blue]Ich würde schreiben: … schrie ich. „Jetzt … [/blue]sofort und dalli, dalli!"

Schmollend blies Allie kalten Rauch durch seine Nüstern, dann machte er sich daran, den Krimskrams wegzutragen. Mir entging nicht, dass Allie die Sachen sehr vorsichtig behandelte.

[blue]Das ist ein recht plötzlicher Sprung: Allie behandelt die Sachen vorsichtig (Was ist daran eigentlich so bemerkenswert?) und dann geht es gleich weiter zur anschließenden gemeinsamen Zeit.[/blue]
Mit Allie auszukommen war schwieriger als erwartet. Er mochte ein netter Kerl sein, aber er war leider auch tagaktiv. Dass [red]Das[/red]bedeutete, ich wurde immer wieder wach[red]Komma[/red] nur weil Allie mittags irgendwo in der Höhle herumklabasterte. Es echot nämlich nicht schlecht in einer guten Drachenhöhle.

[red]Den Absatz würd ich nicht machen, sondern durchgehend weitererzählen.[/red]
Darüber hinaus fiel mir Allies Sammelleidenschaft zunehmend auf die Nerven. Nie wieder habe ich einen Drachen getroffen, der Briefmarken [blue]Briefmarken? Wie um alles gerät Allie an die? Und wo lagern die – mittenmang der Juwelen? Und – vorgreifend gefragt – sind die auch magisch?[/blue], Klunker, [red]kein Komma[/red] oder anderen Menschenkram hortete. [blue]Ich würde hier einen Absatz machen[/blue]"Allie, schmeiß endlich dieses Gerümpel weg", schrie ich ein ums andere Mal[red]Komma[/red] wenn ich auf einen goldenen Kelch oder eine Bernsteinkette [blue]Wie viele Bernsteinketten hat Allie, dass der ErzählDrache immer mal wieder auf eine tritt?[/blue]trat. [red]Absatz machen[/red] "Ganz plattgetrampelt", jammerte dann Allie, und ich wusste[red]Komma[/red] dass er die Sachen nur von einer Höhlenecke in eine andere räumte. [blue]Was hat das plattrampeln mit dem „nur vón einer Ecke in die andere räumen“ zu tun, dass es mit und angekoppelt werden muss¿[/blue] Er zeigte nicht einmal angemessenes Mitgefühl, als ich mir einen Zierdolch in einen Zehenballen trat. "Vorsichtig rausziehen, sonst geht die Klinge kaputt. Lassen Sie mich nur machen", war alles, was er zu sagen hatte.

Auch sonst verhielt sich Allie für einen Drachen ziemlich merkwürdig. Regelmäßig schlief er bis spät in die Nacht herein [red]?? Also schlief er am Tag – aber ist er vorn nicht als tagaktiv beschrieben worden?[/red], und wenn er die Höhle verließ, dann geschah dies in der Regel auf seinen vier Beinen. [blue]Wie sonst? Oder fliegen Drachen denn normalerweise aus den Höhlen? Sind die Drachen so klein oder die Höhlen so groß, dass dies geht? – Entschuldige, wenn das ein blöde Frage ist, ich bin kein Drachenfan…[/blue] Ich sah ihn äußerst selten einmal fliegen. Höchstens bei besten Wetterverhältnissen vertraute er seinen Schwingen, aber dann flog er äußerst dilettantisch und so tief, dass ich vermutete, Allie litt [blue]litte – ?[/blue]unter Höhenangst.

Immer mehr erhärtete sich der Verdacht, dass mit Allie irgendetwas nicht stimmte. Manchmal war ich mir sicher, dass ich ihn durch die Höhle tappen hörte, aber ich sah ihn nicht. [blue]Hier fehlen im Spannungsbogen noch wenigstens ein, zwei Merkwürdigkeiten (oder das mit dem Unsichtbar-Sein VOR den Satz mit dem Verdacht einsortieren). Es geht zu schnell mit einem konkreten Ereignis weiter, mit dem Ereignis zumal, das offenbar beweist, dass etwas an Allie nicht normal ist.[/blue]Eines Nachmittags weckte mich ein rhythmisches Hämmern[red]Komma[/red] welches [red]vom[/red] Eingang bis in die hintesten [red]hintersten[/red] Winkel der Höhle hallte. Als ich nachschaute, entdeckte ich eine kümmerliche Kreatur, mehr Zwerg als Mensch, die frohgemut den Schriftzug ALBERICH in den Fels neben den Höhleneingang meißelte. Der Zwerg winkte [red]„winkte“ zu viel[/red] hielt kurz inne und winkte mir fröhlich zu. Alberich...Allie [red]richtiger: Alberich – Allie, denn … sind eigentlich Auslassungszeichen[/red] , kombinierte ich. Der mickerige Drachen war offensichtlich identisch mit dem mickerigen Männlein, [blue]Wieso? Allie hätte den Zwerg doch auch mit Meißeln beauftragt haben können…[/blue]aber war Allie nun ein Zwerg, der sich in einen Drachen verwandeln konnte, oder ein Drachen[red]Komma[/red] der sich in [red]einen [/red]Zwerg verwandeln konnte? Wer weiß, welche geheimen Zauberkräfte dieser Allie sonst noch besaß! Ich musste Allie loswerden, aber wie? [blue]Wieso fragt der ErzählDrache Allie nicht einfach mal? Oder fragt ihn wengistens „hintenrum“, damit er ein wenig Klarheit bekommt und nicht Gefahr läuft, selbst in einen Zwerg verwandelt zu werden. Oder so.[/blue]

"Hör zu, Freundchen, ich habe mit dir zu reden", begann ich am Abend. "Was soll der Quatsch am Höhleneingang?"

"Es erschien mir sinnvoll, eine Art Türschild anzubringen", erklärte Allie freundlich lächelnd.

"Ein Türschild", schnaubte ich. "Pardon, mein Guter, aber ich muss dir eine unerfreuliche Tatsache nahe bringen. Mir gefällt dein Türschild nicht, und mir gefällt die Art und Weise nicht, wie du die Höhle mit Glitzertrödel zumüllst. So wie es momentan ausschaut[red]Komma[/red] kann es mit uns beiden nicht weiter gehen..."

"Aber, aber, lieber Chef, Sie werden doch nicht ausziehen wollen", fiel mir Allie ins Wort.

"Nein, so hatte ich das nicht gemeint", seufzte ich. [blue]Ich hätte gedacht, er poltert. Es ist doch schließlich das erste mal, dass er dieses „Die Höhle ist zu klein für uns zwei“-Ding versucht. Hätte er es schon öfter getan und hätte sich Allie jedesmal so (scheinbar) begriffstutzig rausgemogelt, dann – und nur dann – wäre (mir) das Seufzen verständlich.[/blue]"Hast du nie daran gedacht, dir eine eigene Höhle zu suchen?"

Nervös tippelte Allie hin und her im Höhlengang. "Ich?"[red]Komma[/red] fragte er bestürzt. "Wo soll ich denn hin mit meinen Schätzchen?"

"Flieg nach China[red]Komma[/red] wenn dir nichts Besseres einfällt. Ich war schon da - China ist eine außerordentlich interessante Gegend für Drachen." Ich versuchte, so viel Überzeugungskraft wie möglich in meine Rede zu legen. "Deinen ganzen Plunder versenkst du am besten in dem [blue]"im" ist näher am Sprechen[/blue] nächstbesten Bach", schloss ich.

"Plunder?"[red]Komma[/red] fauchte Allie entrüstet. "Das sind unschätzbar wertvolle Kunstgegenstände, Sie kulturloser Banause! Einige dieser Pretiosen verfügen über einzigartige magische Eigenschaften!" [blue] … die Briefmarken auch? :) [/blue]

"Sag mal, du arroganter Spinner, bist du eigentlich so etwas wie ein Mensch oder bist du ein Drachen?"[red]Komma[/red] fauchte ich zurück.

"Ein Drachen!"[red]Komma[/red] knurrte Allie zähnefletschend. [blue]Ich würde hier einen Ansatz machen.[/blue]Ich konnte ihm schwerlich das Gegenteil beweisen[red]Komma[/red] so lange ich in seine blutunterlaufenen Augen starrte. Dieses Gespräch hatte zu überhaupt nichts geführt[red]Komma[/red] außer dass wir uns noch eine Weile Nüstern an Nüstern gegenüberstanden und unschöne Komplimente machten. [blue]Ich würde hier einen Ansatz machen.[/blue]Von nun an betrachtete ich Allies Aktivitäten mit Argwohn. [blue]IWieso Argwohn? Was hat Allie getan, das auf eine Intrige oder sowas schließen lassen müsste? Hat er etwas gedroht, er würde den ErzählDrachen aus der Höhle vergraulen? Oder gar Schlimmeres?[/blue]Formell blieb Allie höflich, tatsächlich wurde sein Verhalten immer respektloser. Schließlich genierte er sich nicht einmal, sich[red]Komma[/red] wenn es draußen regnete oder seiner Meinung nach zu windig war zum Fliegen, die ganze Nacht lang hinzusetzen und mit seiner Zunge hingebungsvoll seine Pretiosen zu polieren [blue]… die Briefmarken auch? :D [/blue][red]Wieso macht der tagaktive Allie das nachts?[/red]. Meist schlich ich ziemlich kleinlaut durch meine eigene Höhle und beschränkte die Kommunikation mit ihm auf das absolut notwendige Minimum. Natürlich schämte ich mich unsäglich, vor einem so mickerigen Drachen wie Allie zu kuschen, aber er verstand eindeutig mehr von Magie als ich. [red]Woraus darf ich als Leser dies schlussfolgern? Weil er einmal vom Drachen zum Zwerg und retour mutierte?[/red]

Das Verhängnis nahm seinen Lauf. Eines Mittags hallte Pferdegetrappel bis zu meiner Schlafmulde. Da dieser Nichtsnutz von Allie sich schlafend stellte, lag es an mir, nach dem Rechten zu schauen. Rein präventiv spuckte ich ein wenig Rauch und Feuer, ehe ich mich aus der Höhle wagte, denn ich ahnte schon, dass draußen wieder irgendein Held auf seinen Drachen wartete.

Dieser Zweibeiner sah zunächst gar nicht heldenhaft aus. Sein Pferd scheute, er fiel herunter[red]Komma[/red] und während sich sein Ross alleine auf den Heimweg machte, kroch er, vorsichtig ausgedrückt, grün und gelb im Gesicht etwas beunruhigt im Geröll herum. In maßloser Selbstüberschätzung hatte der Einfallspinsel nämlich nicht einmal eine solide Lanze mitgenommen, nur ein Schwert. [blue]Was „verunsichert“ den Helden denn nun: Dass er abgestürzt ist oder dass er nur ein Schwert hat?[/blue] Selbst mit dem besten Schwert kann normalerweise kein Mensch einem Drachen etwas anhaben. [blue]Also hat es weniger mit Selbstüberschätzung, sondern eher mit Blödheit zu tun: Es muss sich doch unter Drachentötern herumgesprochen haben, dass die nur mit Schwert Bewaffneten so unglaublich selten siegreich heimkehren. [/blue]Ein Drachen müsste schon brav die Augen zu machen und seinen Hals zum Durchschneiden hinhalten, und selbst das kann nur bei einem kleinen Drachen mit einem dünnen Hals funktionieren. Ja, warum sollte ich mich abmühen[red]Komma[/red] wenn dieser Heldenanwärter offensichtlich ein idealer Sparringspartner für Allie sein könnte. Bestimmt würde Allie ihn in ein Karnickel, einen Maikäfer oder etwas Schlimmeres verwandeln! [blue]Wieso diese Fürsorge für Allie? Warum Allie die Genugtuung gönnen, sich mal wieder „auszaubern“ zu können, wo doch – bei einem so mickrigen Helden – das Problem mit einen Feuer-Huster erledigt sein dürfte?[/blue]

„Au!“ Ein stechender Schmerz bohrte sich in einen Hinterfußballen [blue]Wessen? – besser: meinen Hinterfußballen[/blue]. Diesmal war es eine verbeulte Krone, die mir im Weg lag. Wütend trat ich nach dem mit geschmacklos bunten Juwelen besetzten Edelmetallklumpen. Er verfehlte den Hinterkopf des schläfrig zusammengerollten Nichtsnutzes [red]Wer jetzt – Allie oder der „Held“?[/red] um Schuppenbreite, und prallte scheppernd von der Höhlenwand ab.

„Is was los?“ Allie ließ sich dazu herab, die Augen einen Spalt weit zu öffnen.

„Draußen [blue]Ist der ErzählDrache inzwischen reingegangen? Hab ich gar nicht mitgekriegt…[/blue]gibt es Besuch für Dich [red]dich[/red]. Schau nach dem Rechten,“ forderte ich und gab ihm einen energischen Tritt in die Kehrseite. Tatsächlich rappelte sich Allie auf und begab sich unwillig brummelnd zum Höhlenausgang. Ich legte mich in meine Schlafkuhle und dann wurde es ruhig, so ruhig, dass ich viel zu lange schlief.

[blue]Der Absatz reißt „zu ruhig “und „diese Stille“ auseinander – ich würd ihn nicht machen.[/blue]
Diese ungewöhnliche Stille zog mich mit gemischten Gefühlen zum Höhlenausgang, und dann sah ich im Vollmondlicht die Bescherung. Ausgerechnet dieses Milchgesicht hatte Allie gemetzgert [red]Wer metzgerte wen? – das wird nicht ganz klar in diesem Satz. Man kann ihn auch so lesen, dass Allie den Milchbart meuchelte. Besser?: Ausgerechnet dieses Milchgesicht hatte es geschafft: Er hatte Allie gemetzgert [/red]und eins der berüchtigten Blutbäder veranstaltet! Wenn sich die Blamage unter fahrenden Spielleuten herumspricht[blue]… und unter den Möchtegern-Helden erst!![/blue], dass ein hergelaufener Dilettant hier einfach Drachen kalt machen kann[red]Komma[/red] ist es aus mit der Beschaulichkeit in der Gegend, dachte ich. Siedendheiß fiel mir dann Allies Gerümpel ein, von dem jedes einzelne Ringelchen, das in meiner Höhle gefunden würde, gleich scharenweise Abendteuerer [red]Abenteurer[/red] herlockte[blue]Das ist zwar grammatikalisch korrekt, passt aber überhaupt nicht zum Ton des übrigen Textes. Besser(?): …von dem jedes einzelne Ringelchen scharenweise Abenteurer anlocken konnte.[/blue]. Hastig raffte ich also das ganze Zeugs zusammen, entsorgte es kurz vor Sonnenaufgang im nächstbesten Bach, und dann beschloss ich, mich in den hintersten Winkel meiner Höhle zurückzuziehen und mich ruhig zu verhalten, bis sich der Wirbel um diesen Skandal legte. [blue]Noch gibt es den Wirbel ja gar nicht. Vielleicht wird es ihn auch gar nicht geben – wer weiß, wenn irgendwo anders etwas noch viel Unglaublicheres passiert… Außerdem ist der Schluss irgendwie wie abgerissen. Besser(?): …entsorgte es … im nächstbesten Bach und kehrte zu meiner Höhle zurück. Ich überlegte einen Moment, ob ich versuchen sollte, auch die Spuren des Gemetzels zu tilgen, doch der milchbärtige Held würde sicher genug prahlen, so dass auch ohne diese Hinweise andere Drachentöter den Weg hierher fänden. Es war vielleicht sogar gut, die Spuren zu lassen, so mochte der Schein geweckt werden, dass diese Höhle drachenfrei war – die Menschen konnten von der unüblichen Doppelbelegung ja unmöglich wissen. Diesen Gedanken folgend beschloss ich, mich in den hintersten Winkel meiner Höhle zurückzuziehen und mich ruhig zu verhalten. Irgendwann würde Gras über die Sache wachsen, der Skandal würde vergessen werden. Und dann würde ich wieder am friedlichsten Ort der Welt leben.[/blue]
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
hm,

heiter, fantasievoll und gut erzählt. am besten gefällt mir der "Einfallspinsel". ich hätte auch gerne einen . . . ganz lieb grüßt
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo, Antaris,

mir gefällt die Geschichte auch sehr gut.
Auf ein paar Tippfehler hat jon schon hingewiesen, das möchte ich hier nicht wiederholen.
Es ist flüssig geschrieben, spannend, interessant, märchenhaft.

Viele Grüße von Bernd
 

Ralph Ronneberger

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Antaris,

um es kurz zu machen: diese vergnügliche Drachengeschichte (ich habe schon mindestens drei davon gelesen) gefällt mir besonders gut, weil - *gr* - der pseudohistorische Hintergrund so herrlich auf die Schippe genommen wird. Ich bin gespannt, wie (oder ob) Du die Nibelungensage noch mehr ankratzt. Aber aus dem Gemetzel mit Etzel halte deinen liebenswerten Drachen lieber raus - sonst müsste man vielleicht sogar die Geschichte der Völkerwanderung neu schreiben.
Ehrlich - wenn es deine Drachengeschichten nicht gäbe - Antaris müsste sie erfinden.

Gruß Ralph
 
Z

zugast

Gast
Die Geschichte hat mir gefallen, vor allem .....der Dämliche, der die Höhle dummerweise besenrein hinterließ! Schöne Idee und unterhaltsam geschrieben.
Aber wenn Allie der niebelungensche Lindwurm sein soll( Zwerg Alberich und der Möchtegern Held, wahrscheinlich Siegfried, deuten ja darauf hin), dann hat er schon einen Namen. Nämlich Fafnir! Siegfried erschlug ihn und badete in seinem Blut usw.
Zum kleinen Drachen passt also besser Faffi.
Grüße
 



 
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