Julian Meier vom Tiefkühlservice fuhr mit seinem Wagen über die Dörfer und versorgte die Häuser mit tiefgekühlten Leckereien. Ein Anruf genügte, schon bekam man einen Katalog mit allerlei frischen und gesunden Köstlichkeiten und ein paar Tage später klingelte Herr Meier oder einer seiner freundlichen Kollegen an der Haustür und erfüllte jedem Gourmet seine Wünsche. Was für viele Haushalte sehr praktisch war, gefiel Herrn Meier gar nicht. Er fand seine Arbeit langweilig und dazu war sie schlecht bezahlt.
Heute war er gerade auf seiner Mittwochstour unterwegs. Er fuhr mit dem Wagen auf das Grundstück der Schulzes, parkte neben ihrem Auto und stieg aus. Er ging zur Tür und klingelte. „Guten Tag!“, sagte er freundlich. „Guten Tag, es ist sehr gut, dass Sie heute kommen, unsere Tiefkühltruhe ist schon wieder ganz leer. Ich habe ihnen einen Zettel geschrieben, hier bitte sehr“, sagte Frau Schulze. Wie immer ging Herr Meier dann zum Wagen, sammelte die einzelnen Tüten zusammen und kehrte zur Tür zurück. „So, dann hätten wir einmal das Kaisergemüse, einmal die Partyschnitzel, zweimal die Fertiggerichte und das Spaghetti Eis.“ „Ah, das ist aber gut, dass Sie alles dabei haben. Na ja, Ihr Wagen ist ja auch entsprechend groß. Da passt ja viel rein.“ Herr Meier warf einen flüchtigen Blick zum Wagen. „Ja, allerdings.“ „Haben Sie auch schon davon gehört?“
Das war genau der Teil seines Berufs, den Herr Meier hasste. Die Leute benutzten ihn nicht nur als Lieferanten von Tiefkühlprodukten, sondern auch als Klatschpost. Dafür müsste es eigentlich einen Aufschlag geben, dache er sich oft. Dennoch musste er das Spiel eben mitspielen. „Was soll ich gehört haben?“, fragte er freundlich nach. „Der Herr Gruber ist verschwunden.“ „Der Arzt?“ „Ja, genau der.“ „Das ist ja schrecklich. Seit wann denn?“ „Also er ist seit Sonntag nicht mehr zu Hause aufgetaucht.“ „Was ist denn passiert?“ „Also das weiß niemand so richtig.“ Es lag ihm auf der Zunge zu sagen, dass bei Klatsch niemals jemand etwas Genaues wisse, aber er hatte die Erfahrung gemacht, dass es für ihn und auch für das Geschäft am besten war, wenn er die Leute einfach reden ließ und so hörte er sich lieber an, was die Dame zu erzählen hatte. „Die Leute erzählen sich, dass er Probleme mit seiner Frau gehabt hat und er deshalb weggelaufen ist.“ „Mhm, kann man sich gar nicht so richtig vorstellen, die beiden machten doch immer einen zufriedenen Eindruck. Aber so etwas kann nach außen natürlich auch täuschen.“ „Mich hat es auch gewundert. Aber wer weiß, vielleicht steckt da noch was ganz anderes dahinter. Die gute Frau Gruber muss jedenfalls untröstlich sein. Ach, die Arme! Wie auch immer, wir werden schon noch hören, was dabei herauskommt.“ „Richtig, da bin ich ja mal gespannt. Also, der Tiefkühlservice wünscht jederzeit guten Appetit! Bis zum nächsten Mal dann!“, verabschiedete sich Herr Meier.
Er fuhr weiter zum nächsten Kunden. Das gleiche Spiel ging von vorne los. Guten Tag. Ich habe eine Liste für Sie. Haben Sie schon gehört? Nein, er ist doch nicht weggelaufen, er ist doch bei seinem Bruder in der Schweiz, habe ich gehört. Die arme Frau Gruber, die muss ja wahnsinnig alleine sein. Dann ging es zum nächsten Kunden: bei seinem Bruder in der Schweiz? Nein, also soweit ich weiß, ist er ermordet worden. Der armen Frau Gruber geht es bestimmt miserabel. Und zum letzten Kunden vor der Mittagspause: Ermordet? Nein, ich dachte er hat sich aufgehängt. Für die arme Frau Gruber tut es mir besonders leid, was die jetzt durchmacht.
Das Gequatsche der Leute konnte einem den Tag schon vermiesen. Herr Meier war dankbar um die halbe Stunde, die er auf diesem vollkommen leeren Parkplatz verbrachte, alleine mit seinem Brot und der Natur. Aber etwas beunruhigte ihn. Der nächste Kunde war Frau Gruber selbst. Sollte er wirklich hinfahren. Aber einfach auslassen konnte er sie auch nicht. Also fuhr er nach dem Mittag einfach mal vorbei. Als er auf den Hof fuhr, sah er einen Polizeiwagen dort stehen. Er wollte gerade schon wieder wegfahren, da fiel ihm auf, dass er sich damit verdächtig machen würde. Also klingelte er. Frau Gruber machte ihm auf. Sie war stark geschminkt und sah gar nicht unglücklich aus. „Guten Tag, ich habe davon gehört, also es tut mir schrecklich leid. Aber ich dachte, essen muss man ja trotzdem weiter“, brachte er zitternd hervor. „Aber klar, das wird schon wieder. Ich habe eine Liste für Sie!“, sagte sie und gab ihm einen sehr langen Zettel, ausschließlich Sachen aus dem Premiumkatalog. „Oha!“ „Na ja, man sollte niemals vergessen, dass man nur einmal lebt“, erklärte sie. Er holte die Sachen und brachte sie zur Tür. „Legen Sie es einfach hier hin, ich räume es dann weg, wenn die Polizei gegangen ist. Die Herren sind ohnehin gerade auf dem Sprung.“ Sie zog ihn näher an sich heran und flüsterte dann: "Die ahnen nichts!" Herr Meier lud die Sachen ab, verabschiedete sich und kehrte beruhigt zu seinem Wagen zurück. Er hakte noch die anderen Kunden ab, erzählte aber nichts von seinem Besuch. Erstens hatte er ja auch nichts Neues erfahren und zweitens wollte er sich nicht am ländlichen Tratsch beteiligen.
Abends, als er auf dem Rückweg in die Zentrale war, war es schon dunkel. Er hatte sich extra Zeit gelassen. An einer schlecht einsehbaren Stelle bog er ab und fuhr ein Stück in den Wald hinein. Er stieg aus, sah sich um und wartete einen Moment. Niemand hier, vollkommen dunkel. Er ging zum Wagen und öffnete eine der Türen. Er kroch tief hinein und zerrte an einem großen Plastiksack. Er zog ihn ganz hervor. Darin war Herr Gruber, tot und tiefgekühlt. Er vergrub ihn sorgsam an einen Baum, sah sich erneut um und fuhr weg. Der angekündigte Regen in den nächsten Tagen würde die Spuren seines Wagens vertuschen und das Geld, das er von Frau Gruber fürs Entsorgen bekam konnte er gut brauchen.
Heute war er gerade auf seiner Mittwochstour unterwegs. Er fuhr mit dem Wagen auf das Grundstück der Schulzes, parkte neben ihrem Auto und stieg aus. Er ging zur Tür und klingelte. „Guten Tag!“, sagte er freundlich. „Guten Tag, es ist sehr gut, dass Sie heute kommen, unsere Tiefkühltruhe ist schon wieder ganz leer. Ich habe ihnen einen Zettel geschrieben, hier bitte sehr“, sagte Frau Schulze. Wie immer ging Herr Meier dann zum Wagen, sammelte die einzelnen Tüten zusammen und kehrte zur Tür zurück. „So, dann hätten wir einmal das Kaisergemüse, einmal die Partyschnitzel, zweimal die Fertiggerichte und das Spaghetti Eis.“ „Ah, das ist aber gut, dass Sie alles dabei haben. Na ja, Ihr Wagen ist ja auch entsprechend groß. Da passt ja viel rein.“ Herr Meier warf einen flüchtigen Blick zum Wagen. „Ja, allerdings.“ „Haben Sie auch schon davon gehört?“
Das war genau der Teil seines Berufs, den Herr Meier hasste. Die Leute benutzten ihn nicht nur als Lieferanten von Tiefkühlprodukten, sondern auch als Klatschpost. Dafür müsste es eigentlich einen Aufschlag geben, dache er sich oft. Dennoch musste er das Spiel eben mitspielen. „Was soll ich gehört haben?“, fragte er freundlich nach. „Der Herr Gruber ist verschwunden.“ „Der Arzt?“ „Ja, genau der.“ „Das ist ja schrecklich. Seit wann denn?“ „Also er ist seit Sonntag nicht mehr zu Hause aufgetaucht.“ „Was ist denn passiert?“ „Also das weiß niemand so richtig.“ Es lag ihm auf der Zunge zu sagen, dass bei Klatsch niemals jemand etwas Genaues wisse, aber er hatte die Erfahrung gemacht, dass es für ihn und auch für das Geschäft am besten war, wenn er die Leute einfach reden ließ und so hörte er sich lieber an, was die Dame zu erzählen hatte. „Die Leute erzählen sich, dass er Probleme mit seiner Frau gehabt hat und er deshalb weggelaufen ist.“ „Mhm, kann man sich gar nicht so richtig vorstellen, die beiden machten doch immer einen zufriedenen Eindruck. Aber so etwas kann nach außen natürlich auch täuschen.“ „Mich hat es auch gewundert. Aber wer weiß, vielleicht steckt da noch was ganz anderes dahinter. Die gute Frau Gruber muss jedenfalls untröstlich sein. Ach, die Arme! Wie auch immer, wir werden schon noch hören, was dabei herauskommt.“ „Richtig, da bin ich ja mal gespannt. Also, der Tiefkühlservice wünscht jederzeit guten Appetit! Bis zum nächsten Mal dann!“, verabschiedete sich Herr Meier.
Er fuhr weiter zum nächsten Kunden. Das gleiche Spiel ging von vorne los. Guten Tag. Ich habe eine Liste für Sie. Haben Sie schon gehört? Nein, er ist doch nicht weggelaufen, er ist doch bei seinem Bruder in der Schweiz, habe ich gehört. Die arme Frau Gruber, die muss ja wahnsinnig alleine sein. Dann ging es zum nächsten Kunden: bei seinem Bruder in der Schweiz? Nein, also soweit ich weiß, ist er ermordet worden. Der armen Frau Gruber geht es bestimmt miserabel. Und zum letzten Kunden vor der Mittagspause: Ermordet? Nein, ich dachte er hat sich aufgehängt. Für die arme Frau Gruber tut es mir besonders leid, was die jetzt durchmacht.
Das Gequatsche der Leute konnte einem den Tag schon vermiesen. Herr Meier war dankbar um die halbe Stunde, die er auf diesem vollkommen leeren Parkplatz verbrachte, alleine mit seinem Brot und der Natur. Aber etwas beunruhigte ihn. Der nächste Kunde war Frau Gruber selbst. Sollte er wirklich hinfahren. Aber einfach auslassen konnte er sie auch nicht. Also fuhr er nach dem Mittag einfach mal vorbei. Als er auf den Hof fuhr, sah er einen Polizeiwagen dort stehen. Er wollte gerade schon wieder wegfahren, da fiel ihm auf, dass er sich damit verdächtig machen würde. Also klingelte er. Frau Gruber machte ihm auf. Sie war stark geschminkt und sah gar nicht unglücklich aus. „Guten Tag, ich habe davon gehört, also es tut mir schrecklich leid. Aber ich dachte, essen muss man ja trotzdem weiter“, brachte er zitternd hervor. „Aber klar, das wird schon wieder. Ich habe eine Liste für Sie!“, sagte sie und gab ihm einen sehr langen Zettel, ausschließlich Sachen aus dem Premiumkatalog. „Oha!“ „Na ja, man sollte niemals vergessen, dass man nur einmal lebt“, erklärte sie. Er holte die Sachen und brachte sie zur Tür. „Legen Sie es einfach hier hin, ich räume es dann weg, wenn die Polizei gegangen ist. Die Herren sind ohnehin gerade auf dem Sprung.“ Sie zog ihn näher an sich heran und flüsterte dann: "Die ahnen nichts!" Herr Meier lud die Sachen ab, verabschiedete sich und kehrte beruhigt zu seinem Wagen zurück. Er hakte noch die anderen Kunden ab, erzählte aber nichts von seinem Besuch. Erstens hatte er ja auch nichts Neues erfahren und zweitens wollte er sich nicht am ländlichen Tratsch beteiligen.
Abends, als er auf dem Rückweg in die Zentrale war, war es schon dunkel. Er hatte sich extra Zeit gelassen. An einer schlecht einsehbaren Stelle bog er ab und fuhr ein Stück in den Wald hinein. Er stieg aus, sah sich um und wartete einen Moment. Niemand hier, vollkommen dunkel. Er ging zum Wagen und öffnete eine der Türen. Er kroch tief hinein und zerrte an einem großen Plastiksack. Er zog ihn ganz hervor. Darin war Herr Gruber, tot und tiefgekühlt. Er vergrub ihn sorgsam an einen Baum, sah sich erneut um und fuhr weg. Der angekündigte Regen in den nächsten Tagen würde die Spuren seines Wagens vertuschen und das Geld, das er von Frau Gruber fürs Entsorgen bekam konnte er gut brauchen.