Julienne

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arle

Mitglied
Allez venez, mylord, vous asseoir à ma table...

Kannst du immer noch jedes Lied der Piaf von der ersten bis zur letzten Strophe mitsingen? Bist du ihr vielleicht sogar inzwischen begegnet? Trefft Ihr Euch am frühen Abend zu einem kleinen Apéro, redet über Gott und die Welt und das Leben und die Liebe? Und über Paris - Paris, deine Stadt. Die du nur ein einziges Mal sehen durftest. Richtest du ihr die dünnen Haare zu einer voluminösen, nicht zu perfekten Frisur? Obwohl du selbst doch nur zu gerne perfekt gewesen wärst, für deine Schwestern, deine Mutter, deinen Mann. Aber da war immer irgendwas, das nicht ins Bild passte: eine Laufmasche, ein abgeblätterter Fingernagel, Spuren von Wimperntusche.

Il fait si froid dehors, ici c'est comfortable...

Meinen zweiten Vornamen habe ich von dir: Julia. Das hätte ich als junges Mädchen niemals jemandem verraten, denn zu hause lachten sie immer und sagten, wenn sie gewusst hätten, wie ich mich entwickeln würde, hätten sie diesen Namen nicht gewählt. Er passe nun wirklich nur zu einem wirklich hübschen Mädchen. Du hast nie mitgelacht. Sie sieht aus wie Anne Frank, hast du gesagt, und Anne Frank war ein sehr hübsches Mädchen. Das habe ich dir nicht geglaubt, aber es tat gut.

Laissez vous faire, mylord, et prenez bien vos aises...

Weißt du noch, die Hochzeit meiner Cousine? Ich kam zu spät, vorne waren sie schon kurz vor dem Ja-Wort. Völlig außer Atem wollte ich erklären, dass ich doch gestern beim Polterabend diesen Piloten kennen gelernt hätte und da sei eben... Du hast den Finger auf den Mund gelegt und gesagt: Hauptsache, es war schön.

Vos peines sur mon coeur et vos pieds sur une chaise...

Mit der Liebe kanntest du dich aus. Deine große Liebe, Fritz, ist gleich in den ersten Kriegstagen gefallen. Alle dachten, du würdest dich nie mehr davon erholen. Und dann kam doch noch einer: Johannes. Johannes' Mutter war sehr krank. Sie rief ihren Sohn an ihr Bett und sagte, sie könne nicht in Frieden sterben, wenn er ihr nicht versprechen würde, Priester zu werden. So etwas gab es damals noch, und Johannes erfüllte seiner Mutter diesen letzten Wunsch.

Je vous connais, mylord, vous ne m'avez jamais vu...

Von da an ging alles sehr schnell. Du hast deinen kleinen Friseurladen ganz alleine geführt, dich immer mehr verschuldet, immer mehr Tabletten genommen, immer lauter gelacht. Meine Lieblingstante, die Quatschmacherin. Bis zum Zusammenbruch. Notarzt, Krankenhaus, Geschlossene, schnelle Hilfe von der Familie. Keine Gespräche. Und dann das Wunder: ein Beschützer, der deine Tabletten und seine Flaschen vor dir versteckte, Heirat, doch noch ein Kind, mit vierzig, eigenes Häuschen, eigener Laden mitten im Dorf, zehn Stunden Dauerwellen in graue Haare brennen - alle waren zufrieden. Ein gutes Paar, gefürchtete Witzeerzähler, tüchtig. Deinen Namen hast du dabei eingebüßt. Von nun an warst du nicht mehr Julienne, sondern nur noch die "Fraa"; damit kann man leben. Eine Szene aus dem verwackelten Super-8-Film geht mir nicht aus dem Kopf: Er wollte dir doch nur eine Strähne aus der Stirn streichen. Warum bist du so zusammengezuckt, was war da plötzlich in deinen Augen? Das Kind: knapp achtzehn Jahre später Vollwaise.

Je ne suis qu'une fille du bord, une ombre de la rue...

Une ombre - ein Schatten. Mein guter Schatten. Höchste Zeit, dir das einmal zu sagen.
 

arle

Mitglied
Allez venez, mylord, vous asseoir à ma table...

Kannst du immer noch jedes Lied der Piaf von der ersten bis zur letzten Strophe mitsingen? Bist du ihr vielleicht sogar inzwischen begegnet? Trefft Ihr Euch am frühen Abend zu einem kleinen Apéro, redet über Gott und die Welt und das Leben und die Liebe? Und über Paris - Paris, deine Stadt. Die du nur ein einziges Mal sehen durftest. Richtest du ihr die dünnen Haare zu einer voluminösen, nicht zu perfekten Frisur? Obwohl du selbst doch nur zu gerne perfekt gewesen wärst, für deine Schwestern, deine Mutter, deinen Mann. Aber da war immer irgendwas, das nicht ins Bild passte: eine Laufmasche, ein abgeblätterter Fingernagel, Spuren von Wimperntusche.

Il fait si froid dehors, ici c'est comfortable...

Meinen zweiten Vornamen habe ich von dir: Julia. Das hätte ich als junges Mädchen niemals jemandem verraten, denn zu hause lachten sie immer und sagten, wenn sie gewusst hätten, wie ich mich entwickeln würde, hätten sie diesen Namen nicht gewählt. Er passe nun wirklich nur zu einem hübschen Mädchen. Du hast nie mitgelacht. Sie sieht aus wie Anne Frank, hast du gesagt, und Anne Frank war ein sehr hübsches Mädchen. Das habe ich dir nicht geglaubt, aber es tat gut.

Laissez vous faire, mylord, et prenez bien vos aises...

Weißt du noch, die Hochzeit meiner Cousine? Ich kam zu spät, vorne waren sie schon kurz vor dem Ja-Wort. Völlig außer Atem wollte ich erklären, dass ich doch gestern beim Polterabend diesen Piloten kennen gelernt hätte und da sei eben... Du hast den Finger auf den Mund gelegt und gesagt: Hauptsache, es war schön.

Vos peines sur mon coeur et vos pieds sur une chaise...

Mit der Liebe kanntest du dich aus. Deine große Liebe, Fritz, ist gleich in den ersten Kriegstagen gefallen. Alle dachten, du würdest dich nie mehr davon erholen. Und dann kam doch noch einer: Johannes. Johannes' Mutter war sehr krank. Sie rief ihren Sohn an ihr Bett und sagte, sie könne nicht in Frieden sterben, wenn er ihr nicht versprechen würde, Priester zu werden. So etwas gab es damals noch, und Johannes erfüllte seiner Mutter diesen letzten Wunsch.

Je vous connais, mylord, vous ne m'avez jamais vu...

Von da an ging alles sehr schnell. Du hast deinen kleinen Friseurladen ganz alleine geführt, dich immer mehr verschuldet, immer mehr Tabletten genommen, immer lauter gelacht. Meine Lieblingstante, die Quatschmacherin. Bis zum Zusammenbruch. Notarzt, Krankenhaus, Geschlossene, schnelle Hilfe von der Familie. Keine Gespräche. Und dann das Wunder: ein Beschützer, der deine Tabletten und seine Flaschen vor dir versteckte, Heirat, doch noch ein Kind, mit vierzig, eigenes Häuschen, eigener Laden mitten im Dorf, zehn Stunden Dauerwellen in graue Haare brennen - alle waren zufrieden. Ein gutes Paar, gefürchtete Witzeerzähler, tüchtig. Deinen Namen hast du dabei eingebüßt. Von nun an warst du nicht mehr Julienne, sondern nur noch die "Fraa"; damit kann man leben. Eine Szene aus dem verwackelten Super-8-Film geht mir nicht aus dem Kopf: Er wollte dir doch nur eine Strähne aus der Stirn streichen. Warum bist du so zusammengezuckt, was war da plötzlich in deinen Augen? Das Kind: knapp achtzehn Jahre später Vollwaise.

Je ne suis qu'une fille du bord, une ombre de la rue...

Une ombre - ein Schatten. Mein guter Schatten. Höchste Zeit, dir das einmal zu sagen.
 

arle

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Kannst du immer noch jedes Lied der Piaf von der ersten bis zur letzten Strophe mitsingen? Bist du ihr vielleicht sogar inzwischen begegnet? Trefft Ihr Euch am frühen Abend zu einem kleinen Apéro, redet über Gott und die Welt und das Leben und die Liebe? Und über Paris - Paris, deine Stadt. Die du nur ein einziges Mal sehen durftest. Richtest du ihr die dünnen Haare zu einer voluminösen, nicht zu perfekten Frisur? Obwohl du selbst doch nur zu gerne perfekt gewesen wärst, für deine Schwestern, deine Mutter, deinen Mann. Aber da war immer irgendwas, das nicht ins Bild passte: eine Laufmasche, ein abgeblätterter Fingernagel, Spuren von Wimperntusche.

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Meinen zweiten Vornamen habe ich von dir: Julia. Das hätte ich als junges Mädchen niemals jemandem verraten, denn zu hause lachten sie immer und sagten, wenn sie gewusst hätten, wie ich mich entwickeln würde, hätten sie diesen Namen nicht gewählt. Er passe nun wirklich nur zu einem hübschen Mädchen. Du hast nie mitgelacht. Sie sieht aus wie Anne Frank, hast du gesagt, und Anne Frank war ein sehr hübsches Mädchen. Das habe ich dir nicht geglaubt, aber es tat gut.

Laissez vous faire, mylord, et prenez bien vos aises...

Weißt du noch, die Hochzeit meiner Cousine? Ich kam zu spät, vorne waren sie schon kurz vor dem Ja-Wort. Völlig außer Atem wollte ich erklären, dass ich doch gestern beim Polterabend diesen Piloten kennen gelernt hätte und da sei eben... Du hast den Finger auf den Mund gelegt und gesagt: Hauptsache, es war schön.

Vos peines sur mon coeur et vos pieds sur une chaise...

Mit der Liebe kanntest du dich aus. Deine große Liebe, Fritz, ist gleich in den ersten Kriegstagen gefallen. Alle dachten, du würdest dich nie mehr davon erholen. Und dann kam doch noch einer: Johannes. Johannes' Mutter war sehr krank. Sie rief ihren Sohn an ihr Bett und sagte, sie könne nicht in Frieden sterben, wenn er ihr nicht versprechen würde, Priester zu werden. So etwas gab es damals noch, und Johannes erfüllte seiner Mutter diesen letzten Wunsch.

Je vous connais, mylord, vous ne m'avez jamais vu...

Von da an ging alles sehr schnell. Du hast deinen kleinen Friseurladen ganz alleine geführt, dich immer mehr verschuldet, immer mehr Tabletten genommen, immer lauter gelacht. Meine Lieblingstante, die Quatschmacherin. Bis zum Zusammenbruch. Notarzt, Krankenhaus, Geschlossene, schnelle Hilfe von der Familie. Keine Gespräche. Und dann das Wunder: ein Beschützer, der deine Tabletten und seine Flaschen vor dir versteckte, Heirat, doch noch ein Kind, mit vierzig, eigenes Häuschen, eigener Laden mitten im Dorf, zehn Stunden Dauerwellen in graue Haare brennen - alle waren zufrieden. Ein gutes Paar, gefürchtete Witzeerzähler, tüchtig. Deinen Namen hast du dabei eingebüßt. Von nun an warst du nicht mehr Julienne, sondern nur noch die "Fraa"; damit kann man leben. Eine Szene aus dem verwackelten Super-8-Film geht mir nicht aus dem Kopf: Er wollte dir doch nur eine Strähne aus der Stirn streichen. Warum bist du so zusammengezuckt, was war da plötzlich in deinen Augen? Das Kind: knapp achtzehn Jahre später Vollwaise.

Je ne suis qu'une fille du bord, une ombre de la rue...

Une ombre - ein Schatten. Mein guter Schatten. Höchste Zeit, dir das einmal zu sagen.
 

arle

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Kannst du immer noch jedes Lied der Piaf von der ersten bis zur letzten Strophe mitsingen? Bist du ihr vielleicht sogar inzwischen begegnet? Trefft Ihr Euch am frühen Abend zu einem kleinen Apéro, redet über Gott und die Welt und das Leben und die Liebe? Und über Paris - Paris, deine Stadt. Die du nur ein einziges Mal sehen durftest. Richtest du ihr die dünnen Haare zu einer voluminösen, nicht zu perfekten Frisur? Obwohl du selbst doch nur zu gerne perfekt gewesen wärst, für deine Schwestern, deine Mutter, deinen Mann. Aber da war immer irgendwas, das nicht ins Bild passte: eine Laufmasche, ein abgeblätterter Fingernagel, Spuren von Wimperntusche.

Il fait si froid dehors, ici c'est comfortable...

Meinen zweiten Vornamen habe ich von dir: Julia. Das hätte ich als junges Mädchen niemals jemandem verraten, denn zu hause lachten sie immer und sagten, wenn sie gewusst hätten, wie ich mich entwickeln würde, hätten sie diesen Namen nicht gewählt. Er passe nun wirklich nur zu einem hübschen Mädchen. Du hast nie mitgelacht. Sie sieht aus wie Anne Frank, hast du gesagt, und Anne Frank war ein sehr hübsches Mädchen. Das habe ich dir nicht geglaubt, aber es tat gut.

Laissez vous faire, mylord, et prenez bien vos aises...

Weißt du noch, die Hochzeit meiner Cousine? Ich kam zu spät, vorne waren sie schon kurz vor dem Ja-Wort. Völlig außer Atem wollte ich erklären, dass ich doch gestern beim Polterabend diesen Piloten kennen gelernt hätte und da sei eben... Du hast den Finger auf den Mund gelegt und gesagt: Hauptsache, es war schön.

Vos peines sur mon coeur et vos pieds sur une chaise...

Mit der Liebe kanntest du dich aus. Deine große Liebe, Fritz, ist gleich in den ersten Kriegstagen gefallen. Alle dachten, du würdest dich nie mehr davon erholen. Und dann kam doch noch einer: Johannes. Johannes' Mutter war sehr krank. Sie rief ihren Sohn an ihr Bett und sagte, sie könne nicht in Frieden sterben, wenn er ihr nicht versprechen würde, Priester zu werden. So etwas gab es damals noch, und Johannes erfüllte seiner Mutter diesen letzten Wunsch.

Je vous connais, mylord, vous ne m'avez jamais vu...

Von da an ging alles sehr schnell. Du hast deinen kleinen Friseurladen ganz alleine geführt, dich immer mehr verschuldet, immer mehr Tabletten genommen, immer lauter gelacht. Meine Lieblingstante, die Quatschmacherin. Bis zum Zusammenbruch. Notarzt, Krankenhaus, Geschlossene, schnelle Hilfe von der Familie. Keine Gespräche. Und dann das Wunder: ein Beschützer, der deine Tabletten und seine Flaschen vor dir versteckte, Heirat, doch noch ein Kind, mit vierzig, eigenes Häuschen, eigener Laden mitten im Dorf, zehn Stunden am Tag Dauerwellen in graue Haare brennen - alle waren zufrieden. Ein gutes Paar, gefürchtete Witzeerzähler, tüchtig. Deinen Namen hast du dabei eingebüßt. Von nun an warst du nicht mehr Julienne, sondern nur noch die "Fraa"; damit kann man leben. Eine Szene aus dem verwackelten Super-8-Film geht mir nicht aus dem Kopf: Er wollte dir doch nur eine Strähne aus der Stirn streichen. Warum bist du so zusammengezuckt, was war da plötzlich in deinen Augen? Das Kind: knapp achtzehn Jahre später Vollwaise.

Je ne suis qu'une fille du bord, une ombre de la rue...

Une ombre - ein Schatten. Mein guter Schatten. Höchste Zeit, dir das einmal zu sagen.
 
H

Hakan Tezkan

Gast
schön, und danke für die aufrischung meienr französichkenntnisse...
nein, das ist gut geschrieben. danke für deine worte.

lg,
hakan
 

arle

Mitglied
Danke für die Auffrischung meines Selbstbewusstseins... (c;

Ursprünglich war der Liedtext ja kursiv geschrieben; sah wesentlich besser aus. Aber dann wollte oder konnte das Programm hier mir diesen Wunsch nicht erfüllen - daher auch die vier (!) Versionen.

Schade, nicht zu ändern, wenn s trotzdem gefiel, freut mich das sehr.

Sei gegrüßt

Silvia
 
H

Hakan Tezkan

Gast
du kannst es kursiv setzen, indem du vor die passage [ i ] setzt und dahinter [ /i ]. nur ohne den abstand zwischen den klammern, musst ich machen, damits lesbar ist.

probier's aus...;)

nicht du auch noch, wir idioten mit unseren selbstzweifeln...

lg,
hakan
 

arle

Mitglied
[/i]Allez venez, mylord, vous asseoir à ma table...[/i]

Kannst du immer noch jedes Lied der Piaf von der ersten bis zur letzten Strophe mitsingen? Bist du ihr vielleicht sogar inzwischen begegnet? Trefft Ihr Euch am frühen Abend zu einem kleinen Apéro, redet über Gott und die Welt und das Leben und die Liebe? Und über Paris - Paris, deine Stadt. Die du nur ein einziges Mal sehen durftest. Richtest du ihr die dünnen Haare zu einer voluminösen, nicht zu perfekten Frisur? Obwohl du selbst doch nur zu gerne perfekt gewesen wärst, für deine Schwestern, deine Mutter, deinen Mann. Aber da war immer irgendwas, das nicht ins Bild passte: eine Laufmasche, ein abgeblätterter Fingernagel, Spuren von Wimperntusche.

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Meinen zweiten Vornamen habe ich von dir: Julia. Das hätte ich als junges Mädchen niemals jemandem verraten, denn zu hause lachten sie immer und sagten, wenn sie gewusst hätten, wie ich mich entwickeln würde, hätten sie diesen Namen nicht gewählt. Er passe nun wirklich nur zu einem hübschen Mädchen. Du hast nie mitgelacht. Sie sieht aus wie Anne Frank, hast du gesagt, und Anne Frank war ein sehr hübsches Mädchen. Das habe ich dir nicht geglaubt, aber es tat gut.

[/i]Laissez vous faire, mylord, et prenez bien vos aises...[/i]

Weißt du noch, die Hochzeit meiner Cousine? Ich kam zu spät, vorne waren sie schon kurz vor dem Ja-Wort. Völlig außer Atem wollte ich erklären, dass ich doch gestern beim Polterabend diesen Piloten kennen gelernt hätte und da sei eben... Du hast den Finger auf den Mund gelegt und gesagt: Hauptsache, es war schön.

[/i]Vos peines sur mon coeur et vos pieds sur une chaise...[/i]

Mit der Liebe kanntest du dich aus. Deine große Liebe, Fritz, ist gleich in den ersten Kriegstagen gefallen. Alle dachten, du würdest dich nie mehr davon erholen. Und dann kam doch noch einer: Johannes. Johannes' Mutter war sehr krank. Sie rief ihren Sohn an ihr Bett und sagte, sie könne nicht in Frieden sterben, wenn er ihr nicht versprechen würde, Priester zu werden. So etwas gab es damals noch, und Johannes erfüllte seiner Mutter diesen letzten Wunsch.

[/i]Je vous connais, mylord, vous ne m'avez jamais vu...[/i]

Von da an ging alles sehr schnell. Du hast deinen kleinen Friseurladen ganz alleine geführt, dich immer mehr verschuldet, immer mehr Tabletten genommen, immer lauter gelacht. Meine Lieblingstante, die Quatschmacherin. Bis zum Zusammenbruch. Notarzt, Krankenhaus, Geschlossene, schnelle Hilfe von der Familie. Keine Gespräche. Und dann das Wunder: ein Beschützer, der deine Tabletten und seine Flaschen vor dir versteckte, Heirat, doch noch ein Kind, mit vierzig, eigenes Häuschen, eigener Laden mitten im Dorf, zehn Stunden am Tag Dauerwellen in graue Haare brennen - alle waren zufrieden. Ein gutes Paar, gefürchtete Witzeerzähler, tüchtig. Deinen Namen hast du dabei eingebüßt. Von nun an warst du nicht mehr Julienne, sondern nur noch die "Fraa"; damit kann man leben. Eine Szene aus dem verwackelten Super-8-Film geht mir nicht aus dem Kopf: Er wollte dir doch nur eine Strähne aus der Stirn streichen. Warum bist du so zusammengezuckt, was war da plötzlich in deinen Augen? Das Kind: knapp achtzehn Jahre später Vollwaise.

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Une ombre - ein Schatten. Mein guter Schatten. Höchste Zeit, dir das einmal zu sagen.
 

arle

Mitglied
Nee, leider, ob mit Abstand oder ohne: nix passiert. Ich lass es jetzt, sonst ist hinterher die Versionen-Liste länger als der Text.

Lassen wir's wie's ist und freuen wir uns unserer Selbstzweifel.
 

Balu

Mitglied
hier malst du gelungene wortbilder

man sieht und hört sie, die tante

und man liest die bewunderung für sie


wohl einer der besten texte, die ich von dir kenne


bärengrüße dir
Knut
 

MarenS

Mitglied
Mir lässt der Schluss keine Ruhe...
Eine Geschichte die mir tief unter die Haut geht.

...und für Hakan und Silvia

Non, je ne regrette rien...

Auch die ständigen Hinterfragungen meiner selbst nicht.

Maren
 

arle

Mitglied
Da weiß ich jetzt gar nicht so recht, was ich sagen soll, liebe Maren.

Erst mal natürlich vielen Dank für die schönen Worte. Zum "Hinterfragen" kommt mir in den Sinn, dass die gute Edith im von dir genannten Lied auch sang: J'ai allumé le feu avec mes souvenirs - Ich habe das Feuer mit meinen Erinnerungen geschürt. Da ist auch was dran, oder? Ich denke, es gibt Aufhebenswertes und Anzündenswertes auf dem Speicher.

Etwas Persönliches: Julienne ist eine, die ich nur für eine kurze Spanne meines Lebens haben durfte, die mich aber für den Rest meines Lebens begleitet - jeden Tag. Darum habe ich ihr diesen Brief geschrieben (jetzt, wo wir sozusagen fast gleichaltrig sind), weil ich beginne, sie zu verstehen und eben fand, es sei allerhöchste Zeit dafür.

Sehr sehr froh, dass er in dir ein Wiedererkennen geweckt hat:

Silvia
 

Balu

Mitglied
nun habe ich es noch einmal gelesen, und gleich noch einmal

und wieder fällt mir das selbe ein, was ich vor längerer zeit schon empfunden habe

es sind wortbilder vom feinsten, die du malst

und obwohl es ein relativ kurzer text ist, spannst du den bogen eines ganzen lebens und fesselst den leser

man möchte mehrmals im text seufzen und sich eine solche tante wünschen,

der leser spürt, dass sie die erzählerin durch ihr eigenes leben begleitet

du schreibst viele gute texte, aber das hier ist einfach
"der beste arle"

balu
mit geneigtem haupt
 

arle

Mitglied
Ich bitte dich, Balu, erhebe dein Haupt wieder.

Sehr schön, wenn man zwei-, sogar dreimal gelesen wird. Vielen Dank dafür.

Silvia
 

MarenS

Mitglied
Es fällt nicht schwer diesen Text mehrmals zu lesen, im Gegenteil und ja...es gibt verschiedenes auf dem Dachboden des Lebens. Wohl dem, der das ein oder andere zu verbrennen vermag.

Grüße von Maren
 



 
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