Keine gute Idee

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werman

Mitglied
Er spürte wie ein Ruck durch seinen Körper ging und es in ihm zu kribbeln begann. Sie war also auch da heute. Einerseits war er freudig erregt, aber andererseits war er auch nervös und es war ihm unangenehm. Sie wusste, dass er etwas von ihr wollte, aber er wusste nicht so recht auf wie viel Gegenseitigkeit dieses Begehren beruhte. Alles gut, er habe nicht so viel getrunken heute, redete er sich ein, er würde sich schon im Griff haben und nichts Dummes tun. So wie letztes Mal, als er einen denkbar schlechten Versuch unternommen hatte, sie zu küssen. Aber da war er wirklich sturzbetrunken gewesen, heute war es ein viel vernünftigerer Pegel. Man begrüsste sich und verlor sich aber schnell wieder im Club, da man eigentlich mit anderen Leuten gekommen war. Ein paar Shots später war er nun doch schon wieder ordentlich dicht, immerhin genug dicht, dass er seine nüchterne Schüchternheit ein wenig ablegen konnte. Der Club war dicht gefüllt und er kannte viele Leute, ein paar nichtssagende Konversationen später, sah er sie wieder. Oder besser gesagt, sie sah ihn. „Lars, komm doch zu uns!“, rief sie ihm zu. Es war ihm nun nicht mehr unangenehm in ihrer Gegenwart, er suchte jetzt sogar ihre Nähe. Sein Versuch small talk zu machen, fruchtete nicht, aber es gab auch nicht wirklich viel zu reden. Er war sich nun im Klaren, dass er es in dieser Nacht wieder versuchen würde. Er versuchte jetzt bloss noch seine Erfolgschancen zu evaluieren, bevor er zur Tat schreiten wollte. Seine Nähe schien sie schon einmal nicht zu stören, ein gutes Zeichen. Er wusste jedoch, dass das noch nicht sehr viel zu bedeuten hatte. Trotz seines vernebelten Gehirns war ihm immer noch sehr wohl bewusst, dass er es hier mit Elina zu tun hatte, jene Elina, die nicht sehr sparsam mit Körperkontakt und Nähe umging. Trotzdem fühlte er sich selbstbewusst im Vergleich zu seiner sonst so oft unsicheren Natur. Er musste mit ihr weg von all den Leuten hier kommen, um in seinem Unterfangen irgendwie weiter zu kommen. Gerade als er sich zusammenraffte und sie draussen auf eine Zigarette einladen wollte, tippte ihm jemand von hinten auf die Schulter. Genervt drehte er sich um und bereute sogleich, dass er das Tippen nicht einfach ignoriert hatte. „Hallo Lars“. Es war seine ex Freundin Sara, die er mal zu lieben geglaubt hatte und nun zutiefst verachtete, nachdem sie ihn mit diesem verdammten Hundesohn betrogen hatte. Er hatte weder Nerven noch Zeit für ein Gespräch mit ihr und sagte deshalb einfach nichts und drehte sich wieder zu Elina um. Sara rief Richtung Elina: „Lass dich bloss nicht auf diesen Loser ein, weisst du, dass er seinen ersten Kuss mit mir hatte und da war er schon 17 Jahre alt.“ Ein paar Umstehende schauten herablassend auf ihn herab. Elina schien es jedoch nicht gehört zu haben oder zumindest tat sie so. Obwohl Lars so tun wollte, als ob ihn den Kommentar nicht kümmere, war er in seinem Stolz verletzt, er schämte sich für seine späte Annäherung zum weiblichen Geschlecht. Er brauchte Zuneigung und intimen Kontakt, um nicht wieder in Selbstmitleid zu versinken, wie er es so gerne zu tun pflegte. Elina war mittlerweile im Gespräch mit einer Kollegin. Er ging hin und flüsterte ihr ins Ohr: „Komm wir gehen raus, ich halte es keine Sekunde länger hier aus.“ Sie war einverstanden und teilte es kurz ihrer Kollegin mit. Diese wollte auch mit rauskommen und er fragte sich, wie man nur so taktlos sein konnte, wenn es doch so offensichtlich war, dass er alleine mit Elina sein wollte. Er versuchte sich draussen nochmals mit ihr abzuspalten, doch man durfte die winzig kleine Raucherzone des Clubs nicht verlassen. Was für ein beschissener Club, dachte er sich. Äusserlich war er vollkommen cool, doch er spürte sein Begehren nach Elina am ganzen Körper, er wollte sie unbedingt haben heute Nacht. Er liess in der Folge nicht mehr von ihr ab und ging deshalb auch richtung zu Hause, als sie es tat. Elinas Kollegin war mit dem Auto da und nahm die beiden mit. Sein Kopf ratterte, denn er überlegte sich, wie er es am besten anstellen sollte, dass sie mit ihm zusammen ausstieg, denn die beiden wohnten nicht im gleichen Dorf. Als sich Elina dann auf einmal zu ihm hinüberlehnte und ihn mit grossen Augen fragte, ob er noch ein bisschen mit ihr draussen bleiben wollte, überschlug sich beinahe sein Herzschlag und ein Gefühl der Genugtuung machte sich in ihm breit. Das war seine Nacht, er war sich nun sicher. Sie stiegen zusammen aus und er führte sie zu einem seiner Lieblingsplätze. Es war ein Tennisplatz, versteckt inmitten einer Wohnsiedlung, der ihm im fahlen Mondlicht wie ein perfektes Liebesnest schien. Sie setzten sich auf die Bank am Platzrand. Er nahm all seinen Mut zusammen, ergriff sanft ihre Hand und drehte sich zu ihr herüber, bereit sie endlich zu küssen.
„Tu das nicht Lars, es wäre keine gute Idee“, sagte sie und fügte nach einer Weile an, „du bist mir viel zu wichtig, dass wäre nicht gut für unsere Freundschaft“. Er lachte laut auf. Was für ein Witz sein Leben doch war.
 



 
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