Immerkalte Winde

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Aragorn

Mitglied
Immerkalte Winde

Nach all der Hoffnung, die ich hier verlor,
bleibt rostig nur das Schloss des Traums besteh`n
und kalte Winde die das Feld umweh`n,
sind immerfort der Schlüssel zum Versteh`n,
als ob ich mir zum Leben dies erkor.

Die Finger sind das Greifen nicht gewohnt,
ein ewig schwarzer Fluch legt sich hernieder,
in mir nur spielen trostlos träge Lieder,
zu jeder Stunde pausenlos und wieder,
erkenne ich, dass nichts für mich sich lohnt.

Auch jetzt, nach Tagen ohne Zuversichten,
soll ich mir heucheln, was doch Wunsch geblieben,
soll schreiben, was ich tausend Mal geschrieben,
soll hassen das, was ich nur könnte lieben
und darauf achten mich nicht zu vernichten.

Beileibe, es ist schwer, ich möchte flieh`n,
in Berge, die mich in der Nacht behüten,
in Feuer, die im Traume für mich wüten
und Wiesen, die mit aller Farben Blüten,
mein Leben auf die schöne Seite zieh`n.


1.5.2006 © Ara
 
M

Melusine

Gast
Hallo Ara,
das gefällt mir. Mehr noch, es berührt mich, es spricht mich an. Seltsam. Eigentlich mag ich diese stark formalisierten Reimgedichte gar nicht so gern, aber du schaffst es, dass es trotzdem nicht affektiert oder wie eine Nachahmung alter Meister wirkt.
An deiner Wortwahl hätte ich da und dort eine Kleinigkeit auszusetzen, aber ich lasse es und verbeuge mich statt dessen vor der Meisterschaft perfekter Metrik.

Nein, warte, ganz kann ich's doch nicht lassen: das "Beileibe es ist schwer" am Beginn der letzten Strophe lässt mich ein wenig stolpern...

Im Ganzen aber sehr gelungen!

Mel
 

Aragorn

Mitglied
Liebe Melusine,

mich freut Dein Kommentar, ich war richtig happy als ich ihn gelesen habe!
Was die eine Zeile betrifft, macht es vielleicht das Wort "Beileibe" aus. Es liest sich eher etwas unbekannt. Ich habe mir schon ein paar Gedanken zu dieser Zeile gemacht, bisher ist mir nichts eingefallen wie ich sie besser machen könnte und so wird die Zeile wohl so verbleiben. Stolpern tu ich da eigentlich nicht (ist ja immer so bei den Schreibern, selbst stolpert man ja nie....grins*).

Nein, ist schon ok und ich denke auch noch einmal darüber nach.
Vielen Dank!

Ara
 
M

Melusine

Gast
Liebe Ara,
ich denke, es war wohl eher die Wortstellung... aber macht nichts. Mir fiel schon oft auf, dass der Schreib- bzw. Lesefluss viel mit Sprechgewohnheiten zu tun haben dürfte.
Das eher "Altertümliche" des Ausdrucks gefällt mir eigentlich gerade und es passt sehr gut zur Stimmung deines Gedichts.

Vielleicht ein Komma? ("Beileibe, es ist schwer..."?) Wenn es "fürwahr" hieße, würde ich ein Komma setzen. Weiß nicht so recht. Nur mal so eine Idee.

Ach, ich fürchte, bin schon ganz lupenverbildet. Eigentlich lese ich Gedichte doch lieber mit Genuss und ohne sie zu zerpflücken.

LG Mel
 
B

bonanza

Gast
nicht gerade die poesie, die ich gern lese, aber durchaus
ohrgängig. als schwachpunkt empfinde ich den titel.
ist ein gefühl von mir.
irgendwie authentisch unauthentisch das ganze.

bon.
 

Aragorn

Mitglied
Lieber Bon,

ich treffe sicher nicht jeden Geschmack, aber ich danke Dir für den Kommentar und wünsche einen schönen Tag!

Ara
 

Rhea_Gift

Mitglied
Mir fast schon ZU flüssig zu lesen - paradox ob der Thematik... die Freude fällt natürlich auch weg. Aber gerade das Paradoxe hat eine gewisse Wirkung, die auch paßt - zwanghafte Blütenreimreinheit, um sich auf die schöne Seite zu ziehen?

LG, Rhea
 
B

bonanza

Gast
komisch, ich dachte sogar an ein plagiat.
entschuldige, aragorn. das ist kein wirklich begründeter
verdacht.
 

Aragorn

Mitglied
Hallo Rhea,

wie ich schon zu Bon sagte, kann ich nicht jeden Geschmack treffen, jedoch meine ich, dass ein Reimgedicht durchaus flüssig zu lesen sein sollte. Gibt es da ein "zu" flüssig? Ich glaube nein.

Ein Dank für Deine Meinung zu meinen Zeilen!

Lieber Bon, es könnte mich fast schon ehren, wenn Du den Verdacht eines Plagiates erhebst, doch weiß ich leider nicht, von wem ich dieses großartige (Vorsicht Ironie!) Gedicht gestohlen haben soll. Dann doch bitte von einem großen Meister, ok? Damit sich die Sache auch lohnt! Bevorzugt wird Rilke, Morgenstern, oder jüngst auch Mascha Kalèko.

Neulich habe ich mich schon fast dabei erwischt, wie ich Großmeister Goethe abschrieb...nicht das ich die Geister die er rief so schlecht verstünde, jedoch osterspazierte ich nicht auf grünender Flur, um Bildung und Streben zu erwarten, denn mir war vornherein klar, dass ich diese beiden Dinge nicht hinter einem hohlen finterem Tore erwarten könne.

Euch einen sonnigen Tag (hier scheint sie gerade prächtig)

Ara
 

Rhea_Gift

Mitglied
Damit wollte ich sagen, ohne Reime käme der Inhalt besser zur Geltung oder ich würde ein paar Brüche einbauen... - ist mir einfach zu glatt. Aber du hast recht, solche Wahrnehmungen sind immer Gesachmackssache ;)

Hier auch Sonne - und wie ich hörte, soll sie bleiben für eine Weile :)

LG, Rhea
 



 
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