Kaffee-Story (nicht nur für Rote Socke)

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Cäcilie

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Kaffee-Story

Kaffee, mein Lebenselixier, heiß und schwarz muss er sein. Die Lebensgeister erwecken. Den Geschmack und das Aroma Südamerikas muss er haben. So wie es die Werbung verspricht.
Mal am Rande: Wie schmeckt eigentlich Südamerika? Weiß das irgend jemand? Mir ist das egal. Ich nehme einfach an, dass Südamerika so schmeckt, wie mein selbstgebrühter Kaffee. Selbstgebrüht, das ist das Entscheidende.
Denn unser örtliches Wasserwerk trägt mit der Anreicherung des Trinkwassers mit Unmengen an Kalk zwar eindeutig zur Ertragssteigerung der lokalen Kaffeemaschinenverkäufer bei, und hat damit einen nicht unerheblichen Anteil am wirtschaftlichen Aufleben dieser Region. Aber nachdem ich meine letzte Kaffeemaschine, die zwölfte innerhalb von 3 Jahren, der Entsorgung zuführen musste, habe ich mich entschlossen, die althergebrachte Methode des selbst Brühens wieder einzuführen.
Kein Ärger mehr mit dem Entkalken, keine angebrannten Kaffeereste, weil man mal wieder vergessen hat, die Wärmeplatte abzustellen, keine Dosierungsprobleme, wenn man nur eine Tasse Kaffee möchte. Und außerdem schmeckt der Kaffee von Hand gebrüht viel besser.
Dazu kommt, dass dieses Ritual auch etwas beruhigendes hat. Der Wasserkocher summt vor sich hin, während ich den Porzellanfilter auf Tante Isoldes alte Kaffeekanne stelle, eine Filtertüte einsetze und dunkelbraunes, duftendes Kaffeepulver hineinlöffle. Wenn das Wasser sprudelnd kocht, aber wirklich erst dann, bekommt das Kaffeepulver die erste Brühung ab. Nach und nach wird dann der Rest aufgegossen. Und nach fünf Minuten ist die Kanne voll, und ich genieße das schwarze Gebräu.
Meine Freunde machen sich gerne lustig über mich, denn Kaffeemaschinen sind ja viel praktischer. Aber sie trinken meinen Kaffee dann doch immer sehr gerne.

Vorhin traf ich meine beste Freundin Ella in der Stadt. „Komm doch schnell auf einen Kaffee mit zu mir.“, sagte sie.
Ich hatte eigentlich gar keine Zeit. Aber dann ließ ich mich überreden.
Sie präsentierte mir stolz ihre neueste Errungenschaft: Eine ganz moderne Kaffeemaschine, deren Name mich irgendwie an Rasierschaum für sensible Männerhaut oder an Damenbinden erinnerte.
Der Vorteil dieser Maschine sei, so erklärte sie mir, dass jede einzelne Tasse frisch aufgebrüht werde. Ganz so, wie bei meiner Methode. Nur eben nicht von Hand. Das wäre doch etwas für mich, meinte sie.

Ich war skeptisch, ließ mir aber nichts anmerken.
Wir standen in Ellas Küche und sie führte mir die Maschine vor. Kopfstück aufklappen, Kaffeepad einlegen, Kopfstück herunterdrücken, Tasse unter die Maschine stellen und Startknopf drücken. Ganz einfach.
„Das geht nur mit diesen Pads?“, fragte ich.
„Ja“, sagte Ella, „Aber die bekommst Du überall. Es sind immer 18 Stück pro Packung.“
„Hast Du mal ausgerechnet, wie viel Du jetzt für 500 g Kaffee bezahlst?“, fragte ich.
Ella sah mich entrüstet an.
„Woran Du immer gleich denkst. Natürlich ist es ein bisschen teurer. Aber der Kaffee ist auch super.“, klärte sie mich auf. „Du musst das einfach mal pro Tasse rechnen. Und dann vergleich mal, was Du in einem Café bezahlen würdest.“
Inzwischen hatte die Maschine begonnen zu arbeiten. Allerdings sah es mir nicht so aus, als würde sie Kaffee produzieren.
„Sag mal, muss das Wasser da an der Seite herunterlaufen?“, fragte ich.
Ella schreckte herum.
„Ach Du Scheiße! Das passiert manchmal.“
Sie drückte auf den Aus-Knopf und suchte nach einem Lappen. Hektisch wischte sie das heiße Wasser auf, das sich um die Maschine herum gesammelt hatte.
„Ich hatte das Kopfstück nicht richtig heruntergedrückt.“, erklärte sie.
Das halb durchweichte Kaffeepad beförderte sie in den Mülleimer und setzte ein neues ein.
Kopfstück herunterdrücken, neue Tasse unter die Maschine stellen, Startknopf drücken.
Und tatsächlich, die Tasse füllte sich mit Kaffee.
Leider aber nur halb. Die Maschine röchelte, spuckte einen letzten Rest Schaum aus, und stoppte.
„Sieht irgendwie komisch aus.“, bemerkte ich.
Stirnrunzelnd blickte Ella in die Tasse.
„Ach so!“, fiel ihr dann ein. „Ich habe den Wassertank nicht nachgefüllt. Dann kann es ja auch nicht funktionieren.“
Sie nahm den Tank ab, hielt ihn unter den Wasserhahn und setzte ihn wieder in die Maschine.
Sie wartete, bis das rote Lämpchen aufhörte zu blinken, und drückte erneut auf den Startknopf.
Selbstzufrieden blickte sie auf die laufende Maschine.
„Siehst Du?“, sagte sie. „Jetzt geht es.“
Ich wartete gespannt.
Die Tasse war jetzt schon ziemlich voll. Allerdings merkte das die Maschine offensichtlich nicht. Sie produzierte nämlich immer mehr Kaffee. Die Tasse lief über und die Maschine stand in einem See aus Kaffee und Schaum.
Ella drückte wieder den Aus-Knopf.
„Ich verstehe das nicht“, sagte sie kopfschüttelnd. „Normalerweise geht das alles ganz prima.“
Ich hatte da einige Zweifel. Bisher fand ich das System nicht sehr überzeugend.
Wir bewaffneten uns mit Küchenpapier und beseitigten das ganze Chaos. In der Küche hing der Duft von Südamerika und ich hatte Kaffeedurst.
Ella setzte das dritte Kaffeepad in die Maschine.
„Füll den Tank auf“, riet ich ihr.
Ella war mir einen strafenden Blick zu. Dann füllte Sie den Tank auf, stellte eine Tasse unter die Maschine und drückte den Startknopf.
„Musst Du nicht vorher das Kopfstück...?“
Zu spät!
Heißes Wasser spritzte uns aus dem noch offen stehenden Kopfstück entgegen. Ella machte einen Satz rückwärts, fiel über den Küchenstuhl und landete auf ihrem Hintern.
Ich drückte geistesgegenwärtig den Aus-Knopf und half meiner Freundin auf die Beine.
Ella heulte vor Wut. Sie bestand darauf, einen weiteren Versuch mit der Maschine zu starten. Aber ich hatte leider keine Zeit mehr.
Ich muss nämlich noch eine Geschichte über Kaffee schreiben:
Thema: Kaffee, Konflikt: Kaffee, Lösung: Kaffee.

Aber vorher brühe ich mir noch schnell einen Kaffee auf.

© Cäcilie
 
R

Rote Socke

Gast
Verdammte Technik!!!

Prima gelöst Cäcilie. Hast mit dem Text alle Sinne angesprochen, bin schon unterwegs in die Küche...

...hm, Kaffe schmeckt! Und gelacht habe ich auch.

10 Points hätt ich Dir gegeben, wenn Du die ganze Brüherei mit TransFair Kaffee gemacht hättest. Na ja, kann ja noch werden.

Gute Schreibe und sehr flüssig, für diese knappe Zeitvorgabe. DICKES LOB!

Grüßle
von der Kaffee-Socke ;)
 

Rainer

Mitglied
hallo cäcilie,

auch wenn dein text hauptsächlich für die rote socke ist, stehe ich nach meinem posting auch mal auf, und hole den guten alten melitta nr.102, um mir solch ein gebräu zu machen. leider hat mich die socke auf die idee gebracht, daß ich doch etwas zu meckern haben könnte, deswegen nehme ich, wie immer meinen cubita, und vergebe freudestrahlend ein spitzenklasse.

grüße

rainer
 
R

Rote Socke

Gast
Hallo Rainer,

willkommen im Courmet Club. Schön zu sehen, dass Du auf Qualität achtest.

Kaffee-Gruss von
Socke
 

Cäcilie

Mitglied
:)

Hey, ich freu mich riesig, daß Euch die Geschichte gefällt!
Vielen Dank Socke und vielen Dank Rainer!

Weitere Themenvorschläge sind herzlich willkommen :)

Grüße
Cäcilie
 



 
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