Inspiration

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anbas

Mitglied
Inspiration

"Ich bin Schriftsteller und brauche das Leid als Inspiration", sagte er bedeutungsvoll und schaute mich eindringlich an, während er bedächtig an seiner Zigarette zog. Dann schwieg er und starrte an mir vorbei ins Leere. Schon bereute ich es, ihn angesprochen zu haben.
Er saß, wie jeden Tag bei gutem Wetter, an einem der Tische, die draußen vor dem Bistro standen und trank gemächlich einen Kaffee nach dem anderen. Tiefe Falten zeichneten sein Gesicht. Die vielen Kippen im Aschenbecher und das leere Blatt Papier des Schreibblocks vor ihm ließen eine Schaffenskrise erahnen – oder war die Welt etwa besser geworden?

Ich bot an, ihm eine in die Fresse zu hauen, worauf sich das Faltenspiel seiner Stirn intensivierte.

"Du verstehst mich nicht, bist ignorant wie alle anderen auch", murmelte er enttäuscht und begann zu schreiben.

Bedankt hat er sich bei mir nie.
 

ThomasQu

Mitglied
Hallo anbas, ich wieder …

Hat dich das Leid der anonymen Zwei für “Frank hilf!“ so schnell inspiriert? (-:
(Ja, diese anonymen Schlechtbewerter mag ich auch sehr gerne!)

Gleich ans Eingemachte:

Nicht bereute es …, sondern bedauerte es

Nach den Wort Wetter könnte man auf das Komma verzichten. Dann liest sich das flüssiger.

Trank einen Kaffee nach dem anderen … das klingt ein wenig oberflächlich nach dem schönen Anfang. Das passt dann nicht mehr. Lieber die Szene genauer beschreiben, oder … und trank gemächlich Kaffee, reicht das nicht?

Die vielen Kippen … “vielen“ ist überflüssig.

... oder war die Welt etwa besser geworden? könnte man eventuell weglassen.

worauf sich das Faltenspiel seiner Stirn intensivierte. Das ist ein bisschen zu wenig Reaktion auf das Fresse hauen.

Und im letzten Satz würde mir hatte besser gefallen.

Vielleicht magst du über den einen oder anderen Vorschlag mal nachdenken, aber grundsätzlich ein schöner Text.

Grüße, Th.
 
Hallo anbas,
die Note 7 würde ich dir zumindest für die kleine Schmunzelgeschichte geben, die mir sehr gefallen hat.
Leider befürchte ich, dass du die überflüssigen „Verbesserungen“ von ThomasQu annimmst.
Ich warte mal ab.
Viele Grüße,
Marie-Luise
 

Languedoc

Mitglied
Hallo anbas,


gut gezeichnetes Interaktionsmuster mit einigem Déjà-vu-Gehalt für den Leser und Hobbyautor.

Ich leide allerdings bei der Formulierung "in die Fresse hauen". Sie scheint mir doch zu vulgär im ansonsten gewählten Ausdruck. Aber der Autor des Stückleins hatte sicher seine Gründe für diese Wortwahl.


Liebe Grüße
Languedoc

P.S.

Rein optisch ansprechend wäre ein Zeilenabsatz vor "Er saß, wie jeden Tag …".
 

Blumenberg

Mitglied
Hallo Anbas,

ich stimme im Wesentlichen mit meinen Vorkommentatoren überein, dass ist ein kleiner Text, der mich zum schmunzeln gebracht hat.

Mir scheint die kurze Geschichte aber sehr Adjektivlastig zu sein (bedeutungsvoll, eindringlich, bedächtig, etc.). Mein Eindruck ist, dass der Text durch etwas weniger genaue Bestimmungen - wie z.B. bei Papier des Schreibblocks - noch einmal gewinnen würde.

Was Thomas Qu´s Vorschläge betrifft, muss ich gestehen, sehe ich das wie Marie-Luise.

Beste Grüße und einen guten Start in die Woche.

Blumenberg
 

FrankK

Mitglied
Gefällt mir, werter anbas
Kurz, knapp, knackig.
Ich würde - entschuldige Thomas - fast nichts an dem Stück ändern.

Fast!
Eine winzige Sache. Ich finde, da nimmst Du eine leichte Wertung vor und stellst den "Schriftsteller" etwas ins Abseits:
"Du verstehst mich nicht, bist ignorant wie alle anderen auch", murmelte er [blue]enttäuscht[/blue] und begann zu schreiben.
Dieses "enttäuscht" könntest Du vielleicht streichen, dadurch bleibt offen, ob Ihm die Androhung der Gewalt einen Inspirationsfunken verschafft hat, oder ob es einen anderen Auslöser für seinen Schreibeinsatz gab. Mit dem "enttäuscht" klammerst Du praktisch die erste offene Möglichkeit aus - er ist enttäuscht darüber, dass Du ihm keine Inspiration verschaffen konntest.


Hmm - wenn ich so drüber nachdenke - ich hoffe, es war hier kein autobiografisches Stück, oder? ;)


Grüßend
Frank
 

ThomasQu

Mitglied
@Marie-Luise Wendland:

Ich habe nichts von Verbesserungen gesagt, sondern alternative Vorschläge gemacht, über die man nachdenken könnte und so viel schlechter ist diese Version doch auch nicht, oder?

Inspiration

„Ich bin Schriftsteller und brauche das Leid als Inspiration", sagte er bedeutungsvoll und schaute mich eindringlich an, während er bedächtig an seiner Zigarette zog. Dann schwieg er und starrte an mir vorbei ins Leere. Schon bedauerte ich es, ihn angesprochen zu haben.
Er saß, wie jeden Tag bei gutem Wetter an einem der Tische, die draußen vor dem Bistro standen und trank gemächlich Kaffee. Tiefe Falten zeichneten sein Gesicht. Der randvolle Aschenbecher und das leere Blatt Papier des Schreibblocks vor ihm ließen eine Schaffenskrise erahnen.

Ich bot an, ihm eine in die Fresse zu hauen.

Er blickte mich verblüfft an, doch plötzlich intensivierte sich das Faltenspiel auf seiner Stirn.
"Du verstehst mich nicht, bist ignorant wie alle anderen auch", murmelte er resigniert und begann zu schreiben.

Bedankt hatte er sich bei mir nie.
 

Stierfrau

Mitglied
Hallo anbas,

Sehr gern gelesen, als Schluss gefiele mir ganz gut:
"Du verstehst mich!", grinste er schief, und griff nach dem Stift.
Bedankt hat er sich dennoch nie bei mir.
 
@ThomasQu

Mir hat die Geschichte so gefallen, wie anbas sie geschrieben hat.
Warum sollte ich dann wohl deine Version benoten?
anbas wird wohl entscheiden, ob er etwas ändert oder nicht.



Gruß,
Marie-Luise
 

anbas

Mitglied
Hallo,

ich freue mich sehr über Eure Rückmeldungen und hoffe, dass ich in den nächsten Tagen dazu komme, ausführlicher zu antworten.

Liebe Grüße

Andreas
 

ThomasQu

Mitglied
@Marie-Luise Wendland,

anbas wird wohl entscheiden, ob er etwas ändert oder nicht.

Genau! Das ist schließlich Sinn des Ganzen.
 
A

aligaga

Gast
@Ali würde den Text entschlacken, anders reihen und ein wenig eleganter formulieren, um den trockenen Humor besser zur Geltung zu bringen. Etwa so:
Er saß, wie jeden Tag bei gutem Wetter, an einem der Tische draußen vor dem Bistro und trank einen Kaffee nach dem anderen. Tiefe Falten zeichneten sein Gesicht. Die vielen Kippen im Aschenbecher und das leere Blatt des Schreibblocks vor ihm ließen eine Schaffenskrise ahnen.

Ich setzte mich zu ihm. „Was ist denn los, mein Freund?“

"Ein Schriftsteller braucht das Leid als Inspiration", sagte er, sog an seiner Zigarette und starrte dann stumm an mir vorbei ins Leere.

Vergnügt bot ich ihm eine Tracht Prügel an.

Das Faltenspiel auf seiner Stirn intensivierte sich. "Du bist ignorant wie alle anderen auch", murmelte er, aber er begann sofort zu schreiben.

Bedankt hat er sich bei mir nie.
Heiter immer wieder weiter

aligaga
 

ThomasQu

Mitglied
Vielleicht haben ja noch andere Leser Lust, eine eigene Version von “Inspiration“ hier vorzustellen.
Am Schluss könnten wir abstimmen, wessen Machwerk das Beste ist. (-:
Wäre doch mal eine nette Spielerei.
 

Ji Rina

Mitglied
Also ich würde auf alle Fälle das mit ihm eine in die Fresse zu hauen lassen!
Der Satz ist erfrischend,irgendwie der highlight der Story!
 
A

aligaga

Gast
Vielleicht haben ja noch andere Leser Lust, eine eigene Version von “Inspiration“ hier vorzustellen.
Am Schluss könnten wir abstimmen, wessen Machwerk das Beste ist. (-:
Wäre doch mal eine nette Spielerei.
@Ali hat keine "eigene Version" vorgestellt, wie hier jemand behauptet, sondern nur ein paar Verbesserungen vorgeschlagen. So wie's Leerer machen, wenn sie Schüleraufsätze korrigieren.

Wer möchte, dass jemand einem anderen "in die Fresse haut", unterstellt, dieser andere habe gar kein Gesicht. Was sollte daran denn literarisch sein?

Amüsiert

aligaga
 

anbas

Mitglied
Hallo Ihr Lieben,

nun hat es doch deutlich länger gedauert, bis ich zum Antworten komme.

Ich danke Euch wirklich sehr für Eure Rückmeldungen und Vorschläge. In den letzten Wochen habe ich mir immer mal wieder Gedanken über mögliche Änderungen gemacht und dabei auch Eure Ideen mit einbezogen.

Letztendlich möchte ich den Text aber derzeit so belassen, wie er ist. Lediglich hier könnte ich mir noch eine weitere Überarbeitung vorstellen:
Ich bot an, ihm eine in die Fresse zu hauen, worauf sich das Faltenspiel seiner Stirn intensivierte.
Zum einen gefällt mir "intensivierte" nicht so gut ("nahm zu..." überzeugt mich aber auch nicht so wirklich). Zum anderen finde ich die Anregung von Thomas schon reizvoll, die Reaktion noch etwas mehr auszubauen. Aber ich sehe auch die Gefahr, es zu übertreiben - vor allem, weil der Text an sich ja recht kurz ist und jedes Ausschmücken einzelner Stellen, diesen evtl. mehr Gewicht gibt, als sie erhalten sollten.

Vielleicht entwickelt sich ja noch eine Idee - allerdings sehe ich keinen "akuten Handlungsbedarf".

Liebe Grüße

Andreas
 

anbas

Mitglied
Vielen Dank für Eure Wertungen! Es freut mich, dass der Text insgesamt so gut ankommt.

Liebe Grüße

Andreas
 

FrankK

Mitglied
Hallo anbas

Ich bot an, ihm eine in die Fresse zu hauen, worauf sich das Faltenspiel seiner Stirn [blue]intensivierte[/blue]
Im Sinne von "schlimmer werden":
zuspitzte, [blue]verschärfte[/blue], intensivierte, ausweitete

Im Sinne von "steigern":
anwuchs, [blue]eskalierte[/blue], ausweitete, steigerte

Im Sinne von "herbeiführen":
reizte, innervierte, motivieren, verstärkte, [blue]forcierte[/blue]

Nur mal `ne Handvoll Vorschläge, meine Favorierten sind blau markiert ... wobei mir, ehrlich gestanden, dieses "forcierte" am besten gefiele - es passt zum "Faltenspiel".

Ein Spiel kann man gut forcieren ...


Schönen Abend noch
Frank
 

anbas

Mitglied
Hallo Frank,

Deine Rückmeldung ist mir irgendwie durchgerutscht. Nun aber, mit großer Verspätung, meinen herzlichen Dank für die Vorschläge.

Ich denke aber, dass ich den Text erst mal so lassen werde.

Liebe Grüße

Andreas
 



 
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