Jetzt atme ich nur ein

animus

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Jetzt atme ich nur ein

Es ist einfach passiert. Ich weiß nicht mehr genau was die Ursache gewesen ist, wenn es überhaupt eine gab.
Es war bis zu diesem Nachmittag ein durchwachsener Tag. Im Job nichts neues, das Mittagessen war verkocht und es fing an zu regnen. Ich stand an meinem geliebten Büdchen, reingequetscht unter das kurze Vordach und trank den grauenhaften schwarzen Kaffee. Ohne Zucker. Es war schon der dritte Becher und die sechste Zigarette in der kurzen Zeit.
Außer dem bitteren Kaffeegeschmack auf den Lippen und dem leichten Brennen des Zigarettenrauches in der Nase empfand ich nichts. Die Menschen, ohne Regenschirme, trotteten vereinzelt an mir vorbei, als wenn sie es gar nicht eilig hätten, dem sommerlichen Regen zu entkommen.
Alles Fremde, die mir keine Aufmerksamkeit schenkten und ich ihnen auch nicht. Ich kannte nicht ihre Welt und ich kannte nicht ihre schmutzigen Geheimnisse. Ich kenne nur meine Welt und meine schmutzigen Geheimnisse.
Ich zog kräftig an meiner Zigarette und atmete den Rauch durch den Mund und die Nase gleichzeitig aus.
Ich atmete aus und es wurde um mich dunkel und kalt. Ich atmete ein und alles wurde wieder hell und warm.
Zuerst begriff ich das Spiel nicht und atmete regelmäßig um festzustellen was eigentlich passiert.
Dunkelkalt, hellwarm, dunkelkalt, hellwarm.
Mein Atem wurde unregelässig. Die Interwalle zwischen Ein-, und Ausatmen wurden immer kürzer. Mein Ausatmen wurde immer kürzer, bis ich zum Schluss nur einatmete. Es machte mich weder ängstlich noch neugierig, ich zählte es zu der Besonderheit dieses Tages.
Denn außer dem bitteren Kaffeegeschmack auf den Lippen und dem leichten Brennen des Zigarettenrauches in der Nase empfand ich nichts Ich hatte eben die Dunkelheit in meiner Lunge.
Jetzt atme ich nur ein und alles ist um mich herum hell und warm.

©animus
 



 
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