Kein Held

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Walther

Mitglied
Kein Held


Was gehen wir so still durchs Tal der Toten:
Grabsteine säumen Wege, Bäume auch.
Das Innehalten wirkt als guter Brauch,
Wie Ruhe und Benehmen sind geboten.

Die Amsel raschelt unter einem Strauch.
Die Blätter knistern unter Hundepfoten.
Der Totengräber flüstert böse Zoten.
Der Priester hält vor Lachen seinen Bauch.

Das Leben wittert überall sein Ende.
Die Augen gleiten angstvoll übers Feld.
Herbstregen zwingt rasch in die Unterstände.

Die Toten brauchen nichts mehr, auch kein Geld.
Die letzte Erde werfen klamme Hände.
Am Friedhofskreuz ist selbst ein Held kein Held.


Version II

Was gehen wir so still durchs Tal der Toten.
Wo Grabsteinreihen stehen, Bäume auch:
Das Innehalten wirkt als guter Brauch,
Wie Ruhe und Benehmen sind geboten.

Die Amsel raschelt unter einem Strauch.
Die Blätter knistern unter Hundepfoten.
Der Totengräber flüstert böse Zoten.
Der Priester hält vor Lachen seinen Bauch.

Das Leben wittert überall sein Ende.
Die Augen gleiten angstvoll übers Feld.
Des Herbstes Schauer zwingt in Unterstände.

Die Toten brauchen nichts mehr, auch kein Geld.
Die letzte Erde werfen klamme Hände.
Am Friedhofskreuz ist selbst ein Held kein Held.
 
Hallo Walther,
thematisch hast du ein sehr schönes Sonett geschrieben, welches mir ausgesprochen gut gefällt. Vom Reimschema her gibt es zwei Abweichungen und zwar in Zeile 2 und 11, dort ist die 1. Silbe betont (Grabsteine und Herbstregen)
Grabsteine säumen Wege, Bäume auch
hier empfehle ich:
wo Grabsteinreihen stehen, Bäume auch

bei
Herbstregen zwingt rasch in die Unterstände.
würde
Des Herbstes Schauer zwingt in Unterstände
die Sonettform formal eingehalten. Sicher gibt es noch bessere Formulierungen.
VG Steffen
 

Walther

Mitglied
Morgen LMW,

danke für Deine lobende Erwähnung und die Verbesserungsvorschläge.

Ich habe diesmal bewußt dem Sprachfluß den Vortritt gelassen. Das Metrum ist, wie wir ja auch wissen, eine Frage der Betonung beim Vortrag. Ich möchte daher an dieser Stelle nochmals daran erinnern, daß Gedichte bis ins 19. Jahrhundert deklamiert wurden und nicht für sich alleine tonlos gelesen.

Daher sind in der Tat die Wortteile "Grab" und "Herbst" ungetont, erst die zweite Wortsilbe ist betont zu lesen. Und schon wird daraus das gewünschte fünfhebige Jambusmetrum.

Also nix mit Holpern, alles geplant. :)

Dennoch umgehen Deine Formulierungen natütrlich diesen - durchaus erlaubten - Kunstgriff. Möglichweise ist daher auch klüger, sie zu wählen, da wir diese Liedtradition des Gedichts verloren haben.

Ich werde sie auf jeden Fall als weitere Version berücksichtigen und evtl. auch den eingestellten Text dahingehend überarbeiten. Jetzt aber muß ein bißchen Geld verdient werden, also bis später an dieser Stelle. ;)

Liebe Grüße und großes Dankeschön

der W.
 



 
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