Karneval, Kostümierung und ....Identität?

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Hans Atom

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Schunn am Elfte Elfte gieht dat Spilsche loss - für viele Narren wurde der Kölner Karneval auch heuer wieder ein wüstes Versteckspiel um intentionale Identitäten. Immer öfter geht es bei der Kostümierung um Fremd-Identifizierung statt um das simple Nicht-Erkennen. Hans Atom begleitete den historisch kostümierten B. Korsakov (41) auf seiner Karnevals-Odysee.

Es ist der 11. November 2005. Gegen 11.11h steigt B. Korsakov (41) in einem der besten Hotels der Universitätsstadt Bonn ab. Er ist bereits vollständig kostümiert. In der Lobby riecht es nach Frischgezapftem und billigem Eau de Cologne. B. Korsakov ist in Festlaune - voller Zuversicht öffnet er sich, nachdem er sich in der Präsidentensuite einkaserniert hat, eine kleine Dose Pils. Dieses Jahr will er sich als Johannes Brahms unter die Narren mischen. \"Hoffentlich erkennt mich keiner\", gesteht er nach einem tiefen Schluck aus seiner Dose fast etwas kleinlaut. Voll zärtlicher Andacht hält er die kleine Dose Pils in seinen schönen Klavierspielerfingern. Was Korsakov allerdings verschweigt, ist die Tatsache, dass er, wie abertausende Karnevalstouristen ebenso, dieses Jahr sehr großen Wert darauf legt, in seiner historischen Kostümierung identifiziert zu werden.
Eine zweite Dose Pils folgt der ersten, dann eine dritte: \"Aller guten Dinge sind vier\", gesteht Korsakov augenzwinkernd, als er zum finalen Schluck ansetzt. Mühsam erhebt er sich aus dem Sessel und wankt Richtung Anrichte. Der geisterhafte Hauch eines Lächelns hat seine Lippen gestreift - es ist ein Lächeln von vollendeter Güte.
Gegen 15.15h verlässt Korsakov das Luxushotel. Auf den Strassen schäumen bereits die ersten Menschenmassen. Am Platzerl hat sich ein Menschenstrudel von enormer Sogkraft gebildet. Viele der in ihm befindlichen Narren wähnen sich in einer gewaltigen Zentrifuge. Mit konzentrierter Miene navigiert Korsakov in Richtung nächste Schanksube. Ein prächtiges Mannsbild wie er, kommt auch bei solch einem Menschenseegang nicht vom Kurs ab. Wie ein Schlachtschiff durchpflügt er eine Schar lachende Kinder, wobei er ein Kielwasser von Tränen hinterlässt. Die Schankstube ist voller, als Korsakov erwartet hatte. Selbst hinten im Restautant türmen sich die Menschen bis zur Decke. Es ist rappelvoll. Doch noch ist keiner willens oder überhaupt auch nur in der Lage Korsakov in seiner historischen Kostümierung zu identifizieren. Korsakov mahnt zur Besonnenheit:\" Noch ist es früh\".

Plötzlich hat er neben dem Bier, an dem er kontinuierlich nippt, einen feudalen Kelch voll mit perlendem Champagner in seinen feingliedrigen Rosenfingern. Gierig leert er den Pokal bis auf den Grund, wobei der fürstliche Trunk ihm über die Leffzen bis hinunter auf seine kostbare Kostümierung rinnt. Kraft- und druckvoll im Geschmack, weich, saftig und frisch auf der Zunge, harmonisch in der Reife und mit feinem, angenehm cremigem Mousseux wirken seine kaum spürbare Süße und die milde Säure gekonnt integriert in ein harmonisch trockenes Geschmacksbild, das den charaktervollen Champagner stilistisch prägt. Mit wüsten Grimassen verlangt Korsakov nach mehr. Plötzlich hat er wieder ein Pils in der Hand, dann eine Sektflöte, jetzt wieder eine kleine Dose Bier. \"Obwohl ich gänzlich dem Gedankengut der Aufklärung verhaftet bin, so bin ich doch, was das Saufen betrifft, ein Barockmensch.\", erklärt Korsakov nervös.
Die letzten Sonnenstrahlen eines krepierenden Tages treffen Korsakov am schweissnassen Hinterkopf. Es ist gegen 19.12 h. Die Räumlichkeiten sind in Verwesungslicht getaucht. Es riecht nach Schweiss, Zigarettenqualm, Schlachtabfällen und Sturzbächen von Alk. Korsakov hockt gebückt im Eck, er ist sichtlich gealtert. Die ihm in Fetzen vom Leib baumelnde, durch und durch verdreckte historische Gewandung, gibt ihm die äussere Erscheinungsform eines Unglücksraben. Mit bebender Unterlippe bestellt er krächzend eine letzte Runde. Aufgebracht plappert er in sich hinein: \"Nein, ...nach Canossa gehe ich nicht\" und dann plötzlich vollkommen zusammenhangslos: \"weder physisch noch geistig\". Totenbleich schaut er mit protuberantem Aug in die Runde, wobei sein Blick am voluminösen Hintern einer frühreifen Zwöljährigen hängen bleibt - auch dieses Jahr wurde er nicht identifiziert.
 

pch

Mitglied
Hi Hans,

konkret:

Wenn er viel Glück hat und günstig steht, kann er an einem 11.11. in Bonn einen allerletzten Sonnenstrahl um 16.35 auf seinem feuchten Schädel spüren, aber dann wird‘s schon langsam finster, und um “19.12 h“, wie du schreibst, muss ihn da schon was anderes am “schweissnassen Hinterkopf“ getroffen haben...

Weniger konkret:

Ich komm mit den vielen großen Worten nicht zurecht in dem angedeutet knappen Reportagestil.
Irgendwie kommt‘s mir komisch vor, wenn einer(41) um 20.18 h mit protuberantem Auge in einen feudalen Champagnerkelch stiert, den er in feingliedrigen Rosenfingern haelt...

Entweder ging‘s oder auch oder, aber so geht‘s, meiner Meinung nach, nicht...


Laß dich bloß nicht entmutigen, auf die eine oder andere Art kannst du da schon was draus machen...

Liebe Grüße
Chris
 

Romana

Mitglied
???

Lieber Atom,

jetzt lese ich deine Geschichte zum zweiten Mal und frage mich immer noch: Worum dreht sich das Ganze? Alk? Karneval? (...) etwas, das ich nicht bemerke?

Und warum "Identität"? Vielleicht bin ich zu blöd, aber ich sehe hinten und vorne keinen Sinn ... Oder ist es vielleicht ein Päderast, der sich besäuft ... warum?

Tut mir leid, aber ich tu mir mit deiner Geschichte wirklich sehr schwer.

Gruß R.
 
H

HFleiss

Gast
Karneval, Kostümierung und ... Identität?

Bitte nicht schon wieder Karneval. Mir reicht das Fernsehprogramm!

Gruß
Hanna
 

Hans Atom

Mitglied
Liebe Romana,

danke für das Zweimal-Lesen. Klar ist im Text ist jede Menge Geschwafel, weil er sich formal und inhaltlich an schlechtem Journalismus orientiert.
Deshalb enthält er unnötige Elemente von Werbung und geht gezielt nur in eine Richtung ohne je zu hinterfragen.
Inhaltlich ist da ein Mensch, der seine Identität schon lange verloren hat. Da gibt es kaum noch etwas, was der wirklich will. Aber er bäumt sich noch einmal auf: Die Kostümierung ist genau der Trick mit der neuen Frisur, von der wir denken, sie würde einen neuen Menschen aus uns machen, tut sie dann aber doch nicht. Eigentlich sagt sie nur:"Bitte nehmt mich wahr." Und eine Brahmskostümierung ist sowieso genauso intellektuell, wie sie auch doof ist.
Das wenige, was sich in dem Menschen gegen diese Aktion wehrt, ist das leichte Schluckauf der unpassenden Worte. Die Rosenfinger, der Kelch und das Lächeln der Güte sind, obwohl Worthülsen, seine letzten personellen Interferenzen auf den schnöden Text. An diesen Punkten gelingt es ihm noch, die Glätte des Textes zu durchschlagen. Der dreckige Altherrenblick am Ende ist das Eingeständnis der Niederlage: Er ist im Hafen des ganz normalen Wahnsinns eingelaufen.
So könnte man das sehen...


und liebe Hannah,

der Karneval ist eine knallharte Realität, vor der wir die Augen nicht verschliessen dürfen!

Gruß,

Hans Atom
 
H

HFleiss

Gast
Karneval, Kostümierung und ... Identität?

Es kommt darauf an, was man dann sieht.

Gruß
Hanna
 

Romana

Mitglied
Lieber Hans Atom,

komischerweise steht in deinem Kommentar mehr als in der Geschichte selbst.
Du schreibst: „Klar ist im Text ist jede Menge Geschwafel, weil er sich formal und inhaltlich an schlechtem Journalismus orientiert. Deshalb enthält er unnötige Elemente von Werbung und geht gezielt nur in eine Richtung ohne je zu hinterfragen.“
Meine Frage: Warum orientierst du dich gerade an „schlechtem“ Journalismus? Vor allem: Warum tust du es deinen Lesern an, sich durch ein „Geschwafel“ und „unnötige Werbung“ zu kämpfen – ohne sie zu hinterfragen? Damit wirst du auf Dauer keine Leser gewinnen.
Verzeih diese „harten“ Worte,
Gruß Romana
 

Hans Atom

Mitglied
Liebe Romana,

ich verzeihe Dir die "harten" Worte. Sogar die Anführungszeichen. Ich bin immer froh, wenn jemand was dazu sagen hat. Immerhin bist Du die einzige.
Ich glaube allerdings mittlerweile, dass ich in eurem bürgerlich realistischen Milieu nix verloren habe.

Alles "Gute",

Hans Atom
 
B

Burana

Gast
Hallo Hans,
ich habe Deine Geschichte zweimal gelesen, weil ich mir dachte, etwas übersehen zu haben, das hinter Deinem Kommentar vom 'bürgerlich realistischen Millieu' steht. Aber darum geht es gar nicht. Es gibt in jedem Millieu guten und schlechten Journalismus... :) Die Idee zu der Geschichte an sich finde ich gut.
Es ist mir schwer gefallen, Dir keine gute Bewertung zu geben, und ich wünsche Dir, dass Du die Kritiken hier zum Anlass nehmen kannst, nochmal dran zu arbeiten.Ich lese mir Deine Neufassung auch gerne nochmal durch, wenn Du eine einstellst.
Liebe Grüße! Burana
 



 
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