Jagdfieber

Goover

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Jagdfieber

Es war ein herrlicher Sommerabend. Warm, aber nicht zu warm. Richtig angenehm.
„Gib noch ma ‚n Bier“, sagte Thorsten zu seinem Kumpel Markus.
„Kannste haben, Alter.“ Antwortete Markus und warf das Bier herüber.
Die beiden standen zusammen mit vier weiteren Kameraden in der hintersten Ecke des Parkplatzes bei McDonalds. Schräg gegenüber liegen der Busbahnhof und direkt dahinter der Dorstener Bahnhof. Ein beliebter Treffpunkt für die Jugendlichen aus Dorsten, aber kein ganz ungefährlicher, da es hier des Öfteren zu schlägerrein und Überfällen kam. Ein Grund, warum die Obdachlosen Dorstener dieses Gebiet meiden. Zumindest meistens. Oft kam es hier auch zu mehr oder wenig schweren Auseinandersetzungen zwischen Rechtsradikalen und Ausländern. Die Rechten waren besonders schlimm, da sie auch vor ihresgleichen nicht halt machten und oft nur auf Krawall aus waren.
„Man, ich hät Bock mal irgend som Iddi abzuziehen.“ Sagte Kevin, der älteste der Clique. Allesamt hatten sie schon einiges zu viel an Alkohol getrunken, vor Langeweile, Frust, oder einfach nur weil sie cool wirken wollten, doch wahrscheinlich war es eine Mischung aus allem.
„Ey, da hät ich auch Bock zu.“ Erwiderte Markus und lachte.
Die anderen stimmten in das irgendwie hohle Lachen mit ein und stießen an.
„PROST“ Kam es wie aus einem Munde.
„Ich hab ‚ne bessere Idee.“ Sagte Micha. „Wie wäre es, wenn wir mal jemanden so richtig Angst machen würden? Aber so richtig meine ich.“ Ein glänzender Film lag auf seinen blauen Augen und es schien, als würde er sich die Szene im Geiste schon vorstellen.
„Ma was anderes.“ Meinte Thorsten und nippte an seiner fast leeren Flasche. „Gar nicht schlecht die Idee, Alter.“
Wieder erhallte Gelächter während Markus und Micha sich ausmalten, was sie alles machen würden, wie sie ihrem Opfer Angst einflößen würden. Sie wollten Tränen sehen. Wer weiß, vielleicht schafften sie es ja auch so viel Angst zu verbreiten, dass sich ihr Opfer in die Hosen machen würde und dann ein paar Fotos zur Erinnerung.
Grölendes Gelächter erscholl. Ein Pärchen, das wohl zu ihrem Auto wollte, blickte verstohlen herüber, wandte den Blick aber sofort wieder ab.
„Hey, was glotz ihr denn so blöde, he?“ Brüllte Micha, und das Pärchen ging stur weiter, ohne noch einmal zurückzuschauen. Mit den Skins hier am Bahnhof war nicht zu spaßen.
Die sechs jungen Männer tranken weiter an ihrem Bier, machten schlechte Witze und grölten vor Lachen.
Mittlerweile war die Sonne fast untergegangen und ein trübes Zwielicht breitete sich aus. Die Straßenlaternen flackerten auf und spendeten der hereinbrechenden Nacht ein wenig Trost mit ihrem Licht. Jetzt sollte man es tunlichst vermeiden sich am Bahnhof herumzutreiben. Mehrere Grüppchen hatten sich auf dem Gelände zusammengefunden. Da waren ein paar Prolls, die ihre aufgemotzten Fahrzeuge präsentierten. Hinten am Kiosk stand der Drogendealer, den man hier fast jeden Abend sah. Zwei Abgewrackte Gestallten unterhielten sich mit ihm, wohl um sich irgendwelche Drogen zu beschaffen. Sei es Koks, Haschoder seit neustem die Billigdroge Crystell.
Gegenüber an der Tankstelle stand ein Gruppe Ausländer und hörte ihre einheimische Musik. Die sechs Skins verzogen angewidert das Gesicht und machten sich darüber lustig. Hin und wieder brüllten sie ihre stumpfsinnigen Drohung herüber, die entweder nicht beachtet wurden, oder, was wahrscheinlicher war, nicht gehört wurden.
Zahlreiche Jugendliche schlenderte zum Treffpunk Altstadt, der nur ein paar Meter entfernt zu finden war. Wahrscheinlich fand dort wieder irgendein Live Konzert statt, womöglich wieder so ein Newcomer Festival, wo doch immer nur die gleichen Bands spielten, die schon seit fünf, oder mehr Jahren Newcomer waren.
„Los, lasst uns ma sehen, ob wir nicht irgend so’ n Hirnie finde, den wir ne Lektion in Angst erteilen können.“ Schlug Markus vor. Dabei lallte er schon beträchtlich. Die Sechs waren allesamt Typen, die vom Alkohol aggressive wurden.
„Wo denn, wo denn?“ sprach Kevin in einem säuselnden, erwartungsfrohen Tonfall.
„Na in der Unterführung“.
Die anderen gaben ihr Ok und tranken schnell ihr Bier aus. Dann schlenderten sie rüber und stiegen hinab in die einsame Unterführung, die den Busbahnhof mit dem Dorstener Bahnhof verband. Sie stellten sich allesamt vor die Öffnung des Tunnels. Björn hatte den Kasten Bier mitgenommen, in dem noch genau sechs Flaschen waren. Die Jungen nahmen sich jeder ihr geliebtes Bier und tranken.
Die Minuten vergingen und niemand ließ sich blicken.
„Hey, was is’ n das für’ n Scheiß?“ Sagte Björn. „Irgendwie nix los heute.“
„Ach, lass ma, da kommt gleich schon einer.“ Antwortete Micha.
Weitere 10 Minuten vergingen, ohne dass jemand kam. Das Bier war alle und die Stimmung, der sechs sank in den Keller, machte sie aggressive. Aus lauter Langeweile begannen sie die eisernen Mülleimer, der dort stand, zu treten und zu demolieren. Die leeren Bierflaschen wurden auf den Boden geworfen und es bildete sich ein Meer aus Glas, mit spitzen Wellen.
Sie wollten gerade weiter ziehen, als sie den Zug hörten, der gerade am Bahnhof hielt. Die Bremsen der Lok ächzten auf, so als wollten sie nahendes Unheil verkünden.
„Man, ich wette jetzt kommt gleich einer.“ Sagte Torsten und fing an zu lachen.
„Psst, wir müssen ruhig sein. Am Besten, wir verstecken uns hier so’ n bisschen, dass man uns nicht gleich sieht. Das wird’ n Mordsspaß.“ Antworte Björn und wusste gar nicht, wie Recht er mit diesen Worten hatte.

Gespannt warteten sie links und rechts neben der Tunnelöffnung. Leises Kichern durchstach die Ruhe der Nacht, das etwas Böses, Hinterhältiges hatte. Es wurden letzte Instruktionen geflüstert. Das Wispern huschte hin und her wie ein wütendes Insekt.
Dann endlich, endlich hörten sie Fußtritte aus dem Innern der Unterführung. Markus gab den anderen mit einigen Gesten zu verstehen jetzt absolut ruhig zu sein und rieb sich in großer Erwartung die Hände. Er hatte etwas Dämonisches, Krankes in seinem Blick.
Die Schritte näherten sich. Markus machte eine winkende Geste und flüsterte: „Jetzt“.
Gemeinsam kamen sie aus ihren Verstecken heraus und erblickten einen vielleicht 20 jährigen Mann mit schulterlangem, blondem Haar, das her zu einem Zopf gebunden hatte. Sein Gesicht zeigte heftige Spuren von Aknenarben und seine Kleidung sah extrem spießig und wichtigtuerisch aus. Er trug Schlips und Anzug. In der rechten Hand trug er eine Aktentasche. Auf der Nase trug er eine Brille, die sein Gesicht altklug aussehen ließ.
Björn, Kevin und Markus stellten sich hinter dem Mann auf, um ihm den Fluchtweg abzuschneiden und Torsten, Micha und Izzy stellten sich vor ihm.
Der Mann blickte auf, sein Gesicht einer einzigen, verängstigten Karikatur, oder war etwas anderes in seinem Blick?
„Ey, Pickelface. Wo willst’ n hin um diese Zeit?“ Fragte Izzy mit gespielter Besorgnis. „Ist \' n heißes Pflaster hier. Wusstest du das nicht?
„Äh … i-i-ich.“ Stammelte der Mann.
„Hör auf zu stottern du Assi.“ Sagte Torsten mit einem drohenden, aggressiven Unterton in der Stimme.
„Hört zu, i-i-ch will keinen Ä-ä—ärger.“ Stammelte er weiter, dann bekam er einen Stoß von Kevin in den Rücken. Der Mann stürzte auf die Knie. Seine Brille rutschte von seiner Nase und ein Brillenglas zersprang auf dem harten Pflaster. Er kümmerte sich nicht weiter darum und stand wieder auf.
„Oh, ist die Brille kaputt. Armer Junge.“ Micha sah dem Mann in die Augen. „Los, gib ma dein Köfferchen rüber.“ Der Mann zögerte nicht und übergab den schwarzen Koffer. Seine Hände zitterten leicht. Man, hatte der Kerl ne Angst und die Sechs waren noch nicht mal richtig angefangen.
Der Koffer war mit einem Zahlenschloss gesichert.
„Komm, sag mir die Nummer, Blödmann“. Forderte Micha ihn auf.
„D-d-das Schloss i-ist kaputt. Du kannst d-den Koffer so aufmachen….. BLEIB WEG.“ Grölte der Mann plötzlich mit tiefer Stimme. Die Jungen zuckten zusammen, dann sagte er: „’tchuldigung, das wollte ich nicht.“ Nun sprach der Mann wieder in normalem Tonfall, nur das er bei dem letzten Satz nicht einmal gestottert hatte.
„Man, du bist ja total malle in der Birne, Wichser.“ Antwortete Micha und öffnete den Koffer.
„Der hat bestimmt diese Krankheit, bei der man immer so’ne Ticks bekommt. Hab ich mal was von gehört.“ Meinte Markus. „Zu Adolfs Zeiten wärst du schon längst vergast worden, du Stück Dreck.“ Markus spukte dem Mann in die Haare.
„Ja, das wäre ich wohl…..vergaasen, vergaasen.“ Die letzten beiden Worte sang der Mann in einer extrem hohen Stimme mit lang gezogenen Wörtern. „’tchuldigung“
„Ey man, lass das.“ Izzy verpasste ihm ein Hieb ins Gesicht. Kein Schmerzenslaut entrang sich der Kehle des Mannes und keine Regung zeigte sich im Gesicht des Mannes. Seine Unterlippe war aufgeplatzt und blutete. Ein stetiges Rinnsal tränte an seinem Kinn herunter und tropfte auf seine Krawatte.
Micha hatte derweil den Koffer geöffnet und starrte hinein. Der Inhalt war mehr als merkwürdig. Es befand sich ein toter Spatz in dem Koffer, in dem sich die Maden tummelten. Es stank nach verfaultem Fleisch. Während Mischa gebannt auf den toten Vogel starrte, blähte sich das tote, trübe Auge des Vogels auf und eine kleine, weiße Made drang durch die Netzhaut des Auges. Sie wirkte als führte sie einen Tanz zu ehren ihres Festmahls auf. Dann verschwand sie wieder im Inneren des Vogelkopfes und fraß sich weiter durch dessen Innenleben.
Micha musste ein Würgen unterdrücken.
„Was haste denn da in deinem beschissenen Koffer? Biste ‚n Psycho oder was.“ Wollte er wissen. Die anderen blickten jetzt ebenfalls in den Koffer und man konnte ihnen den Ekel von den Gesichtern ablesen.
„Das ist mein Freund…MEIN FREUND, MEIN FREUND, MEIN FREUND….’tchuldigung“ Die Worte „MEIN FREUND“ drangen wieder in dieser tiefen, unwirklichen Stimme aus seiner Kehle und klangen wie aus einem billigen Horrorfilm, doch dies hier war die Wirklichkeit und worüber die Jungen bei einem Film gelacht hätten, beschwor jetzt eine leises Unwohlsein, ein erstes Gefühl von leiser, böser Angst in ihnen herauf. Der Einzige der noch ziemlich ruhig zu seien schien war Björn.
„Los, du frisst jetzt den Vogel, ansonsten…. Du kennst doch das Sprichwort Friss oder stirb….“ Sagte er und packte dem Mann von hinten in den Nacken, dann drückte er ihn hinunter zu dem toten Vogel, doch es war als würde sich der Mann gar nicht wehren. Fast war es, als ließ er sich das alles gerne gefallen.
Kevin trat dem Mann mit seinen schweren Stiefeln in den Bauch, auch diesmal zeigte der Fremde keine Regung, doch Blut sickerte aus seinem Mund. Der Mann begann zu schmatzen, so als bereitete der Geschmack des Blutes ihm Freude. Markus schlug ihm von hinten brutal auf den Kopf.
Wieder keine Regung, nur eine blutende Wunde an seinem Hinterkopf.
„Los, Friss!“ Sagte Micha. Um nicht vorn rüber zu fallen, stütze der Mann sich mit seinen Händen auf dem harten Pflasterstein ab. Seine Finger schienen auf seltsame Weise sehr lang. Izzy stellte seinen Fuß auf die linke Hand des Mannes, Kevin trat auf die Rechte. Ein Knacken durchbrach die Luft und hallte von den Tunnelwänden wieder. Ein Geräusch in etwa, wie eine Nuss auf die man trat.
Der Mann zeigte keine Regung und gab keinen Laut von sich.
Dann brachte er eine Singsang heraus: „Keiner will verstehen, keiner möchte lernen. Keiner möchte gehen, zu den weit entfernten Sternen.“ Es war fast ein Flüstern und es hörte sich beinahe an, als würde der man mit zwei Stimmen gleichzeitig singen. Einer etwas tieferen und einer etwas höheren.
„Boah, bist du fertig, Alter.“ Björn schlug im wieder von hinten auf den Kopf. Die Nase begann zu bluten und der Mann begann, sich das herhablaufende Blut in den Mund zu schlürfen. Björn verstärkte seinen Griff in dem Nacken des Mannes und spürte, wie seine Fingernägel in das weiche Fleisch eindrangen.
Der Mann zwang seinen Kopf in die Höhe und Björn bemerkte die unglaubliche Kraft, die dahinter steckte. Dann grinste der Mann mit seinem gezeichneten Gesicht. Die Zähne waren blutverschmiert. „’tchuldigung.“ Sagte er.
Die Angst, das ungute Gefühl begann sich die sprossen der Leiter hochzuschieben und breitete sich bei den sechs Skins gleichmäßig aus. Das Unwohlsein wurde langsam zu echter, brennender Angst.
Björn drückte den Kopf des Mannes wieder brutal herunter.
Izzy trat ihm in die Nierengegend. Markus schlug noch mal auf den Kopf ein. Kevin öffnete sich die Hose und urinierte den Mann von vorn auf den Kopf.
Wieder schlürfte der Mann und trank den stinkenden Urin.
„Lass das du pervers Sau, wir sind noch lange nicht mit dir fertig. Dir werden deine Witze schon vergehen. Los, friss!!“ brüllte Markus. Seine Stimme warf dumpfe Echos und verhallte an den kalten, von Graffiti übersäten Wänden des Tunnels.
Björn drückte den Mann nun ganz herunter, ganz nahe an den stinkenden Kadaver des Spatzes. Das Angstgefühl der Jungen legte sich wieder ein wenig und gehässiges Gelächter drang aus ihren Mündern.
Der Mann fing an zu schmatzen. Er fraß wirklich den verfaulten Kadaver des Vogels. Er blickte kurz auf. Gedärm klebte an seinem Kinn, Maden tänzelten in seinem Mund und wieder grinste er. Dann ging er wieder mit seinem Gesicht hinab und fraß weiter. Seltsam nur, dass Björn ihn gar nicht dazu gezwungen hatte.
Wie betäubt schauten die Skins sich das groteske Schauspiel an.
Er schmatzte, so als wäre es ihm ein Genuss, hin und wieder brummte er eine Melodie. Micha würgte und erbrach sich schließlich. Ein Teil des Erbrochenen ergoss sich warm über den Kopf des Mannes und in den Koffer, in dem der tote Vogel lag.
Wieder begann der Mann zu schlürfen.
Schließlich blickte er auf und grinste erneut, dieses blöde, verstörende Grinsen. Erbrochenes klebte ihn an den Wangen und am Kinn. Einzelne Maden lugten aus seinen Nasenlöchern und seinem grinsenden Mund. Der Vogel war nun gänzlich verschwunden, nur ein paar Federn lagen noch in dem Koffer.
Plötzlich begann der Mann, am ganzen Körper zu zittern. Björn wollte ihn loslassen, doch irgendwie waren die Hände des Verrückten nach hinten geschnellt und krallte sich an seinen Oberschenkeln fest.
„Hey, las los, man. Izzy hilf mir mal.“ Izzy packte die Füße ihres Opfers. Der Mann schüttelte sich jetzt heftig und blutiger Schaum lag auf seinen Lippen.
Die Angst der Jungen lag jetzt auf der obersten Sprosse der Leiter.
„Der hat \'n Anfall oder so was. Los lasst ihn fallen, wir hauen ab.“ Sagte Markus mit zitternder Stimme. Die Hose des Mannes riss in Höhe der Unterschenkel auf und kleine Arme schlängelten sich daraus hervor. Sie ergriffen die Unterarme von Izzy mit stählerner Kraft.
Izzy begann zu schreien:\"Was ist’ n hier los. Las los, man, las los, LOS!!“ Brüllte er mit von Panik erfüllter Stimme. Björn brüllte jetzt auch. Der Mann bewegte sich nun spastisch in dem Griff der Jungen.
Die anderen vier hatten längst das Weite gesucht.
Nur Izzy und Björn war hier, gemeinsam mit diesem Wahnsinnigen. Die Angst der beiden steigerte sich jetzt in eine Panik. Izzy verlor die Gewalt über seine Blase und nässte sich ein.
„HILFE, HIIIIILEFE“ brüllte Björn flehend, doch es war Nacht und keiner konnte seinen Schrei hören. Der Hall der Rufe verlor sich in der Nachtluft. Die Ausländer an der Tankstelle hörten ihre Musik, der Drogendealer war weiter gezogen und die Prolls saßen bei McDonalds. Der Tunnel gehörte jetzt ganz dem seltsamen Mann, der immer noch zappelte und keuchend um Luft zu ringen schien, doch nicht nur der Tunnel, nein, diese beiden Skins waren jetzt seine Beute.
Plötzlich hörte der Mann auf zu zittern und sich aufzubäumen und hing ganz schlaff im Griff der beiden jungen Männer. Keiner der beiden war in der Lage sich aus der Gewalt des Mannes zu befreien. Björn liefen die Tränen über die Wangen und die Muskeln in seinem Gesicht zuckten. Izzy hatte einen hochroten Kopf, Rotz lief im aus der Nase und er wimmerte etwas. Björn hatte sich nun auch nass gemacht und Izzy hatte nun auch noch die Gewalt über seinen Schließmuskel verloren.
Und der Mann grinste sie an.
In der Stimme eines kleinen Jungen sagte er: „Nein, ich soll nichts Böses tun. Lasst mich doch in Frieden ruhen.“
Dann in der tiefen, verzerrten Stimme: „Komm sacht herab, es ist bald Mitternacht.“
Er grinste weiter und sang in einer fremden Sprache.
Die beiden Skins waren nicht in der Lage sich zu rühren. Sie zitterten nur und starten auf den Mann.
Sein Gesicht begann sich irgendwie zu verändern. Es begann am Kinn. Ein blase, erst klein und wässerig, bildete sich dort und schwoll auf die Größe eine Handfläche an. Dann platzte sie auf und eine Schweinepfote wuchs daraus hervor.
Mehr Blasen bildeten sich auf seinem Gesicht. Unter seinem Auge entwickelte sich etwas das auf groteske Art und Weise an einen Hühnerkopf erinnerte. Der Hühnerkopf und die Schweinepfote verschmolzen zu einem Gebilde und zierten die linke Gesichtshälfte. Der Hühnerkopf begann Laute zu formulieren. Eine undeutlicher Singsang und schrilles Geplapper.
Auf der rechten Gesichtshälfte geschah dasselbe und ein Zwilling der linken Seite bildete sich aus. Auf dem Kopf des Mannes wuchs ein Geweih, an dessen Zweige sich trübe Augen bildeten, die zu den beiden Jungen herauf starten.
Und der Mann grinste immer noch. Seine Zunge hing im aus dem Mund und schien irgendwie länger geworden zu sein. Ja, tatsächlich sie wuchs. An der Spitze der Zunge bildete sich nun ebenfalls eine Geschwulst. Die Geschwulst blähte sich auf und zog sich zusammen, zog sich auf und wieder zusammen. Dann gab es ächzendes Geräusch, wie die Bremsen des Zuges zuvor und der kleine, lederige Kopf eines Geiers fiepten die Jungen an. Eitriger Gestank strömte nun durch die Unterführung.
Die Hände des Mannes, die immer noch Björns Oberschenkel umklammert hielten, blieben, wo sie waren, und ließen dem Jungen keine Chance zu entkommen. Unter den Achseln des Monsters platzten dünne, lange und klauenartige Hände durch die Kleidung wuchsen zu Björns Gesicht empor. Langsam umschlangen, die kalten Klauen den Hals des Jungen und würgten ihn.
Verzweifelt versuchte Björn Luft zuholen, aber er war außerstande Luft zu atmen. Zu fest krallten sich die Klauen. Diesen Klauen.
Schwarze Löcher bildeten sich in Björns Blickfeld und explodierten in einer schieren Kettenreaktion. Die Ohnmacht konnte nicht mehr weit sein. Seine Lungen brannten und sein Herz raste, doch kurz vor der Bewusstlosigkeit lockerte sich der Griff des Biestes und Björn konnte wieder etwas Luft holen. Dann drückten die Klauen wieder erbarmungslos zu.
Das Biest spielte mit ihm, wollte ihn leiden sehen.
Blut quoll aus der Nase des Jungen und die jetzt sehr lange Zunge des Wesens, peitschte herauf und leckte es ihm vom Gesicht. Der Kopf des Geiers begann hungrig auf das Gesicht einzuhacken.
Aus der Hüfte des seltsam veränderten Körpers stachen jetzt zwei lange, dünne Tentakel heraus und wanderte in Richtung des Kopfes von Izzy. Der Junge schrie, versuchte sich zu befreien, aber es gelang ihm nicht. Ein Tentakel drang in sein linkes Ohr, durchstach das Trommelfell und löste in Izzy einen beißenden Schmerz aus. Es schlängelte sich in seinem Kopf, betastete das Innenleben des Kopfes und sandte noch weit schlimmere Schmerzen durch den Körper des Jungen.
Das andere Tentakel drang durch sein rechts Nasenloch, suchte sich seinen Weg und stach am linken Auge wieder heraus. Eine milchige Flüssigkeit tränte aus dem zerstörten Auge.
Izzy merkte, wie ihm die Sinne schwanden und hoffte, dass er trotz seiner Sünden in den Himmel kommen würde, wo es keine solcher Geschöpfe geben konnte.
Und der Mann grinste noch immer.
Er hatte das Würgespiel mit Björn weiter gespielt. Die Nase des zitternden Jungen bildete einen stetigen Fluss roten Blutes, das von der Zunge des Wesens aufgelegt wurde. Der Kopf des Geiers hackte auf die Wange von Björn ein und riss kleiner Stücke Fleisch heraus, die der Aasfresser gierig herunterschlang.
Dann drückten die Klauen ein letztes Mal mit aller Kraft zu. Der Hals wurde eingedrückt. Der Kehlkopf zersplitterte unter der schieren Kraft der langen kalten Finger. Blut sickerte durch die Klauenhände und floss an den gewachsenen Armen herab.
Björn merkte davon nichts mehr. Das Leben hatte ganz plötzlich geendet.
Die Lichter waren aus.
Björns Kopf baumelte herunter und hing nur noch an Hautfetzen und einzelnen Sehnen, dann brach der tote Körper zusammen.
Die Tentakel, die sich in dem Kopf von Izzy wanden zogen sich mit einem Ruck auseinander und rissen den Kopf in zwei Hälften. Die Gesichtshälften fielen mit einem dumpfen Laut auf den harten Boden, das Hirn, unversehrt in der Mitte. Das Blut bildete einen kleinen See, in dem die Knochenreste und Haare zu kleinen Inseln wurden. Der Körper des Jungen lag auf dem Bauch und aus dem Hals ergoss sich ein Quell roten Blutes.
Der Körper der Bestie lag auf dem Boden und änderte wieder seine Gestallt, wurde sauber, menschlicher und schließlich saß dort der Mann mit dem Aknegesicht. Unversehrt und überaus freundlich blicken nur die Kleidung war an einigen Stellen Zerrrisen.
Er kniete sich hin und aß das Gehirn.
Dann sang er:

Bist so weit, so weit entfernt
Zeige dich, um mich zu nähren
Versteck dich nicht, das gelingt dir nicht
Rieche deine Fährte nun,
brauche mich nicht auszuruhen.
Ist noch fern, der nächste Tag
Es ist doch bald erst Mitternacht
Mache mich jetzt auf zur Jagd
Jage bis zum nächsten Tag
Kalt und öd und dunkel wird’ s,
Grell und glühend, wenn du stirbst.
Halte dich in meinem Griff
Ich fresse dich
Ich fresse dich

Der Jäger stand auf, legte einen kleinen Rest von dem Hirn in seinen Koffer, klappte ihn zu und stand auf.
Langsam hallten seine Schritte von den Tunnelwänden wieder.
Von weit her drang die Musik der Ausländer zu dem Jäger herunter. Ein Auto fuhr mit quietschenden Rädern an, wahrscheinlich die Prolls die sich auf dem Weg in die Disco machten.
Kurz blieb der Jäger stehen und sog die Luft durch seine Nase ein. Ja, er roch sie. Er kannte ja jetzt ihren Geruch.
Bald würde er sie finden.
Er kannte sich aus in seinem Revier.
Er ging langsam weiter, verließ die Unterführung und folgte der Spur. Er würde sich einem nach dem anderen holen.
Einsam und gemächlich lief er durch die Nacht, an McDonalds vorbei in Richtung Innenstadt.
Immer der Spur hinterher.
Die Jagd war eröffnet.
Er grinste.
Oh, dieses Grinsen.

-ENDE-

By Werner Benson
 

Kjascar

Mitglied
Du schaffst es immer wieder mich zu überraschen, die Wendungen deiner Geschichten sind wirklich gut gemacht. Ich mag den lockeren Stil mit dem du anfängst zu erzählen, der einen erst nichtsahnend lesen und dann am Ende schockiert amüsiert grinsen lässt..
 

Nina H.

Mitglied
Die wörtlichen Reden zu lesen, finde ich ziemlich anstrengend. Es ist aber wohl notwendig, da ich annehme, dass in dieser Gegend viele Leute tatsächlich so reden. So ist es aber auf jeden Fall eine originelle Idee und es wird, wie für Horror sehr passend, der Leser auch nicht geschont.

Was mich vom Inhalt her jedoch stört, ist, dass du gleich zwei Mal beschreibst, wie der Mann am Spatz zu essen beginnt. Einmal mag die Überraschung ja glücken - aber wenn der Mann das zweite Mal schmatzt, sicher nicht!
Da könntest du mit wenig umschreiben den Text doch sehr verbessern. (Einfach einmal das Schmatzen weg, am besten das erste, dann hast du eine Steigerung drin.)

Hier noch weitere Stellen, wo mir etwas aufgefallen ist (Stelle im Zitat, richtige Version/Kommentar darunter):
„Kannste haben, Alter.“ Antwortete Markus und warf das Bier herüber.
Der Abschluss der wörtlichen Rede müsste so sein: Satzzeichen, Anführungszeichen oben, Beistrich und danach klein weiter! (also das *antwortete Markus)
Das zieht sich durch den ganzen Text, daher weise ich nicht immer wieder drauf hin.

Ein beliebter Treffpunkt für die Jugendlichen aus Dorsten, aber kein ganz ungefährlicher, da es hier des Öfteren zu schlägerrein und Überfällen kam.
...zu Schlägereien...

„Man, ich hät Bock mal irgend som Iddi abzuziehen.“
"Mann, ich hätt Bock, mal ...!"

Zwei Abgewrackte Gestallten unterhielten sich mit ihm, wohl um sich irgendwelche Drogen zu beschaffen.
Zwei abgewrackte (klein geschrieben!) Gestalten (nur ein L) unterhielten sich mit ihm, wohl, (Komma fehlt) um...

"Los, lasst uns ma sehen, ob wir nicht irgend so’ n Hirnie finde, den wir ne Lektion in Angst erteilen können.“
...dem wir...

Das Bier war alle und die Stimmung, der sechs sank in den Keller, machte sie aggressive.
... aggressiver (R fehlt)

Gemeinsam kamen sie aus ihren Verstecken heraus und erblickten einen vielleicht 20 jährigen Mann mit schulterlangem, blondem Haar, das her zu einem Zopf gebunden hatte.
..das er... (H zu viel)

Sie wirkte als führte sie einen Tanz zu ehren ihres Festmahls auf.
..., als führe sie einen Tanz zu Ehren...

Die Angst, das ungute Gefühl begann sich die sprossen der Leiter hochzuschieben und breitete sich bei den sechs Skins gleichmäßig aus.
...die Sprossen... (Großschreibung)

Lass das du pervers Sau, wir sind noch lange nicht mit dir fertig.
Lass das, (Komma fehlt) du perverse (E fehlt)...

Las los, man, las los, LOS!
Lass los, Mann, lass los!

Unversehrt und überaus freundlich blicken nur die Kleidung war an einigen Stellen Zerrrisen.
Unversehrt und überaus freundlich blickte er, nur die Kleidung war an einigen Stellen zerrissen.
 



 
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