Kleiner Sommernachtstod

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Romancier

Mitglied
Kleiner Sommernachts-Tod

Vielstimmiges Lachen sonnenwarmer Gäßchen.
Noch atmen sie Spätsommerschwüle.

Cafes drängen nach draußen - fluten die Piazzas mit Gastlichkeit.
Windlichter an den Bistrotischen locken schöne Menschen an.

Fröhlichkeit, die sich an romanischen Mauern bricht.
Sommer in der Stadt.

Schal schmeckt sie, die Heiterkeit der Gassen - schal wie der Strawberry Daikiri auf dem hintersten der Bistrotische.
Das Eis - es ist geschmolzen. Das Rot der Erdbeeren hat einen Stich ins Gräuliche.

Der Schlüssel zittert über dem Marmorplattenimitat. In UNSERE Wohnung führt er nicht - nicht mehr.
Seine CDs (die fliegenden) beleidigen nicht die stilvolle Eleganz furnierter Zedernholzregale (mein ganzer Stolz) - nicht mehr.

Ich finde Bach wieder und auch Vivaldi (lange verschollen - irgendwo unter Unsäglichem).
A-Dur klingt wie E-Moll - Die Suche nache der Frau beginnt, die ich einst war.

Ich kann mich nicht mehr finden. Zu lange waren wir verschweißt.
Das Trennen Siamesischer Zwillinge birgt immer noch Gefahren, warnen die Ärzte.

Zumindest einer - der Schwächere - stirbt.
 

Lord-Barde

Mitglied
Ja, so ist es wohl....

als fehle ein ganzer Teil, von einem selbst.
Wo ist er geblieben? Es kann durch nicht
nur der Andere gewesen sein.
betroffen
der Lord-Barde
 
L

Lotte Werther

Gast
An Romancier

Zwei Teile hat dein Text, wie auch meine Eindrücke hier zweigeteilt sind und ebenso die Ebenen des Lesens.

Zuerst las ich, die Stimmung fühlend, die er fähig ist, zu malen.
Und da finde ich den ersten Teil schon ziemlich gut.
Die Beschreibung des Sommers im Straßencafe ist gelungen und führt mich zu ähnlichen Erlebnissen in der Vergangenheit.

Dann leitest du weiter auf den kleinen Tod in dir (lyrisches DU) und offenbarst jene Wahrheit, der zufolge der Text schwächeln muss, sobald man nicht genügend Abstand wahrt zur eigenen Zerrissenheit.

Die Klammern sind dabei nicht das Einzige, was stört.
Das Zedernholz und die CDs lassen mich zweifeln an der Tiefe deiner Trauer.
Ein Schmerz kann nicht so tief sein, solange ich in ihm wühlend immer noch weiß, dass Regale mein ganzer Stolz sind.

Zumindest einer - der Schwächere - stirbt.

Er muss sterben, sonst kann nichts Neues entstehen. Alles andere wäre Flickschusterei.

Spontane Eindrücke nach Lektüre des Sommernachtstodes verbunden mit einem Willkommen auf der Lupe und der Ermutigung zum Weitermachen.

Lotte Werther
 

Romancier

Mitglied
Hallo Lord-Barde,

freut mich, dass mein Gedicht dich betroffen macht - so war es gedacht ;-) ...

Hallo Lotte Werther,
danke für dein Willkommen und deine Anmerkungen. Was ich schaffen wollte ist eine seelische Zustandsbeschreibung nach einer Trennung. Der Versuch einer Bestandsaufnahme (was ist gewonnen, was verloren, wie fühle ich mich damit, wer bin ich? ...). Der halbherzige Schritt hinaus ins Leben (ins Cafe - allein) - Und das doch-nicht-Loslassen-können. Der subjektiv gefühlten Trauer (Trennungsschmerz) steht die Ratio entgegen (seine CDs contra meine Zedernholzregale, zeigt: wir haben nicht zusammengepasst-es wäre nicht gutgegangen)
Der Schluss: Die Hoffnung, stark genug zu sein, sich neu zu definieren lernen.

Anyway: Wär alles das so rübergekommen, dann wär ich wohl der perfekte Dichter ... und nicht nur ein Freizeitschreiberling ;)

Grüße,
Romancier
 



 
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