Jugendgeschichte / Liebesgeschichte

Caro

Mitglied
Und sie war wie der Mond

Leider war ich nie gut darin, Geschichten zu erzählen, jedoch habe ich das Gefühl, dass heute der Tag sein sollte, zumindest meine Geschichte zu Papier zu bringen. Besser gesagt ihre Geschichte.
Ich hoffe, dass diese Geschichte vielleicht nie enden wird, aber ist es nicht gerade das, was wir uns in unserem Leben wünschen ? Eine nie endende Liebesgeschichte?
Dies hier soll nur an den wahrscheinlich epischsten Dialog meines Lebens erinnern. Aber dazu komme ich noch.

Ich kannte sie bisher nur vom Sehen. Was für ein Narr ich gewesen sein muss, sie nicht früher bemerkt zu haben. Wie konnte man ihre leuchtend roten Haare nur ignorieren? Doch vielleicht war jetzt in den Herbstferien meine Zeit. Jetzt, wo ich endlich über meine vergangenen Liebesbeziehungen hinweg war. Dennoch, ich wünschte mir ich hätte jetzt schon mehr Zeit mit ihr verbracht, mehr Unterhaltungen geführt und sie öfter im Arm neben mir liegen gehabt. Ich liebte es, wie sie meinen langweiligen Geschichten lauschte, ohne nur einmal das Interesse zu verlieren. Ich liebte es, wie sie grinste wenn sie meine Grammatik berichtigte, obwohl sie es nie besser machte. Ich liebte es wie sie meine Bettdecke in Anspruch nahm und sie nicht mehr hergeben wollte.
Dies alles liebte ich an ihr, und ich wusste, dass ich ihr das irgendwann offenbaren musste.

\"Ich weiß, dass klingt jetzt total bescheuert, aber ich liebe den Mond.\", sagte sie gedankenverloren durch das Fenster starrend.
\"Keine Ahnung wieso, irgendwie habe ich mich nachts immer wohler gefühlt, dass ist dann so, als wäre die Welt nur für mich da und niemand könnte sie mir je wegnehmen.\"
\"Das klingt nicht bescheuert.\", beteuerte ich, doch sie schien mich kaum wahrzunehmen. Das Mondlicht schien ins Zimmer und ließ ihre Haut wie Marmor schimmern.

\"Weißt du, was mich an Filmen immer fasziniert? Die Menschen können dort unheimlich schöne Dialoge halten. Es ist faszinierend, wie sie ohne groß nachzudenken die schönsten Liebeserklärungen machen können, ohne rot zu werden oder sich zu versprechen. Ich wünschte, ich könnte auch derartige Dialoge führen, die die Leute zum Nachdenken bringen.\", sie sagte dies ohne mich nur einmal anzusehen. Sie träumte von ihrem eigenen kleinen Film, in dem sie die Hauptrolle spielen sollte.
\"Leider befürchte ich, dass die Dialoge in Filmen ganz anders in der Wirklichkeit wahrgenommen werden würden.\" Ich wollte nicht an ihr zweifeln, jedoch war ich einfach ein hoffnungsloser Besserwisser.
\"Aber das ändert doch nichts an dem Dialog an sich! Wenn man ihn ausdrucken würde und an die Wand bringen würde, bleibt er in seiner Botschaft wunderschön und ich könnte ihn mir immer noch an meinen Schrank hängen.\"
Ich erinnerte mich an ihren Kleiderschrank. Er war weiß und an ihm hingen Papierschnipsel mit Zitaten ihres Lieblingsautors. Sie sagte, sie würde manchmal da sitzen und sich die Zitate ansehen und sich dadurch erinnern, wer sie ist und wer sie sein will. \'Denn es liegt immer in unserer Hand wer wir sind, nur viele vergessen diese Tatsache.\' und ich liebte sie so, wie sie ist.
Und so beschloss ich, ihr einen epischen Dialog zu halten, denn den verdiente sie, und ich wollte ihr alles geben, was sie sich wünschte.

\"Hast du noch ein wenig Zeit?\", fragte ich.
\"Ich denke schon, wieso ?\" Sie sah mich misstrauisch an.
\"Wirst du schon sehen.\"
Sie lächelte und rappelte sich von meinem Bett hoch. Ihre Haare waren zerzaust. Sie sah wunderschön aus.
Nachdem wir unsere Jacken angezogen hatten gingen wir ein Stück. Ich führte sie zu einem Waldweg und leuchtete den Weg mit einer Taschenlampe, die das einzige Licht weit und breit zu sein schien.

Sie hielt sich an meinem Arm fest, denn sie behauptete sie hätte ein unsagbares Talent auszurutschen und hinzufallen. Und so hielt ich sie.
\"Wo willst du denn hin ?\", quengelte sie.
\"Ein epischer Dialog benötigt eine epische Kulisse.\" Mehr, sagte ich nicht. Wir starrten still in den Lichtkegel der Taschenlampe und lauschten dem knisternden Laub unter unseren Füßen.

Endlich kamen wir zum See, in dem sich der Mond unnachahmlich spiegelte. Er leuchtete in einem hellen orange. Noch schöner als ich es mir ausgemalt hatte.
\"Das sieht so schön aus!\", sie schien sprachlos zu sein, ich hoffte , dass mich die Sprachlosigkeit nicht erreichen würde.
\"Dann leg mal los, ich bin gespannt.\", zwitscherte sie vergnügt und ich versuchte ruhig zu atmen, doch ich konnte mein Herz durch meine dicke Winterjacke pochen hören. Ich atmete tief ein und versuchte die passenden Worte zu finden. Sie hatte den Kopf an meine Schulter gelehnt, den Blick wie ich, starr auf den Mond über uns gerichtet.

\"Ich habe mal gelesen, die Sonne wäre der Ausdruck aller Freude auf der Welt. Und der Mond ist das Ebenbild der Sonne, weswegen er der Ausdruck aller Freude in der Nacht ist. Als du heute, wo du bei mir warst darüber sprachest, wie wunderschön du den Mond findest, habe ich direkt die Parallelen zwischen euch gesehen. Du bist für mich wie der Mond. Doch er wird nie so hell sein können wie du.
Wir hatten auch einmal über Zeit geredet, wie es doch möglich ist, dass es unterschiedliche Unendlichkeiten geben kann, so wie es dich dein Lieblingsautor gelehrt hat. Zeit ist unglaublich schwer auszudrücken, die Physik kämpft damit schon seit Jahren. Wie kann es möglich sein, dass sich eine Minute wie eine Stunde anfühlt. Genauso schwer ist es für mich zu erklären, wie es möglich sein kann, dass die Zeit stehen bleibt, wenn ich mit dir zusammen bin. Obwohl wir uns erst seit 1 ½ Wochen kennen, kommt es mir wie eine kleine Unendlichkeit mit dir vor. Doch was noch viel schwieriger zu erklären ist als die Zeit, sind meine Gefühle für dich und was du in der kurzen Zeit alles in mir bewegt hast.\"

Sie sagte kein Wort. Sie starrte auf die Spiegelung des Mondes im Wasser.
\"Das war eindeutig ein epischer Dialog… Danke.\", flüsterte sie schließlich und gab mir einen Kuss auf die Wange.
\"Ich wünschte, ich könnte das auch so gut wie du.\"
Und dann küsste ich sie und es war mir egal, was passieren würde, oder ob wir uns erst 1 ½ Wochen kennen, denn ich hatte das Gefühl, das Richtige zu tun und ich wusste, ich könnte es nie bereuen. Und dann standen wir da, starrten weiter auf das Wasser, und ich hielt sie einfach nur fest.
\"Wie beendet man so einen epischen Dialog am Besten?\", fragte ich sie leise und sie sah mich an und lächelte.
\"Am besten wahrscheinlich durch ein Ausrutschen im Matsch und einen epischen Hinflug meinerseits, damit aus der Schnulze eine Liebeskomödie wird.\"
\"Klingt gut.\", scherzte ich und so gingen wir zurück, wobei ich darauf achtete, dass sie nicht Bekanntschaft mit dem matschigen Boden machte, bevor sie ins Auto stieg, mir einen kurzen Abschiedskuss gab und \"Bis dann.\" flüsterte.

Tatsächlich könnte diese Geschichte hier ein Ende haben. Überaus dramatisch und traumhaft romantisch. Doch so ist es im Leben leider nicht. Unsere Geschichte endet vielleicht, doch ist es nicht unfair für die Zuhörer, eine Geschichte nur so weit zu erzählen, dass sie zwar wunderschön ist, aber so viele Fragen offen lässt?
Wer war dieses Mädchen, dass ich so liebte?
Ich wünschte ich hätte die Antwort auf diese Frage bereits mit einbauen können, doch zu dem Zeitpunkt hatte ich tatsächlich keine Ahnung von ihr. Doch das sollte sich in den nächsten Wochen ändern.

Es war ein regnerischer Herbsttag, die Nächte des klaren Himmels mit klaren Worten waren vorbei und ich starrte abwechselnd aus dem Fenster und auf mein Telefon:

Keine neuen Nachrichten.

Hatte ich mich schon so daran gewöhnt, morgens eine Nachricht von ihr zu haben, weil sie grundsätzlich vor mir wach wurde? Wie abhängig konnte man bereits nach 1 ½ Wochen von einer Person sein? Und war das gesund?
Mein Essen hatte ich vor Nervosität noch nicht einmal angerührt. Ich konnte mein Telefon nicht aus der Hand legen.
Sollte ich ihr einfach schreiben? Bedränge ich sie dadurch? Waren wir jetzt zusammen, oder war das alles ein einmaliges Erlebnis, welches ich vielleicht später meinen Enkeln erzählen konnte, jedoch nie größeren Einfluss auf mein weiteres Leben nehmen würde?

Ich seufzte. Wieso muss ich eigentlich immer so viel nachdenken?
Ich war garnicht wie sie. Sie war spontan, lustig, schadenfroh, ohne je gemein zu sein. Sie zeigte immer wie sie sich fühlte und dachte nie darüber nach wie ihr Verhalten auf andere wirken könnte.
Doch meine Einschätzung erwies sich als falsch, aber das sollte ich noch herausfinden.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Caro, herzlich Willkommen in der Leselupe!

Schön, dass Du den Weg zu uns gefunden hast. Wir sind gespannt auf Deine weiteren Werke und freuen uns auf einen konstruktiven Austausch mit Dir.

Um Dir den Einstieg zu erleichtern, haben wir im 'Forum Lupanum' (unsere Plauderecke) einen Beitrag eingestellt, der sich in besonderem Maße an neue Mitglieder richtet. http://www.leselupe.de/lw/titel-Leitfaden-fuer-neue-Mitglieder-119339.htm

Ganz besonders wollen wir Dir auch die Seite mit den häufig gestellten Fragen ans Herz legen. http://www.leselupe.de/lw/service.php?action=faq


Viele Grüße von DocSchneider

Redakteur in diesem Forum
 



 
Oben Unten