Immer seltener

Sensiro

Mitglied
Oder wie ich es sage:
Literatur ist der der Versuch, anderen an der Vollkommenheit der eigenen Gefühle mit etwas Unvollkommenem teilhaben zu lassen.

Ave!
Sensiro
 

Feder

Mitglied
Das hast du schön wiedergegeben.

Danke!

Oder mit meinen Worten:
Etwas Unvollkommenes
macht den Menschen gegenwärtig.

Lb. Gruß,
Feder
 

Sensiro

Mitglied
Interessant

Eine interessante These. Dreht man sie herum, so muß man schlußfolgern, daß die Gegenwart des Menschen auf Unvollkommenheit beruht. :)
Der Mensch findet also seine Existenzberechtigung in der Unvollkommenheit der Schöpfung. Netter Gedanke und wenn man sich in der Welt so umsieht mag das ja leider gar nicht so falsch sein ...

Frohe Weihnachten!
Sensiro
 

Feder

Mitglied
So "vollkommen" gerade solltest du das nicht auslegen :)

Guten Morgen Sensiro und frohe Weihnachten!

Die Schöpfung des Menschen setze ich bei Gott an und somit als vollkommen voraus. Es war die Absicht, etwas Vollkommenes zu schöpfen.

Der Mensch ist, wie er weiß, nicht vollkommen.
So kann er, wenn er auch nach Vollkommenheit strebt, doch immer besser mit Situationen, Dingen und auch mit Menschen umgehen, die er für nicht so ganz perfekt hält - im Gesamtbild gesehen. Fehler sind menschlich, sagt man.

Alles, was den Anschein hat, in Richtung Vollkommenheit zu gehen, lieben und bewundern wir. Gleichzeitig machen wir uns bewußt, dass all das, was wir wirklich lieben und bewundern, auch Fehler haben darf - wir es vielleicht gerade aufgrund seiner Unvollkommenheit, die uns selbst daneben bestehen läßt, mit ganzer Kraft lieben können.

Der Mensch, der über sich nachdenkt, wird nie so überheblich sein, sich für vollkommen zu halten. Sicher strebt auch er weiterhin nach Perfektion in den Dingen, die er tut. Aber wenn er Zufriedenheit will, mit seinem Umfeld und mit sich selbst, sollte er sich darauf beschränken, dass etwas Unvollkommenheit zum Leben gehört.

Lb. Gruß,
Feder
 

Sensiro

Mitglied
Hatte es denn den Anschein, daß ich das so ernst gemeint habe, trotz des Smilies? :confused:

Ich fand es einfach als These an sich interessant, auch wenn ich weiß, daß Du das gerade nicht so gemeint hast.

Aber der Gedanke ist schon nett, denn aus ihr würde gerade folgen, daß die Schöpfung (des Menschen) unvollkommen sein muß (unabhängig von der Absicht seiner Schöpfung), da ansonsten der Mensch keine Existenzberechtigung hätte. Oder aber er ist perfekt, was ich jedoch für ein Gerücht halte oder nur auf Grund meines beschränkten Verstandes nicht erkenne.

Wenn Du nun aber sagst, daß die Schöpfung ist als perfekt anzusehen, andererseits der Mensch aber unvollkommen ist, ist das ein Widerspruch in sich. Meine ich zumindest, aber das kann ja auch einfach daran liegen, daß wir unsere Vollkommenheit gar nicht erkennen (können).

Sicher hast Du aber recht, daß Menschen gerade Unzulänglichkeiten lieben. Besonders die anderer. :)
Zum einen lenken sie von der eigenen ab und zum anderen - und das ist wohl das wichtigere - machen gerade sie den Charakter und die Individualität des Gegenübers aus. Machen ihn besonders und interessant. Oder aber auch abstoßend, je nach dem.

Das andere, was Du sagtest, daß etwas Unvollkommenheit zum Leben gehört und man damit einfach zufrieden sein soll, haben wohl ein Haufen Leute einfach vergessen, leider. Das muß aber wohl an der Konsumgesellschaft liegen, in der Maßstäbe einfach maßlos hoch angesetzt werden, so daß Erreichen derer nur wenigen vorbehalten ist, und das oft nicht mal auf Grund eigener Leistung.
Ich frage mich manchmal wohin diese Unzufriedenheit noch führen soll. Führt sie in letzter Zeit doch gerade dazu, daß das "Herdentier Mensch" immer mehr zum Einzelgänger wird und auf seine natürliche Veranlagung immer mehr bewußt verzichtet, um die falschen Ziele zu erreichen. Die Ziele, die ihn nämlich nicht zufrieden stellen, selbst wenn er sie erreicht.

Fraglich an dieser Stelle bleibt, warum, gemessen an westlichen "Standards" (wie man ja immer wieder gerne sagt), Menschen in armen Ländern viel öfter mit ihrem Leben zufrieden sind und warum sie noch in (großen) Familienverbänden zusammenleben. Gibt es denn etwa auch eine Zufriedenheit ohne Konsum??? Oder hat das letzte Hemd vielleicht doch Taschen???

Fragen über Fragen. Ich bin mir sicher, daß Du trotz des verwirrenden Wirr-Warrs (Rechtschreibung???) eine Antwort findest.

Carpe diem!
Sensiro
 

Feder

Mitglied
Danke für die ausführliche Antwort :)

Ich will meine kurz auf den Punkt bringen.

Zufriedenheit (natürlich aus meiner Sicht :)) fußt darauf, was jeder als Grundbedingung für ein glückliches Leben sieht. Das sind, wenn man sich reduziert auf Wesentliches, die "eigentlichen Werte". Diese sind bei jedem anders in der Reihen, aber, wenn ich so durch die Lupe wandere, doch überwiegend die gleichen.

Angenommen zu werden, so wie man ist - auch mir der eigenen Unvollkommenheit. Zu geben, was man übrig hat (und das ist meist eine Menge mehr, als man glaubt, wenn man mal alle Zurückhaltung außen vor läßt) und die Möglichkeit zu haben, dankbar zu sein, für die kleinen Dinge im Leben. Denn: wenn man alles an den großen mißt, übersieht man die kleinen Dinge, die das Leben so schön machen.
Das Lächeln eines fremden Menschen.
Eine aufrichtige Bemerkung.
Ein ernst gemeintes Dankeschön.
Die Tatsache, Mensch unter anderen zu sein und festzustellen, es gibt viele, die "im Grunde" genauso sind, wie man selbst.

War das jetzt zu tiefsinnig?

Bin gespannt! :)

Lb. Gruß,
Feder
 

Sensiro

Mitglied
Nein, wieso? Hälst Du es denn für zu tiefsinnig?

Sich an kleinen Dingen freuen zu können ist wichtig und fällt mir ehrlich gesagt auch leichter als an großen, weil kleine Dinge oft ehrlicher sind. Zumindest kommt es mir so vor.

Problematisch finde ich aber eben, daß einer täglich sich vergrößernden Zahl von Personen gerade falsche Werte vermittelt werden. Nicht unbedingt absichtlich, aber eben mit fatalen Folgen.
Da kann ich ein schon angeführtes Beispiel wieder ins Feld führen: den Single. Nur in der Version, daß er alleinerziehende Mutter (gilt für Väter im folgenden entsprechend)ist und das zusätzlich noch aus Überzeugung. Aus der Überzeugung, ich kann das Kind auch ohne Vater großziehen oder ich kann auf diesen Vater kann ich verzichten oder ich kann generell auf einen Vater verzichten.
Der Wertgehalt wäre dann folgender: ich kann mich vor Problemen der Partnerschaft durch Trennung drücken und stelle mein Wohlergehen über das meines Kindes (das meiner Meinung nach beide Elternteile ständig und nicht nur am Wochenende benötigt)
Sicher ist das sehr pauschalisiertes Beispiel, das auch in dieser Form vielleicht nicht überwiegend zutreffend ist. Aber das wird es werden, da bin ich mir sicher. Denke man doch allein daran, welchen Stellenwert die Ehe in unserer Gesellschaft nur noch hat (mal abgesehen vom Grundgesetz). Heirate heute, scheide morgen. Bei einem Aufsatz würde ich da glatt sagen: "Themaverfehlung!"

Ich denke, daß viele der "eigentlichen Werte" mehr und mehr den Bach runter gehen, nicht weil sie nicht mehr bekannt oder gewünscht wären, sondern weil sie immer weniger gelebt werden.

Den Wunsch eines jeden, trotz seiner Unvollkommenheit anerkannt zu werden, hängt auch von den herrschenden Werten ab. Zum einen wird festgelegt, was vollkommen und was unvollkommen ist. Und zum anderen hängt die Anerkennung vom Grad der Toleranz, den die Gesellschaft hat, ab.
Als interessante Frage stellt sich aktuell, ob man es ethisch vertreten und tolerieren kann, daß man neues Leben schafft und anschließend wieder vernichtet, um bestehendes zu erhalten.
Erkenne ich nun jemanden an, der dies befürwortet, weil er krank ist? Verurteile ich den, der dies befürwortet, weil er es für den Fortschritt unerläßlich hält? Was mache ich mit dem, der dies wegen des zu erwartenden Profits befürwortet? Oder gar mit jemand, der von der Richtigkeit prinzipell überzeugt ist?
Und wie werde ich in dreißig Jahren darüber urteilen?

Manche Werte ändern sich nicht. Zumindest nicht grundlegend, hoffe ich.

Im übrigen entschuldige ich mich, wenn ich ab und zu einen kleinen roten Faden vermissen lasse. :D
Aber ich schreibe, was ich denke und ich denke nun mal sprunghaft.

Gute Nacht für heute!
Sensiro
 

Feder

Mitglied
Hi, konnte nicht schlafen :)

nein, du läßt den roten Faden nicht vermissen, jedenfalls finde ich ihn immer, ohne lange suchen zu müssen.
Grundsätzliche Dinge sind wichtig, man stellt die Grundsätze für sich selbst auf - mag die Gesellschaft ihre eigenen haben. Zwar ist das im Alltag nicht immer so einfach umzusetzen, aber was ist schon einfach?
Zu den Dingen zu stehen, die man tut und läßt. Zur Vergangenheit zu stehen, wie zur Gegenwart. Zu seinen Wünschen zu stehen, zu Menschen, die einem wichtig sind. All das ist richtig und wichtig. Allerdings darf eines nie unberücksichtigt bleiben: So edel die eigenen Werte auch sein mögen, so anspruchsvoll die Absicht, hier und in Zukunft nie zu revidieren, man muss aufpassen, sich dabei nie selbst aufzugeben, sich täglich neu darin wieder zu finden, an sich zu arbeiten - positiv gesehen.
Grundsätze, wie beispielsweise eine Entscheidung für ein Kind, wenn es in sich in einer Situation ankündigt, die für das Kind, die Mutter und den Vater schwierig ist, ist eine Frage zur Einstellung zum werdenden Leben wie eine Frage der Verantwortung - zum ersten für den Moment, wo es entstanden ist. Soll man da sagen: "du paßt jetzt nicht in die Welt, du kommst so plötzlich?" Ich würde eher sagen: "einen passenderen Moment hätte es geben können, aber da du scheinbar zu mir/uns auch jetzt in diese Welt willst, werde(n) ich/wir einen Weg dafür finden, damit du diese Welt siehst, wie es für einen Menschen würdig ist. Die, die dich her holten, sind für dich da. Verantwortung zeigen - notfalls allein - weil man mit seinen Entscheidungen leben muss - ein ganzes Leben.

Werte: eine Ehe zum Beispiel. Heirat heute, Scheidung morgen, ist nicht mein Ding. Allerdings darf man für sich selbst auch nicht den Scharfrichter spielen, wenn etwas irgendwann, bei allen Versuchen und allem Einsatz nicht mehr geht. Konsequenz ist auch ein Wert.

Alle Werte die man hat, oder die ich habe, erarbeitet man sich im Leben. Grundwerte geben uns Eltern mit auf den Weg, was man daraus macht, hier ist man selbst der Schmied. Man kann zum gleichen Ergebnis kommen, was aber eine eigene Betrachtungsweise nicht ausschließt, solange man sich zugesteht, auch "eigene Fehler" machen zu dürfen.

So langsam wird man erwachsen oder ist erwachsen. Spätestens dann, wenn man weiß, womit man leben kann, was wichtig für einen ist und überdem: dass man jeden Tag noch in den Spiegel schauen kann und sich sagen: dein Weg ist gut, denn du gehst ihn nach deinen Werten.

So, jetzt sag ich für heute "gute Nacht"!

Bis die Tage,
träum süß,
Feder
 



 
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