Kapitulation

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Vera-Lena

Mitglied
Kapitulation

Im Galeriewäldchen
hast du dich verschanzt,
wissend,
dass ich dich
finden werde.

Ich komme unbewaffnet,
auch das Trotzhemd
blieb daheim.

So fröstele
ich dir entgegen
bis dein Erbarmen
in dir hochreift,
du mich einhüllst
in das sternengezackte Kleid,
das unsere Streitwunden
umfängt,
ich deine
wiedererwachende Wärme
spüre.



(Galeriewälder: Schmale Baumstreifen an Flussläufen)
 

aboreas

Mitglied
Ein extrem kluges Gedicht, wie ich finde.

Es trägt die eigenartige (aber funktionierende!!) Widersprüchlichkeit der Konfliktbewältigung von einander Vermissenden, Begehrenden, Suchenden.

Gruß. abo
 

Vera-Lena

Mitglied
Hallo aboreas,

Dein Kommentar freut mich sehr.Ja, diesen Text hatte ich gedacht als Beitrag zur Konfliktbewältigung. Ich wollte einfach den Augenblick schildern, wenn eigentlich beide eine Versöhnung herbeisehnen, aber keiner weiß, wie das nun gehen könnte.
Der eine schirmt sich noch ab und tut so als könne er bis in alle Ewigkeit weiterkämpfen, obgleich seine Abwehr nur noch hauchdünn ist. Der andere schließlich, der das endlich wahrnimmt macht sich auf, nun wirklich eine Versöhnung herbei zu führen, weil er spürt, das auf der anderen Seite der Widerstand dahingeschmolzen ist.

Dennoch schafft auch er es nicht, ein Friedensangebot zu machen. Er wartet einfach bis in dem anderen die Bereitschaft zum Verzeihen aufkeimt.

Ich denke dieser letzte Punkt wird im allgemeinen nicht geübt in der Welt. Das Abwartenkönnen ist nicht die Stärke unter uns Menschen. Da wird verhandelt und die Dinge werden von einer Ebene auf die andere hin- und her verschoben.
Wie lange dauert es dann bis Menschen einander endlich verzeihen können, nachdem sie sich ja schließlich gegenseitig verwundet haben.

Und doch kommt auch das vor, Gott sei Dank! Vergebung heißt aber, dass man dem anderen insgeheim nicht doch immer wieder die vergangenen Dinge ankreidet, sondern, dass man ihn "Er selbst" sein lässt und ihm von neuem sein Vertauen schenkt.

Danke für Deine Antwort!
Dir einen schönen vorösterlichen Tag!
Liebe Grüße von Vera-Lena
 
B

bonanza

Gast
wo ist das gedicht klug?
es kommt mir höchstens altweise daher.
als gedicht darf es das auch.
eröffnet sich deswegen mir nicht und
bleibt unsympathisch.

bon.
 
S

Sandra

Gast
Hallo Vera-Lena,
auch auf mich wirkt dein Gedicht klug, denn der Weg oder der Schritt zurück nach einem Streit ist nie leicht und der, der ihn begeht weiß nicht welches Kleid ihn nun erwartet. Da es sternengezackt ist (dies halte ich für eine sehr gute Formulierung) ist es nicht nur schön, sondern es wird auch wehtun je nachdem wie es auf die Haut trifft. Doch der Prot. fröstelt und wird froh sein um die wärmende Umarmung. Dies ist ein Anfang!
LG
Sandra
 
B

bonanza

Gast
die galeriewälder gefallen mir bei dem gedicht
am besten. ich liebe solche begriffe.
 

Vera-Lena

Mitglied
Liebe Sandra,

danke für Deine Interpretation!

Ja, in dieser Weise, wie Du es beschreibst hatte ich es mit dem sternengezackten Gewand gemeint. Natürlich tut alles weh, was man auf offene Wunden packt und sei es im ersten Moment ein Pflaster, aber hier ist ja die Verzeihung mit eingewebt, so dachte ich mir das, und deswegen ist es ein letzlich wirklich heilendes Gewand bis zum nächsten Streit. Der wird gewiss auch wieder kommen.

Dir ganz liebe Grüße und einen fröhlichen Ostertag!:)
Vera-Lena
 

Vera-Lena

Mitglied
Hallo bonanza,

das Wort Galeriewäler habe ich zum ersten Mal im Biologieunterricht gehört, und es hat mich schon damals völlig verzaubert.

Wenn ich mit dem Zug durch Niedersachsen fahre, dann kann ich sehen, dass dort viele Felder, wahrscheinlich um sie gegen Wind zu schützen, auch von einer Baumreihe eingesäumt sind; und dann denke ich natürlich auch wieder an einen Galeriewald. Aber das "ä" im Plural dieses Wortes finde ich so besonders schön,( Du weißt ja sicher inzwischen, dass ich zu den Klängen von Buchstaben eine sehr intensive Beziehung habe) so dass ich, da ich hier nur den Singular verwenden konnte, die Verniedlichung gewählt habe, nicht nur wegen des "ä" , sondern weil sie inhaltlich noch unterstreicht, dass der "Verschanzte" gar zu gern gefunden werden wollte. Auch er ersehnte ja die Versöhnung.

Dir noch weiterhin einen schönen österlichen Tag. Deine Osterfreude hast Du ja heute schon unter "Erotisches" gepostet.

Viele Grüße!
Vera-Lena
 
B

bonanza

Gast
meine osterfreude ist reine fiktion, vera.
aber besser eine fiktion als gar nichts.
galeriewäldchen gibt es hier in der rheinebene wie
sand am meer. meistens sind sie ziemlich sumpfig.
als kinder spielten wir in einem "bauernwäldchen".
das sah wie ein mini-urwald aus.
wie nennt man die kleinen wäldchen zwischen den feldern?
haine? dort sah ich das erste mal einen dachsbau, als
ich mit meiner geliebten vom weg abbog.

lieben gruß
bon.
 



 
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