Kein besonderer Tag

Rainer Lieser

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Kein besonderer Tag

Es gibt Tage an denen wir geradezu erwarten, etwas ganz besonderes möge geschehen. Geburtstage, Hochzeiten und Jubiläen gehören dazu. Heute ist für mich so ein Tag. Mein Geburtstag. Damit mich Nichts und Niemand von dem herbeigesehnten Großereignis ablenken kann, habe ich beschlossen den Tag ohne Familie, Freunde und Bekannte zu verbringen.

Während eines Spaziergangs begegnen mir viele Gesichter. Darunter auch das einer ganz bestimmten Frau. Sie erinnert mich an die große Liebe meiner Studentenzeit. Seit über einem Jahrzehnt habe ich sie nicht mehr gesehen. Bin mir gar nicht sicher, ob die beiden sich wirklich so ähnlich sehen – immerhin verändern die Jahre Gesichter, in der Wirklichkeit wie in der Erinnerung – aber die Begegnung hat ausgereicht um mir A. wieder ins Gedächtnis zu rufen. Wie das Leben wohl verlaufen wäre, wenn wir ein Paar geworden wären? Vertreib diesen Gedanken aus deinem Kopf. Sonst verpasst du womöglich noch DIE "große Sache" am heutigen Tag.

In einem Eiscafe suche ich auf der Karte nach dem "das-ist-dein-mega-toller-Tag-Becher". Vergebens. Alternativ stelle ich einen Eisbecher mit meinen Lieblingssorten zusammen und setze mich damit in eine Ecke, von der ich eine gute Sicht auf das Geschehen habe.

Jemand in einem seltsamen Kostüm betritt den Raum. Weil heute aber nicht nur mein Geburtstag, sondern auch der zweite Tag des größten jährlichen Stadtfestes ist – und bei diesem Spektakel haufenweise kostümierte Menschen durch die Straßen ziehen – ist niemand sonderlich über die Verkleidung verwundert. Hätte sich der Fremde nicht ausgerechnet an meinen Tisch gesetzt, wäre er mir wohl ebenso nicht weiter aufgefallen. Da mir sein riesiger Kopf jedoch den Blick auf weite Teile des Cafes verdeckt, widme ich dem Kostümträger etwas mehr Aufmerksamkeit. Wider erwarten handelt es sich um eine Frau, wie die Körperform bei genauerem betrachten ziemlich eindeutig verrät. Hände und Hals sind grün eingefärbt. In Hüftnähe befindet sich ein dritter etwas kleinerer Arm. Der Kopf gleicht dem eines dieser Klischeeroboter aus den Kindertagen der Spielzeugindustrie. Zwei Löffel bilden die Ohren. Das Kostüm wirkt verblüffend lebensecht. Der kleine Arm klaut aus meinem Becher eine Eiskugel und verschluckt sie mit dem Mund, der sich in seiner Innenhandfläche befindet. Das finde ich zwar ungehörig, gleichzeitig bin ich aber auch extrem beeindruckt von den Möglichkeiten des Kostüms.
Wow, ein tolles Kostüm, haben sie das selbst gebastelt?
Als Antwort gibt es ein Kauderwelsch aus Namen diverser Eissorten. Da hat sich also eine richtige Komikerin an meinen Tisch verlaufen. Ich verzichte auf weitere Kommunikationsversuche, löffle den Eisbecher aus, bevor mir noch mehr Kugeln stibitzt werden und verlasse das Cafe, um die Suche nach der ganz großen Überraschung fortzusetzen. Die kleine Szene in dem Eiscafe war zwar recht nett, doch ich hoffe heute schon noch an etwas größerem Teil haben zu dürfen. Bisher war der Tag ja schon eher enttäuschend. Leider ändert sich daran in den nächsten Stunden nichts.

Als es dunkel wird mache ich mich auf den Weg zurück in die Wohnung. Dabei fällt mir auf, dass inzwischen recht viele in dem Kostüm der Dame aus dem Eiscafe herumlaufen. Ist wohl irgend so eine Modesache. Cowboys, Indianer, Piraten, Vampire und jetzt eben dreiarmige Wesen mit Roboterköpfen. Hängt bestimmt mit irgendeinem wahnsinnig erfolgreichen Hollywoodfilm zusammen den ich verpasst habe. Egal. Für mich war das alles andere als ein interessanter Tag. In der Historie meiner besonderen Geburtstage belegt dieser einen der hinteren Plätze.

Lange noch grübele ich im Bett über diesen verschenkten Geburtstag nach. Ich hätte ihn besser doch im Kreis meiner Familie, Freunde und Bekannten feiern sollen. Kaum schließe ich dann endlich doch noch meine Augen, meldet sich auch schon der Radiowecker.

In den Nachrichten gibt es nur ein Thema. Am gestrigen Tag sind überall auf der Erde Außerirdische gelandet.
 

lapismont

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Rainer,

die Geschichte gefällt mir nicht. Zum einen ist es eigentlich keine Geschichte. Zum anderen fehlt eine ganze Menge Futter. Wer ist der Erzähler? Warum sollte mich sein Leid mit Frauen und dem Geburtstag interessieren?
Die offensichtlich als Pointe geplante Erkenntnis, dass die Aliens echt sind, haut auch nicht gerade vom Hocker. Eigentlich endet der Text genau dann, wenn es interessant werden könnte.

cu
lap
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Das größte Problem für mich sind ebenfalls die flache Idee und die noch flacherere Umsetzung des Plots.
Mir würde ad hoc ein Extra-Pfiff einfallen (, der wahrscheinlich der "Botschaft", die ich vermute, dienen würde): Der Prot verscheucht die Kostümierte und schüttelt den Kopf darüber, dass andere, die von der "Dame" angequatscht werden (dazu müsste sie allerdings verständlich reden), sich auf den "Unsinn" einlassen und sogar Fotos machen. Am nächsten Tag erfährt er, dass Aliens da waren(!) und den Kontaktpersonen allerlei erstaunliche Dinge geschenkt haben – nur er hat noch nicht mal ein Foto. Oder so.

Ansonsten ist der Text (abgesehen von diversen Kommafehlern) recht "süffig" (kann man ohne größere Problem so runterlaufen lassen) mit einer angenehm frischen Note. Nicht mehr. Allerdings auch nicht weniger. Und das macht, dass ich neugierig auf etwas weniger Flaches geworden bin ...
 

Rainer Lieser

Mitglied
Eigentlich ging es mir darum jemanden zu zeigen, der sich zu stark mit sich selbst und den eigenen Wahrnehmungen beschäftigt. Er puzzelt sich seine Welt so zurecht, wie es ihm gerade passt und übersieht dabei völlig die Wirklichkeit – und offensichtlich erging es mir beim schreiben des Textes ebenso.
Danke an lapismont und jon, die mir die Schwächen der Geschichte aufgezeigt haben.
Ich versuche meinen nächsten Text besser zu schreiben.
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Nur immer her mit "nächsten Texten"! Ich folge dir gern auch in die anderen Foren. :)
 



 
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