Jede Farbe ist eine Narbe

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ENachtigall

Mitglied
Jede Farbe ist eine Narbe


Von klein auf Stein
war er groß
ein Berg geworden

Einer der zeit seiner
Winter in den Schneewehen
lag und Lawinen gebar

Manche hörten ihn
Zwiesprache halten
mit den Sommerdonnern

Er mochte die Spurensucher
nicht leiden sehen
mit ihren gesenkten Köpfen

Wie sie in seinen Ausläufern
nach etwas ganz anderswo
verloren Gegangenem spürten

Ließ sich kein Eisen
in den Hang schlagen
nie ein Kreuz obenauf

Dieses bisschen
Stirn in isabellfarbenen Wolken
war ihm Gut und genug

So blieb er
nahezu unbewegt
einfach stehen



© Elke Nachtigall
[ 4][ 4]2016
 

Perry

Mitglied
Hallo Elke,

eine Hommage bzw. Hymne auf den Berg als Symbol für die Unvergänglich- bzw. Standhaftigkeit.
Mir gefällt vor allem das "isabellfarben", das ich so noch nie gelesen habe. :)
In Zeiten, in denen Gletscher schmelzen, ist es sicher nicht verkehrt, die Schönheit der Natur zu preisen.
Gern gelesen!
LG
Manfred
 

HerbertH

Mitglied
Dieses Gedicht bricht aus, bringt mich zum mehrfachen Lesen. Schon die Überschrift ist rätselhaft. Und das ist gut so :) ich muss es noch weiter bedenken, welche Ebenen hier noch verborgen sind. Faszinosum pur ...

Erinnert mich irgendwie an Island, vielleicht auch Grönland ...
 
Liebe Elke,
Dein Gedicht sprich mich sehr an. Da bekommen Teile dieser Erde etwas Persönliches. Ich hoffe, dass es bei Leserinnen und Lesern mehr Ehrfurcht vor unserer Erde erzeugen kann...
Herzliche Grüße
Karl
 

ENachtigall

Mitglied
"etwas Persönliches"

Lieber Karl,

danke für Deinen ermutigenden Kommentar; ich weiß Du bist kein leichtfertiger Leser.

Der Mensch ist ein verzichtbarer Teil der Natur, der sich dessen viel zu wenig bewusst ist.

Grüße von Elke
 

ENachtigall

Mitglied
Jede Farbe ist eine Narbe


Von klein auf Stein
war er groß
ein Berg geworden

Einer der zeit seiner
Winter in den Schneewehen
lag und Lawinen gebar

Manche hörten ihn
Zwiesprache halten
mit den Sommerdonnern

Er mochte die Spurensucher
nicht leiden sehen
mit ihren gesenkten Köpfen

Wie sie in seinen Ausläufern
nach etwas ganz anderswo
verloren Gegangenem spürten

Ließ sich kein Eisen
in den Hang schlagen
nie ein Kreuz obenauf

Dieses bisschen Stirn
in isabellfarbenen Wolken
war ihm Gut und genug

So blieb er
nahezu unbewegt
einfach stehen



© Elke Nachtigall
[ 4][ 4]2016
 



 
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