Inshallah

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Retep

Mitglied
Inshallah


„Halt die Zeit an“, hatte einmal eine Frau vor vielen Jahren zu ihm gesagt, die ihn sehr geliebt hatte, „bitte halt die Zeit an“, aber er konnte sie damals nicht anhalten.

Es war schon gegen Mittag. Lange hatte er nicht einschlafen können, später als sonst war er aufgewacht, hatte gegen die Decke geschaut, das Zimmer angesehen, als wenn er es nie vorher gesehen hätte oder niemals wieder sehen würde.
Da an der Wand stand das Regal, das er selbst gemacht hatte, voller Bücher. Viele hatte er gelesen.
Er hatte nie verstanden, wie eine Kultur, in der die Schrift, die Mathematik entstanden war, die die Welt über Jahrhunderte beeinflusst und geformt hatte, in Bedeutungslosigkeit versunken war.

Er stand langsam auf, wusch sich und zog sich so an, als würde er zu einem Fest gehen.
Als er in die Küche kam, sah er seine Frau, sie bereitete das Mittagessen vor. Sein Sohn spielte in einer Ecke mit einem Feuerwehrauto.
Sie brachte ihm Kaffee.
Wie schön sie war!
Ja, zum Mittagessen würde er wieder zurück sein.
Er verabschiedete sich, umarmte seinen Sohn und seine Frau, wollte noch etwas sagen, ließ es aber dann.
Er stieg die schmale Treppe aus dem zweiten Stock hinunter, die letzte Stufe müsste einmal ausgebessert werden, dachte er.
Als er aus der Haustür kam, blendete ihn Licht, er konnte zunächst nur Schatten erkennen.
Die alte Frau aus dem dritten Stock kam ihm entgegen, grüßte ihn, aber er bemerkte sie nicht; sie schüttelte den Kopf und schaute ihm nach.
Er ging in Richtung Wochenmarkt, ging an Geschäften vorbei, hier war er oft zur U-Bahn gegangen, zur Arbeit gefahren, aber heute war alles anders, er sah alles wie durch einen Nebel, alles unscharf, alles bewegte sich wie in Zeitlupe, als wenn sich die Zeit gedehnt hätte.
Leute schauten ihn an, und er sah in ihren Gesichtern, was sie dachten. Für ihn, der Araber war und auch wie ein Araber aussah, war das Leben hier schwieriger geworden.
Patienten wunderten sich, einen Arzt zu sehen, der Ausländer, Araber, war, sie hatten gedacht, „dass die alle bei der Müllabfuhr arbeiten würden“.
Sie schauten ihn misstrauisch an.
Typisch deutsche Vorstellungen, alle Schwarzen sitzen im Urwald auf Bäumen und trommeln, alle Araber sind Händler, betrügen oder sind Terroristen, dachte er.
Jetzt war sein Chef in Pension gegangen, ihn hatte man übergangen, ein jüngerer Deutscher war sein Vorgesetzter geworden. Das hatte ihn nicht sonderlich überrascht. Er hatte eigentlich nichts anderes erwartet.

Anfänglich hatte er sich in eine neue Kultur integrieren wollen, hatte die Sprache gelernt, versucht, sich anzupassen, war dann aber durch die herrschende Überheblichkeit und soziale Kälte abgeschreckt worden, hatte den Schein der sogenannten multikulturellen Gesellschaft erkannt.
In abendländischen Medien wurden Migranten als hilfsbedürftige, defizitäre und pathologische Individuen beschrieben, die von ihrer Doppellast von zwei Kulturen befreit werden müssten.

Auf dem Markt grüßte ihn ein Arbeitskollege, scheißfreundlich, falsch, ein richtiger Arschkriecher.
Schöne Ferien hatte man ihm gestern gewünscht.

Das Gedränge wurde immer größer, überall Menschen, die verkauften und kauften, Blumen, Obst und Gemüse, Gewürze, Töpfe aus Ton.
Es war Samstag.

Er dachte an seine Eltern und Geschwister, sie waren tot, irrtümlich war ihr Haus von einer Bombe getroffen worden, wie es hieß.
Sein Vater war Bauer gewesen, er und seine Mutter hatten sich abgerackert, auf dem Land hatten sie bescheiden gelebt, was in den Städten passierte, davon hatten sie kaum etwas mitbekommen.
Ein paar Schafe und Ziegen hatten sie gehabt, Olivenbäume und einen kleinen Hund.
Aber plötzlich waren Flugzeuge über sie geflogen, zum ersten Mal hatte er Panzer vorbeifahren gesehen, Männer in Uniform aus anderen Ländern waren gekommen und geblieben, zuerst Russen, dann Amerikaner, auch andere Nationen, auch Deutsche.
Er drängte sich durch die Menschenmassen, war jetzt etwa in der Mitte des Marktes. Zwei Polisten liefen an ihm vorbei, sahen ihn kurz an, gingen weiter.

Er griff unter seinen Mantel und fasste die Schnur an.

Ihm wurde erst jetzt richtig bewusst, was er da machen wollte; seine Sicherheit verlor sich ein wenig, er versuchte sich zu beruhigen.
Für seine Familie würde gesorgt werden, sie würden Deutschland verlassen.
Er war jetzt und hier im Einsatz, im Dschihad, im Einsatz für die Sache Gottes.
Ihm waren in der letzten Nacht nicht die beiden Grabesengel erschienen, hatten ihn nicht über seinen Glauben befragt; er würde direkt ins Paradies eingehen.
Er tauschte dieses diesseitige Leben für ein jenseitiges ein, damit die nach ihm kamen, sich nicht mehr fürchten , nicht mehr trauern müssten.
Sein Studium hatte man finanziert, ein Auserwählter war er jetzt, ein Schläfer war er geworden, jederzeit einsatzbereit.

Alles begann sich um ihn herum zu drehen, zu kreisen, er stand im Mittelpunkt, hörte Geräusche, Verkehrslärm, Stimmen, als hätte er Wasser in den Ohren.

Er schaute sich noch einmal um und zog an der Schnur, alles würde zu Ende sein.

Und dann sah er seine Frau und seinen Sohn, sie kamen ihm entgegen, winkten, waren fast bei ihm.
Er versuchte noch, in die entgegengesetzte Richtung zu rennen und wusste, dass die Zeit dafür nicht mehr ausreichen würde, er konnte sie nicht anhalten.
 
K

Kasper Grimm

Gast
Ein betroffen machender Text, der besonders durch den überraschenden Schluß eine über sich hinausweisende Botschaft bekommt, wird damit doch deutlich, daß jedes wie auch immer geartete Attentat eine Ungeheuerlichkeit ist - manchem erst bewußt, wenn eigene Angehörige davon betroffen sind. Das geht auch in die umgekehrte Richtung: was wissen satte Europäer und Amerikaner, die die Politiker gewählt haben, die anderswo Soldaten in Einsätze schicken, wie den dortigen Einwohnern zumute ist, wenn dort bombardiert wird?
Eigentlich müßte jeder viel mehr versuchen, sich in den anderen hineinzuversetzen und sich auch für die Gegenseite zu sensibilisieren. Das Gut-Böse-Schema ist vielleicht das größte unheilbringende Übel - auf jeder Seite!
Bedrückend, daß auch und besonders sogar Intellektuelle wie Ärzte oder sonstige Studierte sich für welche Steinzeitideologie auch immer einspannen lassen.
 
T

Thys

Gast
Guter Text,

ein kleines Fehlerchen ist mir aufgefallen.

Zwei Pol[red]iz[/red]isten liefen an ihm vorbei,
 

Retep

Mitglied
Inshallah


„Halt die Zeit an“, hatte einmal eine Frau vor vielen Jahren zu ihm gesagt, die ihn sehr geliebt hatte, „bitte halt die Zeit an“, aber er konnte sie damals nicht anhalten.

Es war schon gegen Mittag. Lange hatte er nicht einschlafen können, später als sonst war er aufgewacht, hatte gegen die Decke geschaut, das Zimmer angesehen, als wenn er es nie vorher gesehen hätte oder niemals wieder sehen würde.
Da an der Wand stand das Regal, das er selbst gemacht hatte, voller Bücher. Viele hatte er gelesen.
Er hatte nie verstanden, wie eine Kultur, in der die Schrift, die Mathematik entstanden war, die die Welt über Jahrhunderte beeinflusst und geformt hatte, in Bedeutungslosigkeit versunken war.

Er stand langsam auf, wusch sich und zog sich so an, als würde er zu einem Fest gehen.
Als er in die Küche kam, sah er seine Frau, sie bereitete das Mittagessen vor. Sein Sohn spielte in einer Ecke mit einem Feuerwehrauto.
Sie brachte ihm Kaffee.
Wie schön sie war!
Ja, zum Mittagessen würde er wieder zurück sein.
Er verabschiedete sich, umarmte seinen Sohn und seine Frau, wollte noch etwas sagen, ließ es aber dann.
Er stieg die schmale Treppe aus dem zweiten Stock hinunter, die letzte Stufe müsste einmal ausgebessert werden, dachte er.
Als er aus der Haustür kam, blendete ihn Licht, er konnte zunächst nur Schatten erkennen.
Die alte Frau aus dem dritten Stock kam ihm entgegen, grüßte ihn, aber er bemerkte sie nicht; sie schüttelte den Kopf und schaute ihm nach.
Er ging in Richtung Wochenmarkt, ging an Geschäften vorbei, hier war er oft zur U-Bahn gegangen, zur Arbeit gefahren, aber heute war alles anders, er sah alles wie durch einen Nebel, alles unscharf, alles bewegte sich wie in Zeitlupe, als wenn sich die Zeit gedehnt hätte.
Leute schauten ihn an, und er sah in ihren Gesichtern, was sie dachten. Für ihn, der Araber war und auch wie ein Araber aussah, war das Leben hier schwieriger geworden.
Patienten wunderten sich, einen Arzt zu sehen, der Ausländer, Araber, war, sie hatten gedacht, „dass die alle bei der Müllabfuhr arbeiten würden“.
Sie schauten ihn misstrauisch an.
Typisch deutsche Vorstellungen, alle Schwarzen sitzen im Urwald auf Bäumen und trommeln, alle Araber sind Händler, betrügen oder sind Terroristen, dachte er.
Jetzt war sein Chef in Pension gegangen, ihn hatte man übergangen, ein jüngerer Deutscher war sein Vorgesetzter geworden. Das hatte ihn nicht sonderlich überrascht. Er hatte eigentlich nichts anderes erwartet.

Anfänglich hatte er sich in eine neue Kultur integrieren wollen, hatte die Sprache gelernt, versucht, sich anzupassen, war dann aber durch die herrschende Überheblichkeit und soziale Kälte abgeschreckt worden, hatte den Schein der sogenannten multikulturellen Gesellschaft erkannt.
In abendländischen Medien wurden Migranten als hilfsbedürftige, defizitäre und pathologische Individuen beschrieben, die von ihrer Doppellast von zwei Kulturen befreit werden müssten.

Auf dem Markt grüßte ihn ein Arbeitskollege, scheißfreundlich, falsch, ein richtiger Arschkriecher.
Schöne Ferien hatte man ihm gestern gewünscht.

Das Gedränge wurde immer größer, überall Menschen, die verkauften und kauften, Blumen, Obst und Gemüse, Gewürze, Töpfe aus Ton.
Es war Samstag.

Er dachte an seine Eltern und Geschwister, sie waren tot, irrtümlich war ihr Haus von einer Bombe getroffen worden, wie es hieß.
Sein Vater war Bauer gewesen, er und seine Mutter hatten sich abgerackert, auf dem Land hatten sie bescheiden gelebt, was in den Städten passierte, davon hatten sie kaum etwas mitbekommen.
Ein paar Schafe und Ziegen hatten sie gehabt, Olivenbäume und einen kleinen Hund.
Aber plötzlich waren Flugzeuge über sie geflogen, zum ersten Mal hatte er Panzer vorbeifahren gesehen, Männer in Uniform aus anderen Ländern waren gekommen und geblieben, zuerst Russen, dann Amerikaner, auch andere Nationen, auch Deutsche.
Er drängte sich durch die Menschenmassen, war jetzt etwa in der Mitte des Marktes. Zwei Polizisten liefen an ihm vorbei, sahen ihn kurz an, gingen weiter.

Er griff unter seinen Mantel und fasste die Schnur an.

Ihm wurde erst jetzt richtig bewusst, was er da machen wollte; seine Sicherheit verlor sich ein wenig, er versuchte sich zu beruhigen.
Für seine Familie würde gesorgt werden, sie würden Deutschland verlassen.
Er war jetzt und hier im Einsatz, im Dschihad, im Einsatz für die Sache Gottes.
Ihm waren in der letzten Nacht nicht die beiden Grabesengel erschienen, hatten ihn nicht über seinen Glauben befragt; er würde direkt ins Paradies eingehen.
Er tauschte dieses diesseitige Leben für ein jenseitiges ein, damit die nach ihm kamen, sich nicht mehr fürchten , nicht mehr trauern müssten.
Sein Studium hatte man finanziert, ein Auserwählter war er jetzt, ein Schläfer war er geworden, jederzeit einsatzbereit.

Alles begann sich um ihn herum zu drehen, zu kreisen, er stand im Mittelpunkt, hörte Geräusche, Verkehrslärm, Stimmen, als hätte er Wasser in den Ohren.

Er schaute sich noch einmal um und zog an der Schnur, alles würde zu Ende sein.

Und dann sah er seine Frau und seinen Sohn, sie kamen ihm entgegen, winkten, waren fast bei ihm.
Er versuchte noch, in die entgegengesetzte Richtung zu rennen und wusste, dass die Zeit dafür nicht mehr ausreichen würde, er konnte sie nicht anhalten.
 

Retep

Mitglied
Hallo Kaspar Grimm,

genau das, was du beschreibst, wollte ich ausdrücken. Freue mich, dass es mir gelungen ist.

Danke Thys, habe berichtigt.

Gruß

Retep
 
L

Larissa

Gast
Hallo Retep,

auch diese Geschichte ist mit beeindruckender Empathie verfasst worden.

Was die fanatische Religionshörigkeit (und da nehme ich keine aus) anrichtet, hast Du dem Leser sehr anschaulich vor Augen geführt.

Liebe Grüße
Larissa
 

Alo Isius

Mitglied
Lieber Retep,
zu meinem Glück kann ich mich 'nur' meinen Vorrednern anschließen - hab die 'Bewertung' ein wenig korrigiert: "ausgezeichneter Text".
Schon eine gute Tat heute - find ich - also, ein schöner Tag heute. Werde aber trotzdem, vorsichtshalber, nicht auf den Markt gehen: Denn manchmal bin auch ich ziemlich geladen und irgendwo - an mir, in mir - hängt auch so eine verdammte Reißleine herum, die mich im Handumdrehen zum 'bösen' Terroristen machen könnte, angesichts all der Vorurteile, die einem dort alltäglich begegnen...
Da bleib ich lieber bei meinem Leisten und einfach oida Grantler, der sich auch grobe und gröbste Worte selbst vom Allerhöchsten nicht verbieten ließ... ein gefallener, aber nicht Hinz und Kunz gefälliger, Maulheld wie mein Ururgroßvater.

Und manchmal - lujasogi - sing ich sogar böse Texte zu hübschen alten Malodien.

Z.B
♫ ... da streiten sich die Leut herum ...


Da streiten sich die Priester rum
Und machen’s Volk schön dumm.
Das schreit dann Zeder und Mordio
Zündet andern s Gotteshäuserl oh.

Aloisius flucht dann „Kruzifix,
Versteht Ihr noch immer nix?“
Dann haut er sich in sei Kissen nei
Und träumt: Morgen wär’s vorbei.

Am andern Tag dasselbe Spiel,
Weil’s die Priesterschaft so will.
Fort raufen Moslem, Jud und Christ,
Weil’s halt so üblich ist:

Zu glauben seiner Obrigkeit
Sei fromm zu jeder Zeit
Zu glauben seiner Obrigkeit
Sei fromm zu jeder Zeit.
 

Retep

Mitglied
Hallo AT,

habe mich gefreut, dass du bei mir vorbei geschaut hast. Da Gedicht ist lesenswert und enthält allerhand Wahrheit.


Retep
 

Alo Isius

Mitglied
Lieber Retep,
hab gerne reingeschaut und wills auch gerne wieder tun.
Und viel_leicht ist dieser kleine Hinweis ja so überflüssig wie ein Kropf: Mein "Schöner Tag" besteht aus drei Teilen in der gleichen, gemühten Kurzprosa.
Vielleicht schaust ja auch da, bei mir nochmal vorbei?
So könnten wir uns öfter sehn. Und eines schönen Tags vieleicht sogar ganz gut verstehen...

Herzliche Grüße
Alo Isius - Briefträger a.D.
 

Walther

Mitglied
Hi retep,

ganz klar der bisher stärkste Text, den ich von Dir gelesen habe. So bist Du auf einem guten Weg angelangt. Viel Erfolg dabei.

Einzig bei den Gedanken über sich und die Welt erscheint die Formulierung und die Denkungsart sehr akademisch und ein wenig in den Mund gelegt, hier könnten die Gefühle noch etwas schärfer herausgearbeitet werden. Ebenso die Entwicklung zur radikalen Lösung der immerwährenden Zurücksetzung.

Aber insgesamt sehr gelungen. Ich freue mich auf weitere Geschichten von Dir!

Gruß W.
 

Retep

Mitglied
Hallo Walther, danke für deinen Kommentar.
Gedankengänge des Protagonisten erscheinen dir ein wenig zu "akademisch".
Der Mann ist Arzt.



Gruß

Retep
 

Walther

Mitglied
Ach, Retep,

Du lieber Haarspalter. Ich weiß. Nimm's als Tipp. Mehr war's nicht. Die Geschichte ist ja ohne diese Kleinigkeiten richtig gut. Schau Dir meine Wertung an. :D

Gruß W.
 

Mumpf Lunse

Mitglied
hallo retep,

Er hatte nie verstanden, wie eine Kultur, in der die Schrift, die Mathematik entstanden war, ...
es fängt schon mit falschen behauptungen an. wie kommst du darauf? mohamed wurde 570 n.ch. geboren. gab es vorher keine schrift, keine mathematik?

der ganze text besteht aus klischees und hanhnebüchenen phantasien. wunschdenken, würde ich sagen.

mir ist auch nicht klar geworden ob sich der protagonist nun wegen der beruflichen zurücksetzung, des ausländerfeindlichen klimas, einer späten besinnung auf seine bäuerliche herkunft oder religiöser berufung entschliest, ein paar marktbesucher in die luft zu sprengen.

was mich besonders stört ist die verschiebung von schuld.
ein täter ist für seine taten verantwortlich. da hilft ihm keine berufung auf "die anderen".

ich frag mich auch, was einen autor dazu treibt die handlungen eines mörders zu rechtfertigen.

der text spiegelt keinerlei realität. er ist nur ausdruck einer reichlich verschrobenen denkweise des autors.
eines autors, der sich nicht mal die mühe gemacht hat sich mit dem thema auseinander zu setzen.
einfach mal die eigene befindlichkeit transportieren mag ja legitim sein.
mördern eine moralische grundlage für ihre handlungen zu basteln überschreitet aus meiner sicht aber eine grenze.

was sagen wohl israelische eltern dazu, deren kinder von einem religiösen psychopathen mit ihrem schulbus zerfetz wurden?
oder englische oder deutsche oder irakische oder afghanische, pakistanische usw. ?

dein protagonist hat frau und kind und einen guten job. trotzdem ist er so unglücklich mit seinem dasein, dass er aus frust ein paar marktweiber und einige passanten killen will?

du schreibst: Er hatte nie verstanden, wie eine Kultur, in der die Schrift, die Mathematik entstanden war, die die Welt über Jahrhunderte beeinflusst und geformt hatte, in Bedeutungslosigkeit versunken war.

da deckt sich deine geschichte mit dem, was ich weiter unten zitiere.

aber dann: Anfänglich hatte er sich in eine neue Kultur integrieren wollen, hatte die Sprache gelernt, versucht, sich anzupassen, war dann aber durch die herrschende Überheblichkeit und soziale Kälte abgeschreckt worden, hatte den Schein der sogenannten multikulturellen Gesellschaft erkannt.
In abendländischen Medien wurden Migranten als hilfsbedürftige, defizitäre und pathologische Individuen beschrieben, die von ihrer Doppellast von zwei Kulturen befreit werden müssten.

welche abendlänischen medien konsumierst du?

spannend ist der text auch nicht. ich ahnte es bereits bei der überschrift und wusste nach dem zweiten absatz was kommt.
ich hoffte allerdings, etwas anderes als billige klischees zu lesen.

ein kleines zitat zum thema: http://www.psychologin.ch/akt-5.html
Das Selbstmordattentat ist nie spontan, es ist immer das Glied einer langen Kette. Wer diese Attentate bekämpfen will, muss nicht den Attentäter suchen, sondern seine (oder ihre) Hintermänner, die ihn indoktriniert haben, die eine Atmosphäre geschaffen haben, in der es als selbstverständlich gilt, sich zu opfern. ... Obwohl Ideologie eine wichtige Rolle spielt, (gibt) es auch eine psychische Prädisposition, und die Struktur der Persönlichkeit des Todeskandidaten (ist) mindestens ebenso wichtig. Gerade diesen Aspekte hat man in der Vergangenheit kaum untersucht. ... Abwegig ist die These, dass es bei den meisten Tätern einen Hang zum Selbstmord gebe. Dagegen ist bei fast allen eine gewisse Schwäche der Persönlichkeit festzustellen. Es handelt sich also um junge Menschen, die leicht bereit sind, charismatischen Führern und Heilsbotschaften zu folgen, deren kritischer Sinn unterentwickelt ist, die besonders begeisterungsfähig sind, und mehr als durchschnittlich naiv, die nicht fragen wollen, sondern glauben.
auch in diesem sinn ist der protagonist "an den haaren herbeigezogen". wunschdenken des autors.

und noch ein zitat (Prof. Dr. Dawud Gholamasad) http://www.dta-uni-hannover.de/publik/selbstmordattentate.htm
Das eher Phantasie gesättigte Wir-Bild und Wir-Ideal der islamisch geprägten Selbstmordattentäter ist daher ein schlagendes Beispiel für einen Effekt, der sich in höherem oder geringerem Maß regelmäßig bei Mitgliedern ehemals mächtiger Völker einstellt, die ihren Vorrang im Verhältnis zu anderen Völkern eingebüßt haben. Ihre Mitglieder haben jahrhundertelang unter dieser Situation gelitten, weil das gruppencharismatische Wir-Ideal, das ausgerichtet ist an einem idealisierten Bild ihrer selbst in der Zeit ihrer Größe, noch weiterlebt – als ein verpflichtendes Modell, dem sie nicht mehr gerecht zu werden vermögen. Der Glanz ihres kollektiven Lebens als islamisch geprägte Völker ist dahin, ihre Machtüberlegenheit, die für ihr Gefühl ein Zeichen ihrer menschlichen Höherwertigkeit im Vergleich zu dem geringeren Wert anderer Gruppen gewesen war, unwiederbringlich verloren. Und doch wurde ihr Traum von einem besonderen Charisma auf vielfache Weise lebendig erhalten.
die höherwertigkeit der eigenen gruppe (rasse/kultur) ... klingelt es da?

das unrefelktierte, betroffenen abnicken der bisherigen kommentatoren empfinde ich als ebenso ärgerlich wie den text selbst.

mumpf
 

Retep

Mitglied
Hallo mumpf,

ich habe mir überlegt, ob ich auf solchen Unsinn überhaupt antworten soll.
Eine ausführliche Antwort erscheint mir ein sinnloser Zeitaufwand. Ich werde mich kurz fassen, eine ausführliche Antwort erscheint mir sinnlos.


- Ich würde dir empfehlen, Texte, zu denen du einen Kommentar abgeben willst, genau zu lesen.
Besser gleich mehrere Male!

- Im arabischen Raum bestanden Hochkulturen lange Zeit vor Mohamed.

- Dass dir nicht klar geworden ist, warum der Terrorist seine Bombe zünden will, wundert mich nicht.

- Dass du auf grund des Textes annimmst, dass der Autor die Handlungen „eines Mörders rechtfertigt“, kann ich nicht verstehen.

- Es ist leicht jemandem verschrobene Denkweisen zuzuweisen. Schau besser mal in den Spiegel.

- Dass der Autor "sich nicht mal die Mühe gemacht hat, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen" nimmst du an, ohne etwas mehr über den Autor zu wissen.

- Auch deine Aussage über die "Befindlichkeit" des Autors erscheint mir nicht gerade fundiert.

- Ich sehe keinen Anlass, dich zu informieren, welche Medien ich „konsumiere“, habe
aber Zweifel, ob du weißt, wo du lebst.


- Wenn du Spannung erwartest, musst du etwas anderes lesen. Mir ging es nicht darum, Spannung zu erzeugen.

- Dass du Kommentare anderer als unreflektiertes Abnicken bezeichnest, sagt viel über dich aus.

Retep

P.S: Auf weitere Äußerungen von dir zum Thema werde ich nicht mehr antworten.
 
G

Gelöschtes Mitglied 11475

Gast
Hallo Retep!

Ich finde Deinen Text nicht überragend, aber doch ziemlich gut. Wie Du mit dem letzten Satz und der entgegenkommenden Familie noch eine ganz andere Ebene einflechtest gefällt mir am besten.

Ein weiter Grund, warum ich diesen Text kommentiere, ist die vorherige Kommentierung.
Ich bin erst seit sehr kurzer Zeit bei der Leselupe, bin aber doch überrascht wie unreflektiert, unüberlegt und unausgegoren hier teilweise kommentiert wird.
Es ist wohl eindeutig über welchen Kommentar ich hier spreche.
Dir die Rechtfertigung von Selbstmordanschlägen zu unterstellen, fand ich den Gipfel der Dummheit.

Allerdings hast du dich dazu ja schon geäussert und ausreichend verteidigt, hatte dennoch gerade das Bedürfnis mich dazu zu äussern.

Gruß
 

Retep

Mitglied
Hallo Christoph,

danke für deinen Kommentar. Ich habe noch nie etwas "Hervorragendes" geschrieben, wahrscheinlich wird es mir niemals gelingen.


- "Dir die Rechtfertigung von Selbstmordanschlägen zu unterstellen, fand ich den Gipfel der Dummheit."

Ich auch!

Gruß

Retep
 

Retep

Mitglied
Hallo,

wenn ich in nächster Zeit keine Kommentare abgebe, nicht auf Kommentare antworte, keine Texte mehr einstelle, bedeutet das nicht, dass ich kein Interesse mehr hätte. Ich werde für etwa drei Monate in Südamerika sein, in Gegenden, wo es wahrscheinlich keinen Internetzugang gibt.
Wünsche allen eine gute Zeit.

Gruß

Retep
 



 
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